Bundespatentgericht:
Urteil vom 23. Juli 2008
Aktenzeichen: 4 Ni 9/07

(BPatG: Urteil v. 23.07.2008, Az.: 4 Ni 9/07)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Urteil vom 23. Juli 2008 das europäische Patent EP 0 629 324 für nichtig erklärt. Die Beklagte, welche Inhaberin des Patents war, wird dazu verurteilt, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden, wenn eine Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages geleistet wird.

Das Streitpatent betraf eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Reduzierung des Leistungsverbrauchs in einem mobilen Kommunikationsempfänger. Die Klägerin behauptete, dass das Streitpatent aufgrund mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sei. Sie stützte sich auf verschiedene Dokumente, um ihre Behauptung zu untermauern.

Das Gericht stellte fest, dass das Streitpatent wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sei. Es verwies auf verschiedene Dokumente, welche den Gegenstand des Patents bereits beschrieben hatten. Aus diesem Grund erklärte es das Patent für nichtig.

Die Beklagte legte daraufhin verschiedene Hilfsanträge vor, jedoch konnten diese ebenfalls keinen Bestand haben, da die geänderten Ansprüche ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten. Daher wurde das Patent in seiner ganzen Fassung für nichtig erklärt.

Das Gericht entschied auch über die Kosten des Rechtsstreits, welche die Beklagte zu tragen hatte. Das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden, wenn eine Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrags geleistet wird.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Urteil v. 23.07.2008, Az: 4 Ni 9/07


Tenor

I. Das europäische Patent EP 0 629 324 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 629 324 (Streitpatent), das am 4. März 1993 unter Inanspruchnahme der Priorität der Patentanmeldung US 847149 vom 5. März 1992 angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 693 33 633 geführt. Es betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Reduzierung des Leistungsverbrauchs in einem mobilen Kommunikationsempfänger und umfasst 21 Ansprüche, die vollständig angegriffen sind. Die nebengeordneten Ansprüche 1 und 7 lauten in der Verfahrenssprache Englisch ohne Bezugszeichen wie folgt:

1. An apparatus for communicating at periodic intervals, comprising a base station and at least one remote station, said base station comprising:

a message generator for providing message information;

a transmitter message timing generator for generating a stream of periodic slots with a number of said slots forming a slot cycle corresponding to said at least one remote station and said slot cycle being determined based on an index number provided from said at least one remote station, at least one of said slots being an assigned slot;

a message transmitter for transmitting said message information on a message channel only during each assigned slot;

said at least one remote station, each disposed at a location remote from said base station and corresponding to one of said assigned slots, each said remote station comprising;

a receiver message timing generator for providing an indication of said assigned slot corresponding to said remote station; anda message receiver for monitoring said message channel only during said assigned slot corresponding to said remote station; anda message extractor for recovering said message information from said assigned slot.

7. A method for providing periodically coordinated communication in a system having a transmitter and at least one receiver at a remote location from said transmitter, each said receiver having an active mode, an inactive mode, and a unique identification number, said transmitter and each said receiver is in synchronization with periodic slots, comprising the steps of:

selecting a slot cycle corresponding to each said receiver, said slot cycle being a predetermined number of said slots and being determined based on an index number provided from each said receiver;

selecting an assigned slot of said slot cycle of each said receiver; andtransmitting on a channel at least one message once per slot cycle during said assigned slot of said receiver and simultaneously monitoring said channel during said assigned slot at said remote location.

In der deutschen Übersetzung haben die Ansprüche 1 und 7 ohne Bezugszeichen folgenden Wortlaut:

1. Eine Vorrichtung zum Kommunizieren in periodischen Intervallen, die eine Basisstation und zumindest eine entfernte Station aufweist, wobei die Basisstation Folgendes aufweist:

einen Nachrichtengenerator zum Vorsehen von Nachrichten-Informationen;

einen Sendernachrichten-Timing-Generator zum Generieren eines Stromes bzw. einer Folge von periodischen Schlitzen oder Zeitfenstern, wobei eine Anzahl der Schlitze einen Schlitzzyklus entsprechend der zumindest einen entfernten Station bildet und der Schlitzzyklus basierend auf einer Indexzahl, die von der zumindest einen entfernten Station vorgesehen wird, bestimmt wird, wobei zumindest einer der Schlitze ein zugewiesener Schlitz ist;

ein Nachrichtensender zum Senden der Nachrichteninformation auf einem Nachrichtenkanal, und zwar nur während einem jedem zugewiesenen Schlitz;

wobei die zumindest eine entfernte Station jeweils an einem Ort entfernt von der Basisstation angeordnet ist und einem der zugewiesenen Schlitze entspricht, wobei jede entfernte Station Folgendes aufweist:

einen Empfängernachrichten-Timing-Generator zum Vorsehen einer Anzeige für den zugewiesenen Schlitz entsprechend zu der entfernten Station; undeinen Nachrichtenempfänger zum Überwachen des Nachrichtenkanals, und zwar nur während des zugewiesenen Schlitzes, der der entfernten Station entspricht;

einen Nachrichtenextrahierer zum Wiedergewinnen der Nachrichteninformation aus dem zugewiesenen Schlitz.

7. Ein Verfahren zum Vorsehen periodisch koordinierter Kommunikation in einem System mit einem Sender und zumindest einem Empfänger an einem von dem Sender entfernten Ort, wobei jeder der Empfänger einen aktiven Modus, einen inaktiven Modus und eine eigene (unique) Identifikationsnummer besitzt, wobei der Sender und jeder Empfänger in Synchronisation mit periodischen Schlitzen ist, wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:

Auswählen eines Schlitzzyklus, entsprechend einem jedem Empfänger, wobei der Schlitzzyklus eine vorbestimmte Anzahl der Schlitze ist und basierend auf einer Indexzahl, die von jedem Empfänger geliefert wird, bestimmt wird;

Auswählen eines zugewiesenen Schlitzes aus dem Schlitzzyklus eines jeden Empfängers und Senden auf einem Kanal von zumindest einer Nachricht einmal pro Schlitzzyklus während des zugewiesenen Schlitzes des Empfängers und gleichzeitiges Überwachen des Kanals während des zugewiesenen Schlitzes an dem entfernten Ort.

