Finanzgericht München:
Urteil vom 5. November 2008
Aktenzeichen: 3 K 3427/03

(FG München: Urteil v. 05.11.2008, Az.: 3 K 3427/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Finanzgericht München hat in dem Urteil vom 5. November 2008, Aktenzeichen 3 K 3427/03, über den Streit um den Vorsteuerabzug in den Jahren 1994 bis 2000 entschieden. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der als gemeinnützige Körperschaft anerkannt ist und sich mit sozialwissenschaftlicher Forschung beschäftigt. Das Finanzamt behandelte einige Tätigkeiten des Klägers als unternehmerische Tätigkeit und erhöhte entsprechend die Umsätze des Klägers. Das Finanzamt teilte zudem die geltend gemachten Vorsteuern in einen abzugsfähigen und einen nicht abzugsfähigen Anteil auf. Der Kläger argumentierte, dass Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich sei, um als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes zu gelten, und dass die Finanzierung durch Zuschüsse den Vorsteuerabzug nicht ausschließe. Das Gericht urteilte, dass ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Eingangsumsätzen und den Ausgangsumsätzen bestehen müsse, um den Vorsteuerabzug zu erlauben. Da der Kläger nicht ausreichend mitgewirkt habe, könne dieser Zusammenhang nicht bestimmt werden. Das Gericht urteilte auch, dass die Eingangsumsätze des Klägers nicht ausschließlich für seine besteuerten Ausgangsumsätze aufgewendet wurden und dass die Kosten für die Forschung zu den allgemeinen Aufwendungen des Klägers gehören. Das Gericht erklärte weiter, dass der Kläger in seinem nichtwirtschaftlichen Bereich Grundlagenforschung betreibt, für den er institutionelle Zuschüsse erhält, die keine Entgelte sind und daher nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Das Gericht stimmte der Schätzung des Finanzamts zu, die Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten aufzuteilen. Das Gericht entschied auch, dass der Kläger sein Zuordnungswahlrecht voll ausgeübt hat und dass die Vorsteuerabzüge aufgrund privat genutzter Gegenstände zu mindern sind. Das Gericht wies die Klage daher größtenteils ab und ließ keine Revision zu.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

FG München: Urteil v. 05.11.2008, Az: 3 K 3427/03


Tatbestand

Streitig ist die Höhe des Vorsteuerabzugs in den Streitjahren (1994 bis 2000).

Der Kläger ist ein eingetragener Verein. Er ist als gemeinnützige Körperschaft im Sinne der §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO) anerkannt. Der Kläger hat nach seiner Satzung den Zweck , Erkenntnisse über die Situation €. Menschen, Ergebnisse im Bereich der €€forschung sowie der Sozial- und Bildungsforschung, soweit diese für die Sozialisation von €.. relevant sind, zu sammeln, zu erweitern und zu verbreiten.

In den beim Beklagten (Finanzamt - FA) eingereichten Umsatzsteuer-Jahreserklärungen, denen das FA nicht zustimmte, erklärte der Kläger negative Umsatzsteuern für die Streitjahre. Die Finanzierung des Geschäftsbetriebs des Klägers war nach dem Ergebnis einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung wie folgt ausgestaltet:

1. Durch institutionelle Zuschüsse aufgrund einer €Fehlbedarfsfinanzierung€ durch den Bund und die Länder gemäß den Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen Förderung. Diese Zuwendungen wurden nur insoweit gewährt, als keine eigenen Einnahmen erzielt werden und sollten den Kläger in die Lage versetzen zu forschen. Konkrete Projekte wurden mit diesen Zahlungen nicht gefördert;2. durch projektbezogene Zuschüsse aufgrund der Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung. Der Prüfer unterschied folgende Fälle:2.1 Der Zuschuss wurde ohne Übertragung von Verwertungsrechten oder anderer Gegenleistungen gewährt.2.2 Die Gewährung des Zuschusses erfolgte gegen Übertragung eines einfachen Verwertungsrechts.2.3 Neben der Übertragung des einfachen Verwertungsrechts war ein so genannter Pressevorbehalt vereinbart, d.h. das Recht die Forschungsergebnisse über die Presse zu veröffentlichen, stand ausschließlich dem Zuschussgeber zu.2.4 der Zuschussempfänger übertrug das ausschließliche Verwertungs- und Nutzungsrecht an den Zuschussgeber;3. Entgelt für die Auftragsforschung im Rahmen eines Leistungsaustausches;4. Erlöse aus Veröffentlichungen;5. Hilfsgeschäfte.Mitgliedsbeiträge wurden vom Kläger nicht erhoben. Zum überwiegenden Teil finanzierte sich der Kläger aus der institutionellen und der projektbezogenen Förderung.

