Finanzgericht Nürnberg:
Urteil vom 1. April 2014
Aktenzeichen: 2 K 1042/12
(FG Nürnberg: Urteil v. 01.04.2014, Az.: 2 K 1042/12)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Finanzgericht Nürnberg hat in diesem Urteil entschieden, dass die Umsätze eines Trauer- und Hochzeitsredners dem regulären Steuersatz unterliegen. Der Kläger ist ein studierter Theologe, der als freier Redner auf Hochzeiten und Beerdigungen tätig ist. Er hat seine Steuererklärungen bisher auf der Grundlage vereinnahmter Entgelte eingereicht und diese nach dem ermäßigten Steuersatz versteuert. Das Finanzamt hat nach einer Umsatzsteuersonderprüfung festgestellt, dass die Einnahmen des Klägers dem regulären Steuersatz unterliegen. Daraufhin hat der Kläger Klage eingereicht und argumentiert, dass seine Reden als "kulturelle Leistungen" gelten und somit dem ermäßigten Steuersatz unterliegen sollten. Das Gericht hat jedoch festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers nicht als künstlerische Leistung im Sinne des Gesetzes angesehen werden kann und daher dem regulären Steuersatz unterliegt. Die Klage des Klägers wurde abgewiesen und er wurde dazu verpflichtet, die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
FG Nürnberg: Urteil v. 01.04.2014, Az: 2 K 1042/12
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Umsätze eines Trauer- und Hochzeitsredners dem ermäßigten Steuersatz unterfallen.
Der Kläger ist studierter Theologe, der als freier Redner insbesondere auf Hochzeiten und Beerdigungen Reden hält und auch teilweise die entsprechende Veranstaltung moderiert. Die Reden entwickelt er in Absprache mit den Auftraggebern, welche auch ein ausformuliertes Redemanuskript erhalten.
Der Kläger hat seit Beginn seiner unternehmerischen Tätigkeit mit Billigung des Finanzamts die Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten zur Grundlage seiner Erklärungen gemacht. Er gab für sämtliche Streitjahre Jahressteuererklärungen ab, die € zum Teil nach Zustimmung € einer Steuererklärung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehen, § 168 Abgabenordnung (AO). Darin machte er für die Streitjahre unter anderem folgende Angaben:
2006 2007 2008 2009 2010 Umsätze (Regelsteuersatz) xxx xxx xxx xxx xxx Umsätze (erm. Steuersatz) xxx xxx xxx xxx xxx Im Jahr 2011 fand beim Kläger eine Umsatzsteuersonderprüfung statt, die sich auf den Streitzeitraum erstreckte (und darüber hinaus), wobei während der Prüfung die Jahreserklärung für 2010 noch nicht vorlag. In der dabei vorgelegten Buchführung waren folgende Umsätze erfasst (wobei das Konto 8300 in der Buchführung des Klägers ab 2007 nur noch als €Erlöse 7% geführt wurde.):
2006 2007 2008 2009 2010 Kto 8300 (Erlöse 7% - Beerdigungen) Kto 8302 (Erlöse 7% - Hochzeiten) Kto 8305 (Erlöse 7% - Bücher) Summe Kto 8400 (Erl. 16%/19% - Beerd.) Kto 8401 (Erl. 16% - Gitarrenunterricht) Kto 8402 (Erlöse 16% - Hochzeiten) Kto 8403 (Erlöse 16% - PMR AOK) Kto 8405 (Erlöse 16% - CD-Verkauf) Kto 8820 (Erl. Sachanlagenverkauf 19%) Summe Die Prüferin stellte sich auf den Standpunkt, alle Umsätze des Klägers seien mit dem Regelsteuersatz zu besteuern und qualifizierte die Einnahmen entsprechend um (Nettoumsätze mal 107 durch 119). Von der Umrechnung nahm sie im Jahr 2007 sechs Rechnungen aus 2006, welche erst 2007 gebucht worden waren, mit einem Gesamtbetrag von 1233,64 € aus:
Netto aus Umsätzen 7% für 16% / 19% xxx xxx xxx xxx xxx Summe neu (umqualifizierte dabei) xxx xxx xxx xxx xxx Mit Bescheid vom 23.08.2011 setzte das Finanzamt € der Prüferin folgend € eine geänderte Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Kalendervierteljahr 2010 in Höhe von xxx € fest und ging dabei von einer Änderung der zum Regelsteuersatz umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen in Höhe von xxx € aus.
