Landgericht Duisburg:
Urteil vom 15. Februar 2002
Aktenzeichen: 22 O 169/01
(LG Duisburg: Urteil v. 15.02.2002, Az.: 22 O 169/01)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Landgericht Duisburg hat mit Urteil vom 15. Februar 2002 (Aktenzeichen 22 O 169/01) den Beklagten verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit bestimmten Angaben zu werben. Die Angaben betreffen zum einen den Hinweis "Anerk. Sachverständiger" auf einem Stempel oder in anderer Werbeform, sofern nicht angegeben wird, von wem die Anerkennung vollzogen wurde. Zum anderen betrifft es die Werbung mit dem Zusatz "des von der Handwerkskammer E geprüften freien Sachverständigen für das Dachdecker-Handwerk". Zusätzlich wurde der Beklagte dazu verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 175,07 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden, indem er Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Klage wurde von einem rechtsfähigen Verband zur Förderung des Wettbewerbs eingereicht. Der Beklagte ist ein Meister für das Dachdeckerhandwerk. Er hatte in einem von ihm erstellten Gutachten verschiedene Angaben gemacht, die nach Ansicht der Klägerin irreführend sind. Der Beklagte hatte sich mit dem Hinweis "Anerk. Sachverständiger" und dem Zusatz "des von der Handwerkskammer E geprüften freien Sachverständigen für das Dachdecker-Handwerk" als Sachverständiger dargestellt. Die Klägerin ist der Meinung, dass diese Angaben irreführend sind, da der Beklagte nicht dazu berechtigt sei, sich als anerkannter Sachverständiger zu bezeichnen.
Das Landgericht Duisburg hat die Klage für begründet erachtet. Der Beklagte habe im geschäftlichen Verkehr mit den streitgegenständlichen Angaben geworben und dadurch eine irreführende Angabe im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gemacht. Die Angaben seien geeignet, einen nicht unerheblichen Teil der Verkehrskreise über das Angebot des Beklagten zu irreführen. Die Verwendung der Angabe "Anerk. Sachverständiger" erwecke den Eindruck, dass der Beklagte über besondere Qualifikationen verfüge, ohne jedoch anzugeben, von wem diese Anerkennung vollzogen wurde. Die Angabe "des von der Handwerkskammer E geprüften freien Sachverständigen für das Dachdecker-Handwerk" sei ebenfalls irreführend, da die Handwerkskammer E keine freien Sachverständigen prüfe.
Das Gericht hat daher den Beklagten dazu verurteilt, es zu unterlassen, mit den genannten Angaben zu werben. Zusätzlich muss der Beklagte einen Betrag von 175,07 Euro an die Klägerin zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, kann jedoch durch Sicherheitsleistung des Beklagten abgewendet werden.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
LG Duisburg: Urteil v. 15.02.2002, Az: 22 O 169/01
Tenor
I. Der Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünfigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 255.645,94 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs a) in einem Stempel oder sonst werblich mit Hinweisen zu werben wie: "Anerk. Sachverständiger", sofern nicht darauf hingewiesen wird, durch wen die "Anerkennung" vollzogen wurde; b) in Gutachten oder sonst werblich mit Hinweisen zu werben: "des von der Handwerkskammer E geprüften freien Sachverständigen für das Dachdecker-Handwerk". II. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 175,07 Euro nebst 9,26 % Zinsen seit dem 25.10.2001 zu zahlen. III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des (jeweils) zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn die Klägerin nicht vor Beginn der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistungen können auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank in der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden.
Tatbestand
Die Klägerin ist ein rechtsfähiger Verband zur Förderung des Wettbewerbs.
Bei dem Beklagten handelt es sich um einen Meister für das Dachdeckerhandwerk.