Das FA behandelte die unter den Nummern 2.3 bis 5 genannten Tätigkeiten als unternehmerische Tätigkeit im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses. Das FA erhöhte infolgedessen die Umsätze des Klägers zum ermäßigten Steuersatz entsprechend. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Weiter teilte das FA die bisher vom Kläger aus allen mit Umsatzsteuer belasteten Eingangsrechnungen geltend gemachten Vorsteuern in einen abzugsfähigen und einen nicht abzugsfähigen Anteil auf. Da der Kläger dabei nicht ausreichend mitgewirkt habe, erfolge diese Aufteilung im Wege der Schätzung.

Zur Klagebegründung trägt der Kläger vor, Gewinnerzielungsabsicht sei nicht erforderlich, um einen Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes zu definieren. Seine Tätigkeit sei nicht in Einzelprojekte aufzugliedern, da Grundlagen- und Auftragsforschung untrennbar seien. Die Grundlagenforschung diene der Vorbereitung der Auftragsforschung. Die Finanzierung von Ausgaben durch Zuschüsse schließe den Vorsteuerabzug nicht aus.

Mit einer Aufklärungsanordnung wurde der Kläger aufgefordert, die Rechnungen für die Gegenstände vorzulegen, die er (ganz oder teilweise) für seine entgeltlichen Ausgangsumsätze genutzt hat, die Zuordnung zu den jeweiligen Ausgangsumsätzen substantiiert darzulegen und die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Gegenstände anzugeben sowie die Bewilligungsbescheide für die öffentliche Förderung vorzulegen.

Gründe

Aus den Gründen:

Die Klage ist zum überwiegenden Teil unbegründet.

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStG) kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. von § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Nach Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG € Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerliche Bemessungsgrundlage (ABl.EG 1977 Nr. L 145 S. 1, = Richtlinie 77/388/EWG) ist der Vorsteuerabzug gegeben, soweit die Gegenstände oder Dienstleistungen vom Steuerpflichtigen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden.

131. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muss grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, bestehen, damit der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und der Umfang dieses Rechts bestimmt werden kann (z.B. EuGH-Urteil vom 8. Februar 2007 Rs. C-435/05, Investrand BV, Rn. 23 m.w.N., Slg. 2007, I-01315, UR 2007, 225). Das Recht auf Abzug der für den Erwerb von Gegenständen oder Dienstleistungen entrichteten Mehrwertsteuer ist nur gegeben, wenn die hierfür getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der versteuerten, zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze gehören (EuGH-Urteil vom 8. Februar 2007 Rs. C-435/05, Investrand BV, Rn. 23 m.w.N., a.a.O.). Ein solcher direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen den streitigen Eingangsumsätzen einerseits und den Ausgangsumsätzen, die der Kläger ausführt, andererseits, lässt sich vorliegend mangels Mitwirkung des Klägers nicht bestimmen.

2. Ein Recht auf Vorsteuerabzug wird zugunsten des Steuerpflichtigen auch bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen dann angenommen, wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und € als solche € Bestandteile des Preises der von ihm gelieferten Gegenstände oder € was im Streitfall in Betracht kommt - erbrachten Dienstleistungen sind (EuGH-Urteil vom 8. Februar 2007 Rs. C- 435/05, Investrand BV, Rn. 23 m.w.N., a.a.O.).

Anders als der Kläger meint, sind die Eingangsumsätze nicht deshalb ausschließlich für seine besteuerten Ausgangsumsätze aufgewandt worden, weil er daneben keine anderen Umsätze ausführt, die Aufwendungen also keinen bestimmten Ausgangstätigkeiten zugeordnet werden können (vgl. EuGH-Urteil vom 13. März 2008 Rs. C-437/06 € Securenta, UR 2008, 344, DStR 2008, 615, Rn. 26). Insoweit fehlt es an einer direkten und unmittelbaren Zuordnung (siehe vorstehend 1.). Die Kosten dafür gehen auch nicht in die Preise der steuerpflichtigen Ausgangsumsätze ein (vgl. EuGH-Urteil vom 22. Februar 2001 Rs. C-408/98 € Abbey National, UR 2001, 164, Rn. 35); denn die entsprechenden Aufwendungen für die Eigenforschung wurden durch Zuwendungen der öffentlichen Hand finanziert. Der Senat kann daher nicht annehmen, dass der Kläger diese Aufwendungen nochmals an seine Leistungsempfänger berechnet hat. Dies wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

