Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Juli 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 121/04
(BPatG: Beschluss v. 06.07.2005, Az.: 32 W (pat) 121/04)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Ein Rechtsanwalt könnte folgendermaßen die Inhaltsangabe der Gerichtsentscheidung an seinen Mandanten erklären:
Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 6. Juli 2005, zugestellt unter dem Aktenzeichen 32 W (pat) 121/04, die Beschwerde gegen eine Entscheidung der Markenstelle zurückgewiesen.
Die Beschwerde richtete sich gegen die Ablehnung einer Wortmarke mit dem Namen "AyurWellness" für Tee, Kräutertee und alkoholfreie Getränke. Die Markenstelle begründete ihre Ablehnung damit, dass das Wort "Wellness" mittlerweile als Begriff für Wohlbefinden und Gesundheit in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen sei und daher keine Unterscheidungskraft aufweise. "Ayur" sei als Bestandteil der bekannten indischen Heilkunde "Ayurveda" deutlich erkennbar und werde häufig in Verbindung mit den beanspruchten Waren verwendet. Daher könne die angemeldete Bezeichnung lediglich auf Beschaffenheit und Anwendung der Waren hinweisen.
Die Anmelderin legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein und argumentierte, dass "Ayur" immer in Verbindung mit erläuternden Worten wie transzendentale Meditation, Naturheilkunde und Psychotherapie auftrete und daher keine gedankliche Verbindung zu den beanspruchten Waren hergestellt werde. Zudem habe bereits eine ähnliche Marke mit dem Namen "AyurLaVie" Schutz erhalten.
Das Bundespatentgericht wies die Beschwerde jedoch ab. Es stellte fest, dass "Ayur" als Kurzform für "Ayurveda" bekannt sei und dass der Begriff "Wellness" als Fachbegriff für das Wohlbefinden beim Genuss der Getränke verstanden werde. In der Kombination beider Begriffe werde keine Unterscheidungskraft erkennbar, da sie häufig in der Werbung verwendet werde und keine Hinweise auf die Herkunft der Produkte gebe. Zudem könne die Bezeichnung "AyurWellness" als unmittelbar beschreibende Angabe für die Art und Beschaffenheit der Waren dienen, was ebenfalls eine Eintragung als Marke ausschließe.
Die Tatsache, dass eine ähnliche Marke bereits registriert sei, habe keine Auswirkungen auf die Entscheidung des Bundespatentgerichts, da diese Voreintragung keine Ansprüche herleite.
Abschließend wurde im Beschluss festgestellt, dass der Richter Dr. Albrecht aufgrund von Urlaub an der Unterschrift verhindert war und daher der Richter Viereck Kruppa die Entscheidung unterschrieben hat.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 06.07.2005, Az: 32 W (pat) 121/04
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die am 16. Mai 2003 zur Eintragung für Tee, Kräutertee, alkoholfreie Getränkeangemeldete Wortmarke AyurWellnesshat die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts nach vorangegangener Beanstandung und Übersendung zahlreicher Belegstellen aus dem Internet mit Beschluss einer Regierungsangestellten im höheren Dienst vom 19. März 2004 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Das englische Wort "Wellness" sei mittlerweile als Begriff für Wohlfühlen, Wohlbefinden und Gesundheit in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen und werde in der Werbung allgemein für ein Konsumverhalten und einen Lebensstil verwendet, der dem Einzelnen zur ungetrübten Lebensfreude verhelfen solle. "Ayur" sei als charakteristischer Bestandteil der bekannten indischen Heilkunde "Ayurveda" deutlich erkennbar. Ayurvedische Wellness werde - wie belegt - zahlreich auf dem Markt angeboten. In Verbindung mit den beanspruchten Waren weise die als Marke angemeldete Bezeichnung lediglich auf Beschaffenheit und Einsatzzweck hin.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und die angemeldete Marke in das Markenregister einzutragen.
In einem Zwischenbescheid des Senats sind der Anmelderin weitere Internet-Ausdrucke zum Beleg einer Verwendung der Bezeichnung "Ayur" als Kurzform für "Ayurveda" sowie bezüglich des Angebots von "Ayur Kräutertee" und "Ayur Hausteemischung" zur Kenntnis gegeben worden.
Die Anmelderin hat ihre Markenanmeldung aufrechterhalten. "Ayur" trete nur in Verbindung mit weiteren erläuternden Wörtern auf, und zwar stets im Zusammenhang mit Begriffen wie transzendentaler Meditation, Naturheilkunde und Psychotherapie. Eine gedankliche Verbindung zu den vorliegend beanspruchten Waren könne das Wort "Ayur" für sich nicht anregen, auch nicht zusammen mit "Wellness". Die Marke sei nicht unmittelbar warenbeschreibend. Zugunsten der Anmelderin sei bereits die Marke 300 46 132 - AyurLaVie registriert.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet, weil einer Eintragung der angemeldeten Marke die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegenstehen.