Wegen der weiter angegriffenen und unmittelbar oder mittelbar auf die Ansprüche 1 und 7 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 6 und 8 bis 21 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 629 324 B1 Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents sei wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig. Zur Begründung trägt sie vor, im Stand der Technik seien am Prioritätstag sowohl Vorrichtungen als auch Verfahren mit den Merkmalen des Patentgegenstandes bereits bekannt gewesen beziehungsweise hätte der Gegenstand des Streitpatents für einen einschlägigen Fachmann nahe gelegen. Hierzu stützt sie sich insbesondere auf folgende Druckschriften und Dokumente:

D5a JP 3-206741 A mit englischem Abstract (D5b) und deutscher Übersetzung (D5c)

D6a ETSI/GSM [Hrsg.]: "Recommandation GSM 03.13 - Discontinous Reception (DRX) in the GSM System", Version 3.0.1, 15.04.1989 D6b ETSI/TC GSM [Hrsg.]: "Recommandation GSM 05.02 - Multiplex and Multiple Access on the Radio Path", Version 3.4.1, Januar 1990 D7 QUALCOMM Inc. [Hrsg.]: Submission to the Cellular Telecommunications Industry Association (CTIA) "CDMA Technology Investigation Subcommittee" - An Overview of the Application of Code Division Multiple Access to Digital Cellular Systems and Personal Communications Networks, 11.01.1990 einschließlich - Anhang A zu D7: An Overview of the CDMA Digital Common Air Interface (CAI) Standard for a "Cellular System Dual-Mode Mobile Unit - Base Station Compatibility Standard" (D7b), 10.01.1990, und - Anhang B zu D7: Code Division Multiple Access (D7c), ohne Datum D8 US 4 713 808 D9 WO 91/10294 A1 D13 Haine, J. L.: A new Radio Access Protocol and Network Architecture for Mobile Packet Data, in: Vehicular Technology Conference "Gateway to the Future Technology in Motion", 19.-22. Mai 1991, S. 399 - 407, mit deutscher Übersetzung (D13a)

D34 EP 0 428 126 A2 D34a DE 690 20 109 T2 D36 US 4 449 248 Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 629 324 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, dass die Patentansprüche 1 und 7 folgende Fassung erhalten (Hilfsantrag I) [Änderungen gegenüber der erteilten Fassung unterstrichen]:

1. An apparatus for communicating at periodic intervals, comprising a base station and at least one remote station, said base station comprising:

a message generator (130, 126) for providing message information;

a transmitter message timing generator (130, 126) for generating a stream of periodic slots (54, 56, 58) with a number of said slots forming a slot cycle (24, 26) corresponding to said at least one remote station and said slot cycle (24, 26) being computed using an index number (20, 22) provided from said at least one remote station, at least one of said slots being an assigned slot (54);

a message transmitter (141) for transmitting said message information (143) on a message channel only during each assigned slot (54);

said at least one remote station, each disposed at a location remote from said base station and corresponding to one of said assigned slots, each said remote station comprising;

a receiver message (152, 162) timing generator for providing an indication of said assigned slot (54) corresponding to said remote station; anda message receiver (146) for monitoring said message channel only during said assigned slot (54) corresponding to said remote station; anda message extractor (162, 152) for recovering said message information from said assigned slot (54).

7. A method for providing periodically coordinated communication in a system having a transmitter (10) and at least one receiver (12, 14) at a remote location from said transmitter (10), each said receiver (12, 14) having an active mode, an inactive mode, and a unique identification number, said transmitter (10) and each said receiver is in synchronization with periodic slots, comprising the steps of:

selecting a slot cycle 24) corresponding to each said receiver, said slot cycle being a predetermined number of said slots and being computed using an index number (20, 22) provided from each said receiver;

selecting an assigned slot (54) of said slot cycle (24) of each said receiver; andtransmitting on a channel at least one message once per slot cycle (24) during said assigned slot (54) of said receiver (12, 14) and simultaneously monitoring said channel during said assigned slot (54) at said remote location.

weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass die Patentansprüche 1 und 7 folgende Fassung erhalten (Hilfsantrag II) [Änderungen gegenüber der erteilten Fassung unterstrichen]:

1. An apparatus for communicating at periodic intervals, comprising a base station and at least one remote station, said base station comprising:

a message generator (130, 126) for providing message information;

a transmitter message timing generator (130, 126) for generating a stream of periodic slots (54, 56, 58) with a number of said slots forming a slot cycle (24, 26) corresponding to said at least one remote station and said slot cycle (24, 26) being computed using an index number (20, 22) provided from said at least one remote station and chosen from a range, at least one of said slots being an assigned slot (54);

a message transmitter (141) for transmitting said message information (143) on a message channel only during each assigned slot (54);

said at least one remote station, each disposed at a location remote from said base station and corresponding to one of said assigned slots, each said remote station comprising;

a receiver message (152, 162) timing generator for providing an indication of said assigned slot (54) corresponding to said remote station; anda message receiver (146) for monitoring said message channel only during said assigned slot (54) corresponding to said remote station; anda message extractor (162, 152) for recovering said message information from said assigned slot (54).

7. A method for providing periodically coordinated communication in a system having a transmitter (10) and at least one receiver (12, 14) at a remote location from said transmitter (10), each said receiver (12, 14) having an active mode, an inactive mode, and a unique identification number, said transmitter (10) and each said receiver is in synchronization with periodic slots, comprising the steps of:

selecting a slot cycle (24) corresponding to each said receiver, said slot cycle being a predetermined number of said slots and being computed using an index number (20, 22) provided from each said receiver and chosen from a range;

selecting an assigned slot (54) of said slot cycle (24) of each said receiver; andtransmitting on said message channel at least one message once per slot cycle (24) during said assigned slot (54) of said receiver (12, 14) and simultaneously monitoring said channel during said assigned slot (54) at said remote location.

weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass die Patentansprüche 1 und 7 folgende Fassung erhalten (Hilfsantrag III) [Änderungen gegenüber der erteilten Fassung unterstrichen]:

1. An apparatus for communicating at periodic intervals, comprising a base station and at least one remote station, said base station comprising:

a message generator (130, 126) for providing message information;

a transmitter message timing generator (130, 126) for generating a stream of periodic slots (54, 56, 58) with a number of said slots forming a slot cycle (24, 26) corresponding to said at least one remote station and said slot cycle (24, 26) being computed using an index number (20, 22) provided from said at least one remote station and chosen from a range of 1 to 7, at least one of said slots being an assigned slot (54);

a message transmitter (141) for transmitting said message information (143) on a message channel only during each assigned slot (54);

said at least one remote station, each disposed at a location remote from said base station and corresponding to one of said assigned slots, each said remote station comprising;

a receiver message (152, 162) timing generator for providing an indication of said assigned slot (54) corresponding to said remote station; anda message receiver (146) for monitoring said message channel only during said assigned slot (54) corresponding to said remote station; anda message extractor (162, 152) for recovering said message information from said assigned slot (54).

7. A method for providing periodically coordinated communication in a system having a transmitter (10) and at least one receiver (12, 14) at a remote location from said transmitter (10), each said receiver (12, 14) having an active mode, an inactive mode, and a unique identification number, said transmitter (10) and each said receiver is in synchronization with periodic slots, comprising the steps of:

selecting a slot cycle (24) corresponding to each said receiver, said slot cycle being a predetermined number of said slots and being computed using an index number (20, 22) provided from each said receiver and chosen from a range of 1 to 7;

selecting an assigned slot (54) of said slot cycle (24) of each said receiver; andtransmitting on a channel at least one message once per slot cycle (24) during said assigned slot (54) of said receiver (12, 14) and simultaneously monitoring said channel during said assigned slot (54) at said remote location.

weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass die Patentansprüche 1 und 7 folgende Fassung erhalten (Hilfsantrag IV) [Änderungen gegenüber der erteilten Fassung unterstrichen]:

1. An apparatus for communicating at periodic intervals, comprising a base station and at least one remote station, said base station comprising:

a message generator (130, 126) for providing message information;

a transmitter message timing generator (130, 126) for generating a stream of periodic slots (54, 56, 58) with a number of said slots forming a slot cycle (24, 26) corresponding to said at least one remote station and said slot cycle (24, 26) being computed using an index number (20, 22) selected and provided from said at least one remote station, at least one of said slots being an assigned slot (54);

a message transmitter (141) for transmitting said message information (143) on a message channel only during each assigned slot (54);

said at least one remote station, each disposed at a location remote from said base station and corresponding to one of said assigned slots, each said remote station comprising;

a receiver message (152, 162) timing generator for providing an indication of said assigned slot (54) corresponding to said remote station; anda message receiver (146) for monitoring said message channel only during said assigned slot (54) corresponding to said remote station; anda message extractor (162, 152) for recovering said message information from said assigned slot (54)

said message receiver (146) for monitoring said message channel only during a slot computed using a default slot cycle index equal or less than an old slot cycle index used by the transmitter, if the remote station does not receive an acknowledgment of the selection of the index number by the remote station.

7. A method for providing periodically coordinated communication in a system having a transmitter (10) and at least one receiver (12, 14) at a remote location from said transmitter (10), each said receiver (12, 14) having an active mode, an inactive mode, and a unique identification number, said transmitter (10) and each said receiver is in synchronization with periodic slots, comprising the steps of:

selecting a slot cycle (24) corresponding to each said receiver, said slot cycle (24) being a predetermined number of said slots and being computed using an index number (20, 22) selected and provided from each said receiver;

selecting an assigned slot (54) of said slot cycle (24) of each said receiver; andtransmitting on a channel at least one message once per slot cycle (24) during said assigned slot (54) of said receiver (12, 14) and simultaneously monitoring said channel during said assigned slot (54) at said remote location.

monitoring at said remote station said channel only during a slot computed using a default slot cycle index equal or less than an old slot cycle index used by the transmitter (10), if the remote station does not receive an acknowledgment of the selection of the index number by the remote station.

Sie widerspricht dem klägerischen Vorbringen und hält das Streitpatent zumindest in den verteidigten Fassungen für patentfähig.

Die Klägerin beantragt auch insoweit die Nichtigerklärung.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet, wobei im Ergebnis dahinstehen kann, ob es sich bei dem Anlagenkonvolut zu D7 um öffentlich zugängliche Dokumente handelt, was bereits zur Verneinung der Neuheit des Streitpatentgegenstandes führen würde (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 54 EPÜ). Es bedarf auch keiner Entscheidung darüber, ob bei Anwendung eines weiter gefassten Neuheitsbegriffs (vgl. dazu BGHZ 128, 270 - Elektrische Steckverbindung) die Erfindung nach dem Streitpatent unter Berücksichtigung des Dokuments D13 schon neuheitsschädlich vorweg genommen ist, da nach dem vom Senat festgestellten Sachverhalt jedenfalls davon ausgegangen werden muss, dass der Gegenstand des Streitpatents unter Berücksichtigung dieses Dokuments (D13) zusammen mit der US-Patentschrift 4 449 248 (D36) und den Kenntnissen und Erfahrungen des einschlägigen Durchschnittsfachmanns, der typischerweise über einen Hochschulabschluss der Fachrichtung Elektrotechnik, Physik oder Informationstechnik mit dem Schwerpunkt digitale Nachrichtentechnik und über eine mehrjährige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Mobilfunktechnik verfügt, nahe lag. Dies trifft nicht nur für den Anspruch 1 des Streitpatents, sondern auch für den nebengeordneten Anspruch 7 zu, so dass der Nichtigkeitsgrund der fehlenden erfinderischen Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 56 EPÜ) insgesamt gegeben ist.

II.

