Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. August 2005
Aktenzeichen: 6 W (pat) 66/02
(BPatG: Beschluss v. 29.08.2005, Az.: 6 W (pat) 66/02)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seiner Entscheidung festgestellt, dass die Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C des Deutschen Patent- und Markenamts erfolgreich ist. Der Beschluss wurde daher aufgehoben und das Patent wurde erteilt. Die Anmeldung betrifft eine Antriebswelle und wurde am 14. Mai 2001 eingereicht. Für die Erteilung des Patents wurden die eingereichten Patentansprüche 1 bis 15 und die Beschreibungsseiten 1 bis 8 verwendet. Die Anmeldung erfüllt die Anforderungen an eine patentfähige Erfindung gemäß dem Patentgesetz §§1-5. Die Gegenstände der Patentansprüche sind in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen offenbart und sind gegenüber dem Stand der Technik neu und erfinderisch. Das Patent wurde daher zu Recht erteilt.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 29.08.2005, Az: 6 W (pat) 66/02
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Juni 2002 aufgehoben und das Patent erteilt.
Bezeichnung: Antriebswelle Anmeldetag: 14. Mai 2001 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 15 gemäß Eingabe vom 19. Juli 2005, eingegangen am 21. Juli 2005, Beschreibung Seiten 1 bis 8 gemäß Eingabe vom 19. Juli 2005, eingegangen am 21. Juli 2005, 8 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 12 gemäß Offenlegungsschrift.
Gründe
I.
Die Beschwerde der Anmelderin ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Juni 2002 gerichtet, mit dem die vorliegende Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen worden war, dass der Gegenstand des nebengeordneten Anspruchs 3 nicht neu sei, dass der Anspruch 15 unklar sei und dass die Anmeldung noch weitere Mängel aufweise.
Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind zum Stand der Technik folgende Druckschriften berücksichtigt worden:
(1) DE-PS 161 404
(2) GB 897 771
(3) DE 37 30 393 A1
(4) DE 31 24 927 A1 Gegen den vorgenannten Beschluss hat die Anmelderin mit Schreiben vom 2. August 2002, eingegangen am gleichen Tage, Beschwerde eingelegt. Sie hat mit Schreiben vom 19. Juli 2005 neue Patentansprüche 1 bis 15 und neue Beschreibungsseiten 1 bis 8 vorgelegt und sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 15 und Beschreibung Seiten 1 bis 8 gemäß Eingabe vom 19. Juli 2005 sowie 8 Blatt Zeichnungen (Figuren 1 bis 12) gemäß Offenlegungsschrift.
Der Patentanspruch 1 lautet:
"Axialverschiebeeinheit für einen Antriebsstrang zur Drehmomentübertragung, bestehend aus einem Profilzapfen (11) mit ersten umfangsverteilten längsverlaufenden Kugelrillen (12), einer Profilhülse (13) mit zweiten umfangsverteilten längsverlaufenden Kugelrillen (14), Kugeln (15), die in Paaren von ersten und zweiten Kugelrillen (12, 14) in gleichen Gruppen angeordnet sind, und einer Stützhülse (21), die drehmomentfest auf die Profilhülse (13) aufgeschoben ist, wobei die Stützhülse (21) im Bereich der Profilhülse (13) Polygonquerschnitt hat."
Der nebengeordnete Patentanspruch 3 lautet:
"Axialverschiebeeinheit für einen Antriebsstrang zur Drehmomentübertragung, bestehend aus einem Profilzapfen (11) mit ersten umfangsverteilten längsverlaufenden Kugelrillen (12), einer Profilhülse (13) mit zweiten umfangsverteilten längsverlaufenden Kugelrillen (14), Kugeln (15), die in Paaren von ersten und zweiten Kugelrillen (12, 14) in gleichen Gruppen angeordnet sind, und einer Stützhülse (21), die drehmomentfest auf die Profilhülse (13) aufgeschoben ist, wobei die Stützhülse (21) ein Bogenprofil mit einer Außenbogenlinie mit mehreren Außenbogenabschnitten bildet."
Laut Beschreibung (S. 2, Abs. 2) soll die Aufgabe gelöst werden, eine Axialverschiebeeinheit der genannten Art vorzuschlagen, die bei günstigem Materialeinsatz und Fertigungsaufwand die Hauptanforderungen leichtgängige Verschiebbarkeit und größtmögliche Lebensdauer erfüllt.
Hinsichtlich der auf den Patentanspruch 1 bzw. 3 rückbezogenen Unteransprüche 2 und 4 bis 15 sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick auf die geltenden Unterlagen auch begründet.
1. Die Gegenstände der geltenden Patentansprüche 1 bis 15 sind in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen offenbart, die Patentansprüche sind somit zulässig.
Der Patentanspruch 1 geht auf die ursprünglichen Patentansprüche 1 und 8 und der nebengeordnete Patentanspruch 3 auf die ursprünglichen Patentansprüche 1 und 10 i. V. m. den Fig. 6 und 8 zurück, Patentanspruch 2 entspricht dem ursprünglichen Patentanspruch 9 und die Patentansprüche 4 bis 15 gehen auf die ursprünglichen Patentansprüche 11, 2 bis 7 und 12 bis 16 zurück.
2. Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG § 1 bis 5 dar.
a. Die Axialverschiebeeinheit gemäß Patentanspruch 1 bzw. 3 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu, da keine der entgegengehaltenen Druckschriften eine Vorrichtung mit sämtlichen im Patentanspruch 1 bzw. 3 angegebenen Merkmalen zeigt.
Aus der Entgegenhaltung (1) DE-PS 161 404 ist eine Längsverschiebeeinheit bekannt, bei der eine Profilhülse mit zylindrischer Außen- und Innenform in eine Stützhülse eingesetzt ist. Die Stützhülse weist - wie die Profilhülse - ebenfalls einen zylindrischen Innen- und Außenquerschnitt auf.
Aus der (2) GB 897 771 ist eine Längsverschiebeeinheit bekannt, bei der sich der Querschnitt der Stützhülse aus sich abwechselnden Außen- und Innenbogenabschnitten zusammensetzt.
In der (3) DE 37 30 393 A1 ist eine Längsverschiebeeinheit beschrieben, in der Laufbahnelemente aus Blech als Profilhülse dienen, welche nur bereichsweise über den Querschnitt verteilt angeordnet sind. Die Stützhülse hat einen im Wesentlichen kreisbogenförmigen Querschnitt mit einzelnen bogenförmigen Ausbauchungen.
Die (4) DE 31 24 927 A1 erläutert eine Längsverschiebeeinheit, bei der in eine Stützhülse mit kreisförmigem Außen- und polygonförmigem Innenquerschnitt einzelne ebene elastisch abgestützte Platten eingesetzt sind, welche sich auf in Kugelrinnen des Profilzapfens angeordneten Kugeln abstützen. Eine Profilhülse mit zweiten umfangsverteilten längsverlaufenden Kugelrillen ist dort nicht vorgesehen.
Keine dieser bekannten Axialverschiebeeinheiten weist jedoch eine Stützhülse auf, die im Bereich der Profilhülse einen Polygonquerschnitt hat (Patentanspruch 1) oder ein Bogenprofil mit einer Außenbogenlinie mit mehreren Außenbogenabschnitten bildet (Patentanspruch 3).
b. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 bzw. 3 der vorliegenden Anmeldung, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.
Aus der dem Patentgegenstand am nächsten kommenden (1) DE-PS 161 404 ist eine Axialverschiebeeinheit für einen Antriebsstrang zur Drehmomentübertragung bekannt, bestehend aus einem Profilzapfen mit ersten umfangsverteilten längsverlaufenden Kugelrillen, einer Profilhülse mit zweiten umfangsverteilten längsverlaufenden Kugelrillen, Kugeln, die in Paaren von ersten und zweiten Kugelrillen in gleichen Gruppen angeordnet sind, und einer Stützhülse, die drehmomentfest auf die Profilhülse aufgeschoben ist. Dort ist die Stützhülse im Querschnitt zylindrisch ausgebildet. Somit konnte von dieser Druckschrift kein Hinweis ausgehen, die Stützhülse gemäß Patentanspruch 1 mit einem Polygonquerschnitt zu versehen bzw. gemäß Patentanspruch 3 als Bogenprofil mit einer Außenbogenlinie mit mehreren Außenbogenabschnitten auszubilden.
Eine solchen Hinweis erhält der Fachmann, ein Diplomingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Antriebstechnik, auch nicht bei Kenntnis der übrigen Druckschriften.
Wie bereits beim Neuheitsvergleich ausgeführt, ist keiner der Druckschriften eine Axialverschiebeeinheit zu entnehmen, bei der die Stützhülse im Bereich der Profilhülse einen Polygonquerschnitt aufweist bzw. ein Bogenprofil mit einer Außenbogenlinie mit mehreren Außenbogenabschnitten bildet.
Somit war es aufgrund des Fehlens entsprechender Hinweise für den Fachmann selbst bei einer Zusammenschau des nachgewiesenen Standes der Technik unter Einsatz seines durchschnittlichen fachlichen Könnens nicht naheliegend, ohne erfinderisches Dazutun zur Gesamtheit der im Patentanspruch 1 bzw. 3 enthaltenen Merkmale zu gelangen, da entsprechende Anregungen, die Stützhülse im Bereich der Profilhülse als Polygonquerschnitt bzw. als Bogenprofil mit einer Außenbogenlinie mit mehreren Außenbogenabschnitten auszubilden, im Stand der Technik fehlen.
Die Patentansprüche 1 bzw. 3 sind somit gewährbar. Das gleiche gilt für die auf diese Patentansprüche rückbezogenen Patentansprüche 2 und 4 bis 15, die auf Merkmale zur Weiterbildung der Axialverschiebeeinheit nach Patentanspruch 1 bzw. 3 gerichtet sind.
Lischke Riegler Schneider Müller Cl
BPatG:
Beschluss v. 29.08.2005
Az: 6 W (pat) 66/02
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