Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. April 2011
Aktenzeichen: 6 W (pat) 57/07

(BPatG: Beschluss v. 05.04.2011, Az.: 6 W (pat) 57/07)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss entschieden, dass die Beschwerde der Anmelderin gegen die Zurückweisung der Patentanmeldung abgewiesen wird. Die Prüfungsstelle hatte die Auffassung vertreten, dass der Gegenstand des ersten Anspruchs nicht neu sei und die weiteren Ansprüche aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar seien. Die Anmelderin legte in der mündlichen Verhandlung neue Ansprüche vor und beantragte die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses. Das Bundespatentgericht kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die neuen Ansprüche ebenfalls nicht gewährbar seien. Der Gegenstand des ersten Anspruchs sei zwar neu, jedoch nicht erfinderisch. Aus dem Stand der Technik war bereits bekannt, dass die im Anspruch beschriebenen Vertiefungen im Inner- und Außenteil zeitgleich hergestellt werden können. Daher war die Anmeldung nicht patentfähig. Gleiches galt für den nebengeordneten Anspruch 12, der lediglich als Verfahrensanspruch formuliert war. Die Unteransprüche waren automatisch mit den Hauptansprüchen verbunden.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 05.04.2011, Az: 6 W (pat) 57/07


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C vom 4. Dezember 2006 gerichtet, mit dem die Patentanmeldung 10 2006 004 656.0-12 zurückgewiesen worden ist. In dem Beschluss hat die Prüfungsstelle die Auffassung vertreten, im Hinblick auf den Stand der Technik sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu und der Gegenstand der nebengeordneten Ansprüche 3 bzw. 15 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Im Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt sind zum Stand der Technik u. a. folgende Druckschriften berücksichtigt worden:

(1)

DE 198 17 290 A1

(3)

DE 38 31 767 A1.

Gegen den vorgenannten Beschluss hat die Anmelderin mit Schreiben vom 17. Januar 2007, eingegangen am 20. Januar 2007, Beschwerde eingelegt. In der mündlichen Verhandlung hat sie neue Ansprüche 1 bis 17 und eine neue Beschreibungsseite 2 vorgelegt und beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C vom 4. Dezember 2006 aufzuheben sowie das Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen: -neue Patentansprüche 1 bis 17 -neue Beschreibung S. 2 -übrige Unterlagen vom Anmeldetag.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Linearlager mit einem Innenteil (10) und einem Außenteil (20), beinhaltend folgende Merkmale:

- Wenigstens ein Abschnitt (12) eines Außenmantels des Innenteils (10) ist wenigstens einem Abschnitt (22) eines Innenmantels des Außenteils (20) zum Gegenüberliegen vorgesehen,

- für eine Längsverschieblichkeit beider Teile (10, 20)

gegeneinander sind zwischen den beiden Abschnitten (12, 22) wenigstens zwei Reihen von jeweils wenigstens zwei Wälzkörpern angeordnet,

- für ein Führen der Wälzkörper weisen das Innenteil (10) unddazu passend das Außenteil (20) wenigstens im Bereich besagter Abschnitte (12, 22) je Reihe jeweils eine rillenartige Vertiefung (15, 17, 25, 27) auf,

- einander zugehörige Vertiefungen (15, 17, 25, 27) im Innenund Außenteil (10, 20) sind bei gegeneinander fixiertem Innenund Außenteil (10, 20) zeitgleich mit einem gleichen Werkzeug hergestellt, und - das Innenteil (10) und das Außenteil (20) weisen jeweils eine Markierung (19, 29) auf, die angibt, welche der Vertiefungen

(15, 17) des Innenteils (10) welcher der Vertiefungen 25, 27)

des Außenteils (20) entsprechend der Zuordnung beim Herstellen zuzuordnen ist."

Der nebengeordnete Anspruch 12 lautet:

"Verfahren zum Herstellen eines Linearlagers mit einem Innenteil (10) und einem Außenteil (20), wobei - wenigstens ein Abschnitt (12) eines Außenmantels des Innenteils (10) wenigstens einem Abschnitt (22) eines Innenmantels des Außenteils (20) zum Gegenüberliegen vorgesehen ist,

- für eine Längsverschieblichkeit beider Teile (10, 20)

gegeneinander zwischen den beiden Abschnitten (12, 22)

wenigstens zwei Reihen von jeweils wenigstens zwei Wälzkörpern angeordnet sind, und - für ein Führen der Wälzkörper das Innenteil (10) und dazupassend das Außenteil (20) wenigstens im Bereich besagter Abschnitte (12, 22) je Reihe jeweils eine rillenartige Vertiefung (15, 17, 25, 27) aufweisen, in denen die Wälzkörperzum unmittelbaren Abrollen vorgesehen sind, wobei das unfertige Innenund Außenteil (10, 20) gegeneinander fixiert werden und bei derartiger Fixierung einanderzugehörige Vertiefungen (15, 17, 25, 27) im Innenund Außenteil (10, 20) zeitgleich mit einem gleichen Werkzeughergestellt werden, und - das Innenteil (10) und das Außenteil (20) jeweils mit einer Markierung (19, 29) versehen werden, die angibt, welche der Vertiefungen (15, 17) des Innenteils (10) welcher der Vertiefungen (25, 27) des Außenteils (20) entsprechend der Zuordnung beim Herstellen zuzuordnen ist."