3. Geht der Steuerpflichtige € wie im Streitfall - zugleich wirtschaftlichen Tätigkeiten (wobei der Kläger im Streitfall nur steuerpflichtige Umsätze ausgeführt hat) und nichtwirtschaftlichen, nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 77/388/EWG fallenden Tätigkeiten nach, so ist der Abzug der Vorsteuer auf Aufwendungen nur insoweit zulässig, als diese der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen i.S.d. Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG zuzurechnen sind (EuGH-Urteil vom 13. März 2008 Rs. C-437/06 € Securenta, UR 2008, 344, DStR 2008, 615).

17a) Eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit ist dabei eine Tätigkeit die nicht auf die Leistung von Gegenständen und Dienstleistungen gerichtet ist, die ein Steuerpflichtiger (Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) als solcher im Inland ausführt (vgl. Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG). Allerdings würde es für den Vorsteuerabzug ausreichen, wenn eine Umsatztätigkeit gegen Entgelt ernstlich beabsichtigt worden und dafür erste Investitionsausgaben getätigt worden wären (z.B. BFH-Urteil vom 22. Februar 2001 V R 77/96, BFHE 194, 498, BStBl II 2003, 426). Solche Fehlmaßnahmen im Einzelnen wurden aber vom Kläger im Streitfall nicht geltend gemacht.

18b) Im Streitfall übt der Kläger mit seiner Eigenforschungstätigkeit eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit im vorgenannten Sinn aus. Der Kläger betrieb in den Streitjahren sozialwissenschaftliche Forschung. Ausweislich seiner Satzung sammelte, erweiterte und verbreitete er Erkenntnisse über €. Damit wollte der Kläger dazu beitragen, die empirischen und theoretischen Grundlagen zu verbessern, die zur Vorbereitung und Durchführung von Entscheidungen im Bereich der €politik usw. notwendig sind und damit in erster Linie die Interessen des Bundes, aber auch der Länder und Gemeinden sowie der übrigen in diesem Bereich tätigen Institutionen und Organisationen berücksichtigen.

aa) Dazu erhielt der Kläger institutionelle Zuschüsse durch den Bund und die Länder gemäß den Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen Förderung (AN € Best I, GMBl 1992 Nr. 44 S. 1111), die der Abgeltung des diesbezüglichen Sach- und Personalaufwands des Klägers dienten. Diese Zuwendungen betrugen laut den Gesamtverwendungsnachweisen des Klägers €€..:

Diese Zuwendungen wurden nur insoweit gewährt, als der Zuwendungsempfänger die zuwendungsfähigen Ausgaben nicht durch eigene oder (sonstige) fremde Mittel zu decken vermag (sog. Fehlbedarfsfinanzierung € Nr. 2.2 VV-BHO zu § 44 Bundeshaushaltsordnung (BHO), Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen Förderung € ANBest-I) und sollten den Kläger damit € wie die Anknüpfung an dessen Ausgaben erkennen lässt - allgemein in die Lage versetzen, zu forschen (Grundlagenforschung). Konkrete Projekte wurden damit nicht gefördert. Dies und die umfangreichen, damit abgedeckten Ausgaben des Klägers zeigen, dass der Kläger in sehr erheblichem Maß auf dem Gebiet der Forschung tätig war, ohne damit Entgelte im umsatzsteuerrechtlichen Sinn anzustreben, also einen umfangreichen, nichtwirtschaftlichen Bereich im vorgenannten Sinn unterhielt.

