Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. März 2004
Aktenzeichen: 20 W (pat) 308/02

(BPatG: Beschluss v. 15.03.2004, Az.: 20 W (pat) 308/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 15. März 2004 (Aktenzeichen 20 W (pat) 308/02) entschieden, dass ein bestimmtes Patent mit bestimmten Einschränkungen aufrechterhalten wird. Die Einsprechenden hatten einen Antrag gestellt, das Patent zu widerrufen, während die Patentinhaberin beantragte, das Patent mit bestimmten geänderten Textunterlagen aufrechtzuerhalten. Das Gericht entschied, dass der Patentanspruch 1 des Patents zulässig beschränkt wurde und dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Es stellte fest, dass die angeführten Druckschriften keinen Hinweis darauf geben, dass die Mitteilung nur nach einem vom Teilnehmer an das Telekommunikationsnetz abgegebenen Aufforderungssignal zum Teilnehmer übertragen wird oder dass vor der Mitteilung eine separate Nachricht an den Teilnehmer gesendet wird, die Informationen über das Vorhandensein der Kurznachricht enthält. Das Gericht entschied außerdem, dass die anderen geltenden Patentansprüche ebenfalls bestandsfähig sind. Schließlich ordnete das Gericht die Rückerstattung der Einspruchsgebühr für die Einsprechende 2 an.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 15.03.2004, Az: 20 W (pat) 308/02


Tenor

Das Patent wird mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 11, Beschreibung Spalten 1 bis 9 mit 1 Blatt Einschub I, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, 1 Seite Zeichnungen (Figuren 1 - 3) wie Patentschrift.

Gründe

I Gegen das Patent 198 56 441 hat die Einsprechende 1 Einspruch erhoben. Die Einsprechende 2 ist dem Einspruchsverfahren beigetreten.

Die Einsprechenden 1 und 2 beantragen übereinstimmend, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 11. März 2004, eingegangen per Fax am 11. März 2004, die Teilung des Patents erklärt.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Textunterlagen aufrechtzuerhalten.

Patentanspruch 1 lautet:

"1. Verfahren zur Übertragung von Kurznachrichten (5) in einem Telekommunikationsnetz (10), insbesondere in einem Funktelekommunikationsnetz, wobei eine Mitteilung an einen Teilnehmer (60) des Telekommunikationsnetzes (10) in Abhängigkeit einer für den Teilnehmer (60) an das Telekommunikationsnetz (10) abgesetzten Kurznachricht (5) gesendet wird, wobei mit der Mitteilung Daten zum Teilnehmer (60) übertragen werden, die Informationen über den Aufbau und/oder den Inhalt der Kurznachricht (5) umfassen, und wobei vor der Mitteilung eine Nachricht an den Teilnehmer (60) gesendet wird, die Informationen über das Vorhandensein der an das Telekommunikationsnetz (10) abgesetzten Kurznachricht (5) umfaßt, mit den weiteren Merkmalen, daß die Mitteilung nur nach einem vom Teilnehmer (60) an das Telekommunikationsnetz (10) abgegebenen Aufforderungssignal zum Teilnehmer (60) übertragen wird, wobei die Mitteilung von der Kurznachricht (5) verschieden ist."

Zu den Ansprüchen 2 bis 11 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Einsprechenden verweisen zum Stand der Technik auf folgende Druckschriften:

(1) WO 98/34422 A2,

(2) WO 98/09463 A2,

(3) US 4 766 434,

(4)/ E8 WO 97/08906 A1,

(5) WO 95/12933 A1,

(6) EP 0 458 563 B1,

(7) Biala, J.: Mobilfunk und Intelligente Netze, Vieweg Verlag, 1995, Seiten 145-146,

(8) DE 197 21 127 A1,

(9) US 5 649 289, E11 Internet Message Access Protocol - Version 4 rev1 (IMAP4), RfC 2060, Dezember 1996, E12 Multipurpose Internet Mail Extensions (MIME) Part Two: Media Types, RfC 2046, November 1996, E13 Multipurpose Internet Mail Extensions (MIME) Part One: Format of Internet Message Bodies, RfC 2045, November 1996, und E14 Patel, A., Gaffney, K.: A technique for multinetwork access to multimedia messages. In: Computer Communications 1997, Heft 20, Seiten 324 bis 337.