Der Beklagte versah ein von ihm am 18.05.2001 erstelltes Gutachten mit einem Stempel, der die Angabe "Dachdeckermeister S T Anerk. Sachverständiger Dachdeckerhandwerk..." führte. In diesem Gutachten bezeichnete er sich ferner als "des von der Handwerkskammer E geprüften freien Sachverständigen für das Dachdecker-Handwerk...". Mit Schreiben vom 17.10.2001 mahnte die Klägerin den Beklagten ab und legte eine vorbereitete strafbewehrte Unterlassungserklärung bei. Der Beklagte wies die Abmahnung mit Schreiben vom 23.10.2001 zurück.
Die Klägerin ist der Ansicht, das dies irreführend i. S. d. § 3 UWG sei, da der Beklagte den Eindruck erwecke, dass er über besondere, den Standard der Mitbewerber deutlich überragende Qualifikationen verfüge, die er in einer Prüfung vor einer dafür kompetenten Stelle mit Erfolg unter Beweis gestellt habe, aber nicht mitteilt, wo und vor welcher Institution er eine Qualifikation erhalten habe. Ein weiterer Verstoß gegen das Irreführungsgebot im Sinne des § 3 UWG läge durch Werben des Beklagten mit dem Zusatz "Des von der Handwerkskammer E geprüften freien Sachverständigen für das Dachdecker-Handwerk" vor, da die Handwerkskammer E keine freien Sachverständigen prüfe.
Der Beklagte täusche die angesprochenen Verkehrskreise über seine Betriebsverhältnisse, da bei diesen der Eindruck entstehe, es handele sich hierbei um einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Dies sei er nicht, da er nur an einem Multiple-Choice Test anläßlich eines Sachverständigenseminars der Handwerkskammer E erfolgreich teilgenommen habe.
Die Aufwendungsersatzpauschale i. H. v. 175,07 Euro stehe der Klägerin entsprechend der Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne der §§ 677, 683, 670 BGB zu.
Die Klägerin beantragt:
1.
Der Beklagte wird kostenpflichtig und vollstreckbar verurteilt, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 255.645,94 Euro und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
a.) In einem Stempel oder sonst werblich mit Hinweisen zu werben wie
"Anerk. Sachverständiger", sofern nicht darauf hingewiesen wird,
durch wen die "Anerkennung" vollzogen wurde.
b.) In Gutachten oder sonst werblich mit Hinweisen zu werben:
"des von der Handwerkskammer E geprüften freien
Sachverständigen für das Dachdecker-Handwerk".
2.
Der Beklagte wird kostenpflichtig und vorläufig verurteilt, an die Klägerin 175,07 Euro nebst 9,26 % Zinsen ab dem 25.10.2001 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt:
Die kostenpflichtige Abweisung der Klage.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass ein Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG nicht gegeben sei. Er habe nicht im geschäftlichen Verkehr irreführende Angaben über seine Leistung gemacht. Ferner liege keine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbes auf dem Markt der Sachverständigen wegen seiner mittels Meisterprüfung nachgewiesenen Kunde und der Teilnahme an diversen Seminaren für Sachverständige sowie des erfolgreichen Ablegens eines Multiplechoice Tests vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG besitzt die Klägerin die erforderliche Aktivlegitimation. Sämtliche K der Bundesrepublik Deutschland, die nach § 13 Abs. 2 Nr. 4 UWG selbst zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen prozeßführungsbefugt sind, sind Mitglieder der Klägerin.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch aus § 13 Abs. 2 Nr. 2 auf Unterlassung des Werbens mit der Angabe "Anerk. Sachverständiger" (im folgenden: erste streitgegenständliche Angabe) ist begründet.
Grundlage des von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruchs ist § 3 UWG, der in der Werbung alle Angaben geschäftlicher Art verbietet, die zu Wettbewerbszwecken im geschäftlichen Verkehr gemacht werden und geeignet sind, einen nicht unerheblichen Teil der Verkehrskreise über das Angebot irrezuführen.
