Amtsgericht Solingen:
Urteil vom 23. April 2009
Aktenzeichen: 11 C 402/06

(AG Solingen: Urteil v. 23.04.2009, Az.: 11 C 402/06)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In diesem Gerichtsverfahren ging es darum, ob dem Kläger Schadensersatz wegen eines Verstoßes gegen einen Verwaltervertrag zusteht. Der Kläger war Eigentümer einer Wohnung, die er vermietet hatte. Mit der Beklagten hatte er einen Verwaltervertrag abgeschlossen, der sie dazu verpflichtete, die Interessen des Klägers in Bezug auf die Vermietung wahrzunehmen. Bei der Rückgabe der Wohnung durch den Mieter wurde ein Abnahmeprotokoll erstellt, in dem der Zustand der Wohnung festgehalten wurde. Der Kläger war der Ansicht, dass die Wohnung renovierungsbedürftig sei und forderte den Mieter zunächst erfolglos zur Durchführung der Schönheitsreparaturen auf. Daraufhin klagte der Kläger auf Zahlung der Renovierungskosten. Das Gericht wies die Klage ab, da die Vereinbarung über die Renovierungsfristen unwirksam war und dem Kläger kein ersatzpflichtiger Schaden entstanden ist. Darüber hinaus konnte nicht festgestellt werden, dass der Kläger seine Schadensersatzansprüche gegen den Mieter erfolgreich hätte durchsetzen können. Daher wurde die Klage abgewiesen und der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

AG Solingen: Urteil v. 23.04.2009, Az: 11 C 402/06


Tenor

1. Nur zur Klarstellung wird ausgeführt, dass der Kläger die Klage wegen eines Teilbetrages in Höhe von € nebst Jahreszinsen daraus in Höhe von Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des Bürgerlichen Gesetzbuches zurückgenommen hat.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

4. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob dem Kläger Schadensersatz gebührt wegen einer der Beklagten vorgehaltenen Schlechterfüllung eines Verwaltervertrages anlässlich der Beendigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum.

Der Kläger ist seit Eigentümer einer im Erdgeschoss des Hauses in gelegenen Dreizimmerwohnung mit Nebengelassen, die aufgrund eines Mietvertrages vom an einen vermietet war.

Mit der Beklagten hatte der Kläger am einen auf diese Wohnung bezogenen Verwaltervertrag geschlossen, der die Beklagte unter anderem verpflichtete und berechtigte, "sämtliche Rechte des Klägers im Zusammenhang mit der Mietverwaltung gegenüber jedem wahrzunehmen", so auch jeglichen Schriftverkehr zu führen, ein Mieterkonto zu führen, Nebenkostenabrechnungen durchzuführen und (in Absprache mit dem Kläger) gegebenenfalls die Neuvermietung vorzunehmen.

In dem Mietvertrag (§ 8) hatte sich der Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen "...ab Mietbeginn in der Regel in Küchen, Bädern und Toiletten spätestens nach drei Jahren, in Wohnräumen, Schlafräumen, Dielen, Fluren, Treppenhäusern in Alleinbenutzung und in mitvermieteten gewerblichen oder freiberuflich genutzten Räumen spätestens nach fünf Jahren und in sonstigen Räumlichkeiten, wie Abstellräumen, innenliegenden Balkonflächen oder Kellerräumen, spätestens nach sieben Jahren zu tätigen", ferner (§ 12), die Räume ... zum Vertragsablauf "geräumt, sauber und in dem Zustand zurückzugeben, in dem sie sich bei regelmäßiger Vornahme der Schönheitsreparature ... befinden müssen" und gegebenenfalls "angelaufene Renovierungsintervalle - vgl. § 8 Ziff. 2 - ... zeitanteilig zu entschädigen"

Der Mietvertrag mit endete zum . Bei der Rückgabe der Wohnung am ließ sich der Kläger als Vermieter von der Beklagten vertreten, die diesen Termin wiederum durch ihren Mitarbeiter wahrnehmen ließ. Dieser und der Mieter unterzeichneten ein "Abnahmeprotokoll", ausweislich dessen bestätigt wurde, dass die Wohnung "nicht renoviert" sei, und es folgt unter der Überschrift "Bei der Wohnung wurden keine / folgende Mängel festgestellt: ..." eine Aufzählung aller Räumlichkeiten, jeweils mit dem handschriftlichen Vermerk "i.O.". Einzig bei der Küche findet sich daneben der Zusatz: "i.O. tapezieren".