Nach Auffassung der Einsprechenden beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber einem Stand der Technik, wie er insbesondere durch die Druckschriften (4) resp E8, (5), E11 und E14 belegt sei, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Das zB aus (4) als bekannt entnehmbare Verfahren ergänze der Fachmann ohne weiteres mit dem Senden einer Nachricht an einen Teilnehmer eines Telekommunikationsnetzes über das Vorhandensein einer an das Telekommunikationsnetz abgesetzten Kurznachricht, letzteres sei bereits aus dem Standard, betreffend einen Short Message Service (SMS), als bekannt entnehmbar, wie dies auch durch Druckschrift (5) belegt sei.

Die Patentinhaberin vertritt dagegen die Auffassung, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Aus dem genannten Stand der Technik sei keine Veranlassung für den Fachmann zu erkennen, zu einem Verfahren mit der im Patentanspruch 1 vorgesehenen Merkmalsgesamtheit zu gelangen. Zwar mag die Maßnahme, einen Teilnehmer eines Telekommunikationsnetzes darüber zu informieren, daß eine an das Telekommunikationsnetz abgesetzte Kurznachricht vorhanden sei, für sich genommen, aus dem Stand der Technik als bekannt entnehmbar gewesen sein. Für eine solche Maßnahme habe aber im Zusammenwirken mit den weiteren Merkmalen des Anspruchs 1 für den Fachmann keine Veranlassung bestanden.

II Der Einspruch führt zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents.

Der für die Frage der Patentfähigkeit zu berücksichtigende Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik, der über mehrjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der Übertragung von Nachrichten in Telekommunikationsnetzen verfügt.

1. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 11 sind zulässig.

Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist zulässig beschränkt worden. Anspruch 1 umfaßt die Merkmale der erteilten Ansprüche 1, 2 und 3, ergänzt durch das Merkmal, daß die Mitteilung von der Kurznachricht (5) verschieden ist. Letzteres ist als zu der beanspruchten Erfindung gehörend der Beschreibung der Streitpatentschrift und an entsprechender Stelle den ursprünglichen Unterlagen entnehmbar, vgl die Patentschrift DE 198 56 441 C2 Spalte 3 Zeilen 10 bis 25, resp den entsprechenden Abschnitt in der Offenlegungsschrift DE 198 56 441 A1 Spalte 3 Zeilen 6 bis 21. Die geltenden Ansprüche 2 bis 11 entsprechen den erteilten Ansprüchen 4 bis 13.

Die Merkmale der erteilten Ansprüche sind den ursprünglich eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehörend entnehmbar, vgl die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 bis 13 gemäß Offenlegungsschrift Spalte 9 Zeile 25 bis Spalte 10 Zeile 40.