Hinsichtlich der rückbezogenen Unteransprüche sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die fristund formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1.

Die geltenden Ansprüche sind zulässig.

Der geltende Anspruch 1 ergibt sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 2, der geltende Anspruch 12 aus den ursprünglichen Ansprüchen 14 und 4. Die übrigen Ansprüche ergeben sich aus den verbleibenden ursprünglichen Ansprüchen.

2.

Der Anmeldungsgegenstand stellt keine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG § 1 bis 5 dar.

2.1 Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist neu, er ist jedoch nicht das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der (1) DE 198 17 290 A1 ist bekannt ein (Figuren 1 bis 4, Sp. 2, Z. 19 bis 24, Sp. 3, Z. 41 bis 47 und Anspruch 8)

Linearlager mit einem Innenteil 3 und einem Außenteil 1, beinhaltend folgende Merkmale: -Wenigstens ein Abschnitt eines Außenmantels des Innenteils 3 ist wenigstens einem Abschnitt eines Innenmantels des Außenteils 1 zum Gegenüberliegen vorgesehen,

-für eine Längsverschieblichkeit beider Teile 1, 3 gegeneinander sind zwischen den beiden Abschnitten wenigstens zwei Reihen von jeweils wenigstens zwei Wälzkörpern 4 angeordnet,

-für ein Führen der Wälzkörper 4 weisen das Innenteil 3 und dazu passend das Außenteil 1 wenigstens im Bereich besagter Abschnitte je Reihe jeweils eine rillenartige Vertiefung auf 5 auf,

-das Innenteil 3 und das Außenteil 1 weisen jeweils eine Markierung auf, die angibt, welche der Vertiefungen 5 des Innenteils 3 welcher der Vertiefungen 5 des Außenteils 1 zuzuordnen ist.

Von diesem bekannten Linearlager unterscheidet sich das anmeldungsgemäße Linearlager noch dadurch, dasseinander zugehörige Vertiefungen (15, 17, 25, 27) im Innenund Außenteil (10, 20) sind bei gegeneinander fixiertem Innenund Außenteil (10, 20) zeitgleich mit einem gleichen Werkzeug hergestellt sind.

Mit diesen Merkmalen soll die Aufgabe gelöst werden, ein Linearlager zu schaffen, welches auch in der Serie bei einfacher und kostengünstiger Herstellbarkeit hohen Genauigkeitsanforderungen entspricht. (S. 1, letzter Abs. der Anmeldungsunterlagen).

Zur Lösung eben dieser Aufgabe, nämlich einer einfachen Herstellbarkeit (Sp. 1, Z. 41 bis 44), ist es aus der (3) DE 38 31 767 A1 bekannt, die einander zugehörigen Vertiefungen 4, 5 im Innenund Außenteil 2, 3 bei gegeneinander fixiertem Innenund Außenteil 2, 3 zeitgleich mit einem gleichen Werkzeug herzustellen (Sp. 2, Z. 14 bis 17 und Sp. 3, Z. 5 bis 14). Dass durch diese Maßnahme auch hohe Genauigkeitsanforderungen erfüllt werden können, ergibt sich für den Fachmann von selbst, da in Folge dieser Vorgehensweise durch verschiedene Werkzeuge und Aufspannvorgänge erzeugte Ungenauigkeiten und Toleranzen eliminiert werden können.

Der Fachmann braucht somit lediglich die zu Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe in der (3) DE 38 31 767 A1 dokumentierte Maßnahme, nämlich einander zugehörige Vertiefungen im Innenund Außenteil bei gegeneinander fixiertem Innenund Außenteil zeitgleich mit einem gleichen Werkzeug herzustellen, auf ein aus der (1) DE 198 17 290 A1 bekanntes Linearlager zu übertragen, um ohne erfinderisch tätig zu werden, zu einer Lageranordnung zu gelangen, wie sie im geltenden Anspruch 1 beansprucht ist.

Der geltende Anspruch 1 ist somit nicht gewährbar.

2.2 Der Gegenstand des nebengeordneten Anspruchs 12 ist neu, er ist jedoch nicht das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Der nebengeordnete Anspruch 12 unterscheidet sich vom geltenden Anspruch 1 lediglich dadurch, dass er als Verfahrensanspruch und nicht als Vorrichtungsanspruch -wie Anspruch 1 -formuliert ist. Die Ausführungen unter 2.1 gelten somit hier sinngemäß.

Der geltende Anspruch 12 ist daher ebenfalls nicht gewährbar.

2.3 Die Unteransprüche fallen notwendigerweise mit dem jeweiligen Hauptanspruch (vgl. BGH GRUR 1989, 103 -Verschlussvorrichtung für Gießpfanneni. V. m. BGH GRUR 1980, 716 -Schlackenbad).

Lischke Hartlieb Schneider Hildebrandt Cl






BPatG:
Beschluss v. 05.04.2011
Az: 6 W (pat) 57/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/757a608a2236/BPatG_Beschluss_vom_5-April-2011_Az_6-W-pat-57-07




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