Der Kläger hat gleichwohl aus dem vorgefundenen Zustand der Wohnung Renovierungsbedarf abgeleitet und mit Hinweis darauf, dass in allen Räumen die Tapeten unansehnlich, nämlich teilweise (nikotin-)vergilbt bzw. abgenutzt und teilweise verfleckt oder auch (bei Rauhfaser) lackiert seien und auch sämtliche Türblätter und -zargen entsprechend in Mitleidenschaft gezogen seien, den Mieter zunächst unter Fristsetzung erfolglos zur Durchführung der von ihm, dem Kläger, für notwendig erachteten Schönheitsreparaturen aufgefordert, alsdann von einem Fachhandwerker einen entsprechenden Kostenvoranschlag eingeholt und dem Beklagten auf dieser Grundlage unter Berücksichtigung der Mietdauer von fünf Jahren und acht Monaten die auf die jeweiligen Räume nach dem Vertrag jeweils unterschiedlich zeitanteilig entfallenden (demnächstigen) Renovierungskosten (netto) aufgegeben, wobei er dort auch hinsichtlich der Bodenflächen aufgeführte Arbeiten außer Ansatz gelassen und bei den Türen eine Vorteilsausgleichung "neu für alt" zu Gunsten des Mieters berücksichtigt hat. Der Kläger hat insoweit einen (anteiligen) Kostenaufwand von € als angemessen und ortsüblich vorgerechnet, von dem Mieter - erfolglos - Zahlung verlangt und diesen dann nach einem am eingeleiteten gerichtlichen Mahnverfahren zu Aktenzeichen 11 C 632/03 des Amtsgerichts Solingen auf Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen verklagt.

Er hat dort die Auffassung vertreten, das Abnahmeprotokoll vom bedeute allenfalls eine Freistellung des Mieters in Ansehung substantieller Mängel der Mietsache, nicht aber von irgendwelchen Ansprüchen wegen des Status unterbliebener oder gegebenenfalls vorgenommener, aber entsprechend zeitlich zurückliegender Schönheitsreparaturen und ihrer vertraglich vorgesehenen zeitanteiligen Abgeltung.

Das erkennende Gericht hat auf die mündliche Verhandlung vom mit am verkündeten, rechtskräftig gewordenen Urteil diese Klage bis auf einen die Küche betreffenden Teilbetrag von € nebst Zinsen auf Kosten des Klägers abgewiesen, im wesentlichen mit der Begründung, dass das von dem Mieter und dem Vertreter des Klägers gemeinsam erstellte und unterzeichnete Abnahmeprotokoll vom im übrigen zugunsten des Mieters wie ein negatives Schuldanerkenntnis im Sinne des § 397 Abs. (2) BGB wirke. Denn dort sei namens des Klägers eben ausdrücklich und nicht anders auslegungsfähig, zudem zusätzlich bekräftigt durch die nachfolgende Bezeichnung der Räume als "i.O.", bestätigt, dass er, der Kläger, die Wohnung im "mietvertraglich vereinbarten Zustand" zurückerhalten habe, ein Attest, das den Kläger unter den gegebenen Umständen auch dann binde, wenn der durch einen Lichtbildstatus überlieferte Zustand der Wohnung, dieser zugunsten des Klägers als richtig unterstellt, insoweit Fragen aufwerfen möge.

