Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Juli 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 286/03

(BPatG: Beschluss v. 06.07.2005, Az.: 32 W (pat) 286/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Gerichtsentscheidung geht es um einen Widerspruch gegen eine Marke, der vor dem Bundespatentgericht verhandelt wurde. Der Kläger hat Widerspruch gegen eine Marke eingelegt, die ähnlich ist zu seinen eigenen älteren Marken. Die angegriffene Marke wurde gelöscht und der Kläger hat Beschwerde eingelegt, die jedoch abgewiesen wurde. Das Gericht stellte fest, dass es eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken gibt, da die Waren und Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, ähnlich sind. Obwohl es geringfügige Unterschiede im Schriftbild und Klang zwischen den Marken gibt, sind diese nicht ausreichend, um Verwechslungen zu verhindern. Das Gericht wies darauf hin, dass die zusätzlichen Konsonanten in der verdoppelten Form der Marke keinen entscheidenden Unterschied machen und dass die Verbraucher den Sinngehalt der Marke nicht erkennen werden. Das Gericht entschied auch, dass keine Kosten zur Billigkeit aufgelegt werden sollten.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 06.07.2005, Az: 32 W (pat) 286/03


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die am 21. März 2000 angemeldete und am 15. August 2000 für

"Waren aus Papier, Pappe oder Karton, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren und Künstlerbedarfsartikel; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Spielkarten, Drucklettern und Druckstöcke;

Bekleidungsstücke und Kopfbedeckungen;

Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten".

eingetragene Marke 300 22 359 siehe Abb. 1 am Endehat die Widersprechende am 14. Dezember 2000 Widerspruch aus ihren folgenden Gemeinschaftsmarken aus dem Jahr 1996 eingelegt:

219 014 (Wort-Bild-Marke)

siehe Abb. 2 am Ende 219 048 (Wort-Marke)

BEATLES Beide Widerspruchsmarken sind u.a. eingetragen für

"Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Künstlerbedarfsartikel; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke; Poster und Plakate; Bücher; Karten; Postkarten; Grußkarten; Kalender; Bilderrahmen; Photoalben; Drucke;

Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Hemden, Polohemden, T-Shirts, Sweatshirts, Jacken, Mäntel, Pullover, Westen, Unterwäsche, Shorts, Boxershorts, Halstücher, Seidentücher, Krawatten, Mützen, Hosenträger, Strumpfhalter, Gürtel, Socken.

Unterhaltung; Erziehung; Unterhaltung und Erziehung im Zusammenhang mit Musik; Unterhaltung und Erziehung mit Hilfe von Fernsehen und Rundfunk;

Veranstaltung von Wettkämpfen; Organisation, Produktion und Präsentation von Shows und Live-Veranstaltungen; Konzertdienstleistungen; Musikdarbietungen eines Orchesters; Live-Darbietungen von Bands; Betrieb einer Diskothek; Club-Unterhaltung; Betrieb von Nachtclubs; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle, Unterhaltungs- und Bildungszwecke; Organisation von Musikveranstaltungen;

Organisation von Sportveranstaltungen".

Mit Beschluss vom 14. Juli 2004 hat die Markenstelle die angegriffene Marke gelöscht. Dies ist damit begründet, zwischen den Waren der angegriffenen Marke und denen der Widerspruchmarken bestehe Identität bzw. hochgradige Ähnlichkeit. Der Schutzumfang der Widerspruchsmarken sei für Druckereierzeugnisse und Photographien, Unterhaltung sowie Veranstaltungen gemindert, weil sie insoweit als Inhaltsangaben beschreibend seien. Die graphische Gestaltung der Widerspruchmarke 219 914 sei nicht so originell, dass sie diese Kennzeichnungsschwäche überwinden könnte.

Im Gesamteindruck unterscheide sich die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke 219 014 aber dennoch nicht ausreichend, weil jeweils der erste Buchstabe B überdimensional sei und das T jeweils eine Unterlänge aufweise.

Der Wortbestandteil habe in klanglicher Hinsicht eine eigenständig kennzeichnende und insgesamt prägende Bedeutung. In klanglicher Hinsicht sei die angegriffene Marke beiden Widerspruchmarken verwechselbar ähnlich. Der Artikel "THE" schaffe keinen ausreichenden Markenabstand.

"BEATTELLS" und "BEATLES" spreche das Publikum gleichermaßen aus. Die zusätzlichen Konsonanten träten in der Verdoppelung klanglich nicht in entscheidungserheblichen Maß in Erscheinung.

Den Sinngehalt "Beat erzählt" werde das Publikum nicht erkennen.

Der Beschluss wurde dem Inhaber der angegriffenen Marke mit Einschreiben, abgesendet an 17. Juli 2003, zugestellt.

Dagegen hat der Inhaber der angegriffenen Marke am Montag, dem 18. August 2003, Beschwerde eingelegt. Eine Begründung ist im Beschwerdeverfahren nicht zu den Gerichtsakten gelangt.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen sonstiger Einzelheiten, insbesondere das Vorbringen der Beteiligten im patentamtlichen Verfahren, wird auf den genannten Inhalt der Amts- und Gerichtsakten verwiesen.

