Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. März 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 204/03
(BPatG: Beschluss v. 10.03.2004, Az.: 28 W (pat) 204/03)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 10. März 2004 (Aktenzeichen 28 W (pat) 204/03) die Beschwerden der Widersprechenden zurückgewiesen. Der Fall handelt von einer Streitigkeit um Markenrechte.
Eine farbige Wort-Bild-Marke wurde am 30. Januar 2001 in das Markenregister eingetragen. Die Marke dient als Kennzeichnung für verschiedene Waren, wie Joghurt, Mineralwasser und Fruchtsäfte. Die Inhaberin zweier anderer Markenrechte hat Widerspruch gegen diese Eintragung eingelegt. Die Widersprechende argumentiert, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken bestehe.
Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Verwechslungsgefahr verneint, da die Marken ausreichenden Abstand zueinander halten würden. Der beschreibende Hinweis in der angegriffenen Marke "TrinkPause" sei kennzeichnungsschwach und könne daher das Unterscheiden der Marken ermöglichen.
Die Inhaberin der älteren Markenrechte hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Sie argumentiert, dass der Abstand zwischen den Marken aufgrund der identischen Waren und der breiten Verkehrskreise größer sein müsse. Zudem sei der Bestandteil "Trinkpause" nicht kennzeichnungsschwach, da er nicht lexikalisch nachweisbar oder beschreibend sei. Die Markeninhaberin habe den Verkehr bereits durch ähnlich gebildete Serienmarken an die jeweilige Produktkennzeichnung gewöhnt.
Das Bundespatentgericht hat die Beschwerden für zulässig erklärt, jedoch in der Sache keinen Erfolg gesehen. Der Grad der Verwechslungsgefahr hänge von verschiedenen Faktoren, wie der Ähnlichkeit der Waren und Marken sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ab. Im vorliegenden Fall seien die Marken jedoch deutlich voneinander zu unterscheiden, da sie sich in der grafischen Gestaltung und Länge der Wortbestandteile unterscheiden würden. Allein der identische Bestandteil "TrinkPause" könne keine Verwechslungsgefahr begründen, da es sich dabei um einen beschreibenden Begriff handle.
Auch der Widerspruch gegen eine andere angemeldete Marke wurde zurückgewiesen, da es keinen Anlass gebe, den schutzunfähigen Bestandteil "Trinkpause" isoliert zu betrachten.
Die Kostenentscheidung wurde nicht getroffen, da kein entsprechender Antrag gestellt wurde.
Die Zusammenfassung des Falls soll dem Mandanten in einer einfachen und verständlichen Weise dargestellt werden, wobei die wichtigsten Informationen der Gerichtsentscheidung erklärt werden.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 10.03.2004, Az: 28 W (pat) 204/03
Tenor
Die Beschwerden der Widersprechenden werden zurückgewiesen.
Gründe
I.
In das Markenregister eingetragen wurde am 30. Januar 2001 unter der Rollennummer 300 72 027 die am 27. April 2000 angemeldete farbige Wort-Bild- Markesiehe Abb. 1 am Endeals Kennzeichnung für die Waren:
Klasse 29: Joghurt, Buttermilch, Kefir, alkoholfreie Milch- und Milchmischgetränke mit überwiegendem Milchanteil;
Klasse 32: Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtsaftgetränke und Fruchtsäfte.
Die Inhaberin zweier rangälterer Rechte, nämlicha) der Marke 399 82 501 siehe Abb. 2 am Endeeingetragen seit dem 10. Februar 2000 für
"29: Milchgetränke und joghurthaltige Getränke;
32: Biere, Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken"
und b) der am 27. April 1999 angemeldeten Wortmarke 399 24 076.4/29 TrinkPauseeingetragen u.a. für die Waren
"Milch, Milchprodukte, Kaffee, Tee, Kakao, Kaffee-Ersatzmittel, Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken"
hat hiergegen jeweils Widerspruch erhoben.
Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch einen Beamten des gehobenen Dienstes eine Verwechslungsgefahr verneint, denn die Marken hielten auch bei identischen Waren einen ausreichenden Abstand zueinander ein. Der Markenbestandteil "TrinkPause" sei wegen seines beschreibenden Hinweises allenfalls noch kennzeichnungsschwach, so dass der Firmenname in der angegriffenen Marke für ein deutliches Auseinanderhalten der Marken ausreiche.