2. Stand der Technik Aus der PCT-Schrift (4) resp E8, WO 97/08906 A1, ist ein Verfahren zur Übertragung von Kurznachrichten (email 10 aus dem Internet) in einem Telekommunikationsnetz als bekannt entnehmbar, bei dem eine Mitteilung an einen Teilnehmer des Telekommunikationsnetzes in Abhängigkeit einer für den Teilnehmer an das Telekommunikationsnetz abgesetzten Kurznachricht gesendet wird, wobei mit der Mitteilung Daten zum Teilnehmer übertragen werden, die Informationen über den Aufbau und/oder den Inhalt der Kurznachricht umfassen, vgl Abstract, Figur 1, Seite 2 Zeile 25 bis Seite 3 Zeile 27, Seite 12 Zeile 34 bis Seite 13 Zeile 32, Seite 19 Zeilen 3 bis 33. Der Kurznachricht (email, verstanden im weitesten Sinne, S 6 Z 17 - 20), die zunächst gespeichert wird in einem Host-Computer 11, 16, wird eine Mitteilung (SMS-Nachricht 50) zugeordnet, Seite 7 Zeilen 22 bis 37. Diese Mitteilung wird dann zu einem Teilnehmer eines Funktelekommunikationsnetzes (mobile station, MS unit 20) übertragen, Seite 12 Zeilen 34 bis 35. Die Mitteilung umfaßt die in (4) auf Seite 13 Zeilen 1 bis 28 dargestellten Informationen, unter Punkt a. einen "application prefix" mit einem "email agent" (dazu auch Fig 4 und S 12 Z 18-24), der die Mitteilung ua dahingehend kennzeichnet, daß sie eine Kurznachricht ankündigt (S 10 Z 29 bis S 11 Z 4). Weiter enthält die Mitteilung gemäß Punkt b. Informationen (notification 45) zum Sender der Kurznachricht, zur Anzahl und zur Art (zB Grafik) der Daten in der Kurznachricht und zur Größe der Kurznachricht. Unter Punkt c. schließlich finden sich ua Daten zum Herunterladen der Kurznachricht. Die Mitteilung wird beim Teilnehmer des Telekommunikationsnetzes (im Mobiltelefon 20) gespeichert, und dort werden auch die mit der Mitteilung übertragenen Informationen zur Kurznachricht gelesen, Seite 13 Zeilen 30 bis 32. Mit Hilfe einer im Mobiltelefon 20 befindlichen Anwendungssoftware 49 (S 13 Z 3-5) kann dann die Kurznachricht ua heruntergeladen oder auch gelöscht werden, dies kann auch automatisiert werden (S 9 Z 27 bis S 10 Z 9, S 14 Z 6 bis S 15 Z 4). Die aus (4) als bekannt entnehmbare Mitteilung (SMS-Nachricht 50), die von der Kurznachricht (email 10) verschieden ist, informiert also einerseits den Teilnehmer des Telekommunikationsnetzes über das Vorhandensein der an das Telekommunikationsnetz abgesetzten Kurznachricht und andererseits werden mit dieser Mitteilung zugleich Daten zum Teilnehmer übertragen, die Informationen über den Aufbau und/oder den Inhalt der Kurznachricht umfassen. Die Mitteilung einschließlich der Nachricht über das Vorhandensein der Kurznachricht wird zum Teilnehmer übertragen, ohne daß letzterer dazu ein Aufforderungssignal an das Telekommunikationsnetz abgibt. Eine - eigenständige - Nachricht über das Vorhandensein der Kurznachricht, die vor der von der Kurznachricht verschiedenen Mitteilung gesendet wird, ist somit in (4) nicht beschrieben, ebensowenig ein Aufforderungssignal des Teilnehmers, nach dem die Mitteilung zum Teilnehmer übertragen wird.