1. Das Streitpatent betrifft sowohl eine Vorrichtung als auch ein Verfahren zur Senkung des Leistungsverbrauchs zellularer Mobilkommunikationssysteme, insbesondere eines mobilen beziehungsweise tragbaren Transceivers (Abs. [0001] der Streitpatentschrift). Da ein derartiges Gerät typischerweise für eine signifikante Zeitdauer in einem Ruhe- oder Bereitschaftszustand verbleibt und zur Sicherstellung des Nachrichtenempfangs kontinuierlich einen Kanal überwachen muss, wäre es wünschenswert, den Leistungsverbrauch bei der periodischen Überwachung zu reduzieren (Abs. [0002] bis [0004]). Solche Systeme werden in der Einleitung des Streitpatents durch das US-Patent 4 713 808 (Abs. [0005]) und die WO 91/10294 A (Abs. [0006]) als bekannt vorausgesetzt, wobei aber als nachteilig beschrieben wird, dass beide Dokumente keine Informationsrückmeldung von den Mobilfunkgeräten zur Basisstation vorsehen, mittels derer die Zeiteinteilung der Übertragungen beeinflusst werden könnte (Abs. [0007]).

2. Vor diesem Hintergrund beschreibt das Streitpatent in Anspruch 1 eine Vorrichtung zum Kommunizieren in periodischen Intervallen und in Anspruch 7 ein Verfahren zum Vorsehen von periodisch koordinierter Kommunikation.

3. Zum Hauptantraga. Das Streitpatent lehrt in seinem Anspruch 1 in der erteilten Fassung (ohne Bezugszeichen; Merkmalsgliederung hinzugefügt)

1-1 eine Vorrichtung zum Kommunizieren in periodischen Intervallen, die eine Basisstation und zumindest eine entfernte Station aufweist, 1-2 wobei die Basisstation Folgendes aufweist:

1-2.1 einen Nachrichtengenerator zum Vorsehen von Nachrichten-Informationen;

1-2.2 einen Sendernachrichten-Timing-Generator zum Generieren eines Stromes bzw. einer Folge von periodischen Schlitzen oder Zeitfenstern, 1-2.3 wobei eine Anzahl der Schlitze einen Schlitzzyklus entsprechend der zumindest einen entfernten Station bildet und 1-2.4 der Schlitzzyklus basierend auf einer Indexzahl, 1-2.5 die von der zumindest einen entfernten Station vorgesehen wird,

(1-2.4) bestimmt wird, 1-2.6 wobei zumindest einer der Schlitze ein zugewiesener Schlitz ist;

1-2.7 ein[en] Nachrichtensender zum Senden der Nachrichteninformation auf einem Nachrichtenkanal, und zwar nur während einem jedem zugewiesenen Schlitz;

1-3 wobei die zumindest eine entfernte Station 1-3.1 jeweils an einem Ort entfernt von der Basisstation angeordnet ist und 1-3.2 einem der zugewiesenen Schlitze entspricht, wobei jede entfernte Station Folgendes aufweist:

1-3.3 einen Empfängernachrichten-Timing-Generator zum Vorsehen einer Anzeige für den zugewiesenen Schlitz entsprechend zu der entfernten Station;

1-3.4 und einen Nachrichtenempfänger zum Überwachen des Nachrichtenkanals, und zwar nur während des zugewiesenen Schlitzes, der der entfernten Station entspricht;

1-3.5 einen Nachrichtenextrahierer zum Wiedergewinnen der Nachrichteninformation aus dem zugewiesenen Schlitz.

Soweit für das Verständnis des Anspruchs von Bedeutung, legt der Senat insbesondere den Begriff "Indexzahl" mangels entsprechender Beschränkung in der Patentschrift sehr weit aus und versteht darunter eine beliebige Zahlenfolge, die dazu geeignet ist, einen bestimmten Zustand oder Sachverhalt, ein bestimmtes Ereignis oder einen bestimmten Gegenstand zu benennen. Darunter fallen sowohl einstellige Zahlen (Ziffern) als auch mehrstellige Zahlen aus einem beliebigen Zahlensystem, insbesondere auch einstellige Binärzahlen und mehrstellige Dezimalzahlen.

Zwar macht die Beklagte geltend, dass der Begriff "Indexzahl" enger auszulegen sei und insbesondere einfache Bits, die z. B. den Wert eines bestimmten Flags angeben, nicht umfasse, allerdings findet eine solche eingeschränkte Auslegung nach Überzeugung des Senats keine Stütze in der Patentschrift und geht nach Überzeugung des Senats auch am fachmännischen Verständnis von Indizes und im Besonderen von Indexzahlen vorbei (BGH, Urteil vom 12. Februar 2008 - X ZR 153/05 - Mehrgangnabe [im Internet abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de]).

b. Eine Vorrichtung gemäß erteiltem Patentanspruch 1 ist dem Fachmann weitgehend aus dem Dokument D13, das ein Funk-Zugriffsprotokoll und eine Netzwerk-Architektur für Mobilfunk-Paketdaten beschreibt, bekannt.

Das Dokument D13 offenbart ein mobiles Datennetz, über das Endgeräte (end systems - ES) unter Zwischenschaltung eines Festnetzes (fixed network) miteinander kommunizieren können (Fig. 2). Bei den Endgeräten kann es sich z. B. auch um drahtlose mobile Geräte handeln (Abschn. 2.3), die über eine Basisstation (Radio Terminating Unit - RTU) an das Festnetz angeschlossen sind und vor allem Textnachrichten austauschen. Die Kommunikation zwischen Basisstation und Mobilgerät erfolgt über ein "bearer" genanntes Kanalpaar aus einem DOWNLINK-Kanal und einem UPLINK-Kanal. Die Mobilgeräte einer Zelle teilen sich dieses Kanalpaar (Abschn. 3.3.4). Über den DOWNLINK-Kanal findet auch die Benachrichtigung der Mobilgeräte über den Eingang einer Textnachricht statt. UPLINK- und DOWNLINK-Kanal werden mittels Zeitmultiplex (Time Division Multiplex Access - TDMA) unter den verschiedenen Mobilgeräten aufgeteilt, wobei jedes Mobilgerät nur innerhalb des ihm zugewiesenen Zeitschlitzes sendet und empfängt (Abschn. 3.5; Fig. 5 - 7). Außerhalb des betreffenden Zeitschlitzes kann das Mobilgerät zur Energieersparnis in einen Ruhemodus übergehen (Abschn. 3.7). Diese Eigenschaft gestattet von sich aus eine erhebliche Energieeinsparung, verglichen mit einem herkömmlichen tragbaren Gerät, das ständig eingeschaltet bleiben müsste, um Nachrichten zu empfangen (Abschn. 3.7, 1. Absatz).