Der Kläger erhob fristgerecht gegen diesen Änderungsbescheid Einspruch.
Weiter setzte das Finanzamt mit Änderungsbescheiden vom 29.08.2011 die Umsatzsteuer für die Jahre 2006 bis 2009 wie folgt herauf:
2006 2007 2008 2009 Umsätze. (Regelsteuersatz) xxx € xxx € xxx € xxx €Umsätze (ermäß. St.satz) - € - € - € - € Umsätze zu and. St.sätzen xxx € verbleibende Umsatzsteuer xxx € xxx € xxx € xxx € Umsatzsteuer lt Erklärung xxx € xxx € xxx € xxx € Auch diese Änderungsbescheide focht der Kläger fristgerecht an.
Nach Eingang der Jahressteuererklärung für 2010 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer abweichend mit Bescheid vom 23.03.2012 auf xxx € fest (Umsätze zum Regelsteuersatz: xxx €).
Mit verbundener Einspruchsentscheidung vom 11.06.2012 wies das Finanzamt die Einsprüche des Klägers als unbegründet zurück.
Der Kläger hat fristgerecht Klage erhoben gegen die Jahressteuerbescheide für 2006 bis 2010 vom 29.08.2011 bzw. 23.03.2012 und beantragt, die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2009 vom 29.08.2011 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.06.2012 aufzuheben sowie den Bescheid über Umsatzsteuer für das Jahr 2010 vom 23.03.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.06.2012 aufzuheben und die Steuer bis auf einen Betrag von xxx EUR zu reduzieren.
Zur Begründung führt der Kläger im Wesentlichen aus:
Er sei auch als €Ghost Writer€ tätig, entwerfe also Redetexte für andere und überlasse sie diesen. Die Entgelte hierfür seien gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c Umsatzsteuergesetz (UStG) mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern, da er den Abnehmern seiner Redeentwürfe das Nutzungsrecht daran einräume.
Anders als im Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21.10.2009 V R 8/08 sei der Kläger nicht nur Trauerredner, sondern trete auch auf Hochzeiten, Ehejubiläen, Geburtstagsfeiern und Trennungen auf.
Die zum 15.12.2004 erfolgte Änderung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG, nämlich die Ersetzung von vormals €Leistungen€ durch €Eintrittsberechtigung€ habe keine inhaltliche Änderung bedeuten sollen und deswegen sei nach wie vor davon auszugehen, dass €Leistungen€ für Theater, Museen, Konzerte sowie diesen vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler dem verminderten Steuersatz unterlägen. Maßgeblich für die Steuerermäßigung sei allein der Inhalt der Vorführung, nicht der Ort, an dem diese erfolge. Die Bundesrepublik habe Art. 98 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSysRl) nicht korrekt umgesetzt, da dort eine Vergleichbarkeit der Darbietung mit Theatervorführungen oder Konzerten nicht gefordert werde. Das durch Art. 98 MwStSysRl verliehene Recht sei hinreichend bestimmt, so dass er sich darauf berufen könne. Er sei ein ausübender Künstler im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG, da er mit seiner Rede eine eigenschöpferische Leistung von ausreichender künstlerischer Gestaltungshöhe erbringe. Ihm obliege neben dem mündlichen Vortrag seiner Rede die Moderation der Veranstaltung, auf der er rede. Manchmal biete er auch gesangliche Elemente dar, etwa auf das Brautpaar getextete Lieder mit Gitarrenbegleitung. Die Ansicht des Bundessozialgerichts, wonach ein Trauerredner kein Künstler sei (Urteil vom 23.03.2006 B 3 KR 9/05, NJW 2007, 716), gelte nicht für die steuerrechtliche Beurteilung. Der österreichische Verwaltungsgerichtshof habe geurteilt, dass auch ein Trauersänger eine künstlerische Darbietung gebe, da es nicht auf den Ort der Veranstaltung ankommen könne. Weiter bezieht sich der Kläger auf ein Urteil des Finanzgerichts Köln vom 30.08.2012 (12 K 1967/11; EFG 2012, 2247), welches entschieden hat, dass auch die Entgelte, die ein Autor für eine Autorenlesung gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG erhält, ermäßigt zu besteuern sind.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen und begründet dies im Wesentlichen damit, dass der Bundesfinanzhof im Urteil vom 21.10.2009 entschieden hat, dass die Umsätze eines Trauerredners mit dem Regelsteuersatz zu besteuern sind.