1. Die Bezeichnung "AyurWellness" entbehrt für "Tee, Kräutertee, alkoholfreie Getränke" jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren (und Dienstleistungen) eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das erforderliche, aber auch ausreichende Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Rn 59; GRUR 2004, 674 - KPN Postkantoor, Rn 123). Kann einer Wortmarke ein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortkombination) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so entbehrt diese jeglicher Unterscheidungseignung und damit jeglicher Unterscheidungskraft (stRspr.; vgl BGH BlPMZ 2004, 30 - Cityservice).
Die angemeldete Bezeichnung setzt sich - für das Publikum unverkennbar - aus den beiden Bestandteilen "Ayur" und "Wellness" zusammen. "Ayur" ist, wie sich aus den der Anmelderin in der Beschwerdeinstanz übersandten Internet-Belegen eindeutig ergibt, die Kurzform für "Ayurveda". Hierbei handelt es sich um eine traditionelle indische Heilkunde (bzw. Anleitung zu gesunder Lebensführung), die seit geraumer Zeit auch im Inland zur Anwendung kommt und sich großen Interesses erfreut; die Anmelderin räumt dies der Sache nach selbst ein.
Den Bedeutungsgehalt des - ursprünglich englischen, mittlerweile aber in den deutschen Sprachgebrauch eingegangenen - Wortes Wellness hat die Markenstelle zutreffend dargelegt; zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen. Wellness-Getränke unterschiedlicher Art werden von verschiedenen Unternehmen angeboten. Dieser Begriff hat als Fachbezeichnung inzwischen Eingang in die Fachliteratur gefunden (Pschyrembel, Wörterbuch Naturheilkunde, 2. Aufl, S 393). Wellness wird deshalb unmittelbar warenbezogen, nämlich als Hinweis auf die erhoffte Wirkung beim Genuss der Getränke, verstanden. Diesem Zeichenbestandteil fehlt die Eignung, als Hinweis auf die Herkunft der Produkte aus einem (einzigen) Betrieb aufgefasst zu werden. Der Senat hat dieses Wort erst kürzlich (Beschluss vom 9. März 2005, 32 W (pat) 271/03) u.a. für Getränke von der Eintragung zurückgewiesen.
In der Zusammenfassung von "Ayur" und "Wellness" ist keine andere Beurteilung geboten. Die Schreibweise als solche - Zusammenschreibung unter Verwendung eines großen Anfangsbuchstabens für den zweiten Wortbestandteil - ist in der Werbung üblich, um zusätzliche Aufmerksamkeit zu erregen, und bewirkt für sich gesehen noch keinen markenmäßigen Eindruck. Der Gesamtbezeichnung wird daher nicht der Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem (einzigen) Geschäftsbetrieb entnommen.
2. Einer Eintragung steht weiterhin das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen. Nach dieser Vorschrift können Marken nicht registriert werden, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung u.a. der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen können. Eine derartige, unmittelbar warenbeschreibende Angabe stellt "AyurWellness" nicht nur hinsichtlich der Einzelwörter, sondern gerade auch in der Zusammenfassung (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 - BIOMILD) dar.
Bereits die Markenstelle hat belegt, dass die Bezeichnung "Ayurvedische Wellness" im Inland in Gebrauch ist und dass "Ayurvedischer Wellness-Tee", "Ayurveda-Tee" bzw. "Ayurveda Tee" (z.T. mit weiteren Sortenbezeichnungen wie Vata, Kapha und Pitta) angeboten wird. Der Senat hat zusätzlich die Verwendungsformen "Ayur Kräutertee" und "Ayur Hausteemischung" ermittelt. Da die Schutzfähigkeit von Marken stets im Blick auf die beanspruchten Waren beurteilt werden muss, scheidet eine Schutzgewährung für "Tee, Kräutertee" aufgrund dieser belegten Verwendungsformen aus. Insoweit besteht ein (aktuelles) Allgemeininteresse an der Freihaltung von Monopolrechten. Aber auch für "alkoholfreie Getränke" ist keine andere Beurteilung möglich, da "AyurWellness" auch für diese als unmittelbar beschreibende (Bestimmungs-)Angabe dienen kann, mithin zumindest ein zukünftiges Freihaltungsinteresse nicht sicher ausgeschlossen werden kann.
3. Aus der Schutzgewährung für die Marke "AyurLaVie" für (unterstellt) gleiche Waren vermag die Anmelderin keine Ansprüche herzuleiten. Abgesehen davon, dass "LaVie" mit der mehrfach zurückgewiesenen Bezeichnung "Wellness" nicht unmittelbar vergleichbar ist, führen inländische Voreintragungen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über den Markenschutz zu befinden haben. Die Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (vgl zB BGH GRUR 1989, 420 - KSÜD; BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS).
Viereck Dr. Albrecht ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert.
Viereck Kruppa WA
BPatG:
Beschluss v. 06.07.2005
Az: 32 W (pat) 121/04
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/73604a6e70d8/BPatG_Beschluss_vom_6-Juli-2005_Az_32-W-pat-121-04