Mithin handelt es sich bei der aus dem Dokument D13 bekannten Vorrichtung um eine Vorrichtung zum Kommunizieren in periodischen Intervallen, die eine Basisstation und zumindest eine entfernte Station aufweist (Merkmale 1-1, 1-3.1). Zwar ist der konkrete Aufbau von Basisstation und Mobilgerät in dem Dokument nicht detailliert beschrieben, der Fachmann entnimmt die fehlenden Details jedoch ohne weiteres seinem Fachwissen.

So ist für den Fachmann selbstverständlich, dass die Basisstation in Überstimmung mit den streitpatentgemäßen Merkmalen 1-2, 1-2.1 und 1-2.2 sowie teilweise 1-2.7

- einen Nachrichtengenerator zum Vorsehen von Nachrichten-Informationen,

- einen Sendernachrichten-Timing-Generator zum Generieren eines Stromes bzw. einer Folge von periodischen Schlitzen oder Zeitfenstern wobei eine Anzahl der Schlitze einen Schlitzzyklus entsprechend dem Mobilgerät bildet und - einen Nachrichtensender zum Senden der Nachrichteninformation auf einem Nachrichtenkanalaufweist.

Ebenso selbstverständlich versteht der Fachmann, dass das Endgerät bzw. Mobilgerät in Überstimmung mit den streitpatentgemäßen Merkmalen 1-3, 1-3.3, 1-3.4 und 1-3.5

- einen Empfängernachrichten-Timing-Generator zum Vorsehen einer Anzeige für den zugewiesenen Schlitz entsprechend zu der entfernten Station;

- und einen Nachrichtenempfänger zum Überwachen des Nachrichtenkanals, und zwar nur während des zugewiesenen Schlitzes, der der entfernten Station entspricht, und - einen Nachrichtenextrahierer zum Wiedergewinnen der Nachrichteninformation aus dem zugewiesenen Schlitzumfasst.

Ohne diese Merkmale wäre ein mobiles Kommunikationssystem, das mit dem in Dokument D13 beschriebenen Protokoll arbeitet, für den Fachmann nicht denkbar. Das diesbezügliche Verständnis des Fachmanns beruht beispielsweise auf der Druckschrift D36. Aus dieser Druckschrift, die ebenfalls ein Kommunikationssystem mit zumindest einer Basisstation und mindestens einem mobilen Endgerät beschreibt und Mechanismen für die Energieeinsparung beim Betrieb der Mobilgeräte vorschlägt, kennt der Fachmann die genannten grundlegenden Komponenten von Basisstation und Mobilgerät (vgl. Fig. 1 und zugehörige Beschreibung).

Dem im Dokument D13 verwendeten Multiplexverfahren TDMA ist immanent, dass eine Anzahl der Schlitze einen Schlitzzyklus entsprechend der zumindest einen entfernten Station bildet (Merkmal 1-2.3) und zumindest einer der Schlitze ein dem Mobilgerät zugewiesener Schlitz ist ("Kanal", Merkmal 1-2-6). Der durch den zugewiesenen Schlitz definiert Kanal wird von dem Mobilgerät abgehört bzw. auf einkommende Down-Setup-Nachrichten überwacht (Abschn. 3.7, 2. Absatz); insoweit "entspricht" das Mobilgerät diesem Schlitz (Merkmal 1-3.2).

Neben dem zuvor beschriebenen Betriebsmodus verfügt das Mobilgerät gemäß dem Dokument D13 über einen weiteren Betriebsmodus, den sogenannten VLDC MODE, bei dem der zugewiesene Zeitschlitz nicht mehr in jedem einzelnen Rahmen, sondern nur noch einmal innerhalb eines sogenannten Mehrfachrahmens überwacht wird. Damit verlängert das Mobilgerät seine "Ruhephase" und kann zusätzlich Energie sparen (Abschn. 3.7, 2. Absatz). Das Einnehmen des VLDC MODE teilt das Mobilgerät der Basisstation z. B. im Zusammenhang mit der Registrierung (Anmeldung) mit (Merkmal 1-2.5). Die Basisstation teilt dem mobilen Mobilgerät daraufhin die aktuelle Länge des Mehrfachrahmens mit und informiert das Mobilgerät darüber, welchen Rahmen innerhalb des Mehrfachrahmens das mobile Mobilgerät in der Folgezeit zum Empfang von Down-Setup-Nachrichten abhören muss. Innerhalb dieses Rahmens findet das mobile Mobilgerät dann den zugewiesenen Zeitschlitz.

Die Basisstation kann die Information über den in der Folgezeit von dem Mobilgerät abzuhörenden Rahmen aber selbstverständlich nur übermitteln, wenn sie diesen Rahmen zuvor bestimmt hat, wobei die Bestimmung basierend auf der von dem Mobilgerät übermittelten Information über die Einnahme des VLDC MODE erfolgt (Abschn. 3.7, 2. Absatz; Merkmal 1-2.4).

Das entspricht im Übrigen auch dem aus der Druckschrift D36 bekannten Vorgehen. Aus dieser Druckschrift ist dem Fachmann nämlich ein Mobilfunksystem bekannt, bei dem die bei einer Basisstation registrierten mobilen Endgeräte auf der Grundlage einer von den Endgeräten übermittelten Indexzahl in bestimmte Gruppen eingeteilt werden, wobei für jede Gruppe ein den Anforderungen der gruppierten Geräte entsprechender Schlitzzyklus für den intermittierenden Empfang bestimmt wird (Fig. 1, 4; Sp. 1, Z. 5-6, 52-56; Sp. 3, Z. 10-20, 45-52; Sp. 7, Z. 37-54; S. 9, Z. 39-65). So kann in Fahrzeugen installierten und von der Fahrzeugbatterie gespeisten Mobiltelefonen über die Einordnung in eine bestimmte Gruppe ein anderer Schlitzzyklus zugewiesen werden als tatsächlich mobil benutzten ("am Mann getragenen") Endgeräten oder solchen, die zum reinen Datenempfang, z. B. SMS, vorgesehen sind. Die Festlegung des Schlitzzyklus oder ein Wechsel desselben kann bei der Anmeldung (Registrierung) des Mobilgerätes aber auch während des Betriebs auf besondere Anforderung ("service request", Sp. 9. Z. 45) erfolgen. Solche Anforderungen werden routinemäßig durch Indexzahlen an die Basisstation übermittelt.