Insoweit fehlt es als Voraussetzung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG an der Verschaffung von Vorteilen für einen oder mehrere identifizierbare Leistungsempfänger, die als Empfänger von (Lieferungen oder) Dienstleistungen zur eigenen Verwendung, also als Verbraucher angesehen werden könnten, etwa für den Bund oder das Land als Zuschussgeber (vgl. EuGH-Urteile vom 29. Februar 1996, Rs. C-215/94 € Mohr, EuGHE 1996, I-959 und vom 18. Dezember 1997 Rs. C-384/95 € Landboten-Agrardienste, UR 1998, 102, vgl. auch Probst in Hartmann/Metzenmacher , Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, Rz 156 zu § 10 UStG m.w.N.). Die hier vorliegenden institutionellen Zuschüsse der öffentlichen Hand an den Kläger sind dementsprechend € zwischen den Beteiligten unstreitig € keine Leistungsentgelte, da sie der Förderung des Klägers im allgemeinen Interesse dienen und nicht der Gegenwert für eine konkrete steuerbare Leistung des Klägers, etwa an die Zuschussgeber, sein sollen ( Probst a.a.O, Rz 170 zu § 10 UStG m.w.N.; Abschn. 150 Abs. 8 Satz 10 Nr. 6 UStR 2008).

Der Kläger hat allerdings das einfache, unbeschränkte Nutzungsrecht an "allen seinen urheberrechtlich geschützten Arbeitsergebnissen" an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend übertragen. Forschungsarbeiten werden regelmäßig an den Zahlenden geleistet, wenn die Verwertungsrechte an den Forschungsergebnissen dem Zahlenden übertragen werden (BFH-Urteil vom 25. Januar 1996 V R 61/94, BFH/NV 1996, 715). Der Senat sieht allerdings darin im Streitfall keine Leistung des Klägers gegen Entgelt, da diese Nebenbestimmungen ohne Bezug auf konkrete Forschungsaufträge beigefügt sind (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juli 1994 V R 19/92, BFHE 176, 66, BStBl II 1995, 86, juris, Rn. 17), um die Ergebnisse für die Allgemeinheit zu sichern (vgl. Abschn. 150 Abs. 8 Satz 15 UStR 2008). Die vorliegenden institutionellen Zuwendungen dienen dazu, den Betrieb des Forschungsinstituts des Klägers überhaupt zu ermöglichen; er wird erst durch diese Zuwendungen allgemein dazu in die Lage versetzt zu forschen. Zudem muss schon auf Grund der Vorgaben der Bundeshaushaltsordnung ein erhebliches öffentliches Interesse an der Tätigkeit des Klägers bestehen (vgl. § 23 BHO), damit überhaupt derartige Zuschüsse gewährt werden können. Ein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch ist aus diesen Gründen abzulehnen (vgl. auch BFH-Urteil vom 20. April 1988 X R 3/82, BStBl II 1988, 792 und vom 25. Januar 1996 V R 61/94, BFH/NV 1996, 715). Zudem ist dem Bundesministerium nur das einfache Nutzungsrecht nach § 31 Abs. 1 Satz 2 Urhebergesetz (UrhG) eingeräumt worden, damit wird der Übertragende € der Kläger € nicht von einer €weiteren Nutzung€ ausgeschlossen (§ 31 Abs. 2 UrhG). Bei einer anderen umsatzsteuerrechtlichen Betrachtung der Übertragung der Verwertungsrechte wären die Umsätze des Klägers um die institutionellen Zuschüsse als Entgelt i.S.d. § 10 Abs. 1 UStG € mit der Folge der Klagabweisung - zu erhöhen.

bb) Die Zuschüsse im Bereich der Projektförderung, die vorliegend auf Grund der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P, GMBl 1992 Nr. 44 S. 1101) gewährt worden sind, unterliegen ebenfalls nicht der Umsatzsteuer, soweit kein bzw. wiederum nur das einfache Verwertungsrecht (§ 31 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 UrhG) an den Zuschussgeber übertragen wurde (Abschn. 150 Abs. 8 Satz 10 Nr. 5 und Sätze 14 ff. UStR 2008). Diese Zuschüsse belaufen sich laut den Gesamtverwendungsnachweisen auf € .

Dies ist vorliegend ebenfalls nicht streitig. Insoweit hat der Kläger auch nicht objektiv nachgewiesen, dass er eine Umsatztätigkeit gegen Entgelt ernstlich beabsichtigt hätte und dafür erste Investitionsausgaben getätigt worden wären.

