Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Juli 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 122/06
(BPatG: Beschluss v. 25.07.2007, Az.: 26 W (pat) 122/06)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat mit seinem Beschluss vom 25. Juli 2007, Aktenzeichen 26 W (pat) 122/06, den Beschluss der Markenabteilung 3.2. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Oktober 2005 aufgehoben und das Verfahren an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen. Zudem wurde angeordnet, dass die Beschwerdegebühr erstattet wird.
Der Fall begann damit, dass die Widersprechende gegen die Eintragung der Marke 304 53 846 Widerspruch eingelegt hat. Die Markenstelle hat den Widerspruch aufgrund fehlender Warenähnlichkeit zurückgewiesen und die Kosten des Widerspruchsverfahrens der Widersprechenden auferlegt. Die Antragstellerin hat daraufhin die Kostenfestsetzung beantragt und verschiedene Positionen in ihrer Begründung aufgeführt, darunter Anwaltskosten, Kopien und Auslagen für Post- und Kommunikationsdienstleistungen.
Die Markenabteilung hat den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen, da er ihrer Meinung nach keine ordnungsgemäße Kostenberechnung enthielt. Die Antragstellerin hat daraufhin Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass ihre Auflistung der patentanwaltlichen Tätigkeiten und Gebühren eine ordnungsgemäße Kostenberechnung darstellt. Zudem war sie der Ansicht, dass die PatAnwGebO und nicht das RVG maßgeblich ist. Sie hat beantragt, den Kostenfestsetzungsbeschluss aufzuheben und die Kosten wie beantragt festzusetzen sowie die Erstattung der Beschwerdegebühr zu erhalten.
Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde für zulässig befunden und festgestellt, dass der Beschluss der Markenabteilung gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nach § 59 Abs. 2 MarkenG verstößt. Der betroffene Beteiligte muss sich zu den Umständen äußern können, die eine patentamtliche Entscheidung begründen. Zudem müssen die Verfahrensbeteiligten vorab über die Rechtsauffassungen des Deutschen Patent- und Markenamts informiert werden. Da die Markenabteilung die Antragstellerin nicht auf die angebliche Unzulässigkeit ihres Kostenfestsetzungsantrags hingewiesen hat, war das Verfahren zur erneuten Kostenfestsetzung zurückzuverweisen.
Der Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs und die Zurückverweisung rechtfertigen die Rückerstattung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 3 MarkenG.
Insgesamt hat das Bundespatentgericht also den Beschluss der Markenabteilung aufgehoben, das Verfahren zurückverwiesen und die Rückerstattung der Beschwerdegebühr angeordnet.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 25.07.2007, Az: 26 W (pat) 122/06
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.2. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Oktober 2005 aufgehoben und das Verfahren an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
Die Rückerstattung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Gründe
I Die Widersprechende hat am 23. März 2003 gegen die Eintragung der Marke 304 53 846 Widerspruch eingelegt aus ihrer Marke 870 057. Mit Beschluss vom 8. Mai 2006 hat die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch wegen Fehlens jeglicher Warenähnlichkeit zurückgewiesen und der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt. Mit Schreiben vom 31. August 2006 hat die Antragstellerin auf die Mitteilung vom 25. Juli 2006, dass der Beschluss der Markenstelle rechtskräftig sei, die Kostenfestsetzung beantragt. Dabei hat sie folgende Positionen geltend gemacht:
Vertretung im Widerspruchsverfahren, Prüfung und Übermittlung des Widerspruches, Beratung hierzu in englischer Sprache; Ausarbeitung und Einreichung eines Erwiderungsschriftsatzes 350,00 Euro Studium des Bescheids vom 30. November 2005 und des Schriftsatzes der Widersprechenden vom 24. November 2005 sowie dessen Anlagen, Bericht hierzu in englischer Sprache, Ausarbeitung und Einreichung einer Erwiderung 185,00 Euro 29 Blatt Kopien (gegnerischer Schriftsatz vom 24. November 2005 mit Anla- gen) 14,50 Euro Pauschale für Entgelte für Post- und Kommunikationsdienstleistungen (per Fax und Luftpost nach Chile) 20,00 Euro.