Die erste streitgegenständliche Angabe erfolgte über geschäftliche Verhältnisse. Der Begriff ist weit auszulegen. Mithin umfaßt er alles, was mit dem Geschäft direkt oder indirekt in Beziehung steht. Der Beklagte hat die streitgegenständliche Angabe im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit als Sachverständiger für das Dachdeckerhandwerk getätigt.
Der Beklagte hat zu Werbezwecken im geschäftlichen Verkehr gehandelt. Handeln zum Zwecke des Wettbewerbs liegt in jedem Verhalten, das äußerlich geeignet ist, den Absatz oder Bezug einer Person zum Nachteil einer anderen zu fördern. Mit der Angabe "Anerk. Sachverständiger" weist der Beklagte auf einen Umstand hin, durch den er sich von anderen freien Sachverständigen unterscheidet. Sie ist äußerlich geeignet, den Eindruck zu erwecken, dass der Beklagte ein anerkannter Sachverständiger ist. Der Beklagte handelt dabei in der Absicht, den eigenen Wettbewerb zu fördern. Nach allgemeiner Lebenserfahrung spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Wettbewerbsabsicht, wenn miteinander im Wettbewerb stehende Gewerbetreibende im Verkehr Äußerungen abgeben, die objektiv geeignet sind, den eigenen Wettbewerb zu fördern. Dies ist gegeben, da die Angabe äußerlich geeignet ist, den Eindruck zu erwecken, dass der Beklagte anerkannter Sachverständiger ist.
Bei der streitgegenständlichen Angabe handelt es sich um eine irreführende Angabe im Sinne des § 3 UWG.
Die erste streitgegenständliche Angabe ist eine Angabe im Sinne des § 3 UWG, da sie vom Verkehr als eine auf ihre Richtigkeit ihres Inhalts hin nachprüfbare, dem Beweis zugängliche Aussage über die geschäftlichen Verhältnisse des Werbenden darstellt (Baumbach/Hefermehl, 22. Auflage, § 3 Rn. 13).
Da der Beklagte nicht von einer dritten Stelle als Sachverständiger anerkannt worden ist, ist die Angabe irreführend im Sinne des § 3 UWG. Das bestimmt sich nach der Interpretation angesprochenen Verkehrskreise und der mangelnden Übereinstimmung mit der Wahrheit. Der angesprochene Verkehrskreis besteht aus einen Sachverständigen brauchenden Laien. Ein nicht unerheblicher Teil des Verkehrskreises versteht die Angabe dahin, dass der Werbende mit seinem durch eine umfassende Prüfung von einer dritten Stelle nachgewiesenen Fachwissen den Standard seiner Mitbewerber in besonderer Weise übertrifft (BGH Urt. v. 23.05.1984, NJW 1984, 2365).
Da der Beklagte aber keine umfassende Prüfung seines Fachwissens, sondern nur einen Multiple choice Test im Rahmen eines Sachverständigenseminars abgelegt hat, stimmt die Vorstellung der Verkehrskreise über die Angabe nicht mit der Wirklichkeit überein. Ferner ist die irreführende streitgegenständliche Angabe des Beklagten wettbewerbsrechtlich relevant. Wettbewerbsrechtlich relevant ist eine Angabe über die geschäftlichen Verhältnisse, wenn diese geeignet ist, bei einem nicht unerheblichen Teil des umworbenen Verkehrskreises irrige Vorstellungen über das Angebot hervorzurufen. Ausreichend hierfür ist, dass der Verbraucher durch das Angebot angelockt oder für den Vertragsabschluß geneigter gemacht wird. Da die Angabe bewirkt, dass die angesprochenen Verkehrskreise irrig annehmen, der Beklagte sei ein anerkannter Sachverständiger, ziehen sie ihn den nicht anerkannten freien Sachverständigen vor bzw. wenden sich nicht an die tatsächlich anerkannten Sachverständigen.