Bei den übrigen Projekten hat das FA einen Leistungsaustausch angenommen. Diese Beurteilung und die Zurechnung der Vorsteuer zu diesen Umsätzen (das FA hat den prozentualen Anteil der Sachkosten an den projektbezogenen Kosten ermittelt und diesen Satz auf die Umsätze ohne die Umsätze aus Veröffentlichungen angewandt, ist also letztlich von Kostendeckung ohne Gewinnaufschlag ausgegangen) sowie die Zuweisung der Vorsteuer zu den Umsätzen aus Veröffentlichungen (Annahme Kosten = Erlös) sind ebenfalls nicht im Streit. Der Senat hält die Schätzung des FA für sachgerecht (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 Abs. 1 AO). Die Befugnis zur Schätzung ist gegeben, da sich die Besteuerungsgrundlagen € auf Grund des tatsächlichen Umfangs € nicht ermitteln oder berechnen lassen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 AO).

26c) Die Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten ist entsprechend der objektiven tatsächlichen Zurechnung vorzunehmen (EuGH-Urteil vom 13. März 2008 Rs. C-437/06 € Securenta, UR 2008, 344).

aa) Dass die nichtwirtschaftliche Tätigkeit des Klägers (die Grundlagenforschung) der wirtschaftlichen Tätigkeit in mittelbarer Weise Nutzen bringt, weil in die letztgenannte Tätigkeit auch Erkenntnisse der nichtwirtschaftlichen Forschungstätigkeit einfließen (ohne dass dies quantifizierbar ist), kann nicht zum Abzug der Vorsteuer auf Aufwendungen der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit führen, da es dafür an dem erforderlichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang fehlt (siehe oben 2.).

bb) Die Aufteilung nimmt der Senat im Streitfall € mangels anderer Maßstäbe - anhand des Verhältnisses der in den jeweiligen Sektoren erzielten Einnahmen bzw. Umsätze vor (vgl. BFH-Beschluss vom 14. April 2008 XI B 171/07, BFH/NV 2008, 1215).

Dieser Aufteilung steht Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG nicht entgegen. Danach können die Mitgliedstaaten in den Nenner des Bruches, aus dem sich der Pro-Rata-Satz des Vorsteuerabzugs nach Art. 17 Abs. 5 Unterabsatz 1 der Richtlinie 77/388/EWG ergibt, auch die Subventionen einbeziehen, die nicht in Art. 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG genannt sind. Hierbei handelt es sich um die nicht unmittelbar mit dem Preis zusammenhängenden Subventionen, die kein Entgelt sind, also nicht der Umsatzsteuer unterliegen (Art. 19 Abs. 1 Gedankenstrich 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG).

Diese Regelung wäre nach Auffassung des BFH sinnlos, wenn die Subventionen stets einen nichtunternehmerischen Bereich des Empfängers begründen würden, so dass der Vorsteuerabzug -jedenfalls für einige Eingangsumsätze- bereits nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, § 15 Abs. 1 UStG zum Teil ausgeschlossen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 26. Oktober 2000 V R 12/00, BFH/NV 2001, 494, juris, Rn. 25). Die vorgenannten Subventionen beschränken deshalb nach Auffassung des BFH in Deutschland grundsätzlich nicht den Vorsteuerabzug (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2000 V R 12/00, BFH/NV 2001, 494, juris, Rn. 26).

Die Regelung des Art. 19 Abs. 1 Gedankenstrich 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG lässt sich nach Auffassung des erkennenden Senates allerdings ebenso dahin verstehen, den Mitgliedstaaten eine Möglichkeit zu geben, solche Subventionen (mit der Folge der Beschränkung des Vorsteuerabzugs) in die (globale) Berechnungsmethode des Art. 19 der Richtlinie 77/388/EWG einzubeziehen, weil diese ansonsten ausschließlich die Vorsteuer auf Aufwendungen im Zusammenhang mit wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeiten betrifft (EuGH-Urteil vom 13. März 2008 Rs. C-437/06 € Securenta, UR 2008, 344, Rn. 33, und vom 29. April 2004 Rs. C-77/01 - EDM, UR 2004, 292, Rn. 54). Die Regelung wäre dann nicht sinnlos, weil sie der Vereinfachung (der Bereitstellung einer ansonsten in der Richtlinie 77/388/EWG nicht vorhandenen Aufteilungsregelung) dient. Von dieser Möglichkeit des Art. 19 Abs. 1 Gedankenstrich 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG hat Deutschland allerdings € ebenso wenig wie von der jahresbezogenen Pro-Rata-Regelung des Art. 19 der Richtlinie 77/388/EWG - keinen Gebrauch gemacht.