Gründe
Die Klage ist unbegründet, da in den angegriffenen Änderungsbescheiden die vom Kläger getätigten Umsätze zu Recht dem Regelsteuersatz unterworfen worden sind.
1. Grundsätzlich unterliegen die Umsätze, die ein Unternehmer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, dem Normalsteuersatz (12 Abs. 1 UStG). Die Vorschriften über die Anwendungen eines ermäßigten Steuersatzes (§ 12 Abs. 2 UStG) sind dagegen, wie die Vorschriften über die Steuerbefreiungen, als Ausnahmeregelungen eng auszulegen und kommen nur unter den vom Gesetz bestimmten Voraussetzungen in Betracht. Dabei ist grundsätzlich jeder Umsatz im Einzelnen zu prüfen (BFH-Beschluss vom 17.01.1990 V B 130/89, BFH/NV 1990, 535).
2. Die für die Umsätze des Klägers als €Ghostwriter€ in Betracht kommende Vorschrift in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG bestimmt: Die Steuer ermäßigt sich auf 7% für folgende Umsätze: Die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben.
Die Regelung begünstigt die Einräumung (durch vertragliche Bestellung) und Übertragung von Verwertungsrechten, die aus dem Urheberrecht abgeleitet werden, durch den Urheber oder den Nutzungsberechtigten an Dritte (z.B. an Verleger oder Verwertungsgesellschaften). Das Urheberrecht als solches hingegen ist grundsätzlich nicht übertragbar (§ 29 Satz 2 UrhG i.d.F. vom 9. September 1965). Bei der Einräumung und Übertragung von Verwertungsrechten wird zwischen der Verwertung in körperlicher Form und der öffentlichen Wiedergabe unterschieden. Das Recht der Verwertung in körperlicher Form umfasst nach § 15 Abs. 1 UrhG insbesondere das Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG), das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG) und das Ausstellungsrecht (§ 18 UrhG). Zum Recht der öffentlichen Wiedergabe gehören nach § 15 Abs. 2 UrhG insbesondere das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19 UrhG), das Senderecht (§ 20 UrhG) das Recht der Wiedergabe durch Bild- und Tonträger (§ 21 UrhG) und das Recht der Wiedergabe von Funksendungen (§ 22 UrhG).
Die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG setzt voraus, dass der Rechtsinhaber dem Leistungsempfänger nach dem wirtschaftlichen Gehalt des Umsatzes das Recht zur Verwertung des Werks gemäß den Bestimmungen des UrhG (insbesondere durch Vervielfältigung und Verbreitung) einräumt und nicht nur die bestimmungsgemäße Benutzung gestattet. Die Einräumung oder Übertragung der urheberrechtlichen Nutzungsrechte muss Hauptbestandteil der einheitlichen Gesamtleistung sein (BFH-Urteil vom 25. November 2004 V R 4/04, BFHE 208, 470, BStBl II 2005, 415, m.w.N.). Ob das der Fall ist, bestimmt sich im Wesentlichen nach dem Inhalt der Vereinbarungen und im Zusammenhang damit, wofür die Gegenleistung erbracht wird (vgl. BFH-Urteile vom 14. Februar 1974 V R 129/70, BFHE 111, 379, BStBl II 1974, 261, 262; vom 7. Oktober 1987 X R 21/80, BFH/NV 1989, 608). Deshalb reicht es nicht aus, wenn im Rahmen eines Umsatzes auch Rechte nach dem Urheberrecht übertragen werden, wenn dies nicht der Schwerpunkt des umsatzsteuerbaren Vorgangs ist.