Die erste streitgegenständliche Angabe ist geeignet, den Wettbewerb wesentlich im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu beeinträchtigen. Eine Eignung zur wesentlichen Beeinträchtigung des Marktes liegt insbesondere dann vor, wenn unter Berücksichtigung von Art und Schwere des Verstoßes gewichtige Interessen der Allgemeinheit betroffen, eine besondere Anreizwirkung der Werbung vorliegt und die beim Verbraucher erweckte Fehlvorstellung durch nähere Betrachtung nicht entfällt (Baumbach/Hefermehl, § 13, Rn. 28).
Gewichtige Interessen der Allgemeinheit sind betroffen. Bei Sachverständigen muß der Verbraucher sich - mangels eigener Sachkunde - auf deren Einschätzung verlassen können. Der Legitimation eines Sachverständigen kommt bei der Auswahl eine erhebliche Bedeutung zu, da diese in erheblichem Maße die Überzeugungskraft des Gutachtens beeinflußt. Es gibt keine gesetzlichen Vorschriften zur Führung der Bezeichnung "Sachverständiger", so dass zumindest jeder Meister seines Faches als selbsternannter Sachverständiger tätig sein darf. Ein anerkannter Sachverständiger hingegen muß seine Fachkompetenz durch eine Prüfung vor einer dritten Stelle unter Beweis gestellt haben. Somit darf das Führen der Bezeichnung "Anerkannter Sachverständiger" auch nur den geprüften Sachverständigen verbleiben. Aufgrund der Bedeutung des Gutachtens im Rechtsverkehr liegt es im öffentlichen Interesse, dass nur anerkannte Sachverständige sich so bezeichnen.
Die Sachkunde des Beklagten aufgrund einer abgelegten Meisterprüfung und absolvierter Sachverständigenseminare ist insoweit unbeachtlich. Die Frage der Sachkunde ist nur wichtig für die Entscheidung, ob sich jemand als (freier) Sachverständiger bezeichnen darf. Demnach reicht allein die Vertiefung der fachlichen Kompetenz durch die bloße Teilnahme an Seminaren nicht aus, um sich von den anderen freien Sachverständigen durch eine zusätzliche Angabe abzuheben. Es kommt somit nicht darauf an, über welche Sachkunde der Beklagte verfügt, sondern ob er diese in einer umfassenden Prüfung nachgewiesen hat. Die Meisterprüfung, die Teilnahme an diversen Seminaren und der Multiple choice Test berechtigen den Beklagten somit nur zur Führung der Bezeichnung "(freier) Sachverständiger".
Der ersten streitgegenständlichen Angabe haftet aufgrund der erheblichen Bedeutung für die Überzeugungskraft des Gutachtens ein besonderer Anreiz für den Verbraucher an, der ein Gutachten erstellen lassen möchte. Der dadurch entstandene Wettbewerbsvorsprung ist auch gegenüber den anderen - nicht anerkannten - Mittwettbewerbern nicht unbeachtlich gering. Desweiteren entfällt die beim Verbraucher erweckte Fehlvorstellung durch nähere Betrachtung nicht. Die Führung der Angabe "Anerk. Sachverständiger" läßt nicht darauf schließen, dass der Beklagte nicht von einer dritten Stelle anerkannt worden ist.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung zu 1) in Gutachten oder sonst mit dem Hinweis zu werben "des von der Handwerkskammer E geprüften freien Sachverständigen für das Dachdecker-Handwerk" (§§ 13 Abs. 2 Nr. 2, 3 UWG).
Der Beklagte hat gemäß § 3 UWG im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über geschäftliche Verhältnisse eine irreführende Angabe gemacht, die im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zur wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs geeignet ist.
Die zweite streitgegenständliche Angabe erfolgt ebenfalls über geschäftliche Verhältnisse, da der Beklagte die streitgegenständliche Angabe im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit als Sachverständiger für das Dachdeckerhandwerk tätigte.