Die Möglichkeit der Einbeziehung von Subventionen, die nicht als Leistungsentgelt anzusehen sind, in den Pro-Rata-Satz des Art. 19 der Richtlinie 77/388/EWG mit der Folge eines entsprechenden Vorsteuerausschlusses indiziert vielmehr einen damit zusammenhängenden nichtwirtschaftlichen Bereich; denn sonst wäre es nicht gerechtfertigt, damit zusammenhängende Vorsteuern ausschließen zu können. Denn der Vorsteuerabzug soll den Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlasten (EuGH-Urteil vom 13. März 2008 Rs. C-437/06 € Securenta, Rn. 33). Macht der Mitgliedstaat von der Möglichkeit des Art. 19 Abs. 1 Gedankenstrich 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG Gebrauch, dann kommt diesbezüglich eine Aufteilung zwischen der auf die wirtschaftliche und die nichtwirtschaftliche Tätigkeit entfallenden Vorsteuer nicht in Betracht. Andernfalls ist auch der Abzug der insoweit auf die nichtwirtschaftliche Tätigkeit entfallenden Vorsteuer vorab auszuschließen (Schlussanträge Generalanwalt Fennelly vom 4. April 2000 Rs. C-142/99 € Floridienne und Berginvest, Rn. 38 und 39).

Der Senat hält daher die vorgenannte Auslegung des Art. 19 Abs. 1 Gedankenstrich 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG in Bezug auf die Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck oder ihrem Ergebnis inzwischen für geboten. Ansonsten würde dies € wie gerade der Streitfall zeigt - bedeuten, dass Aufwendungen im subventionierten Bereich € im Gegensatz zu anderen nichtwirtschaftlichen Bereichen € in erheblichem Umfang von Vorsteuern entlastet würden, die in keine wirtschaftliche Tätigkeit fließen.

cc) Zwar sind die Einnahmen des nichtwirtschaftlichen Bereichs der Grundlagenforschung als Folge der Fehlbedarfsfinanzierung nur Kostenersatz. Bei den Einnahmen des wirtschaftlichen Bereichs (ohne Umsatzsteuer, vgl. analog Art. 19 Abs. 1 Richtlinie 77/388/EWG: "abzüglich der Mehrwertsteuer") braucht aber im Streitfall kein Gewinnaufschlag abgesetzt zu werden, um die Vergleichbarkeit herzustellen, da das FA bei seinen diesbezüglichen Berechnungen ebenfalls nur von Kostendeckung ausgegangen ist.

Wenn die Aufwendungen Preisbestandteil sein sollen (siehe oben 2.), bildet ferner tendenziell (für Zwecke der Schätzung) die Höchstgrenze der abziehbaren Vorsteuerbeträge die Summe der Umsätze des jeweiligen Jahres abzüglich der nicht vorsteuerbelasteten Aufwendungen (insbesondere € wie vom FA berücksichtigt - der Personalaufwendungen). Ferner geht der Senat mangels anderer Erkenntnisse davon aus, dass in beiden Sektoren der Anteil der vorsteuerbelasteten Aufwendungen in etwa gleich ist.

Davon ausgehend ergibt sich unter Verwendung der vom Kläger in seinen Gesamtverwendungsnachweisen genannten Zahlen für die Streitjahre im Wege der Schätzung eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten nach folgenden Gesichtspunkten: Umsätze (ohne Veröffentlichungen), Gesamteinnahmen, Anteil Umsätze an Gesamteinnahmen, Vorsteuer lt. Jahreserklärung, Vorsteuer Veröffentlichungen lt. FA, Vorsteuer Veröffentlichungen lt. FG, Vorsteuer Projekte lt. FA, Vorsteuer Projekte lt. FG, anteilige abzugsfähige Vorsteuer i.Ü, abzugsfähige Vorsteuer lt. FG und abzugsfähige Vorsteuer lt. FA

Dabei hat der Kläger in den Streitjahren nur steuerpflichtige Umsätze ausgeführt. Die Umsätze zur Ermittlung des Anteils des wirtschaftlichen Bereichs sind ohne die Veröffentlichungsumsätze anzusetzen, da hiervon unabhängig ein eigener Vorsteuerabzug vom FA geschätzt wurde, den das Gericht zu Gunsten des Klägers übernimmt.