Im Zusammenhang mit der Übermittlung des zukünftig abzuhörenden Rahmens lehrt das Dokument D13 den Fachmann auch, dass die Basisstation anschließend selbst diese Information verwertet und die entsprechenden Down-Setup-Nachrichten nur in diesem festgelegten Rahmen (und Schlitz) an das Mobilgerät sendet (zweiter Teil des Merkmals 1-2.7). Dies ergibt sich unter Berücksichtigung des fachmännischen Wissens schon daraus, dass das mobile Datennetz aus rein praktischen Erwägungen nicht mit unnötigen Datenübertragungen belastet werden soll. Der Fachmann wird stets bestrebt sein, die für die Übertragung zur Verfügung stehende, äußerst begrenzte Bandbreite effektiv zu nutzen. Im Übrigen ist der Fachmann bemüht störende Interferenzen auf ein Minimum zu reduzieren, was besonders einfach dadurch erreicht werden kann, dass unnötige Datenübertragungen vermieden werden.

Soweit die Beklagte der Auffassung ist, dass zu einer solchen Interpretation keine Veranlassung besteht und die Basisstation beim Gegenstand des Dokuments D13 weiterhin in jedem Rahmen die entsprechenden Down-Setup-Nachrichten an das Mobilgerät senden wird, mithin der zweite Teil des Merkmals 1.2.7 sich nicht aus dem Dokument D13 ergebe, kann sie damit nicht durchdringen. Das Dokument D13 verweist nämlich selbst ausdrücklich darauf, dass bei Einstellung des VLDC MODE die an das Mobilgerät gesendeten Pakete verzögert werden (Abschn. 3.7, 2. Absatz). Dies versteht der Fachmann nach Überzeugung des Senats ohne weiteres dahingehend, dass die Pakete von vornherein verzögert gesendet werden, so dass hieraus sehr wohl die Lehre zu entnehmen ist, dass die Basisstation nur während des zugewiesenen Rahmens (Schlitzes) sendet.

In welcher Weise zuvor die Information über das Einnehmen des VLCD MODE von dem Mobilgerät zu der Basisstation übermittelt wird und welches Format die Information hat, ist in dem Dokument D13 nur soweit detailliert angegeben, dass die Information bei der Registrierung des Mobilgerätes bei der Basisstation übermittelt werden kann (Abschn. 3.7, 2. Absatz: "A mobile may register telling the network..."). Da es sich inhaltlich um eine einfache Ja-Nein-Information handeln kann, zieht der Fachmann hinsichtlich des Formats ohne weiteres in Betracht, dass hier ein Bit (Wert eines Flags) vom Mobilgerät an die Basisstation übertragen wird, um den Zustand zu signalisieren. Ein solches Bit fällt jedenfalls unter den vom Senat weit ausgelegten Begriff "Indexzahl".

Insoweit kann der Fachmann dem Dokument D13 in Verbindung mit der Druckschrift D36 und seinem durch die genannten Dokumente belegten Fachwissen eine Vorrichtung mit allen Merkmalen des Patentanspruchs 1 entnehmen (BGHZ 128, 270 - Elektrische Steckverbindung). Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht unter diesen Umständen nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

c. Das Streitpatent lehrt in seinem Patentanspruch 7 in der erteilten Fassung (ohne Bezugszeichen; Merkmalsgliederung hinzugefügt)

7-1 ein Verfahren zum Vorsehen von periodisch koordinierter Kommunikation in einem System mit einem Sender und zumindest einem Empfänger an einem von dem Sender entfernten Ort, 7-2 wobei jeder der Empfänger 7-2.1 einen aktiven Modus, 7-2.2 einen inaktiven Modus und 7-2.3 eine eigene (unique) Identifikationsnummer besitzt, 7-3 wobei der Sender und jeder Empfänger in Synchronisation mit periodischen Schlitzen ist, wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:

7-4 Auswählen eines Schlitzzyklus, entsprechend einem jedem Empfänger, 7-4.1 wobei der Schlitzzyklus eine vorbestimmte Anzahl der Schlitze ist und 7-4.2 basierend auf einer Indexzahl, 7-4.3 die von jedem Empfänger geliefert wird,

(7-4.2) bestimmt wird;

7-5 Auswählen eines zugewiesenen Schlitzes aus dem Schlitzzyklus eines jeden Empfängers und 7-6 Senden auf einem Kanal von zumindest einer Nachricht einmal pro Schlitzzyklus während des zugewiesenen Schlitzes des Empfängers und 7-7 gleichzeitiges Überwachen des Kanals während des zugewiesenen Schlitzes an dem entfernten Ort.

d. Mit der unter 3.b beschriebenen Vorrichtung ist dem Fachmann durch das Dokument D13 zugleich ein Verfahren zum Vorsehen von periodisch koordinierter Kommunikation in einem System mit einem Sender (Basisstation) und zumindest einem Empfänger an einem von dem Sender entfernten Ort (Mobilgerät) offenbart (Merkmal 7-1), bei dem jeder Empfänger einen aktiven und einen inaktiven Modus besitzt (Merkmale 7-2, 7-2.1, 7-2.2). Während des aktiven Modus wird der zugewiesene Schlitz überwacht (Merkmal 7-7), während des inaktiven Modus sind die Komponenten des Mobilgeräts weitgehend abgeschaltet (Abschn. 3.7, 2. Absatz). Ohne explizite Erwähnung in dem Dokument D13 ist dem Fachmann klar, dass die in dem Verfahren benutzten Mobilgeräte über eine individuelle (eigene) Identifikationsnummer verfügen (Merkmal 7-2.3), da sie anderenfalls in dem Netzwerk nicht identifiziert werden könnten.