Die Druckschrift (5) ist mit Erweiterungen des Signalisierungssystems insbesondere für Kurznachrichten nach dem Short Message Service (SMS) in einem Funktelekommunikationsnetz befaßt, vgl Seite 1 Zeile 7 bis Seite 2 Zeile 25. Durch Ergänzungen im Übertragungsrahmen der Kurznachrichten, vgl die Figuren 2(a) bis 4(c), sollen zB verschiedene Zugriffsarten auf die Kurznachrichten, verzögerte und wählbare Zustellung, Dringlichkeitsmeldungen, größere Adressierungskapazitäten, oder eine Bestätigung durch den Empfänger ermöglicht werden (S 2 Z 14 - 25). Die Kurznachricht wird an den Teilnehmer (Mobiltelefon) übertragen und dort gespeichert, sobald das Mobiltelefon im System aktiv ist, Seite 6 1. Absatz. Falls das Mobiltelefon eingeschaltet ist, aber keine Gesprächsverbindung vorliegt, kann die Basisstation des Telekommunikationsnetzes dem Mobiltelefon ein Paging-Signal senden. Wenn die Basisstation auf dieses Paging-Signal eine Antwort erhält, sendet sie eine R-DATA-Nachricht an das Mobiltelefon. Bei einer vorliegenden Gesprächsverbindung wird ebenfalls eine R-DATA-Nachricht gesendet, Seite 7 Zeilen 5 bis 13. Die R-DATA-Nachricht enthält als Ergänzung zum üblichen SMS-Übertragungsrahmen eine SMS-Deliver-Anwendungs-Nachricht, vgl Figur 3(a) und Seite 7 Zeilen 14 bis 23, und ua auch die Kurznachricht selbst, vgl Figur 2(a) R-Data Unit iVm Seite 6 Zeilen 16 bis 23. Die empfangene Kurznachricht wird in Abhängigkeit des Inhalts der mitübertragenen SMS-Deliver-Anwendungs-Nachricht vom Mobiltelefon weiterbehandelt, bspw nach Eingabe eines Passworts zur Anzeige gebracht, Seite 7 Zeile 24 bis Seite 8 Zeile 27. Für die von einem Mobiltelefon gesendeten Kurznachrichten gelten die vorstehend geschilderten Abläufe in analoger Weise, vgl Seite 14 Z 24 ff. Eine von der Kurznachricht (SMS, insbesondere R-Data Unit, Fig 2(a)) verschiedene Mitteilung, mit der Daten zum Teilnehmer übertragen werden, die Informationen über den Aufbau und/oder den Inhalt der Kurznachricht umfassen, ist bei dem aus (5) als bekannt entnehmbaren Verfahren nicht vorgesehen.

Das Internet Message Access Protocol (IMAP) nach E11 erlaubt einem Endgerät (Client) den Zugriff und das Ändern von auf einem Server gespeicherten (Email-) Kurznachrichten, vgl Seite 1 Abstract 1. Absatz. Mittels IMAP überprüft der Nutzer vom Endgerät, ob neue Kurznachrichten auf dem Server vorhanden sind, des weiteren kann der Nutzer selektiv auf Kurznachrichten und auf deren Attribute, Texte und Teile zugreifen und Kurznachrichten löschen, Seite 1 Abstract 2. Absatz. Während einer Client-Server-Verbindung sendet der Server automatisch Update-Daten, zB den Inhalt einer Mailbox betreffend, an den Client, vgl Abschnitt 5.2. auf Seite 16, 1. Absatz. Mit einem FETCH-Befehl, beschrieben auf den Seiten 41 bis 44, können selektiv Teile von Kurznachrichten zum Teilnehmer übertragen werden, vgl dazu auch Seite 11 Abschnitt 2.4.. Eine Kurznachricht kann gemäß Seite 43 oben mehrere Teile umfassen, ein Header-Feld zeigt an, daß es sich um mehrere unterschiedliche Teile (multipart/mixed) handelt. Die Datenfelder (Body Parts) können zB Texte und Bilder beinhalten (Multimedia). Eine unabhängig von einer bestehenden Client-Server-Verbindung gesendete Nachricht über das Vorhandensein einer (Email-) Kurznachricht, die vor einer von der Kurznachricht verschiedenen Mitteilung gesendet wird, ist in E11 nicht beschrieben. Das Abfragen der Informationen über den Aufbau und/oder den Inhalt der Kurznachrichten wird ebenfalls im Rahmen einer Client-Server-Verbindung vorgenommen, ein vom Teilnehmer an das Telekommunikationsnetz abgegebenes Aufforderungssignal iSd Patentanspruchs 1, nach dem eine Mitteilung mit den vorgenannten Informationen zum Teilnehmer übertragen wird, ist nach E11 ebenfalls nicht vorgesehen.