In seiner Entscheidung vom hat sich das erkennende Gericht auch mit dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 23. 6. 2004 (Az. VIII ZR 361/03, veröffentlicht u.a. NJW 2004, 2586) betreffend die Unwirksamkeit von vereinbarten "starren" Renovierungsfristen (dort behandelte Klausel: "...wenn erforderlich, mindestens aber in der nachstehenden Zeitfolge: ... Die Zeitfolge beträgt: bei Küche. Bad und Toilette - 2 Jahre, bei allen übrigen Räumen - 5 Jahre" ) auseinandergesetzt und dort allerdings die den Kläger begünstigende Auffassung vertreten, die Formulierung im vorliegenden Mietvertrag biete genügend Spielraum, für den Ausnahmefall von der Regel dennoch den Renovierungsbedarf zu verneinen, mit der Folge, dass das erkennende Gericht die vorliegende Klausel als grundsätzlich wirksam angesehen hat.

Vorliegend wirft der Kläger der Beklagten vor, ihr mit der Wohnungsabnahme befasster Mitarbeiter habe sich zuvor über den Mietvertrag, insbesondere über die darin mieterseits übernommenen Verpflichtungen, nicht informiert, so dass es zu einem (objektiv) unzutreffenden Abnahmeprotokoll gekommen sei, durch welchem wiederum ihm, dem Kläger, seine Schadensersatzansprüche gegen den Mieter abgeschnitten worden seien. Dies müsse sich die Beklagte zurechnen lassen, so dass sie nun ihrerseits den Kläger schadlos stellen müsse.

Zum Zustand der Wohnung wiederholt der Kläger seine Darstellung aus dem Vorprozess gegen seinen Mieter und führt ergänzend aus, dass die Räumlichkeiten auch ohne Rücksicht auf die Vergilbungen durch Tabakrauch renovierungsbedürftig gewesen seien.

Seinen im einzelnen aufgeschlüsselten Schaden beziffert der Kläger zum einen mit dem aus dem Kostenvoranschlag übernommenen (bereinigten) Renovierungsaufwand, abzüglich des ihm durch das Urteil vom zuerkannten Betrages ( € . / . € = ) €.

Zum anderen verlangt der Kläger Ersatz der Gerichtskosten und von Rechtsanwaltsvergütung, die ihn aus dem verlorenen Vorprozess gegen seinen Mieter belasten. Insoweit macht er die Rechtsanwaltsvergütung der in dem Vorprozess für ihn als Unterbevollmächtigte tätig gewesenen Rechtsanwaltskanzlei aus in Höhe von € geltend, ferner die ihm in gleicher Höhe angelastete und bezahlte, nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den dortigen Beklagten gemäß § 130 BRAGO auf die Staatskasse übergegangene Rechtsanwaltsvergütung für die obsiegende beklagte Partei und schließlich die im Vorprozess entstandenen und von ihm gezahlten Gerichtskosten in Höhe von €, zusammen €. Zu dem vorstehenden Betrag des ersetzt verlangten materiellen Schadens hinzugerechnet ergibt sich dann die Klage(haupt-)forderung. Soweit der Kläger an einer Stelle seines Vortrages (nämlich auf Seite der Anspruchsbegründung vom , Bl. GA) diese Verfahrenskosten auf "insgesamt €" beziffert hat, handelt es sich offenbar um einen bei der Übernahme des Rechenwerks aus seinem vorgerichtlichen Schreiben an die Beklagte vom (Anlage zur Anspruchsbegründung, Bl. GA) unterlaufenen Irrtum, der in die anschließende Aufschlüsselung und in den Klageantrag jedoch nicht eingegangen ist, gegenteilig noch in derselben Schrift richtig gestellt worden ist, vgl. S. , Bl. GA.

