Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 22. Oktober 2002
Aktenzeichen: 20 W 299/02

(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 22.10.2002, Az.: 20 W 299/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main bezieht sich auf eine Beschwerde, die von einem Unternehmen eingereicht wurde. Das Unternehmen argumentiert, dass der Verschmelzungsvertrag, der zuvor abgeschlossen wurde, aufgrund eines Mangels in der Vertretung eines Mitgesellschafters ungültig sei. Daher beantragt das Unternehmen die Berichtigung des Handelsregisters.

Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Eintragung der Aufhebung des Verschmelzungsvertrages abgelehnt werden muss. Dies liegt daran, dass eine solche Rückgängigmachung gesetzlich nicht vorgesehen ist. Gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 4 des Umwandlungsgesetzes wird der Mangel der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsvertrages durch die Eintragung in das Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers geheilt. Außerdem bestimmt § 20 Abs. 2 des Umwandlungsgesetzes, dass Mängel der Verschmelzung die Eintragung der Vermögensübertragung auf den übernehmenden Rechtsträger und das Erlöschen der übertragenden Rechtsträger nicht beeinflussen.

Die Entscheidung des Gerichts beruht auf dem Grundsatz, dass Verschmelzungen nach der Eintragung in das Handelsregister nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Mängel, die während des Verschmelzungsverfahrens aufgetreten sind, haben keine Auswirkungen auf die bereits erfolgte Eintragung.

Das Gericht weist darauf hin, dass es auch nicht möglich ist, das Handelsregister aufgrund etwaiger Mängel zu korrigieren oder zu löschen. Die Eintragung hat gemäß § 20 Abs. 2 des Umwandlungsgesetzes dingliche Bestandskraft.

Das Gericht entscheidet daher, die Beschwerde abzuweisen und den Geschäftswert für das Verfahren festzusetzen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 22.10.2002, Az: 20 W 299/02


Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert € auch für das Erstbeschwerdeverfahren -: 25.000,-- EUR

Gründe

Am 22. Februar 2001 wurde für die Betroffene in das Handelsregister eingetragen, dass sie durch Beschlüsse der beteiligten Gesellschafterversammlungen vom 20. Oktober 2000 durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes ohne Abwicklung gemäß § 2 Nr. 1 Umwandlungsgesetz mit der Firma Y. G. und B.-holding OHG (eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Limburg a. d. Lahn HRA 1€) durch Aufnahme verschmolzen ist. Am 23. März 2001 erfolgte im Handelsregister des Sitzes der Firma Y. G. und B.-holding OHG die Eintragung der Verschmelzung.

Unter dem 04. Oktober 2001 meldete die letzte alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der Betroffenen zur Eintragung in das Handelsregister an, dass der Verschmelzungsvertrag vom 20. Oktober 2000 durch Beschluss der beteiligten Gesellschaften vom 12. Oktober 2001 (UR-Nr. .../01 des Notars Dr. P. S. in ...) aufgehoben worden sei.

Das Amtsgericht wies mit Beschluss vom 05. Februar 2002 den Eintragungsantrag mit der Begründung zurück, eine €Entschmelzung€ könne nach dem Umwandlungsgesetz nicht stattfinden; eine €Rückabwicklung€ einer durchgeführten Verschmelzung könne allenfalls im Wege der Abspaltung nach Maßgabe der §§ 123 ff. UmwG erfolgen.

Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde machte die Betroffene insbesondere geltend, der seinerzeit geschlossene Verschmelzungsvertrag sei nicht wirksam, weil bei dessen Abschluss der Gesellschafter M. Y. nicht ordnungsgemäß vertreten worden sei, da sich die vorgelegte Vollmacht auf eine GbR, nicht aber auf eine OHG bezogen habe. Deshalb sei die Eintragung der Verschmelzung betreffend eine andere übertragende Gesellschaft sowohl durch das Amtsgericht als auch durch das Landgericht Limburg a. d. Lahn mit Hinweis auf diesen Mangel zurückgewiesen worden. Das Landgericht wies die Beschwerde mit Beschluss vom 11. Juni 2002 zurück.

