Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Mai 2008
Aktenzeichen: 9 W (pat) 360/04

(BPatG: Beschluss v. 05.05.2008, Az.: 9 W (pat) 360/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in dieser Entscheidung über einen Einspruch gegen ein Patententscheidung geurteilt. Der Einsprecher argumentierte, dass das in Frage stehende Patent durch den Stand der Technik nahegelegt sei. Die Patentinhaberin hingegen argumentierte, dass das Patent von Stand der Technik weder vorweggenommen noch nahegelegt werde.

Das Gericht stellte fest, dass die Merkmale des Patents sowohl in der Streitpatentsschrift als auch in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart wurden. Das Patent bezieht sich auf ein Cabriolet-Fahrzeug mit einem ablegbaren Dach im hinteren Fahrzeugbereich. Es beinhaltet einen starren, aber insgesamt beweglichen hinteren Dachabschluss, der in geschlossenem Zustand mit einem vorderen Ende eines Deckelteils in Kontakt steht. Ein Durchtrittsspalt für die Dachbewegung kann teilweise durch eine schwenkbewegliche Abdeckung abgedeckt werden.

Das Gericht entschied, dass die Gegenstände des Patents sowohl neu als auch erfinderisch sind. Der Stand der Technik bietet keine Anregung für eine solche Konstruktion. Die vorgelegten Alternativlösungen aus dem Stand der Technik sind nicht kompatibel mit dem Patent und nicht geeignet, den Fachmann auf den patentierten Gegenstand zu bringen.

Das Gericht wies den Einspruch ab und entschied, das Patent mit den eingereichten Unterlagen aufrechtzuerhalten.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 05.05.2008, Az: 9 W (pat) 360/04


Tenor

Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

- Patentansprüche 1 bis 11, überreicht in der mündlichen Verhandlung,

- Beschreibung Seiten 1 und 2 sowie 4 bis 11 gemäß Eingabe vom 19. April 2005,

- Beschreibung Seite 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung,

- Zeichnungen Figuren 1 bis 12 gemäß Patentschrift.

Gründe

I.

Gegen das am 23. April 2002 angemeldete und am 26. Februar 2004 veröffentlichte Patent mit der Bezeichnung

"Cabriolet-Fahrzeug "

ist Einspruch eingelegt worden. Die Einsprechende vertritt die Auffassung, dass Cabriolet-Fahrzeuge mit den Merkmalen der geltenden nebengeordneten Patentansprüche durch den Stand der Technik nach der EP 0 949 105 A1 (DE 699 03 212 T2) bzw. der EP 0 860 313 B1 nahegelegt seien. Sie stützt ihr Vorbringen zudem auf die DE 100 36 223 A1 und die DE 44 46 483 A1.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

- Patentansprüche 1 bis 11, überreicht in der mündlichen Verhandlung,

- Beschreibung Seiten 1 und 2 sowie 4 bis 11 gemäß Eingabe vom 19. April 2005,

- Beschreibung Seite 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung,

- Zeichnungen Figuren 1 bis 12 gemäß Streitpatentschrift;

hilfsweise - Patentansprüche 1 bis 10, überreicht in der mündlichen Verhandlung als Hilfsantrag,

- i. Ü. wie Hauptantrag.

Die Patentinhaberin meint, dass die Gegenstände, für die mit den unabhängigen Patentansprüchen 1 und 4 (Hauptantrag) bzw. den Patentansprüchen 1 und 3 (Hilfsantrag) Schutz begehrt wird, durch den nachgewiesenen Stand der Technik weder vorweggenommen noch nahegelegt seien.

Der geltende Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag lautet:

Cabriolet-Fahrzeug (1) mit einem im rückwärtigen Fahrzeugbereich ablegbaren Dach (4), wobei das Dach zumindest einen starren, jedoch insgesamt beweglichen rückwärtigen Dachabschluss (6) umfasst, der in geschlossenem Zustand in Kontakt mit einem vorderen Ende eines heckwärts anschließenden, einen Verdeckaufnahmeraum oberseitig überdeckenden Deckelteils (30) steht, und wobei ein Durchtrittsspalt für die Bewegung des Daches vor dem hinteren Dachabschluss (6) und unterhalb eines Rückfensters (5) zumindest teilweise durch eine schwenkbewegliche Abdeckung (7) nach Art einer Hutablage abdeckbar ist, wobei die Abdeckung (7) bei geöffnetem Dach (4) und bei geschlossenem Dach (4) bezüglich der Fahrzeuglängsrichtung in gleicher Lage gehalten ist und bei geschlossenem Dach (4) in Kontakt mit dem Deckelteil (30) steht, dadurch gekennzeichnet, dass die Abdeckung (7) mit einer hinteren Abschlusskante (9) in geschlossener Stellung des Daches den rückwärtigen Dachabschluss (6) untergreift und bei geöffnetem Dach das Deckelteil (30) auf die hintere Abschlusskante (9) von oben geschwenkt werden kann.

Rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 und 3 an.

Der geltende Patentanspruch 4 nach dem Hauptantrag lautet:

Cabriolet-Fahrzeug (1) mit einem im rückwärtigen Fahrzeugbereich ablegbaren Dach (4), wobei das Dach zumindest einen starren, jedoch insgesamt beweglichen rückwärtigen Dachabschluss (6) umfasst, der in geschlossenem Zustand in Kontakt mit einem vorderen Ende eines heckwärts abschließenden, einen Verdeckaufnahmeraum oberseitig überdeckenden Deckelteils (30) steht, und wobei ein Durchtrittsspalt für die Bewegung des Daches vor dem hinteren Dachabschluss (6) und unterhalb eines Rückfensters (5) angeordnet und zumindest teilweise durch eine schwenkbewegliche Abdeckung (7) nach Art einer Hutablage abdeckbar ist, wobei die Abdeckung (7) bei geöffnetem Dach (4) und bei geschlossenem Dach (4) bezüglich der Fahrzeuglängsrichtung in gleicher Lage gehalten ist und bei geschlossenem Dach (4) in Kontakt mit dem Deckelteil (30) steht, dadurch gekennzeichnet, dass die Abdeckung (7) in der Öffnungsphase über das oder die für die Dachbewegung wirksamen Antriebsorgan(e) aus der Horizontallage aufwärts schwenkbar ist und über das oder die für die Schließbewegung des rückwärtigen Deckelteils (30) wirksamen Antriebsorgan(e) in Horizontalstellung bei geöffnetem Dach (4) abwärts schwenkbar ist.

Rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 5 bis 11 an.

Zu den Patentansprüchen gemäß Hilfsantrag wird auf die Akte verwiesen.

II.

Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ist durch § 147 Abs. 3 Satz 1 PatG a. F. begründet.

1. Der Einspruch ist zulässig. Er hat teilweise Erfolg durch eine das Patent beschränkende Änderung der Patentansprüche.

2. Die Merkmale der Gegenstände des geltenden Patentbegehrens sind sowohl in der Streitpatentschrift als auch in den ursprünglich eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehörig offenbart. Dies wird von der Einsprechenden nicht bestritten.

Das Cabriolet-Fahrzeug nach dem geltenden Patentanspruch 1 ergibt sich aus dem erteilten Patentanspruch 1 unter Hinzufügen von Merkmalen der erteilten Patentansprüche 3 und 4 sowie aus der Beschreibung, Absätze 0027 und 0009. Der nebengeordnete Patentanspruch 4 entspricht inhaltlich dem erteilten Patentanspruch 6 mit weiteren Merkmalen aus den erteilten Patentansprüchen 1, 3 und 4. Die rückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 sowie 5 bis 11 entsprechen den erteilten Patentansprüchen 2 und 5 bzw. 7 bis 13.

Die Beschreibung wurde in zulässiger Weise an die neue Anspruchsfassung und durch Angaben zum Stand der Technik angepasst.

Das Streitpatent betrifft ein Cabriolet-Fahrzeug mit einem im rückwärtigen Fahrzeugbereich ablegbaren Dach, bei dem ein starrer, jedoch insgesamt beweglicher rückwärtiger Dachabschluss vorgesehen ist. Dieser ist in geschlossenem Zustand in Kontakt mit einem vorderen Ende eines heckwärts anschließenden, einen Verdeckaufnahmeraum oberseitig überdeckenden Deckelteils. Eine bezüglich der Fahrzeuglängsrichtung bei geöffnetem und geschlossenem Dach in gleicher Lage gehaltene schwenkbewegliche Abdeckung nach Art einer Hutablage deckt einen Durchtrittsspalt für die Bewegung des Daches vor dem hinteren Dachabschluss und unterhalb eines Rückfensters zumindest teilweise ab. Die Abdeckung steht bei geschlossenem Dach in Kontakt mit dem Deckelteil. In der geltenden Beschreibung ist angegeben (vgl. Seite 3, Absatz 3), dass bei einem solchen Cabriolet-Fahrzeug das Öffnen und Schließen des Daches beschleunigt ist und die entsprechenden Bewegungsabläufe der Abdeckung zu optimieren sind.

