Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 12. März 2015
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 43/14
(BGH: Beschluss v. 12.03.2015, Az.: AnwZ (Brfg) 43/14)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
In einer Gerichtsentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12. März 2015 (Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 43/14) wird der Antrag des Klägers auf Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs Mecklenburg-Vorpommern vom 16. Mai 2014 abgelehnt. Der Kläger muss die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen. Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Der Kläger hatte gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft aufgrund von Vermögensverfall geklagt. Der Anwaltsgerichtshof wies die Klage ab und ließ keine Berufung zu. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wurde ebenfalls abgelehnt.
Der Kläger argumentierte, dass sein Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt worden sei, da sein Antrag auf Terminsverlegung abgelehnt und in seiner Abwesenheit verhandelt wurde, obwohl er ein ärztliches Attest vorgelegt hatte, das ihm Verhandlungs- und "Transportunfähigkeit" bescheinigte. Das Gericht kam jedoch zu dem Schluss, dass das Attest keine ausreichenden Gründe für eine Terminsverlegung darlegte.
Außerdem hätte der Kläger davon ausgehen müssen, dass die mündliche Verhandlung wie geplant stattfinden würde. Er wurde bereits in der Ladungsverfügung darauf hingewiesen, dass in seiner Abwesenheit verhandelt werden würde. Das Gericht stellte fest, dass der Kläger von sich aus telefonischen Kontakt mit dem Gericht hätte aufnehmen und sich über die Entscheidung seines Antrags informieren müssen.
Das Gericht sah daher keine Verfahrensfehler und auch keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Es wurde festgestellt, dass ausreichende Anzeichen für einen Vermögensverfall des Klägers vorlagen.
Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Gefährdung im vorliegenden Fall nicht gegeben war.
Das Gericht entschied, dass der Kläger die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen muss. Die Streitwertfestsetzung erfolgte gemäß § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
Die vorherige Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs Rostock vom 16. Mai 2014 mit dem Aktenzeichen AGH 5/13 (I/3) war die Vorinstanz.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BGH: Beschluss v. 12.03.2015, Az: AnwZ (Brfg) 43/14
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs Mecklenburg-Vorpommern vom 16. Mai 2014 wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Der Anwaltsgerichtshof hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
I.
Die durch den KlägerSatz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO) liegen nicht vor.
1. Dem Anwaltsgerichtshof ist kein Verfahrensfehler unterlaufen, auf dem das Urteil beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
Der Kläger beanstandet eine Verletzung seines Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), weil sein Antrag auf Terminsverlegung durch den Anwaltsgerichtshof abgelehnt und in seiner Abwesenheit verhandelt worden sei, obwohl er ein ärztliches Attest vorgelegt habe, in dem ihm Verhandlungs- und "Transportunfähigkeit" bescheinigt worden sei. Damit kann er nicht durchdringen.
a) Mit dem zwei Tage vor dem Verhandlungstermin übermittelten ärztlichen Attest eines österreichischen Allgemeinarztes hat der Kläger keine erheblichen Gründe für eine Terminsverlegung im Sinne des § 227 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht. Denn das Attest lässt weder die Art und Schwere der Erkrankung noch das Maß etwaiger Beeinträchtigungen der Reise- und Verhandlungsfähigkeit erkennen. Wird ein Terminsänderungsantrag aber - wie hier - erst kurz vor dem anberaumten Termin gestellt und mit einer plötzlichen Erkrankung begründet, muss der Beteiligte die Gründe für die Verhinderung so angeben und untermauern, dass das Gericht die Frage der Verhandlungsfähigkeit selbst zu beurteilen vermag (BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2009 - AnwZ (B) 14/08, Rn. 12; vom 8. Dezember 2011 - AnwZ (Brfg) 15/11, Rn. 12; vom 16. Juli 2012 - AnwZ (Brfg) 34/12, Rn. 3, jeweils m.w.N.). Wegen der durch einen Vermögensverfall indizierten Gefährdung der Interessen der rechtsuchenden Mandanten sind dabei an den Verhinderungsgrund und dessen Glaubhaftmachung strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2009 - AnwZ (B) 14/08, Rn. 12). Der notwendigen Angaben hat es im Streitfall völlig ermangelt.