Die Inhaberin der rangälteren Rechte hat gegen den Beschluss jeweils Beschwerde eingelegt. Sie hält den erforderlichen Abstand, der angesichts identischer zum Verbrauch bestimmter Waren im unteren Preissegment und dementsprechend breiter Verkehrskreise deutlich ausfallen müsse, für nicht gewahrt. Die Marken stimmten in dem Bestandteil "Trinkpause" überein, der nicht kennzeichnungsschwach sei, da weder lexikalisch nachweisbar noch beschreibend sei. Demgegenüber werde der weitere Bestandteil "Müller" in der angegriffenen Marke ohne weiteres als Firmennamen der Markeninhaberin erkannt, die den Verkehr durch ähnlich gebildete Serienmarken daran gewöhnt habe, sich an der jeweiligen Produktkennzeichnung (hier: Trinkpause) zu orientieren.
Die Widersprechende stellt sinngemäß den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verneint eine Prägung der angegriffenen Marke durch den Wortbestandteil "Trinkpause", da es sich hierbei lediglich um einen beschreibenden Hinweis auf die Verwendung der Waren handele, mit dem - etwa wie bei der "Zigarettenpause" - zu deren Verzehr in einer Pause aufgefordert werde. Der Verkehr werde sich daher vorrangig an der Firmenkennzeichnung "Müller" orientieren, so dass eine Markenähnlichkeit ausgeschlossen werden könne.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden sind zulässig (§ 165 Abs. 4, 5 MarkenG), haben in der Sache aber keinen Erfolg.
a) Widerspruch aus der eingetragenen Marke 399 82 501 Zwischen den Marken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Die Rechtsfrage, ob Verwechslungsgefahr vorliegt, erfordert eine Gewichtung der Faktoren Warenidentität oder -ähnlichkeit, Markenidentität oder -ähnlichkeit und Kennzeichnungskraft der älteren Marke in dem Sinn, dass der höhere Grad einer der Faktoren durch den geringeren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann (st. Rspr., zB. BGH MarkenR 2003, 388 - AntiVir/AntiVirus).
Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist hinsichtlich der gegenüberstehenden Waren von der Registerlage auszugehen. Danach begegnen sich im vorliegenden Fall identische oder zumindest sehr ähnliche Waren, die sich als Artikel des täglichen Verbrauchs an breite Verkehrskreise richten, so dass zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr ein erheblicher Abstand der Marken zueinander gefordert werden kann. Diesen Anforderungen werden die Marken jedoch gerecht.
Dass die Marken in ihrer Gesamtheit wegen der deutlich unterschiedlichen grafischen Gestaltung und der Länge der Wortbestandteile nicht miteinander verwechselt werden, wird auch von der Widersprechenden nicht in Abrede gestellt. Genau so wenig kann eine Verwechslungsgefahr allein schon aus dem Umstand hergeleitet werden, dass die sich gegenüberstehenden Marken identische Bestandteile aufweisen, so dass die Gefahr von Verwechslungen, wie auch die Beteiligten richtig erkannt haben, nur dann in Betracht kommt, wenn der in den Vergleichsmarken identisch enthaltene Bestandteil "Trink Pause" zur Prüfung einer die Verwechslungsgefahr begründenden Markenähnlichkeit isoliert herangezogen werden kann. Das ist jedoch bereits aus Rechtsgründen vorliegend nicht der Fall.