Ebenso übernimmt das Gericht zu Gunsten des Klägers die Schätzung der projektbezogenen Vorsteuern. Da für 1997 ein unvollständiger Gesamtverwendungsnachweis vorliegt, hat das FA die abzugsfähigen Vorsteuern in Anlehnung an die Vorjahre (entsprechend dem Durchschnittsatz) geschätzt. Dem schließt sich das Gericht nicht an, weil die Angaben des vorliegenden, unvollständigen Gesamtverwendungsnachweises zu einer differenzierten Aufteilung ausreichen. Frei geschätzt werden musste lediglich der Sachkostenanteil der projektbezogenen Kosten. Das Ergebnis dieser Berechnung führt für 1997 zu zusätzlich zu berücksichtigenden Vorsteuern und insoweit zur Klagestattgabe.

dd) Ist eine Lieferung (ein erworbener Gegenstand) sowohl für den unternehmerischen Bereich als auch für den nichtunternehmerischen Bereich des Unternehmers vorgesehen (sog. gemischte Nutzung), hat der Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht (vgl. dazu z.B. EuGH-Urteile vom 11. Juli 1991 Rs. C-97/90 -Lennartz, Slg. 1991, I-3795, UVR 1992, 19; vom 4. Oktober 1995 Rs. C-291/92 -Armbrecht, Slg. 1995, I-2775, BStBl II 1996, 392; vom 8. März 2001 Rs. C-415/98 -Bakcsi, Slg. 2001, I-1831; BFH-Urteile vom 31. Januar 2002 V R 61/96, BFHE 197, 372, BStBl II 2003, 813; vom 28. Februar 2002 V R 25/96, BFHE 198, 216, BStBl II 2003, 815). Er kann den gelieferten Gegenstand- insgesamt seinem Unternehmen zuordnen,- insgesamt seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnenoder- nur teilweise seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen.Die Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers "bei Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Gegenstandes" (vgl. BFH-Urteile in BFHE 197, 372, BStBl II 2003, 813, unter II.1.b; vom 29. August 2002 V R 65/01, BFH/NV 2003, 211, unter 1.a; EuGH-Urteil Lennartz in Slg. 1991, I-3795).

Im Streitfall hat der Kläger sein Zuordnungswahlrecht voll ausgeübt, sofern er die Vorsteuer auf die ihm gelieferten Gegenstände in voller Höhe in seinen Steuererklärungen geltend gemacht hat (vgl. BFH-Urteil vom 11. April 2008 V R 10/07, www.bundesfinanzhof.de, unter 3 d aa). Davon geht das Gericht aus.

Allerdings ist dieser Vorsteuerabzug wegen der nichtunternehmerischen Nutzung der Gegenstände gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b i.V.m. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG 1993 bzw. (ab 1. April 1999) § 3 Abs. 9a Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG n.F. um die bei Ausführung der Wertabgabe entstandenen Kosten der privaten Nutzung zu mindern. Insoweit geht der Senat mangels besserer Erkenntnisse im Wege der Schätzung davon aus, dass die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgaben über die Jahre hinweg den über den unternehmerischen Anteil hinausgehenden Vorsteuerabzug ausgleicht.

Deshalb kann auch dahinstehen, dass das Wahlrecht, einen Gegenstand dem Unternehmen zuzuordnen, infolge des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG , allerdings erst mit Wirkung ab 5. März 2000 (also nur € teilweise - maßgeblich für das Streitjahr 2000), nicht besteht, wenn der Gegenstand unter 10 v.H. unternehmerisch genutzt wird (vgl. Probst in Hartmann/Metzenmacher , Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Tz 200 m.w.N.).

Eine andere Zuordnung ist dem Senat nicht möglich, da der Kläger der in der Aufklärungsanordnung vom 25. August 2008 geforderten substantiierten Darlegung der Zuordnung der ihm gelieferten Gegenstände und deren betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer nicht in einer solcher Hinsicht nachgekommen ist, dass sich daraus der Umfang der unternehmerischen Nutzung sowie die Nutzungsdauer einzelner Wirtschaftsgüter ersehen lässt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.

5. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen (vgl. BFH-Beschluss vom 14. April 2008 XI B 171/07, BFH/NV 2008, 1215).






FG München:
Urteil v. 05.11.2008
Az: 3 K 3427/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/795bb8eadafc/FG-Muenchen_Urteil_vom_5-November-2008_Az_3-K-3427-03




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