Sender und Empfänger arbeiten mit einem Zeitmultiplex-Zugriffsverfahren (TDMA, Abschn. 3.5) und somit synchron zu periodisch wiederkehrenden Zeitschlitzen (Merkmal 7-3).

Gemäß dem vorgenannten Zugriffsverfahren muss, um eine Nachricht von der Basisstation an das Mobilgerät zu senden, ein für das betreffende Mobilgerät gültiger Schlitzzyklus ausgewählt werden (Merkmal 7-4), innerhalb des Schlitzzyklus mindestens ein Schlitz zugewiesen werden (Merkmal 7-5) und innerhalb des Schlitzes die Nachricht gesendet werden (Merkmal 7-6).

Das Dokument D13 offenbart schließlich, dass das Mobilgerät beim Einnehmen des unter 3.b näher beschriebenen VLDC MODE eine Information an die Mobilstation übermittelt und insoweit (wie oben ausgeführt) eine Indexzahl bereitstellt, auf deren Grundlage die Basisstation einen Schlitzzyklus bestimmt (Merkmale 7-4.1, 7-4.2, 7-4.3).

Mithin wird durch den Stand der Technik, wie er sich in dem Dokument D13 in Verbindung mit dem Wissen aus der Druckschrift D36 und dem Fachwissen darstellt, nicht nur die Vorrichtung gemäß dem Patentanspruch 1, sondern auch das Verfahren gemäß Patentanspruch 7 nahegelegt. Besonderheiten des im erteilten Patentanspruch 7 definierten Verfahrens, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, wurden von der Beklagten nicht geltend gemacht.

4. Zum Hilfsantrag I Das Patent kann auch in der Fassung der Ansprüche gemäß Hilfsantrag I keinen Bestand haben.

Der Wortlaut der Patentansprüche 1 und 7 gemäß Hilfsantrag I unterscheidet sich formell durch die Änderung des Begriffs "being determined based on" ("basierend auf ... bestimmt") in "being computed using" ("berechnet unter Benutzung ...") in den Merkmalen 1-2.4 bzw. 7-4.2.

Der Senat legt beide Formulierungen in ein und derselben Weise aus und versteht darunter die Auswahl eines konkreten Schlitzzyklus aus einer verfügbaren Menge von Schlitzzyklen. Ob dabei rechnerische Methoden benutzt werden, wie sie zum Beispiel in der Patentschrift, Absätze [0021] bis [0026], mit Hilfe von Formeln angegeben sind, oder nicht, macht für den Fachmann in diesem Zusammenhang keinen sachlichen Unterschied. Einen solchen vermag auch der Senat nicht festzustellen.

Die so verstandenen Patentansprüche 1 und 7 gemäß Hilfsantrag I unterscheiden sich inhaltlich nicht von den erteilten Patentansprüchen 1 und 7, sie beruhen ebenso wenig wie diese auf erfinderischer Tätigkeit.

5. Zum Hilfsantrag II Auch in der Fassung der Ansprüche gemäß Hilfsantrag II hat das Patent keinen Bestand.

Hinsichtlich des Austauschs der Worte "determined based on" gegen "computed using" gelten die zum Hilfsantrag I unter 4. dargelegten Gründe analog.

Die darüber hinaus gegenüber dem Wortlaut der Ansprüche in der erteilten Fassung vorgenommene Einfügungen der Worte "and chosen from a range" ("ausgewählt aus einem Bereich") in den Patentansprüchen 1 und 7 lässt nicht eindeutig erkennen, welche Größe aus einem Bereich ausgewählt wird. In Frage kommen formell sowohl der Schlitzzyklus ("slot cycle ... chosen from a range") als auch die Indexzahl ("index number ... chosen from a range"). Im Lichte der Beschreibung in der Streitpatentschrift (S. 4, Z. 1) legt der Senat die Einfügung in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung und insoweit zu ihren Gunsten dahingehend aus, dass sie sich auf die Indexzahl bezieht. Dabei berücksichtigt der Senat, dass der Schlitzzyklus anspruchsgemäß unter Verwendung einer Indexzahl berechnet wird ("... slot cycle being computed using an index number ..."), also offensichtlich gerade nicht aus einem Bereich ausgewählt wird (BGH, Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 - Spannschraube).

Die eingefügten Worte "and chosen from a range" führen jedoch tatsächlich nicht zu einer gegenüber den erteilten Ansprüchen eingeschränkten Fassung. Der Fachmann versteht nämlich schon die Angabe "index number provided from said at least one remote station" ("Indexzahl, die von der zumindest einen entfernten Station vorgesehen wird") im erteilten Anspruch 1 sowie die entsprechende Angabe im Patentanspruch 7 dahingehend, dass die entfernte Station (Mobilstation) diese Indexzahl aus einem Bereich entnimmt. Zahlen und insbesondere Indexzahlen, können nur aus einem Bereich, dem sogenannten Wertevorrat oder einer sogenannten Zahlenmenge, entnommen werden. Dabei kann völlig offen bleiben, wie dieser Bereich definiert ist, welche Elemente er enthält oder wodurch er begrenzt ist. Die vorgenommene Einfügung macht hierzu auch keinerlei Angaben.

Die Worte "chosen from a range" gehen insoweit nicht über das fachmännische Verständnis hinaus und haben keinerlei schutzbegrenzende Wirkung.

Gleiches gilt für die darüber hinaus vorgenommene Änderung im Patentanspruch 7. Der Angabe "transmitting on said message channel" (statt "transmitting on a channel") kann der Senat nichts entnehmen, was ausgehend vom Verständnis des Fachmanns nicht zugleich kennzeichnend für den Gegenstand des nicht patentfähigen erteilten Patentanspruch 7 wäre. Es ist nämlich nicht ersichtlich, auf welchem "besagten Nachrichtenkanal" ("said message channel") die Übertragung erfolgt, wenn man berücksichtigt, dass ein solcher in dem vorangehenden Teil des unabhängigen Anspruchs 7 nicht vorkommt. "Besagter Nachrichtenkanal" ist demzufolge für den Fachmann und insoweit auch nach dem Verständnis des Senats nichts anderes als der schon im erteilten Patentanspruch 7 beanspruchte beliebige Kanal ("a channel").