Grundsätzlich wird einer Marke durch ihre Eintragung Schutz nur in der eingetragenen Form gewährt, da im Eintragungsverfahren nur die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit geprüft wird. Daraus folgt jedoch nicht, dass bei der Prüfung der Gefahr von Verwechslungen zwischen einer jüngeren Marke und einer älteren Widerspruchsmarke ausnahmslos von der jeweiligen Marke in ihrer Gesamtheit auszugehen ist. Maßgebend ist vielmehr jeweils der Gesamteindruck der betreffenden Marke, der in Ausnahmefällen vorrangig auch durch einen von mehreren Bestandteilen bestimmt sein kann. Kollisionsbegründend ist ein solcher Bestandteil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann, wenn er den Gesamteindruck der Marke dergestalt prägt, dass neben ihm ein weiterer oder mehrere andere Bestandteile in den Hintergrund treten. Bei Wort-Bild-Marken trifft dies in der Regel auf die Wortbestandteile als einfachster und kürzester Bezeichnungsform zu (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl. 2003, § 9 Rdn. 434 m.w.N.), wobei hinzukommt, dass bei Doppelkennzeichnungen in Form von Firmen - und Produktkennzeichnung unter bestimmten Umständen die Firmenkennzeichnung - sofern erkennbar - für den Verkehr zurücktreten und der Schwerpunkt dann auf die Produktkennzeichnung gelegt werden kann (vgl. Ströbele/Hacker, aaO., Rdn. 420 mwN.), jeweils jedoch vorausgesetzt, es handelt sich hierbei um selbständig kennzeichnende und damit schutzfähige Begriffe. Das ist vorliegend aber lediglich in Bezug auf das von beiden Seiten offensichtlich als Produktkennzeichnung gedachte Wort "Trinkpause" nicht der Fall, so dass diese Bezeichnung als prägender Bestandteil ausscheidet, denn es handelt sich hierbei um einen im Kontext der Waren schutzunfähigen beschreibenden Begriff. So hat der Senat im Verfahren einer Anmelderbeschwerde der Widersprechenden (Az. 28 W (pat) 222/03 vom 25. Februar 2004 - TrinkPause) unter Hinweis auf die neuere EuGH-Rechtsprechung (EuGH Mitt. 2004, 222 - Biomild) festgestellt, der Begriff "Trinkpause" beinhalte den lediglich beschreibenden Verwendungshinweis, dass sich die so gekennzeichneten Waren als Pausengetränk anböten; damit sei die Bezeichnung nicht unterscheidungskräftig und müsse den Wettbewerbern zur freien Verwendung offen stehen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG). In gleicher Weise hat der Bundesgerichtshof den Worten "FRÜHSTÜCKS-TRUNK" und "Frühstücks-Trank" (BGH Mitt. 2002, 419 (421); 421 (423)) eine prägende Funktion wegen mangelnder Schutzfähigkeit abgesprochen, obwohl die Worte nicht lexikalisch nachweisbar waren, und im konkreten Fall trotz identischer Waren eine Verwechslungsgefahr verneint.
b) Widerspruch aus der angemeldeten Wortmarke 399 24 076.4/29 Mit Beschluß vom 25. Februar 2004 hat der Senat im Verfahren 28 W 222/03 die Beschwerde der Widersprechenden gegen die Zurückweisung dieser sich noch im Anmeldestadium befindlichen Widerspruchsmarke ebenfalls zurückgewiesen und der Marke die Eintragung versagt. Die Entscheidung war im Zeitpunkt der Entscheidung im vorliegenden Verfahren allerdings noch nicht rechtskräftig, so dass der Widerspruch noch zulässig, aber ersichtlich nicht begründet ist, da, wie sich den vorstehenden Ausführungen entnehmen lässt, selbst aus einer eingetragenen schutzunfähigen Marke lediglich Identitätsschutz beansprucht werden könnte, indes keine Veranlassung besteht, aus der angegriffenen Marke den schutzunfähigen Bestandteil "Trinkpause" zur Kollisionsprüfung herauszulösen.
Beide Widersprüche sind somit von der Markenstelle zu Recht zurückgewiesen worden, so das auch die Beschwerden keinen Erfolg haben konnten.
Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, § 71 Abs 1 Satz 2 Markengesetz, zumal die Markeninhaberin auch keinen entsprechenden Antrag gestellt hat.
Stoppel Schramm Richter Paetzold hat Urlaub und kann daher nicht selbst unterschreiben.
Stoppel Bb Abb. 1 Abb. 2
BPatG:
Beschluss v. 10.03.2004
Az: 28 W (pat) 204/03
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/7e51e1d8d9dc/BPatG_Beschluss_vom_10-Maerz-2004_Az_28-W-pat-204-03