Der Beklagte hat zu Werbezwecken im geschäftlichen Verkehr gehandelt. Auch mit dieser zweiten streitgegenständlichen Angabe preist er sich dahingehend an, daß er sich von den anderen freien Sachverständigen unterscheidet. Sie ist äußerlich geeignet, den Eindruck zu erwecken, dass der Beklagte ein von der Handwerkskammer E geprüfter Sachverständiger ist. Der Beklagte handelt dabei auch wieder gemäß der tatsächlichen Vermutung in der Absicht, den eigenen Wettbewerb zu fördern.
Bei der streitgegenständlichen Angabe handelt es sich um eine irreführende Angabe im Sinne des § 3 UWG.
Die Aussage "des von der Handwerkskammer E geprüften freien Sachverständigen für das Dachdecker-Handwerk" ist eine Angabe im Sinne des § 3 UWG, da sie dem Beweis mittels Nachweises durch die die Prüfung vornehmende Handwerkskammer E zugänglich ist.
Ferner ist die zweite streitgegenständliche Angabe aufgrund ihrer Unrichtigkeit irreführend. Nicht unerhebliche Teile des Verkehrskreises gehen bei dem Hinweis "von der Handwerkskammer E geprüften" davon aus, dass die Überprüfung der fachlichen Kompetenz des Beklagten als Sachverständiger, durch eine umfassende amtlich festgelegte, einheitliche Prüfung seitens der Handwerkskammer E erfolgt ist.
Dies stimmt jedoch nicht mit der Wirklichkeit überein. Der Beklagte nahm an einem Multiple-Choice-Test im Rahmen eines Sachverständigenseminars der Akademie des Handwerks S1 S erfolgreich teil und nicht an einer Prüfung über seine Fachkompetenz als Sachverständiger.
Dies ist auch wettbewerblich relevant, weil der angesprochene Verkehrskreis aufgrund der irrigen Vorstellung eher geneigt ist, ein Gutachten von ihm als von anderen freien - nicht anerkannten - Mitbewerbern einzuholen.
Die Angabe "des von der Handwerkskammer E geprüften freien Sachverständigen für das Dachdeckerhandwerk" ist geeignet, den Wettbewerb im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG wesentlich zu beeinträchtigen.
Auch hier ist ein gewichtiges Interesse der Allgemeinheit betroffen, da der Legitimation eines Sachverständigen bei der Auswahl eine erhebliche Bedeutung zukommt (siehe oben). Deshalb ist es für den Verbraucher von großer Bedeutung, ob der Sachverständige seine Eignung mittels einer Prüfung unter Beweis gestellt hat.
Ferner liegt in der Angabe auch aufgrund der erheblichen Bedeutung für die Überzeugungskraft des Gutachtens eine besondere Anreizwirkung. Der dadurch entstandene Wettbewerbsvorsprung ist auch gegenüber den anderen - nicht anerkannten - Mitwettbewerbern nicht unbeachtlich gering.
Desweiteren entfällt die beim Verbraucher erweckte Fehlvorstellung durch nähere Betrachtung nicht. Die Führung der Angabe "des von der Handwerkskammer E geprüften freien Sachverständigen für das Dachdeckerhandwerk" läßt nicht erkennen, daß der Beklagte nicht von der Handwerkskammer E geprüft worden ist.
Die Klägerin hat ferner gegen den Beklagten einen Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 175,07 Euro gemäß §§ 677, 683, 670 BGB.
Die Klägerin besorgte ein Geschäft im Sinne des § 677 BGB. Der Begriff des "Geschäftes" ist weit auszulegen und umfaßt jedes rechtsgeschäftliche und tatsächliche Handeln mit wirtschaftlichen Folgen, das sich nicht auf bloßes Geben beschränkt (BGHZ 38, 270, 275). Die Abmahnung ist ein als Geschäftsbesorgung anzusehendes rechtsgeschäftliches Handeln.