Der Kläger hält trotz möglicherweise unterdessen weiter ergangener und fortgeschriebener Rechtsprechung zur Frage der Wirksamkeit vereinbarter Klauseln über die Fälligkeit von Schönheitsreparaturen und hinsichtlich ihrer Folgen für die Qualifikation des Verhaltens einer mit der praktischen Umsetzung solcher Vereinbarungen beauftragten Wohnungsverwalterin dafür, dass diese Frage nach dem damaligen Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu beurteilen sei, und verweist insoweit auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 28. 9. 2000, Aktenzeichen IX ZR 6/99.

Nachdem die Beklagte vorgerichtlichen Zahlungsaufforderungen des Klägers auch nach Fristsetzung zum nicht nachgekommen ist, beantragt der Kläger, der im vorausgegangenen Mahnverfahren als Hauptforderung noch € verlangt hatte, seinen nachfolgenden Antrag jedoch wegen der Differenz und darauf entfallender Zinsen als (teilweise) Klagerücknahme behandelt wissen will, nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, € nebst Jahreszinsen daraus in Höhe von Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des Bürgerlichen Gesetzbuches seit dem zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie will Widersprüche bei der Schadensbeschreibung durch den Kläger erkennen und verweist darauf, dass Verfärbungen der Wanddekoration durch Tabakrauch als Folge vertragsgemäßen Gebrauchs gelten müssten.

Sie hält den hier formularmäßig vereinbarten Fristenturnus und die daraus ebenfalls formularmäßig abgeleitete Quotenabgeltungsklausel für unwirksam mit der rechtlichen Folge, dass der Mieter zunächst überhaupt nicht zu Schönheitsreparaturen verpflichtet gewesen sei, daher auch keine (anteilige) Abgeltung geschuldet habe und folglich dem Kläger unabhängig vom Inhalt des Übergabeprotokolls auch kein ersatzpflichtiger Schaden entstanden sei. Sie stützt sich auf das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 07. 10. 2004, Aktenzeichen 10 U 70/04, veröffentlicht u.a. in NJW RR 1, 2005, welches sich insoweit mit wortwörtlich derselben Klausel befasst, die auch vorliegend vereinbart worden ist.

Den Kostenvoranschlag des vom Kläger konsultierten Handwerkers bezeichnet die Beklagte als ein Gefälligkeitsangebot.

Erst recht könne der Kläger, wenn ihm denn schon grundsätzlich keine Schadensersatzansprüche gegen den Mieter zustehen würden, keine Entschädigung verlangen wegen des erfolglos gebliebenen Vorprozesses.

Wegen der übrigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und deren zu den Akten gelangten Anlagen Bezug genommen. Die Akte 11 C 632/03 des Amtsgerichts Solingen war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Hinsichtlich seiner Einschätzung der Wirksamkeit der hier mietvertraglich vereinbarten Fälligkeit von Schönheitsreparaturen - und deren vor dem Hintergrund unterdessen bekannt gewordener neuerer Rechtsprechung erfolgten Änderung - hat das Gericht unter dem rechtliche Hinweise erteilt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet, weil dem Kläger durch das Verhalten der Beklagten jedenfalls kein ersatzpflichtiger Schaden entstanden ist.

Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass am in seiner Wohnung Schönheitsreparaturen in dem von ihm geltend gemachten Umfang wohnungswirtschaftlich angebracht waren, dass deren Durchführung mit Kosten in Höhe der veranschlagten Summe einherging, dass die an Fristabläufe anknüpfende Quotierung sachlich zutraf und schließlich - und vor allem - dass die Beklagte durch die in der vorliegenden Form erfolgte Abfassung und Unterzeichnung des Übernahmeprotokolls vom

durch ihren Mitarbeiter ihre dem Kläger gegenüber bestehenden Pflichten aus dem Verwaltervertrag verletzt haben mag. Letzteres ist im übrigen der einzige Vorwurf, den der Kläger als aus seiner Sicht geeignete Grundlage einer Haftung der Beklagten in Betracht zieht; anderes ist auch nicht ersichtlich.

