Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 15. Juli 1998
Aktenzeichen: 17 W 248/98

(OLG Köln: Beschluss v. 15.07.1998, Az.: 17 W 248/98)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Beschluss vom 15. Juli 1998 entschieden, dass im Verfahren nach § 19 BRAGO vom Anwalt aus eigenen Mitteln verauslagte Gerichtskostenvorschüsse nicht gegen den Mandanten festgesetzt werden können. Die Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde vom Gericht zurückgewiesen. Die Begründung des Gerichts lautet, dass gemäß § 1 Abs. 1 BRAGO nur die in der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vorgesehenen und geregelten Gebühren und Auslagen zur gesetzlichen Vergütung gehören. Die vom Anwalt verauslagten Gerichtskosten sind jedoch keine davon umfassten Auslagen. Eine erweiternde Auslegung des § 19 BRAGO, die auch Aufwendungen anderer Art als Teil der gesetzlichen Vergütung betrachtet, wurde vom Gericht abgelehnt. Es betonte, dass nur die Teile der Vergütung, die sich aus dem Anwaltsgebührenrecht ergeben, der gesetzlichen Vergütung im Sinne der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte zugeordnet werden können.

Des Weiteren entschied das Gericht, dass die Vergütung des Anwalts, die ihm für die Tätigkeit im vorangegangenen Rechtsstreit für die Beteiligte zu 2) zusteht, nur gegen diese, nicht aber gegen die Beteiligten zu 3) und 4) festgesetzt werden kann. Nach § 19 BRAGO ist eine Festsetzung nur gegen den Auftraggeber des Anwalts möglich, und in diesem Fall war die Beteiligte zu 2) der Auftraggeber. Die persönlich haftenden Gesellschafter der Beteiligten zu 2) sind nur in ihrer Eigenschaft als vertretungsberechtigte Gesellschafter, nicht aber im eigenen Namen mit der Prozessführung beauftragt worden. Daher findet das vereinfachte Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 19 BRAGO nicht gegen sie statt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens beträgt im Verhältnis zu den Beteiligten zu 3) und 4) sowie für die Berechnung der Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens 5.305,14 DM und im Verhältnis zur Beteiligten zu 2) 2.190,24 DM.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Köln: Beschluss v. 15.07.1998, Az: 17 W 248/98


Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, nach der im Verfahren nach § 19 BRAGO vom Anwalt aus eigenen Mitteln verauslagte Gerichtskostenvorschüsse nicht gegen den Mandanten festgesetzt werden können.

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.

Gründe

Die Erinnerung gilt gemäß § 11 Abs. 2 RPflG aufgrund ihrer Vorlage an den Senat als sofortige Beschwerde; sie ist formell bedenkenfrei, in der Sache aber nicht begründet.