Die Klägerin hat gemäß § 677 BGB das Geschäft eines anderen besorgt. Ein solches objektiv fremdes Geschäft liegt vor, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und seinem äußeren Erscheinungsbild ausschliesslich zum Pflichten- und Interessenkreis einer anderen Person gehört (Palandt-Thomas, § 677 Rn. 4). Mit der Abmahnung wies die Klägerin den Beklagten darauf hin, dass dieser mit seinen Angaben wettbewerbswidrig handelte. Dies fällt in den Pflichtenkreis des Beklagten, da der gerügte Wettbewerbsverstoß auf der alleinigen Handlung des Beklagten beruht.
Die Klägerin handelte mit Fremdgeschäftsführungswillen, da es sich um ein objektiv fremdes Geschäft handelt, bei dem der Fremdgeschäftsführungswillen vermutet wird (BGHZ 65, 354, 357).
Die Geschäftsführung entsprach dem Interesse und mutmaßlichen Willen des Geschäftsherren.
In den Fällen der Abmahnung durch einen Verband ist das Interesse des Beklagten zu bejahen, wenn zum Zeitpunkt der Abmahnung eine Lage besteht, die aus objektiver Sicht eine Warnung rechtfertigt (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Auflage, S. 420). Da nicht bekannt war, ob eine Wiederholung der Werbung durch die streitgegenständlichen Angaben drohte, bestand eine Lage, die aus objektiver Sicht eine Warnung gerechtfertigt hat. Durch den Wettbewerbsverstoß kann ein Störerzustand entstehen, den der Störer in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB auf eigene Kosten zu beseitigen hat (BGH, Urt. v. 15.10.1969, GRUR 1970, 189, 190). Störend wirkt sich dabei bereits die Unklarheit darüber aus, ob eine Wiederholung des Wettbewerbsverstoßes zu befürchten ist. Ein Irrtum des Beklagten, er sei zum Führen der streitgegenständlichen Angaben berechtigt, ist unbeachtlich, da dieser immer zu Lasten des Werbenden geht.
Die Geschäftsführung lag im mutmaßlichen Willen des Beklagten. Ein mutmaßlicher Wille des Geschäftsherrn kann nur dann angenommen werden, wenn im Einzelfall aller Voraussicht nach ein Schaden verhindert wird, der größer als die Kosten der Abmahnung ist. Für die Ermittlung des mutmaßlichen Willen ist der Zeitpunkt der Abmahnung maßgeblich (BGH, Urt. v. 22.09.1983, GRUR 1984, 129, 130). Die vorprozessuale Abmahnung dient dem Störer, da sie nicht allein geeignet ist, die Unklarheit schnell zu beseitigen, sondern er dadurch auch die Gelegenheit erhält, einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden.
Die Klägerin darf eine Aufwendungsersatzpauschale gemäß §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB verlangen. Der Geschäftsherr ist demnach verpflichtet, dem Geschäftsführer alle Aufwendungen zu ersetzen, die er zum Zwecke der Geschäftsführung gemacht hat und die er den Umständen nach für erforderlch halten durfte. Bei Verbänden, die unlauteren Wettbewerb bekämpfen, ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass sie eine Abmahnpauschale verlangen können (Teplitzky, S. 422 m. w. Nachw.).
Der von der Klägerin geltend gemachte Aufwendungsersatz in Höhe von 175,07 Euro kann als angemessen geschätzt werden, § 287 ZPO.
Der Klägerin steht ein Anspruch gemäß §§ 288, 286 Abs. 1 BGB auf Zahlung von 9,26 % Zinsen ab dem 25.10.2001 zu, da der Beklagte sich ab dem 25.10.2001 in Verzug befand.
Die Klägerin hatte einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch auf Zahlung der Aufwendungspauschale gemäß §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB.
Sie hatte den Beklagten mit Schreiben vom 17.10.2001 mit Fristsetzung bis zum 24.10.2001 zur Zahlung von 175,07 Euro gemahnt.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß den §§ 708 Nr. 11, 711, 108 ZPO.
LG Duisburg:
Urteil v. 15.02.2002
Az: 22 O 169/01
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