Die Markenabteilung 3.2. hat durch einen Kostenfestsetzungsbeamten des gehobenen Dienstes den Kostenfestsetzungsantrag mit Beschluss vom 5. Oktober 2006 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Antrag sei unzulässig, da er keine ordnungsgemäße Kostenberechnung (§ 103 Abs. 2 Satz 2 ZPO) enthalte. Die in Ansatz gebrachten Gebühren und Auslagen seien für die Kostenschuldnerin nicht nachvollziehbar; sie enthielten keinen Hinweis auf eine gesetzliche Grundlage und seien zudem hinsichtlich des fehlenden Gegenstandswerts unvollständig. Sie würden damit den Anforderungen des § 10 Abs. 2 RVG nicht gerecht.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie vertritt die Auffassung, eine ordnungsgemäße Kostenberechnung liege durch die Auflistung der patentanwaltlichen Tätigkeiten und die für diese Tätigkeiten fakturierten Gebühren vor. Für den Antrag auf Kostenfestsetzung sei nicht § 10 Abs. 2 RVG, sondern die PatAnwGebO maßgeblich. Eine analoge Anwendung des RVG komme nicht in Betracht, da die PatAnwGebO keine unbewusste Regelungslücke aufweise. Nach der PatAnwGebO A.3. würden Bearbeitungsgebühren wie Ausarbeitungen und Einreichung von Eingaben, Studium der Unterlagen etc. nach Mühewaltung berechnet; dabei könnten die abzurechnenden Leistungen in einem Posten zusammengefasst sein. Die Auslagen seien gemäß der PatAnwGebO A. 5. nach Grundgebühren und Bearbeitungskosten zusätzlich zu berechnen. Der angefochtene Beschluss beruhe auf einer nicht anzuwendenden Rechtsnorm und sei sachlich unrichtig, weshalb die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen sei. Die Antragstellerin habe außerdem vor dem Erlass der Entscheidung keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt, was ebenfalls die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertige.
Sie beantragt daher sinngemäß, den Kostenfestsetzungsbeschluss aufzuheben und die Kosten wie beantragt festzusetzen. Ferner beantragt sie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
II Die zulässige Beschwerde ist bereits insoweit begründet als der Beschluss der Markenabteilung 3.2. gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nach § 59 Abs. 2 MarkenG verstößt. Nach dieser Vorschrift darf eine patentamtliche Entscheidung nur auf Umstände gestützt werden, zu denen sich der betroffene Beteiligte vorher äußern konnte. Auch soweit es sich um Rechtsauffassungen des Deutschen Patent- und Markenamts handelt, sind die Verfahrensbeteiligten vorab hierüber zu unterrichten, auch wenn kein Anspruch auf vorherige Mitteilung der beabsichtigten rechtlichen Begründung im Einzelnen besteht. Vorliegend hätte die Markenabteilung die Antragstellerin auf die - angebliche - Unzulässigkeit des Kostenfestsetzungsantrags hinweisen müssen, um ihr Gelegenheit zu geben, ihren Antrag zu berichtigen bzw. ihre abweichende Rechtsauffassung vorzutragen. Da dies unterblieben ist, war das Verfahren gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG zur erneuten Kostenfestsetzung zurückzuverweisen.
Der vorliegende Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs durch das Deutsche Patent- und Markenamt und die damit verbundene Zurückverweisung rechtfertigen die Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 3 MarkenG (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 71 Rdnr. 32).
Dr. Fuchs-Wissemann Reker Kopacek Bb
BPatG:
Beschluss v. 25.07.2007
Az: 26 W (pat) 122/06
Link zum Urteil:
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