Die Abhandlung E14 ist mit Netzwerk-Zugriffen auf Multimedia-Nachrichten befaßt, vgl Seite 324 Abstract und die Abschnitte 1. und 1.1., Seite 330 Figur 1. Unter dem Begriff Nachrichten werden E-mails, Voice Mails und Fax-Nachrichten subsummiert, die Netzwerk-Zugriffe können über Ethernet, Telefonnetz, ISDN und GSM erfolgen, gesteuert durch einen PMC (Personal Message Centre) Service Provider. Die Nachrichten enthalten verschiedene Medienformate, wie Text, Grafik, Audio, Video ua (S 330 Fig 1, S 327 liSp Spiegelpunkte unter Abschnitt 4.1.1., S 327 reSp Abschnitt 4.2. und 1. Spiegelpunkt unter Abschnitt 4.2.1.). Die Nachrichten unterscheiden sich in ihrer Struktur hinsichtlich verschiedener Header-Felder und Daten-Felder (body parts zB nach MIME (Multipurpose Internet Mail Extensions) - Standard) und werden strukturiert abgespeichert in einem CMMS (Common Multimedia Message Store) - Modul (vgl S 327 reSp le Spiegelpunkt bis S 328 liSp 1. Abs, S 330 reSp Abschnitt 5.1. bis S 331 liSp 5. Abs, S 334 liSp Abschnitt 5.7.). Die Multimedia-Daten können abhängig von den Multimedia-Fähigkeiten der Teilnehmer-Endgeräte übertragen werden (S 328 liSp Abschnitt 4.2.3., S 334 liSp Abschnitt 5.8. bis reSp 1. Abs). Mittels SMS kann ein Benutzer vorab über für ihn vorliegende Nachrichten informiert werden (Alerting, S 326 reSp Abschnitt 3. Unterpunkt 4., S 328 reSp Abschnitt 4.3.2., S 334 reSp Abschnitt 5.9.). Abhängig vom Inhalt der Nachrichten kann eine Vorab-Benachrichtigung der Benutzer gefiltert werden, zum Filtern werden ua der Sender und der Betreff einer Nachricht benutzt (S 328 reSp Abschnitt 4.3.3.bis S 329 liSp 1. Abs, S 334 reSp Abschnitt 5.10. bis S 335 liSp 1. Abs). Eine von der Kurzmitteilung verschiedene Mitteilung, die nur nach einem vom Teilnehmer an das Telekommunikationsnetz abgegebenen Aufforderungssignal zum Teilnehmer übertragen wird und mit der Daten zum Teilnehmer übertragen werden, die Informationen über den Aufbau und/oder den Inhalt der Kurznachricht umfassen, ist aus der E14 nicht zu entnehmen.

Die außerdem im Einspruchsverfahren genannten Druckschriften (1) bis (3), (6) bis (9), E12 und E13 haben in der mündlichen Verhandlung keine Rolle gespielt und bringen hinsichtlich der Beurteilung der Patentfähigkeit keine neuen Gesichtspunkte.

3. Neuheit Der zweifelsfrei gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruches 1 ist neu, denn keine der Entgegenhaltungen zeigt alle seine Merkmale, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen zum Stand der Technik ergibt.

4. Erfinderische Tätigkeit Der Gegenstand des Patentanspruches 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Es mag sein, daß der hier zuständige Fachmann, ausgehend von der sich ihm in der Praxis stellenden Aufgabe, ein Verfahren zur Übertragung von Kurznachrichten in einem Telekommunikationsnetz zu schaffen, bei dem der Teilnehmer nicht nur erfährt, daß eine Kurznachricht für ihn beim Netzbetreiber eingegangen ist, sondern vielmehr auch weitere Informationen über die Kurznachricht erhält, die eine Entscheidung darüber ermöglichen, ob die gesamte Kurznachricht oder nur Teile der Kurznachricht vom Netzbetreiber heruntergeladen werden sollen, in Betracht zieht, die aus (4) oder E11 bekannten Verfahren weiter zu optimieren, zB hinsichtlich ihres Bandbreitenbedarfs bei der Übertragung der Kurznachrichten oder auch hinsichtlich ihrer Nutzerfreundlichkeit.