Die Rechtspflegerin hat es zutreffend abgelehnt, die von dem Beteiligten zu 1) als Prozeßbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) vorgelegten Gerichtskosten im Betrage von 2.190,24 DM in die Festsetzung der dem Beteiligten zu 1) gebührenden gesetzlichen Vergütung einzubeziehen. Der Senat hat von jeher die Auffassung vertreten und hält auch nach erneuter Prüfung daran fest, daß die Gerichtskosten, die der Rechtsanwalt für seine Partei verauslagt hat, einer Festsetzung im Verfahren nach § 19 BRAGO unzugänglich sind. Wegen der hierfür maßgeblichen Erwägungen wird auf den in Rechtspfleger 1993, 462 veröffentlichten Beschluß vom 24. Mai 1993 - 17 W 322/92 - Bezug genommen, in welchem der Senat seinen Rechtsstandpunkt erneut eingehend begründet und sich mit der unter anderem von der 19. Zivilkammer des Landgerichts Köln in ihrem Beschluß vom 18. Januar 1996 - 19 T 12/96 - vertretenen Gegenmeinung, auf die sich die Beschwerde stützt, im einzelnen auseinandergesetzt hat. Das Verfahren nach § 19 BRAGO ist auf die Festsetzung der gesetzlichen Vergütung beschränkt, die dem Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten, Beistand, Unterbevollmächtigten oder Verkehrsanwalt zusteht. Die gesetzliche Vergütung umfaßt jedoch nach § 1 Abs. 1 BRAGO ausschließlich die in der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vorgesehenen und geregelten Gebühren und Auslagen. Der festsetzbaren gesetzlichen Vergütung sind demnach lediglich die in den §§ 25 Abs. 3, 26 bis 28 BRAGO bezeichneten Auslagenersatzansprüche zuzurechnen. Die Gegenmeinung, die über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch Aufwendungen anderer Art, die der Anwalt auf Bitten oder im mutmaßlichen Einverständnis seines Auftraggebers macht, als Bestandteil der gesetzlichen Vergütung für festsetzbar hält (aus neuerer Zeit zum Beispiel OLG Nürnberg, Anwaltsblatt 1994, 423; OLG Köln - 25. Zivilsenat -, JurBüro 1991, 1063; Riedel/Sußbauer-Fraunholz, BRAGO, 17. Aufl., § 19 Rdnr. 12) erweitert den Anwendungsbereich des vereinfachten Festsetzungsverfahrens mit Erwägungen, die in der gesetzlichen Regelung keine Stütze finden und keine Handhabe bieten, den Begriff der gesetzlichen Vergütung in § 19 Abs. 1 BRAGO anders zu verstehen als er in § 1 Abs. 1 BRAGO definiert ist. Zu den Auslagen des Anwalts, die nach den Vorschriften der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte zu bemessen sind, gehören verauslagte Gerichtskosten nicht. Weder der Umstand, daß die Auslagenregelung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte keine Beschränkung eines weitergehenden materiellrechtlichen Aufwendungsersatzes darstellt, noch die Erwägung, daß auch die spezialgesetzlich geregelten Auslagen des Anwalts unter den Begriff der materiellrechtlich zu erstattenden Aufwendungen im Sinne der §§ 675, 670 BGB fallen und sich hinsichtlich ihres Anspruchsgrundes insoweit nicht von den vom Rechtsanwalt für seinen Mandanten vorgelegten Gerichtskosten unterscheiden, hilft über die gesetzliche Begrenzung des vereinfachten Festsetzungsverfahrens hinweg. Nur solche Teile der auf dem anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag beruhenden Vergütung, die sich aus dem Anwaltsgebührenrecht herleiten lassen, können der gesetzlichen Vergütung im Sinne der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte zugerechnet werden. Inwiefern für den materiellrechtlichen Aufwendungsersatzanspruch, soweit er anwaltlich verauslagte Gerichtskosten zum Gegenstand hat, etwas anderes gelten soll, zeigt die von der Beschwerde vertretene Gegenmeinung weder überzeugend noch gar zwingend auf. Der Hinweis von Lappe in seiner Anmerkung zum Senatsbeschluß vom 20. Mai 1985 - 17 W 188/85 -, Kostenrechtsprechung § 19 BRAGO Nr. 83 (nur Leitsatz), daß § 154 Abs. 2 KostO dem Notar ausdrücklich gestattet, etwa vorgelegte Gerichtskosten in seine Kostenberechnung aufzunehmen und sich zu ihr auch insoweit die Vollstreckungsklausel zu erteilen, gibt für eine erweiternde Auslegung des § 19 BRAGO nichts her. Das Fehlen einer entsprechenden Bestimmung im Anwaltsgebührenrecht spricht im Gegenteil eher für die vom Senat vertretene begriffliche Auffassung. Prozeßökonomische Erwägungen können zwar ausnahmsweise zur Berücksichtigung unstreitiger materiellrechtlicher Tatsachen in einem nicht zu ihrer Überprüfung bestimmten Festsetzungsverfahren führen. Über das Fehlen einer gesetzlichen Festsetzungsgrundlage helfen solche Gesichtspunkte jedoch nach der vom Senat auch sonst (zum Beispiel zur Frage der Zulässigkeit einer Rückfestsetzung, vgl. JurBüro 1988, 494) vertretenen Auffassung nicht hinweg. Für eine Festsetzung der vom Anwalt für seine Partei vorgelegten Gerichtskosten ist mithin kein Raum (wie hier aus neuerer Zeit zum Beispiel OLG Hamm, NJW-RR 1996, 763; OLG Karlsruhe, Rechtspfleger 1996, 83; OLG Koblenz MDR 1995, 104; OLG Karlsruhe, Rechtspfleger 1994, 341; KG MDR 1993, 483; OLG Frankfurt (4. Zivilsenat), JurBüro 1989, 1545; Gerold/Schmidtvon Eicken, BRAGO, 13. Aufl., § 19 Rdnr. 16 m.w.N.; Hartmann, Kostengesetze, 27. Aufl., § 19 BRAGO Rdnr. 6).