3.a Der dem Patentanspruch 1 zugrundliegende Gegenstand, Cabriolet-Fahrzeug mit einem im rückwärtigen Fahrzeugbereich ablegbaren Dach, ist - von der Einsprechenden unbestritten - neu und zweifellos gewerblich anwendbar. Keines der aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik bekannten Cabriolet-Fahrzeuge weist eine Abdeckung nach Art einer Hutablage auf, die mit ihrer hinteren Abschlusskante in geschlossener Stellung des Daches einen rückwärtigen Dachabschluss untergreift und bei geöffnetem Dach das Deckelteil eines Verdeckaufnahmeraums auf die hintere Abschlusskante von oben geschwenkt werden kann.

3.b Auch der dem Patentanspruch 4 zugrundeliegende Gegenstand, Cabriolet-Fahrzeug mit einem im rückwärtigen Fahrzeugbereich ablegbaren Dach, ist - von der Einsprechenden unbestritten - neu und zweifellos gewerblich anwendbar. Keines der aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik bekannten Cabriolet-Fahrzeuge weist eine Abdeckung nach Art einer Hutablage auf, die in der Öffnungsphase über das oder die für die Dachbewegung wirksamen Antriebsorgan(e) aus der Horizontallage aufwärts schwenkbar ist und über das oder die für die Schließbewegung des rückwärtigen Deckelteils wirksamen Antriebsorgan(e) in Horizontalstellung bei geöffnetem Dach abwärts schwenkbar ist.

4. Die Gegenstände beruhen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, da sie sich für einen Fachmann - hier ein Dipl.-Ing. der Fachrichtung Maschinenbau mit Fachhochschulabschluss, der bei einem Kfz-Hersteller bzw. Zulieferer mit der Entwicklung und Konstruktion von ablegbaren Fahrzeugdächern betraut ist und in dieser Tätigkeit mehrjährige Erfahrung hat - nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben.

Aus der der EP 0 949 105 A1 ist ein Cabriolet-Fahrzeug mit einem im rückwärtigen Fahrzeugbereich ablegbaren Dach 1 bekannt (vgl. Fig. 1 i. V. m. Fig. 2). Das Dach 1 umfasst einen starren, jedoch insgesamt beweglichen rückwärtigen Dachabschluss 1a. In der Figur 1 (oder 4) ist zwar nur eine von einer Vorderkante 2a eines heckwärts anschließenden, einen Verdeckaufnahmeraum oberseitig überdeckenden Kofferraumdeckels 2 beabstandete, am Dachabschluss vorgesehene Rinne dargestellt, jedoch liest der Fachmann selbstverständlich mit, dass diese Rinne mit einer Dichtung versehen sein muss, die in geschlossenem Zustand in Kontakt mit dem Kofferraumdeckel 2 steht. Vor dem hinteren Dachabschluss 1a und unterhalb eines Rückfensters ist ein Durchtrittsspalt für die Bewegung des Daches 1 zumindest teilweise durch eine um das Gelenk 3a schwenkbewegliche Abdeckung 3 nach Art einer Hutablage abdeckbar. Die Abdeckung 3 ist bei geöffnetem Dach (vgl. Fig. 2) und bei geschlossenem Dach (vgl. Fig. 1) bezüglich der Fahrzeuglängsrichtung in gleicher Lage gehalten. Knieförmige Halterungen 6 stellen eine Verbindung zum Gelenk 3a an dem Kofferraumdeckel 2 her.

Ein weiteres Cabriolet-Fahrzeug mit einem im rückwärtigen Fahrzeugbereich ablegbaren Dach 3 ist aus der EP 0 860 313 B1 bekannt (vgl. Fig. 1 i. V. m. Fig. 2). Das Dach 3 umfasst einen starren, jedoch insgesamt beweglichen rückwärtigen Dachabschluss. Das ergibt sich schon aus dem grundlegenden Aufbau eines solchen Daches, das entweder als Hartschalendach oder Faltdach mit einem hinteren Spannbügel konzipiert ist. Bei geschlossenem Dach muss der Dachabschluss mit einem heckwärts anschließenden, einen Verdeckaufnahmeraum oberseitig überdeckenden Kofferraumdeckel 1 zwangsläufig in Kontakt stehen, um die Dichtheit des Fahrzeugs zu gewährleisten. Vor dem hinteren Dachabschluss und unterhalb eines Rückfensters ist ein Durchtrittsspalt für die Bewegung des Daches 3 zumindest teilweise durch eine um die Schwenkachse 9 bewegliche Abdeckung 2 nach Art einer Hutablage abdeckbar (vgl. Fig. 1 i. V. m. Fig. 3). Die Abdeckung 2 ist bei geöffnetem Dach und bei geschlossenem Dach bezüglich der Fahrzeuglängsrichtung in gleicher Lage durch den Arm 10 am Bodenblech 11 des Kofferraums 4 gehalten.