Umsätze für die Tätigkeit als €Ghostwriter€ lassen sich in der Buchführung des Klägers nicht nachweisen und wurden vom Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nicht beziffert. Im Übrigen stellt die Lieferung eines Redetextes unter Aufgabe des Urheberrechts gerade keine Einräumung eines Urheberrechts dar, so dass eine Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG per se ausscheidet.
2. Die Umsätze als Hochzeits- oder Trauerredner unterfallen ebenfalls nicht § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG, da sich nach der eigenen Schilderung des Klägers in der mündlichen Verhandlung seine Tätigkeit gerade nicht darauf beschränkt, den Abnehmern ein Recht an seinem Redemanuskript einzuräumen, sondern er vielmehr gemeinsam mit den Kunden die Grundlagen für die Rede erarbeitet, diese Rede als zentralen Punkt der Veranstaltung dann auch vorträgt und dabei moderierend und unterhaltend tätig wird. Den diesbezüglichen anschaulichen Schilderungen des Klägers schenkt der Senat Glauben. Damit stellt aber die Überlassung eines Manuskriptes der Rede an die Kunden nicht den Kerngehalt der einheitlichen Leistung des Klägers dar, sondern ist nur ein begleitender unselbständiger Bestandteil.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH im Anschluss an die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften --EuGH-- (z.B. BFH-Urteile vom 9. Juni 2005 V R 50/02, BFHE 210, 182, BStBl II 2006, 98; vom 15. Januar 2009 V R 9/06, BFHE 224, 166, BFH/NV 2009, 863, m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung) gelten für die Frage, unter welchen Bedingungen mehrere zusammenhängende Leistungen als eine Gesamtleistung zu behandeln sind, folgende Grundsätze: Jeder Umsatz ist in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu betrachten; allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb ist das Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist. Eine einheitliche Leistung liegt danach insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen sind, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige für den Verbraucher zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Diese Grundsätze gelten auch im Verhältnis zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1712, m.w.N.).
Wesentlicher und prägender Teil der vom Kläger erbrachten Leistung ist der Vortrag einer auf die Kunden zugeschnittenen Rede mit moderierender Begleitung des Publikums bei der Veranstaltung. Dabei gewährleistet der Kläger € nach seinen Berichten € eine von den Zuhörern als passend und gekonnt empfundene Leistung. Damit verlässt die Leistung des Klägers aber eindeutig den begrenzten Bereich der Einräumung eines dem Urhebergesetz unterliegenden Rechts. Diesem Leistungsbestandteil (Überlassung des Manuskriptes) kommt auch kein eigenständiger Leistungscharakter zu, sondern ist nur Begleiterscheinung der vom Kläger erbrachten Hauptleistung, dem Vortrag einer zum Anlass passenden Rede. Der Kläger selbst hat in der mündlichen Verhandlung seine Leistung eindeutig im Bereich der künstlerischen Darbietung verortet. Eine gesonderte Entgeltvereinbarung, die ein Indiz für separate Leistungen sein könnte, hat der Kläger nicht vorgetragen, eine solche Aufteilung lässt sich auch nicht in der Buchführung des Klägers nachweisen. Nach Auffassung des Senats widerspräche eine Aufteilung der klägerseitigen Leistung in eine Vortrags- und eine Urheberrechtsübertragungsleistung der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers, der ein solches Manuskript nur als €Erinnerungshilfe€ betrachtet, welches er gerne akzeptiert als €Dreingabe€ zu der bestellten Rede des Klägers. Das Manuskript hat für ein Hochzeitspaar oder die Hinterbliebenen keinen eigenständigen Wert, nur in Verbindung mit der vom Kläger gehaltenen Rede ergibt sich für die Kunden ein Grund für die Annahme des Manuskriptes.