Allein gebührt dem Kläger insoweit kein Schadensersatz, weil ihm dadurch Schadensersatzansprüche gegen seinen Mieter nicht abgeschnitten worden sind. Denn hinausgehend über die im Urteil des Vorprozesses des Klägers gegen seinen Mieter vom überlieferten Gründe kann auch nicht mit der erforderlichen Gewissheit festgestellt werden, dass der Kläger seinerzeit gegebenenfalls solche Ansprüche gegen seinen Mieter gerichtlich hätte durchsetzen können, wenn das Übernahmeprotokoll vom nicht als negatives Schuldanerkenntnis angesehen würde:

Es entspricht dem ausdrücklichen Vortrag des Klägers und ist insoweit unstreitig, dass die mit Rücksicht auf den bei Rückgabe der Wohnung vorgefunden Zustand verlangten Beträge den anteiligen Aufwand der Schönheitsrenovierung darstellen und nicht etwa der Beseitigung von darüber hinaus gehenden Schäden an der Mietsache gelten. Für diese Sicht auch des Klägers spricht unter anderem gerade, dass er selbst insoweit die Quotenabgeltungsklausel anwendet, wofür im Falle begehrten Ersatzes für darüber hinausgehende materielle Schäden jedenfalls in dieser Form kein Anlass bestünde. Die Zustandsbeschreibung der Wohnung durch den Kläger besteht denn auch im wesentlichen in der Aufzählung eines "unansehnlichen", "unzumutbaren", teilweise "abgenutzten" und durch Einwirkung von Tabakrauch "vergilbten" und "verfleckten" Zustandes der Wand- bzw. Deckendekoration, teilweise auch einer lackierten Rauhfasertapete. Abgesehen davon, dass damit primär subjektive Einschätzungen überliefert werden, erscheinen diese ohne die Kenntnis weiterer hinreichend konkreter, jedoch nicht vorgetragener, Details samt und sonders als Folgen vertragsgemäßer Nutzung der Wohnung über einen Zeitraum von deutlich mehr als fünf Jahren.

Dass der Mietvertrag vom , der alsdann den Kläger mit seinem Mieter verband, weitestgehend aus (formularmäßig) vorformulierten Vertragsbedingungen im Sinne von § 1 Abs. (1) Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG), heute § 305 Abs. (1) Satz 1 BGB, besteht, bedarf vorliegend keiner weiteren Erörterung. Für Dauerschuldverhältnisse wie dieses gelten die §§ 305 ff. BGB seit dem 01. 01. 2003, vgl. Art. 229, § 5 Satz 2 EGBGB, und erfassen mithin auch die vor dem 01. 01. 2002 begründeten Verträge. Da altes und neues Recht insoweit durchweg inhaltsgleich sind, kann auch vorliegend offen bleiben, welches Recht anzuwenden ist.

Nach dem Mietvertrag schuldete der Mieter dem Kläger weder Schönheitsreparaturen noch deren quotenanteilige Abgeltung. Die hier vereinbarte Klausel war wortwörtlich entsprechender Teil eines Mietvertrages, der in einem anderen Rechtsstreit dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Beurteilung auch der hier streitigen Frage vorlag. Das erkennende Gericht schließt sich der in dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 07. 10. 2004 (Az.:10 U 70/04) vorgenommenen rechtlichen Bewertung in vollem Umfang an. Diese darf der Einfachheit halber nachfolgend zitiert werden, weil sie in ihrer Gedankenführung Punkt für Punkt auch auf das vorliegende Klauselwerk zutrifft:

"Die in dem Mietvertrag hinsichtlich der auf den Mieter abgewälzten Schönheitsreparaturen enthaltene Regelung ist gemäß § 307 Abs. (1) Satz 1 BGB bzw. § 9 Abs. (1) AGBG unwirksam, da diese Formularklausel den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Die beschriebene Fälligkeitsregelung ist dahingehend auszulegen, dass sie die - hier - unwirksame Vereinbarung unverbindlicher Renovierungsfristen enthält. AGB sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind (st. Rspr.; vgl. BGH, NJW 2004, 2586, ..., m. w. Nachw.). Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Fristenplan nicht lediglich als Richtlinie in dem Sinne zu verstehen, dass nach Fristablauf ein Anschein für die Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung spricht. Vielmehr Liegt im Sinne der Rechtsprechung des BGH (aaO.) eine unzulässige "starre" Fälligkeitsregelung vor. Nach dem Wortlaut der Klausel sind die Schönheitsreparaturen "in der Regel ... spätestens" nach dem dort aufgeführten Fristenplan auszuführen. Dies kann aus der Sicht eines verständigen Mieters nur die Bedeutung haben, dass er zur Ausführung der Renovierungsarbeiten in Küche, Bad und Toilette spätestens nach drei Jahren und in allen übrigen Räumen spätestens nach fünf bzw. sieben Jahren verpflichtet ist, auch wenn die gemieteten Räume nach ihrem tatsächlichen Erscheinungsbild noch nicht renovierungsbedürftig sind.

Die "starre" Fälligkeitsregelung ist gem. § 307 Abs. (1) Satz 1, Abs. (2) Nr. 1 BGB bzw. § 9 Abs. (1,2) Nr. 1 AGBG unwirksam, da sie dem Mieter ein Übermaß an Renovierungsverpflichtungen auferlegt. Eine unangemessene Benachteiligung ist gem. § 307 Abs. (2) Nr. 1 BGB bzw. § 9 Abs. (2) Nr. 1 AGBG im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Eine solche Abweichung, die gegen die Gebote von Treu und Glauben verstößt, liegt hier vor. Nach der gesetzlichen Regelung in § 535 Abs. (1) Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie währen der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Hierzu gehört auch die Pflicht zur Ausführung der Schönheitsreparaturen. Zwar kann der Vermieter diese Pflicht durch Vereinbarung - auch in AGB - auf den Mieter übertragen. Jedoch ist eine formularvertragliche Bestimmung, die den Mieter mit Renovierungsverpflichtungen belastet, die über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen, mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar. Sie würde dem Mieter eine höhere Instandhaltungsverpflichtung auferlegen, als der Vermieter dem Mieter ohne vertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen gem. § 535 Abs. (1) Satz 2 BGB schulden würde. Auch ist ein Interesse des Vermieters, den Mieter zur Renovierung der Wohnung zu verpflichten, obwohl ein Renovierungsbedarf tatsächlich noch nicht besteht, nicht schützenswert (BGH, aaO).

Anhaltspunkte für einen tatsächlich entstehenden Renovierungsbedarf in Wohnräumen bietet der in § 7 Fußnote 1 des vom Bundesministerium der Justiz herausgegebenen Mustermietvertrags 1976, Fassung I (Beilage zum BAnz Nr. 22/76, abgedr. bei Gelhaar, in: RGRK, 12. Aufl., Vorb. § 535 Rdnr. 87), enthaltene und in der Praxis anerkannte Fristenplan, wonach Schönheitsreparaturen im Allgemeinen in Küchen, Bädern und Duschen alle drei Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre und in anderen Nebenräumen alle sieben Jahre erforderlich sein werden. Hiervon weicht die vorliegende Klausel zum einen hinsichtlich der Frist für die Toilette und hinsichtlich der Einbeziehung von allein genutzten Treppenhäusern und Kellerräumen in den Kreis der auszuführenden Schönheitsreparaturen zum Nachteil des Mieters ab, zum anderen dadurch, dass der Fristenplan nicht lediglich für den Regelfall des "in der Regel" entstehenden Renovierungsbedarfs gelten soll, sondern die Renovierung ausnahmslos "spätestens" nach Ablauf der genannten Fristen vorschreibt. Hierin liegt eine unangemessene Benachteiligung des Mieters, weil die Räume einer Mietwohnung auch nach Ablauf der (... im ...) Mietervertrag angegebenen Fristen von drei bzw. fünf/sieben Jahren nicht zwangsläufig renovierungsbedürftig sein müssen. Hieran kann es insbesondere fehlen, wenn der Mieter die Wohnung oder einzelne Räume wenig nutzt, etwa im Fall einer längeren Abwesenheit, oder wenn er die Räume mit besonders "langlebigen" Tapeten oder Farben dekoriert hat (BGH, aaO.). Dem trägt die Klausel nicht hinreichend Rechnung, da sie im Einzelfall dazu führen kann, dass der Mieter Schönheitsreparaturen unabhängig vom tatsächlichen Renovierungsbedarf auszuführen hat.