Mit den aus den Druckschriften (4) oder E11 als bekannt entnehmbaren Verfahren werden - in Abhängigkeit einer für den Teilnehmer an das Telekommunikationsnetz abgesetzten Kurznachricht - mit einer Mitteilung, die von der Kurznachricht verschieden ist, zum Teilnehmer Daten übertragen, die Informationen über den Aufbau und/oder den Inhalt der Kurznachricht umfassen. Bei dem Verfahren nach der Druckschrift (4) wird bei Vorhandensein einer Kurznachricht (nach (4) eine email) als Mitteilung eine SMS-Nachricht gesendet, durch die - ohne daß der Teilnehmer etwas veranlassen müßte - der Teilnehmer auch gleich mit erfährt, daß eine Kurznachricht für ihn vorhanden ist. Der Teilnehmer braucht kein - zusätzliches - Aufforderungssignal zum Übertragen der Mitteilung nach Anspruch 1 abzugeben, nachdem er letztere bereits mit der SMS-Nachricht erhalten hat.

Gemäß dem Request for Comments E11 zum IMAP-Protokoll erfolgt die Mitteilung während einer Client-Server-Verbindung des Teilnehmers mit der Mailbox, in der Emails für den Teilnehmer gespeichert sind. Über den Inhalt der Mailbox - das Vorhandensein der an das Telekommunikationssystem abgesetzten Kurznachricht - wird der Teilnehmer ebenfalls im Rahmen der Client-Server-Verbindung informiert. Ein von der genannten Client-Server-Verbindung losgelöstes Aufforderungssignal, nach dem eine Mitteilung an den Teilnehmer übertragen wird, ist gemäß dem Verfahren nach E11 nicht vorgesehen. Allenfalls könnte der Aufbau einer Client-Server-Verbindung noch als Aufforderungssignal angesehen werden, allerdings nicht in der im Patentanspruch 1 beanspruchten Merkmalskombination, daß nur nach dem Aufforderungssignal die von der Kurznachricht verschiedene Mitteilung mit Informationen über den Aufbau und/oder den Inhalt der Kurznachricht zum Teilnehmer übertragen wird.

Keiner der beiden genannten Druckschriften (4) und E11 sind Hinweise darauf zu entnehmen, daß die Mitteilung nur nach einem vom Teilnehmer an das Telekommunikationsnetz abgegebenen Aufforderungssignal zum Teilnehmer übertragen wird, oder darauf, daß vor der Mitteilung eine - weitere, eigenständige - Nachricht an den Teilnehmer gesendet wird, die Informationen über das Vorhandensein der an das Telekommunikationsnetz abgesetzten Kurznachricht umfaßt. Für ein solches Aufforderungssignal und eine solche Nachricht über das Vorhandensein besteht bei den aus (4) oder E11 als bekannt entnehmbaren Verfahren auch keine Notwendigkeit. Möchte der Fachmann den Bandbreitenbedarf verringern, denkt er an eine Überprüfung des Informationsgehalts der Mitteilung, aber nicht an deren Replizierung in Form der beanspruchten Nachricht, wie die Einsprechenden meinen.