a. Die Einsprechende meint, dass der mit dem streitpatentgemäßen Problem konfrontierte und von dem Cabriolet-Fahrzeug nach der EP 0 949 105 A1 ausgehende Fachmann nur die dort vorgesehene Abdeckung 3 verlängern müsse, um zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 zu gelangen. Daher liege eine Gestaltung der Abdeckung 3 nahe, die bei geöffnetem Fahrzeug den Spalt zwischen Abdeckung 3 und Deckelteil 2 abzudecken vermag (vgl. Fig. 3). Eine solche Gestaltung biete den Vorteil, dass der Spalt abgedichtet werden könne. Im Übrigen enthalte der geltende Patentanspruch 1 keine Angaben zum Bewegungsverhalten der Abdeckung und eine Verlängerung der bekannten Abdeckung sei ohne Einfluss auf deren Bewegung. Zudem finde bei dem Fahrzeug nach der EP 0 949 105 A1 auch eine Relativbewegung zwischen Abdeckung und Vorderkante 2a des Deckelteils 2 statt, eine Relativbewegung, die dem Schwenken des Deckelteils 2 auf die hintere Abschlusskante der Abdeckung gleichzusetzen sei.

Nach Überzeugung des Senats beruhen diese Überlegungen jedoch auf einer rückschauenden Betrachtungsweise in Kenntnis des Gegenstandes nach Patentanspruch 1. Aus der Angabe, dass die Abschlusskante der Abdeckung den rückwärtigen Dachabschluss untergreift, mag nicht unbedingt auf einen bestimmten Bewegungsablauf der Abdeckung zu schließen sein, jedoch ist damit eine konstruktive Gestaltung vorgegeben, für die der Stand der Technik keine Anregung bietet. Die Abdeckung mit Abschlusskante muss zudem auch so bemessen sein, dass bei geöffnetem Dach das Deckelteil auf sie verschwenkt werden kann. Der EP 0 949 105 A1 ist kein Hinweis zu entnehmen, dass es bei geöffnetem Dach darauf ankommen könnte, den Spalt zwischen Abdeckung und Deckelteil zu verschließen. Wenn es dem Fachmann tatsächlich auf die Abdeckung des Spaltes ankommen sollte, bietet sich ihm aus dem Stand der Technik eine andere Lösung an: die Abdeckung verschieblich zu gestalten (vgl. DE 100 36 223 A1, Absatz 0036). Das entspricht jedoch nicht einer Umgestaltung der aus EP 0 949 105 A1 bekannten Abdeckung hin zu der streitpatentgemäß geforderten Gestaltung.