Die Rechtspflegerin hat auch insoweit zutreffend entschieden, als sie die Vergütung, die dem Beteiligten zu 1) aufgrund seiner im vorangegangenen Rechtsstreit für die Beteiligte zu 2) entfaltete Tätigkeit zusteht, nur gegen diese, nicht aber gegen die Beteiligten zu 3) und 4) festgesetzt hat. Anders als der frühere § 86 a RAGebO, der eine Festsetzung der Vergütung des Prozeßbevollmächtigten gegen den Zahlungspflichtigen zuließ, kommt nach § 19 BRAGO eine Festsetzung nur gegen den Auftraggeber des Anwalts in Betracht. Auftraggeber ist derjenige, der den Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Rechtsanwalt abgeschlossen hat und dessen Vertragspartner ist. Ist dem Anwalt der Prozeßauftrag von einer Personengesellschaft des Handelsrechts erteilt worden, so ist im allgemeinen nur sie Vertragspartner des Anwalts, so daß auch das Vergütungsfestsetzungsverfahren nur gegen sie betrieben werden kann. Gegen die persönlich haftenden Gesellschafter ist die Festsetzung der Vergütung, die dem Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten einer oHG oder einer KG zusteht, allenfalls dann zulässig, wenn diese den Anwalt zugleich im eigenen Namen beauftragt haben, für die von ihnen vertretene Gesellschaft tätig zu werden (vgl. hierzu die Nachweise aus der Rechtsprechung und aus dem Schrifttum bei Gerold/Schmidtvon Eicken, a.a.O., § 19, Rdnr. 12). Diese Voraussetzung ist hier indessen nicht gegeben. Der Beteiligte zu 1) hat im vorangegangenen Rechtsstreit nur die Beteiligte zu 2) anwaltlich vertreten. Schon die Tatsache, daß die Beteiligten zu 3) und 4) selbst nicht als weitere Prozeßparteien in den Rechtsstreit einbezogen waren, rechtfertigt ohne weiteres die Annahme, daß sie den Beteiligten zu 1) ausschließlich in ihrer Eigenschaft als vertretungsberechtigte Gesellschafter der Beteiligten zu 2), nicht aber im eigenen Namen mit der Prozeßführung beauftragt haben. Der Beteiligte zu 1) trägt denn auch nichts vor, was darauf schließen ließe, daß der Anwaltsvertrag zugleich auch mit den Beteiligten zu 3) und 4) zustandegekommen sein könnte; er verweist vielmehr auf § 128 Satz 1 HGB, wonach die Gesellschafter einer oHG für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft als Gesamtschuldner persönlich haften. Als lediglich Mithaftende sind die Gesellschafter der oHG jedoch nicht Auftraggeber des Anwalts. Gegen den Gesellschafter einer oHG findet daher das vereinfachte Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 19 BRAGO nicht statt (so auch Riedel-Sußbauer/Fraunholz, BRAGO, 7. Aufl., § 19 Rdnr. 3; OLG München, JV Bl. 1964, 104 = JurBüro 1964, 344; LAG Berlin, NJW 1971, 1056; a.A. KG, NJW 1970, 1612), so daß es auch insoweit bei dem angefochtenen Beschluß verbleiben muß.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Streitwert des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens: im Verhältnis zu den Beteiligten zu 3) und 4) und für die Berechnung der Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens: 5.305,14 DM,

im Verhältnis zu der Beteiligten zu 2): 2.190,24 DM.Fehler! Textmarke nicht definiert.






OLG Köln:
Beschluss v. 15.07.1998
Az: 17 W 248/98


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/8b6edbc616f6/OLG-Koeln_Beschluss_vom_15-Juli-1998_Az_17-W-248-98




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