Zwar kennt der Fachmann aus der Druckschrift (5) und aus der Abhandlung E14 jeweils Nachrichten, die den Teilnehmer eines Telekommunikationsnetzes darüber informieren, daß eine an das Telekommunikationsnetz abgesetzte Kurznachricht vorhanden ist (vgl (5), Seite 5 1. Absatz und Seite 7 Zeilen 5 bis 13; E14, Alerting, insbesondere S 326 reSp Abschnitt 3. Unterpunkt 4.). Jedoch sind auch diesen beiden Druckschriften keine Hinweise zu entnehmen, die den Fachmann veranlassen könnten, eine solche Nachricht als eine zusätzliche eigenständige Nachricht bei den aus (4) oder E11 als bekannt entnehmbaren Verfahren in Anschlag zu bringen. Vielmehr gibt sich der Fachmann mit den in (4) oder E11 beschriebenen, ohne erkennbare Defizite gut funktionierenden Verfahren zufrieden, nachdem die aus (4) oder E11 als bekannt entnehmbaren Verfahren den Teilnehmer ohnehin im Rahmen der von der Kurznachricht verschiedenen Mitteilung auch über das Vorhandensein der an das Telekommunikationsnetz abgesetzten Kurznachricht informieren.

Auch ausgehend von den in (5) oder E14 beschriebenen Verfahren, mag der Fachmann sich vielleicht durch sein Streben nach einer sparsamen Nutzung von Resourcen oder auch nach Benutzerfreundlichkeit veranlaßt sehen, dem Teilnehmer des Telekommunikationsnetzes weitere Informationen über den Aufbau und/oder den Inhalt von Kurznachrichten zukommen zu lassen. Naheliegenderweise wird er dann jedoch die in (5) oder E14 vorhandenen Nachrichten mit weiteren Informationen anreichern und damit wiederum nur zu Verfahren gelangen, wie er sie aus (4) oder E11 ohnehin bereits kennt, aber nicht zu einem Verfahren gemäß Patentanspruch 1, bei dem drei voneinander verschiedene Nachrichten (Nachricht mit Informationen über das Vorhandensein einer Kurznachricht, Mitteilung mit Informationen über den Aufbau und/oder den Inhalt der Kurznachricht, die Kurznachricht selbst) abgestuften Inhalts beansprucht sind und außerdem die Mitteilung nur nach einem vom Teilnehmer an das Telekommunikationsnetz abgegebenen Aufforderungssignal übertragen wird. Dies eröffnet dem Benutzer, flexibel über das Übertragen weiterer, jeweils in der Regel umfangreicher Daten zu entscheiden.

5. Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 11 sind ebenfalls bestandsfähig. Sie betreffen über das Selbstverständliche hinausgehende Ausgestaltungen des Gegenstandes des Patentanspruchs 1.

6. Die - geänderte - Beschreibung genügt den an sie nach § 34 PatG zu stellenden Anforderungen.

7. Die Rückzahlung der Einspruchsgebühr für die Einsprechende 2 wird angeordnet.

Die Einsprechende 2 hat Anspruch auf Rückzahlung der für den Beitritt entrichteten Gebühr in Höhe von € ....-.

Die Gebühren des Amtes und des Bundespatentgerichts werden nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zum PatKostG erhoben. Danach ist gemäß Nr. 313600 eine Gebühr für das "Einspruchsverfahren (§ 59 Abs. 1 PatG)" zu entrichten. Für den Beitritt zum Einspruchsverfahren - geregelt in § 59 Abs. 2 PatG - ist demnach keine Gebühr zu zahlen. Diese Gebührenfreiheit für den Beitritt zum Einspruchsverfahren mag inkonsequent und überprüfungsbedürftig erscheinen (vgl Busse, PatG, 6. Auflage, § 59, Anm 36 und 109). Jedenfalls fehlt es derzeit an einem Gebührentatbestand für den Beitritt zum Einspruchsverfahren, so daß die von der Einsprechenden 2 entrichteten € ... ohne Rechtsgrund geleistet wurden und daher zu erstatten sind.

Dr. Anders Dr. Hartung Martens Dr. Zehendner Pr






BPatG:
Beschluss v. 15.03.2004
Az: 20 W (pat) 308/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/901d8e2c96db/BPatG_Beschluss_vom_15-Maerz-2004_Az_20-W-pat-308-02




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share