b. Nach Auffassung der Einsprechenden würde ein Fachmann ein Cabriolet-Fahrzeug auch mit einer Abdeckung versehen, die, wie nach Patentanspruch 4 vorgesehen, in der Öffnungsphase über das oder die für die Dachbewegung wirksamen Antriebsorgan(e) aus der Horizontallage aufwärts schwenkbar ist und über das oder die für die Schließbewegung des rückwärtigen Deckelteils wirksamen Antriebsorgan(e) in Horizontalstellung bei geöffnetem Dach abwärts schwenkbar ist. Der Fachmann kenne unabhängige Antriebe für die Abdeckung, wie den am Deckelteil 2 angebrachten Motor 9 (vgl. Fig. 3 der EP 0 949 105 A1). Er kenne jedoch auch die Bewegungskopplung der Abdeckung 2 mit dem Antrieb des rückwärtigen Deckelteils 1 über einen Bowdenzug 6, 7 (vgl. EP 0 860 313 B1, Fig. 4). Die Abdeckung 2 werde allerdings auch durch eine Feder 14 in ihre horizontale Stellung zurückverbracht. Dadurch seien bereits zwei Komponenten für den Antrieb der Abdeckung vorgesehen. Es sei daher naheliegend, unterschiedliche Antriebsorgane bei der Bewegung der Abdeckung während der Öffnungsphase und der Schließphase heranzuziehen, zumal die angestrebte zeitliche Überlappung von Dach- und Abdeckungsbewegung im Patentanspruch nicht zum Ausdruck komme.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Dem vorliegenden Stand der Technik ist keine Lösung oder ein Hinweis zu einer Lösung zu entnehmen, die für die Bewegung der Abdeckung in unterschiedlichen Phasen einerseits auf für die Dachbewegung wirksame Antriebsorgane und andererseits auf die für die Bewegung des Kofferraumdeckels wirksamen Antriebsorgane zurückgreift. Der EP 0 860 313 B1 kann lediglich der Hinweis entnommen werden, den Antrieb für den Kofferraumdeckel für die Bewegung der Abdeckung mit zu verwenden. Aber auch diese Verwendung entspricht nicht der beanspruchten, die ganz konkret den Einsatz des Kofferraumdeckelantriebs beim Schließen des Deckelteils vorsieht, um die Abdeckung abwärts in eine Horizontalstellung zu verbringen. Im Gegensatz dazu sieht die Lösung nach der EP 0 860 313 B1 vor, die Abdeckung durch Öffnen des Kofferraumdeckels aus der Horizontallage abwärts zu verschwenken. Ein Aufwärtsschwenken der Abdeckung aus der Horizontallage ist weder bei dem Cabriolet-Fahrzeug nach der EP 0 860 313 B1 noch dem der EP 0 949 105 A1 vorgesehen. Dazu kommt noch, dass streitpatentgemäß für das Aufwärtsverschwenken der Abdeckung die Antriebsorgane des Daches eingesetzt werden. Dieses Merkmal ist - isoliert betrachtet - in der DE 100 36 223 A1 beschrieben (vgl. Sp. 5, Z. 7 bis 16). Die Bewegung der dortigen Abdeckung ist jedoch ausschließlich mit den Antriebsorganen des Daches gekoppelt, und die Abdeckung weist zudem unterschiedliche Lagen bezüglich der Fahrzeuglängsrichtung bei geschlossenem und geöffnetem Dach auf (vgl. Sp. 4, Z. 61 bis 68). Diese Druckschrift wurde von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr aufgegriffen. Gleiches gilt für die DE 44 46 483 A1, aus der ebenfalls ein Cabriolet-Fahrzeug mit einer Abdeckeinheit 13 nach Art einer Hutablage bekannt ist. Die Abdeckeinheit ist für eine horizontale Verschiebung ausgelegt (vgl. Sp. 3, Z. 12 bis 26).

c. Überdies sind die Konstruktionen nach der EP 0 949 105 A1 oder der EP 0 860 313 B1 einerseits und die nach den DE 100 36 223 A1 sowie DE 44 46 483 A1 andererseits auch nicht kompatibel. Sie veranlassen den Fachmann allenfalls, das eine Konstruktionsprinzip mit bezüglich der Fahrzeuglängsrichtung in gleicher Lage bei geöffnetem und geschlossenem Dach gehaltener Abdeckung durch ein anderes mit einer verschieblichen Abdeckung zu ersetzen oder umgekehrt vorzugehen. Die Anregung, eine Abdeckung so zu gestalten, dass sie einen hinteren Dachabschluss untergreift und bei unveränderter Lage zwischen Schließ- und Öffnungszustand des Daches ein Kofferraumdeckel o. dgl. gegen sie geschwenkt werden kann, ist dem Stand der Technik nicht zu entnehmen. Der Stand der Technik sieht auch nicht vor, für die Bewegung der Abdeckung sowohl die Antriebsorgane für die Bewegung des Daches als auch die für die Bewegung des Kofferraumdeckels vorzusehen. Es bleibt auch offen, wie die verschiedenartigen Antriebe in eine gemeinsame Konstruktion mit Bewegung der Abdeckung eingebunden werden könnten. Zu den beanspruchten Lösungen kann daher auch eine beliebige Zusammenschau der aus dem Stand der Technik bekannten Fahrzeugdächer den Fachmann nicht führen.

Die Gegenstände der geltenden Patentansprüche 1 und 4 sind daher patentfähig. Mit ihnen sind es die Gegenstände der auf sie zumindest mittelbar bezogenen Patentansprüche 2, 3 und 5 bis 11.

Bei dieser Sachlage erübrigen sich Erörterungen zum Hilfsantrag.

Bülskämper Friehe Reinhardt Dr. Höchst Ko






BPatG:
Beschluss v. 05.05.2008
Az: 9 W (pat) 360/04


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