3. Diese Umsätze unterfallen aber auch nicht dem Tatbestand des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG.
Danach sind dem ermäßigten Steuersatz die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler zu unterwerfen. In Betracht kommt hier € mangels eines Eintrittsentgelts € nur die zweite Alternative, den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbare Darbietungen ausübender Künstler.
Der Senat hat zudem Zweifel, ob der Kläger eine künstlerische Leistung erbringt und an der Gestaltungshöhe einer eigenschöpferischen Leistung des Klägers. Denn dieser ist bei der Ausarbeitung seiner Reden weitgehend eingeschränkt und festgelegt auf die Wünsche und Vorstellungen seiner Auftraggeber. Letztlich kommt es darauf aber nicht an. Die Berufung auf diesen Ermäßigungstatbestand scheidet aus, weil die Darbietungen des Klägers sich nicht als Kulturangebot an die Allgemeinheit richten, sondern er auf privaten Veranstaltungen für ein prinzipiell geschlossenes Publikum spricht.
Die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ist nämlich in ihrem systematischen Kontext zu sehen, So hat der BFH bereits in seinem Urteil vom 10.12.1997 (XI R 73/96, BStBl II 1998, 222) hierzu auf den Bericht des Finanzausschusses in BTDrucks V/1581, unter Nr. 4 c verwiesen, wo der Förderzweck der Vorschrift klar herausgestellt wird: Begünstigt werden sollten "kulturelle Leistungen, wie sie Theater, Orchester und Museen, soweit sie nicht befreit sind, Rundfunk und Fernsehen, Filmwirtschaft und Zirkusunternehmen erbringen". Diese Zielsetzung erschließt sich auch aus dem Zusammenspiel der Vorschrift mit § 4 Nr. 20 UStG. Beide Vorschriften eint, dass in ihr kulturelle Leistungen für die Allgemeinheit vergünstigt werden sollen (vgl. insb. der Verweis auf die €kulturellen Aufgaben€ in § 4 Nr. 20 Satz 2 UStG).
Anders als in Art. 12 Abs. 3 Buchst. a UAbs 3 der 6. EG-Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuern i.V.m. Anhang H derselben bzw. Art 98 Abs. 2 der MwStSysRl i.V.m. Anhang III derselben findet sich in der deutschen Regelung eine Beschränkung auf die €Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen€, womit nur das kulturelle Angebot an die Allgemeinheit begünstigt wird.
Der Kläger kann sich auch nicht gegenüber dem deutschen Umsatzsteuerrecht auf die weitergehende Formulierung in den genannten EG-Richtlinien berufen, da die selektive Ausnutzung eines den Mitgliedstaaten eingeräumten Ermessens nicht gegen das Unionsrecht verstößt (vgl. Urteil des EuGH vom 06.05.2010 C-94/09, UR 2010, 454). Die entsprechenden Artikel in den genannten Richtlinien ermächtigen die Mitgliedstaaten nach ihrem Ermessen (€können anwenden€) einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden. Bei Beachtung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität, für dessen Verletzung sich hier kein Anhaltspunkt ergibt, steht es den Mitgliedstaaten daher frei, den Kreis der begünstigten Umsätze enger zu ziehen als die Formulierungen in den Aufzählungen in den Anhängen H bzw. 7 der Richtlinien. Diese geben nur den maximalen Begünstigungsrahmen vor, den Deutschland nicht voll ausgeschöpft hat.
Der BFH hat sich ebenfalls, wenn auch ohne eingehendere Begründung, gegen die Anwendung von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG auf Trauerredner ausgesprochen (Urteil vom 21.10.2009 V R 8/08, BFH/NV 2010, 476).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). In Hinblick darauf erübrigt sich ein Ausspruch zur Hinzuziehung im Vorverfahren gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO (vgl. BFH-Beschluss vom 13.07.2006 IV E 1/06, BFH/NV 2006, 1874)
FG Nürnberg:
Urteil v. 01.04.2014
Az: 2 K 1042/12
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