Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Juli 2002
Aktenzeichen: 28 W (pat) 120/01

(BPatG: Beschluss v. 24.07.2002, Az.: 28 W (pat) 120/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einer Entscheidung vom 24. Juli 2002 (Aktenzeichen 28 W (pat) 120/01) den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben. Eine Anmelderin hatte beantragt, das Wort "Hubheber" als Marke für von Hand verfahrbare Transportgeräte mit Hebevorrichtung einzutragen. Das Patent- und Markenamt lehnte dies ab, da das Wort lediglich die Funktion des Transportgerätes beschreibe und somit keine Unterscheidungskraft aufweisen würde.

Die Anmelderin legte Beschwerde ein und führte an, dass die im Internet gefundenen Firmen, die Hubheber anbieten, alle auf ihre Firma zurückzuführen seien. Sie argumentierte zudem, dass der Begriff "Hubheber" eine Tautologie sei und Geräte zum Heben von Lasten eher als "Lastenheber" oder "Lastenaufzug" bezeichnet würden.

Das Gericht führte eine Recherche in Fachbüchern, Lexika, Patentschriften und im Internet durch. Es wurde außerdem eine Umfrage bei Fachverbänden durchgeführt. Die Beschwerde war zulässig und begründet. Das Gericht stellte fest, dass das Eintragungshindernis des Freihaltebedürfnisses sowie das der fehlenden Unterscheidungskraft nicht gegeben waren.

Es wurde festgestellt, dass der Begriff "Hubheber" nicht eindeutig und ausschließlich zur Beschreibung der Waren verwendet wird. Die Verwendungsnachweise beschränkten sich auf nur vier Fundstellen im Internet. Da nicht nachgewiesen werden konnte, dass diese Hinweise auf das Produkt der Anmelderin zurückgeführt werden können, konnte kein beschreibender Gebrauch des Begriffs belegt werden. Zudem wurde das Wort "Hubheber" nicht in Fachwörterbüchern gefunden.

Das Gericht führte außerdem an, dass der Begriff in drei Patentschriften verwendet wird, diese jedoch alle auf das Produkt der Anmelderin zurückzuführen sind. Somit wurde festgestellt, dass die Anmelderin ein neues Wort geschaffen hat, das als Marke verwendet werden kann.

Es wurde auch festgestellt, dass der Begriff "Hubheber" keine fehlende Unterscheidungskraft aufweist, da er weder einen beschreibenden Begriffsinhalt hat noch ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache ist.

Aufgrund dieser Feststellungen wurde die Beschwerde der Anmelderin angenommen und der Beschluss des Patent- und Markenamts aufgehoben.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 24.07.2002, Az: 28 W (pat) 120/01


Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 12 - vom 11. Juli 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Anmelderin hat die Eintragung des Wortes Hubheberals Marke für die Warenvon Hand verfahrbare Transportgeräte mit Hebevorrichtungin das Markenregister beantragt.

Die Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, mit dem Zeichen werde nur die Funktion des Transportgerätes beschrieben. Mit einer Hebe- und einer Hubvorrichtung könne ein solches Gerät Lasten transportieren. Der Hubheber werde bereits von mehreren Firmen angeboten und benutzt. Als beschreibende Angabe fehle deshalb die notwendige Unterscheidungskraft und das Zeichenwort sei für die Mitbewerber zur Verwendung freizuhalten.

Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde erhoben. Sie trägt vor, sämtliche von der Markenstelle im Internet gefundenen Betriebe, die einen Hubheber anbieten, seien auf die Firma der Anmelderin zurückzuführen. Das Wort Hubheber stelle eine Tautologie dar, denn Geräte zum Heben von Lasten bezeichne man zB als Lastenheber oder Lastenaufzug, nicht aber als Hubheber.

Das Gericht hat eine Nachschau in Fachbüchern, Lexika, Patentschriften und im Internet gehalten; das Ergebnis hiervon wurde der Anmelderin zur Kenntnis gebracht. Zudem wurde eine Umfrage bei Fachverbänden durchgeführt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis des Freihaltebedürfnisses (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) noch das der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) entgegen.