b) Der Kläger musste auch davon ausgehen, dass die mündliche Verhandlung am vorgesehenen Tag stattfinden würde. Ihm war bereits in der Ladungsverfügung mitgeteilt worden, dass bei seinem Nichterscheinen ohne ihn verhandelt werden würde. Zudem hätte für ihn wegen des kurzfristigen Verlegungsantrags Anlass bestanden, von sich aus telefonischen Kontakt mit dem Gericht aufzunehmen und sich durch eine Rückfrage über die Entscheidung über seinen Antrag zu informieren (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2011 - AnwZ (Brfg) 15/11, Rn. 13). Auch dies hat er nicht getan.
c) Unter diesen Vorzeichen kommt es nicht mehr darauf an, ob ein Verfahrensfehler bei unterstellter Verhandlungsunfähigkeit auch deswegen nicht vorgelegen hat, weil die Verhinderung den Kläger aufgrund der durch den Anwaltsgerichtshof angesprochenen früheren Vorfälle nicht unerwartet getroffen hat und er deswegen durch Bestellung eines Verfahrensbevollmächtigten für diesen Fall Vorsorge hätte treffen müssen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Mai 2014 - AnwZ (Brfg) 13/14, Rn. 3 f.; vom 16. Juli 2012 - AnwZ (Brfg) 34/12, Rn. 4; vom 12. Juli 2010 - AnwZ (B) 74/09, Rn. 13, jeweils m.w.N.). Auch im Blick auf die im angegriffenen Urteil hierzu angestellten Erwägungen kann der Senat jedenfalls sicher ausschließen, dass der Anwaltsgerichtshof dem Vertagungsantrag stattgegeben hätte, wenn er die nicht hinreichende Glaubhaftmachung des geltend gemachten Verhinderungsgrundes gewichtet hätte.
2. Ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.
a) Der Anwaltsgerichtshof, auf dessen Ausführungen der Senat Bezug nimmt, hat mit Recht hinreichende Anzeichen für einen Vermögensverfall des Klägers (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO) im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids angenommen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 9 ff. m.w.N.). Dem Zulassungsantrag ist nichts zu entnehmen, was die Darlegungen des angefochtenen Urteils erschüttern könnte. So sind, worauf schon der Anwaltsgerichtshof hingewiesen hat, weiterhin keine Belege über hinreichendes Aktivvermögen zu den Akten gelangt. Fest steht demgegenüber, dass gegen den Kläger titulierte Forderungen bestanden. Der Kläger hat es dabei wegen vergleichsweise geringfügiger Verbindlichkeiten jeweils zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und zum Erlass von Haftbefehlen kommen lassen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2013 - AnwZ (Brfg) 30/13, Rn. 4 m.w.N.). Das gilt auch für die erst nach Erlass eines Haftbefehls durch den Kläger beglichene Forderung von 300 € (Ziffer 7 des Widerrufsbescheides). Obgleich dieser Umstand durchaus geeignet ist, Indizwirkung für das Vorliegen des Vermögensverfalls zu entfalten, hat ihn der Anwaltsgerichtshof insoweit gar nicht selbständig in Ansatz gebracht.
b) Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Die Annahme einer Interessengefährdung ist dabei regelmäßig schon im Hinblick auf dessen Umgang mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern gerechtfertigt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 8 m.w.N.). Es sind keine Anhaltspunkte vorhanden, dass eine solche Gefährdung durch den als Einzelanwalt tätigen Kläger ausnahmsweise nicht gegeben war.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
Kayser König Remmert Quaas Schäfer Vorinstanz: AGH Rostock, Entscheidung vom 16.05.2014 - AGH 5/13 (I/3) -
BGH:
Beschluss v. 12.03.2015
Az: AnwZ (Brfg) 43/14
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/7a71eac208d6/BGH_Beschluss_vom_12-Maerz-2015_Az_AnwZ-Brfg-43-14