Die Unwirksamkeit der Fristenbestimmung führt zur Unwirksamkeit auch der (... im ...) Mietvertrag enthaltenen Schönheitsreparaturverpflichtung. Ein Wegfall des Fristenplans hätte jedenfalls zur Folge, dass die Renovierungsvorschrift inhaltlich umgestaltet würde; denn der Fristenplan bildet mit der Überwälzung der Schönheitsreparaturen eine Einheit, indem er den Umfang der Renovierungsverpflichtung konkretisiert. Bliebe die Klausel nach Streichung der Worte "spätestens" bestehen, würde der Umfang der auf den Mieter übertragenen Renovierungsverpflichtung auf das gerade noch zulässige Maß zurückgeführt. Dies wäre jedoch eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der Formularklausel (BGH, aaO.)."

Diese Rechtsprechung ist soweit ersichtlich bislang weder vom Oberlandesgericht Düsseldorf selbst eingeschränkt oder aufgegeben noch von anderen Gerichten kritisiert worden.

Die dort wie nun auch hier vertretene Auffassung findet eine weitere Stütze darin, dass sich die auf den Wohnungszustand bezogene Schadensersatzforderung, die vorliegend Klagegegenstand ist, bereits rechnerisch (zwangsläufig) an bestimmten - nämlich an den im Mietvertrag vorgesehenen - "Spätestens"-Fristen orientieren muss. Der Rückgriff auf einen gleichsam "phasenmäßig verlängerten" Turnus wäre prognostisch schon denkgesetzlich gar nicht möglich, weil sich ein bestimmter Renovierungsbedarf - oder dessen Fehlen! - nur jeweils aktuell beurteilen lässt, nicht aber für die Zukunft. Das Gericht hatte dies in seinem Hinweisbeschluss vom bereits angedeutet und darauf aufmerksam gemacht, dass bei der Entscheidung des Ausgangsprozesses des Klägers gegen seinen Mieter die hier entscheidende Frage der Auslegung des § 8 Nr. 2 Abs. (4) des Mietvertrages vor dem Hintergrund der dort dominierenden Streitfrage einer Bestätigung eines bestimmten, vorgefundenen Zustandes als vertragsgemäß naturgemäß eine geringere Bedeutung zukam - und dies zudem nur für den dort zuerkannten (verhältnismäßig kleinen) Teil der Klageforderung.

Dass das erkennende Gericht im Vorprozess für diesen Punkt eine andere Rechtsauffassung verlautbart hat, steht der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen - ebenso wenig wie die Ausführungen des Klägers in seiner Schrift vom , Bl. GA.:

Rechtliche Würdigungen auch zurückliegender Sachverhalte sollen grundsätzlich dem aktuellen Stand der Rechtswissenschaft - und möglichst auch der einschlägigen Rechtsprechung - genügen; insoweit gibt es kein "Rückwirkungsverbot". Nicht maßgeblich ist insoweit vorliegend der Zeitpunkt des eigentlichen Vertragsverstoßes, der hier von der konkret zu betrachtenden Rechtsprechung bzw. ihrer Entwicklung gar nicht betroffen ist, sondern der Aspekt des Schadenseintritts und seiner Verknüpfung mit einer möglichen Vertragsverletzung. Das Gericht teilt die Auffassung des Klägers, dass es auf die Frage ankommt, ob dem Kläger ein von der jetzigen Beklagten zu ersetzender Schaden dadurch entstanden ist, dass gegebenenfalls infolge eines dem Vorprozess vorausgegangenen vertragswidrigen Fehlverhaltens der jetzigen Beklagten in diesem Vorprozess des Klägers gegen seinen Mieter eine jenem ungünstige Entscheidung getroffen wurde, und auch, dass dafür die damals (wie sich auch der Kläger selbst zutreffend zueigen macht: "zum Zeitpunkt der hypothetischen Entscheidung im Ausgangsverfahren", vgl. BGH, Az.: IX ZR 6/99, Urteil vom 28. 9. 2000) geltende Rechtsprechung zu betrachten ist.