Nach alledem gelten bezüglich der Patentfähigkeit der Patentansprüche gemäß Hilfsantrag II dieselben Erwägungen und Gründe wie für den Hauptantrag. Die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 7 werden durch den Stand der Technik gemäß den Dokumenten D13 und D36 in Verbindung mit dem dadurch belegten Wissen des Fachmanns nahegelegt.

6. Zum Hilfsantrag III Hinsichtlich des Austauschs der Worte "determined based on" gegen "computed using" gelten die zum Hilfsantrag I unter 4. dargelegten Gründe analog.

Die eingefügten Worte "and chosen from a range of 1 to 7" führen zu einem gegenüber der erteilten Fassung eingeschränkten Gegenstand.

Wie bereits zum Hilfsantrag II unter 5. ausgeführt, versteht der Fachmann die Angabe im erteilten Anspruch 1 "index number provided from said at least one remote station" ("Indexzahl, die von der zumindest einen entfernten Station vorgesehen wird") sowie die entsprechende Angabe im Patentanspruch 7 ohne weiteres dahingehend, dass die entfernte Station (Mobilstation) die Indexzahl aus einem Bereich entnimmt. Allerdings sind die konkreten Zahlenwerte, aus denen der Fachmann die Indexzahl auswählt, vollständig in sein Belieben gestellt, so dass die Konkretisierung "a range of 1 to 7" lediglich einen im Griffbereich des Fachmanns liegende Bereich definiert. Dies kann das Beruhen auf erfinderischer Tätigkeit nicht begründen.

Infolgedessen kann das Patent auch in der Fassung der Ansprüche gemäß Hilfsantrag III keinen Bestand haben.

7. Zum Hilfsantrag IV Nach dem Hilfsantrag IV wird die Lehre des erteilten Patentanspruch 1 dadurch beschränkt, dass ihr das der Beschreibung, Abs. [0029], entnommene Merkmal

"said message receiver (146) for monitoring said message channel only during a slot computed using a default slot cycle index equal or less than an old slot cycle index used by the transmitter, if the remote station does not receive an acknowledgment of the selection of the index number by the remote station"

hinzugefügt wird.

Die im Übrigen vorgenommenen Änderungen ("slot cycle ... being computed using" statt "slot cycle ... being determined based on" und "index number selected and provided from ..." statt "index number provided from ...") gehen nicht über Klarstellungen hinaus, die der Fachmann auch ohne ausdrückliche Nennung mitliest (vgl. hierzu auch die Ausführungen unter 4.).

Der unter Hinzufügung des oben genannten Merkmals definierte Gegenstand ist gleichfalls nicht patentfähig, weil er durch den Stand der Technik gemäß den Dokumenten D13 und D36 in Verbindung mit dem durch diese Dokumente belegten Wissen des Fachmanns naheliegt.

Das hinzugefügte Merkmal behandelt das Verhalten der beanspruchten - als solchen nicht patentfähigen - Vorrichtung für den Fall, dass in der Kommunikation zwischen der Basisstation und der entfernten Station Fehler auftreten und die entfernte Station deshalb ein Bestätigungssignal für eine an die Basisstation übermittelte Indexzahl nicht erhält. Das besondere Verhalten ist dadurch gekennzeichnet, dass die entfernte Station anschließend in einen Schlitzzyklus wechselt, der durch eine Indexzahl bestimmt ist, die kleiner oder gleich der dem bisherigen Schlitzzyklus zugrunde liegende Indexzahl ist.

Dies umfasst unter anderem die folgenden Möglichkeiten:

1. der Schlitzzyklus bleibt unverändert (neue Indexzahl gleich der alten Indexzahl)

2. der Schlitzzyklus wird auf den durch die Indexzahl "0" bestimmten Wert, mithin typischerweise auf ein kontinuierliches Abhören des Paging-Kanals, umgestellt.

Beide Verfahrensweisen liegen für den Fachmann nahe.

Auf die erste Möglichkeit verfällt der Fachmann ohne weiteres, da sie lediglich darin besteht, ohne Bestätigungssignal von der Basisstation keine Änderung im Übertragungsverhalten vorzunehmen. Dies ist ein rein logisches Verhalten.

Zum Vorsehen der zweiten Möglichkeit wird der Fachmann durch die Druckschrift D36, die er in Verbindung mit dem Dokument ohnehin schon in Betracht zieht, angeregt. Aus der Druckschrift D36 ist nämlich bekannt, dass die Mobilstationen im Falle von Übertragungsfehlern in einen Modus übergehen, bei dem eine kontinuierliche Überwachung des Paging-Kanals erfolgt (Sp. 7, Z. 31-36).

Somit umfasst der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV zumindest zwei Gegenstände, die dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt sind. Er kann deshalb keinen Bestand haben.

Dieselben Hinderungsgründe gelten für den Verfahrensanspruch 7 gemäß Hilfsantrag IV in Bezug auf das aus der Beschreibung hinzugefügte Merkmal

"monitoring at said remote station said channel only during a slot computed using a default slot cycle index equal or less than an old slot cycle index used by the transmitter (10), if the remote station does not receive an acknowledgment of the selection of the index number by the remote station".

Nach alledem kann das Patent auch in der Fassung des Hilfsantrags IV keinen Bestand haben.

8. Inwieweit die anderen von der Klägerin geltend gemachten Tatsachen einen Widerrufsgrund bilden, insbesondere, ob die vorgelegten Dokumente D5a - D5c, D7 oder D34 (= D34a) den Patentgegenstand in den Fassungen der einzelnen Anträge neuheitsschädlich offenbaren oder in Zusammenschau mit den sonstigen vorgelegten Dokumente diesen Patentgegenstand nahelegen, kann dahinstehen, nachdem sich der Gegenstand unter dem Gesichtspunkt fehlender erfinderischer Tätigkeit gegenüber den Dokumenten D13 und D36 als nicht rechtsbeständig erwiesen hat.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

Winkler Dr. Hartung Voit Bernhart Kleinschmidt Pr






BPatG:
Urteil v. 23.07.2008
Az: 4 Ni 9/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/76135ca8e11d/BPatG_Urteil_vom_23-Juli-2008_Az_4-Ni-9-07




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