II 1) Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Markenstelle die angegriffene Marke zu Recht gelöscht hat; es besteht auch nach Auffassung des Senats eine Verwechslungsgefahr.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 125b MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Gemeinschaftsmarke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren bzw. Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den Faktoren Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der älteren Marke und Aufmerksamkeit des Publikums besteht. So kann ein höherer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke einen geringeren Grad an Ähnlichkeit der Marken ausgleichen und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626 - IMS; EuGH GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) - MARCA / ADIDAS).

a) Für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ist nichts vorgetragen. Eine Minderung ist insoweit anzunehmen, als die weltberühmte Band der Beatles Inhalt von Druckwerken oder Thema von Unterhaltung bzw. kulturellen Aktivitäten sein kann; die Widerspruchmarken eignen sich dann nämlich zur inhaltlichen Beschreibung von Veranstaltungen und gedruckten Waren.

b) Ausgehend von der Registerlage, stehen sich mit Papier, Pappe, Waren aus diesen Materialien, Druckereierzeugnissen, Buchbinderartikel, Photographien, Schreibwaren, Künstlerbedarfsartikel, Verpackungsmaterial aus Kunststoff, Spielkarten, Drucklettern, Druckstöcken, Bekleidung, Kopfbedeckungen sowie Unterhaltung identische Waren und Dienstleistungen gegenüber.

Zu den sportlichen Aktivitäten der angegriffenen Marke sind Veranstaltung von Wettkämpfen sowie Organisation von Sportveranstaltungen, für die die Widerspruchsmarken eingetragen sind, identisch.

Zu den kulturellen Aktivitäten der angegriffenen Marke sind die Veranstaltung von Wettkämpfen, die Organisation, Produktion und Präsentation von Shows und Live-Veranstaltungen, die Konzertdienstleistungen, die Musikdarbietungen, die Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle, Unterhaltungs- und Bildungszwecke sowie die Organisation von Musikveranstaltungen zumindest hochgradig ähnlich.

c) Unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände sind zumindest durchschnittliche Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand zu stellen. Die Abweichungen im Schriftbild reichen damit nicht aus, um die Gefahr von phonetischen Verwechslungen im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG hinreichend sicher auszuschließen.

Klanglich unterscheiden sich die Marken nicht ausreichend.

Jedenfalls entscheidungserhebliche Teile der angesprochenen Verbraucher werden die angegriffene Marke nicht im Sinn von "(Der) Beat erzählt" als "(the) beattells" verstehen. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit den vor der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen, zu denen die von ihrem Inhaber als "erzählend" bezeichnete Musik gar nicht gehört. Die Verbraucher sprechen "BEATTELLS" daher in entscheidungserheblichem Umfang nicht mit einer Fuge zwischen "BEAT" und "TELLS" und nicht mit einer Betonung auf "TELLS".

Zudem werden sie den englischen bestimmten Artikel "THE" erkennen und ihre Aufmerksamkeit allein dem Wort "BEATTELLS" zuwenden, so dass dieses das eigentliche Kennzeichen darstellt (vgl. Beschluss des Senats vom 9. Oktober 2002, Az: 32 W (pat) 269/99 - PUMP / THE PUMP; ähnlich offenbar HABM vom 20. Dezember 2004, R0230/04-1 - APPLE UNDERWEAR / THE APPLE JEANS; vom 26. Oktober, R0653/00-4, R0866/00-4 und R0654/00-4 - THE BRIDGE (WAYFARER)/ BRIDGE). "THE" ist in der angegriffenen Marke auch nicht etwa deswegen prägend, weil es die sprachliche Herkunft der Marke und damit mittelbar auch die Herkunft der damit gekennzeichneten Angebote vermittelt (anders bei IL PORTONE / IL PADRONE, vgl. BPatGE 44, 216); dazu ist das englische "the" - international und auch im Inland - zu gebräuchlich und eine geographische Herkunft der Waren und Dienstleistungen zu wenig von Belang. Das "THE" ist im Zusammenhang der angegriffenen Marke auch keine Hervorhebung im Sinn von "einzigartig" (so HABM vom 30. Oktober 2000, R0729/99-2 zu THE SAVOY / SAVOY), sondern bekannter Teil der Bandbezeichnung "THE BEATLES".

Die Verdoppelung, TT bzw. LL, bewirkt klanglich in "BEATTELLS" nicht zwingend einen Unterschied gegenüber "BEATLES"; gleiches gilt für die Vertauschung der Reihenfolge, ELS bzw. LES, da das E bei umgangssprachlicher Aussprache in beiden Fällen untergeht und jeweils nur LS übrig bleibt (vgl. die Aussprache von "Singles" u.ä. Wörtern).

2) Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Viereck Kruppa Dr. Albrecht Hu Abb. 1 Grafik der Marke 30022359.5 Abb. 2 Vergrößern






BPatG:
Beschluss v. 06.07.2005
Az: 32 W (pat) 286/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/790018f3ee4e/BPatG_Beschluss_vom_6-Juli-2005_Az_32-W-pat-286-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share