Auch dann wäre der Kläger im Ergebnis voraussichtlich unterlegen:

Das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 07. 10. 2004 widerspricht in seiner rechtlichen Wertung dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 23. 6. 2004 nicht, sondern baut gerade sehr ausdrücklich darauf auf, schreibt diese lediglich fort und wendet sie auf eben die Klausel an, die auch hier vereinbart ist. Dem erkennenden Gericht konnte diese Entscheidung des Oberlandesgerichts zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung des Ausgangsprozesses - 22. 9. 2004 - nicht bekannt sein, und sie war ihm auch bei Urteilsverkündung am 14. 01. 2005 noch nicht bekannt. Das Urteil im Ausgangsprozess ist nicht mit Rechtsmitteln angegriffen worden. Im Ausgangsprozess hat der Kläger der jetzigen Beklagten auch nicht den Streit verkündet. Insoweit erscheint die Überlegung zwar müßig, wie eine zweite Instanz entschieden hätte, wenn sie die Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts, die zur Abweisung der Klage gegen den Mieter geführt hat, nicht geteilt hätte und sich dann mit der Frage der Wirksamkeit der hier vereinbarten Renovierungsregelung hätte auseinandersetzen müssen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass der dafür zuständigen Berufungskammer des Landgerichts Wuppertal zum hypothetischen Zeitpunkt ihrer Entscheidung das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 07. 10. 2004 bekannt gewesen wäre, und es spricht alles dafür, dass auch sie sich dieser rechtlichen Würdigung angeschlossen haben würde.

Dasselbe gilt für den Fall, dass sich der Kläger aus welchen Gründen auch immer entschlossen haben würde, sogleich gegen die Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits vorzugehen: Gleichgültig wie und aus welchen Gründen dieser Rechtsstreit in erster Instanz entschieden worden wäre, wäre das Urteil aller Voraussicht nach rechtsmittelfähig gewesen und hätte es nahegelegen, wenn die entsprechend unterlegene Partei - möglicherweise sogar beide - Berufung eingelegt hätte(n). Wiederum gilt, dass zum hypothetischen Zeitpunkt einer Entscheidung der Berufungskammer das erwähnte Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf voraussichtlich dort bekannt gewesen wäre - mit entsprechenden Folgen für die Rechtstellung des Klägers.

Danach ergibt sich, dass zu jedem hier in Betracht zu ziehenden Zeitpunkt die Durchsetzbarkeit allfälliger Schadensersatzansprüche des Klägers wegen unterbliebener Schönheitsrenovierungen oder von Ansprüchen auf eine quotenanteilige Abgeltung bereits aus Rechtsgründen in Frage stand und deswegen im Ergebnis mit einer Vertragsverletzung der Beklagten nicht in ursächlichen Zusammenhang gebracht werden kann.

Daraus folgt unmittelbar, dass dem Kläger auch nicht der Ersatz der mit dem verlorenen Ausgangsrechtsstreit gegen seinen Mieter entstandenen Kosten gebührt.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 718 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: €.






AG Solingen:
Urteil v. 23.04.2009
Az: 11 C 402/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/8c3d01e123d6/AG-Solingen_Urteil_vom_23-April-2009_Az_11-C-402-06




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