Hiergegen richtet sich die Betroffene mit der weiteren Beschwerde, mit welcher sie geltend macht, die nicht wirksame Vertretung des Mitgesellschafters M. Y. stelle einen so schweren und wesentlichen Mangel dar, dass eine Heilung durch Eintragung der Verschmelzung nicht in Betracht komme und das Handelsregister von Amts wegen zu berichtigen sei.

Die zulässige weitere Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Die Vorinstanzen haben die Eintragung der angemeldeten Aufhebung des Verschmelzungsvertrages zu Recht abgelehnt, weil eine derartige Rückgängigmachung der bereits in das Handelsregister eingetragenen Verschmelzung gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 4 UmwG hat die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers die Wirkung, dass der Mangel der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsvertrages und gegebenenfalls erforderlicher Zustimmungs- oder Verzichtserklärungen einzelner Anteilsinhaber geheilt wird; des weiteren bestimmt § 20 Abs. 2 UmwG, dass Mängel der Verschmelzung die Wirkung der Eintragung nach Absatz 1, wonach das Vermögen der übertragenden Rechtsträger einschließlich der Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht, die übertragenden Rechtsträger erlöschen und die Anteilsinhaber der übertragenden Rechtsträger Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers werden, unberührt lassen.

Durch die Vorschrift des § 20 Abs. 2 UmwG wurde der Anwendungsbereich des alten § 352 a AktG auf alle Verschmelzungsvorgänge ausgedehnt. Sobald die Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers eingetragen ist, soll sie unabhängig von Mängeln, die im Verschmelzungsverfahren aufgetreten sein können, wirksam sein und bleiben. Dies beruht auf der Erwägung des Gesetzgebers, dass die Rückgängigmachung einer Verschmelzung in der Praxis große Schwierigkeiten sowohl in rechtlicher als auch in praktischer Hinsicht bereiten würde und deshalb ausgeschlossen werden soll (vgl. RegEBegr Bt-Drs 9/1065 zu § 352 a AktG S. 20 ff).

Für den Eintritt dieser Rechtswirkung der konstitutiven Handelsregistereintragung der Verschmelzung kommt es nicht darauf an, welche Rechtshandlung im Rahmen des Umwandlungsverfahrens mit Mängeln behaftet ist und wie schwer eventuelle Mängel wiegen (vgl. BayObLG DB 1999, 2504; BGH NZG 1999, 705 und 80; Lutter, UmwG, 2. Aufl., § 20 Rn. 95; Kallmeyer, UmwG, 2. Aufl., § 20 Rn. 33; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl., § 20 UmwG Rn. 68 ff). Danach kann ein etwaiger Mangel in der Vertretung eines der Mitgesellschafter beim Abschluss des Verschmelzungsvertrages nach Eintragung der Verschmelzung nicht mehr zur Grundlage eines einverständlichen Beschlusses der an der Verschmelzung ursprünglich beteiligten Rechtsträger über deren Aufhebung gemacht werden. Eine derartige €Entschmelzung€ ist von Gesetzeswegen ausgeschlossen (vgl. Lutter, a.a.0., Rn. 98; Kallmeyer, a.a.0., Rn. 47; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.0., Rn. 70/71).

Wegen der gesetzlich in § 20 Abs. 2 UmwG normierten dinglichen Bestandskraft der in das Handelsregister eingetragenen Umwandlung kommt auch eine Amtslöschung nach §§ 142 oder 144 FGG unter Berufung auf etwaige Mängel nicht in Betracht (vgl. Lutter, a.a.0., Rn. 97; BayObLG AG 2000, 130; OLG Hamm, ZIP 2001, 569).

Mithin hat es bei der Zurückweisung des Eintragungsantrages zu verbleiben.

Den Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde und das Erstbeschwerdeverfahren hat der Senat im Hinblick auf die letztlich erstrebte Wiedereintragung der Betroffenen, die zuletzt mit einem Stammkapital von 50.000,-- DM im Handelsregister eingetragen war, gemäß §§ 131 Abs. 2, 30, 31 Abs. 1 Satz 2 Kost0 auf 25.000,-- EUR festgesetzt.






OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 22.10.2002
Az: 20 W 299/02


Link zum Urteil:
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