1. An der angemeldeten Marke besteht in Bezug auf die beanspruchten Waren kein Freihaltebedürfnis iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, denn es steht nicht mit der für die Versagung einer Eintragung notwendigen Sicherheit fest, dass der Begriff Hubheber für die Mitbewerber zur Bezeichnung eben der beanspruchten Waren freigehalten werden müsste. Wegen des Anspruchs auf Eintragung gemäß § 33 Abs 2 S 2 MarkenG müssen Zweifel aber zugunsten der Anmelderin gewertet werden.

Um ein Marke von der Eintragung auszuschließen bedarf es konkreter Anhaltspunkte dafür, dass sich ein Wort ausschließlich und unzweideutig zur Beschreibung der Waren eignet. Wird der Begriff bereits von unterschiedlichen Produzenten zur Beschreibung ihrer Ware verwendet, so liegt eine solche Vermutung nahe. Beschränken sich jedoch wie hier die Verwendungsnachweise auf bloße vier Fundstellen im Internet und ist das Wort zudem weder in Fachbüchern oder Lexika nachweisbar, so muss konkret geprüft werden, woher diese Hinweise im Internet stammen, dh es muss ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um das Produkt der Anmelderin handelt (vgl hierzu BGH, MarkenR 2001, 304 - GENESCAN). Sachgerecht kann dies nur geschehen, wenn der Anmelderin diese Fundstellen vor der Entscheidung auch zur Kenntnis gebracht werden. Denn nur dann ist gewährleistet, dass die am Verfahren Beteiligten sich zu den der Entscheidung zugrundeliegenden Tatsachen äußern und zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen können (vgl hierzu BGH, MarkenR 2000, 95 COMPUTER ASSOCIATES). Konnte die Anmelderin aber nicht den Nachweis führen, dass sämtliche ihr entgegengehaltenen Fundstellen im Internet auf ihr eigenes Produkt zurückzuführen sind, konnte damit ein beschreibender Gebrauch nicht belegt werden. Ebenso wenig ist das Wort in den Fach-Wörterbüchern zu finden; es gibt zwar Begriffe wie Hubkarren, Hublader, Hubkipper, Hubstapler bzw Hebezeuge, Heber, Hebemittel udgl, nicht aber Hubheber. Eine Nachfrage bei vier Fachverbänden (für Fördertechnik, Lagerei, Lagertechnik und Maschinenbau) ergab, dass die von der Anmelderin beanspruchten Waren als Treppensteiger, Treppenlifter, oder treppengängige Stapelkarre bezeichnet werden. Ebenso wie von der Anmelderin ausgeführt, waren zwei dieser Verbände der Ansicht, das Wort Hubheber sei als Doppelbezeichnung (wie zB weißer Schimmel) unsinnig. Ein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber wurde von den Verbänden verneint.

Gegen die Schutzfähigkeit spricht auch nicht, dass der Begriff Hubheber in drei Patentschriften verwendet wird (DE 39 22 458, DE 39 22 468 und 24 23 954), denn nach entsprechender Anhörung konnte die Anmelderin schlüssig erklären, dass diese Patentschriften sämtliche auf ihr Produkt zurückzuführen sind.

Damit steht fest, dass die Anmelderin ein neues Wort geschaffen hat, das zwar Art und Funktion der Ware als sogenannte sprechende Marke umschreibt (das von ihr produzierte Treppensteigegerät hebt die Lasten mittels einer Art Hubeinrichtung), in der Kombination aber eine Eigentümlichkeit besitzt, das es als Marke für die Mitbewerber entbehrlich macht. Die Interessen der Mitbewerber können durch die sachgerechte Anwendung des § 23 MarkenG geschützt werden, denn nur die Gesamtbezeichnung erhält Markenschutz und die Markenteile bleiben zur Verwendung frei, soweit sie einen warenbeschreibenden Inhalt haben.

2. Für eine Verneinung der Unterscheidungskraft fehlt es ebenfalls an entsprechenden Feststellungen, zumal jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht um dieses Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen Anhalt dafür, dass ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt. So liegt der Fall wie ausgeführt hier.

Auf die Beschwerde der Anmelderin war demnach der angefochtene Beschluss aufzuheben.

Stoppel Martens Schwarz-Angele Ko






BPatG:
Beschluss v. 24.07.2002
Az: 28 W (pat) 120/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/83401f37e51c/BPatG_Beschluss_vom_24-Juli-2002_Az_28-W-pat-120-01




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