Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. März 2007
Aktenzeichen: 28 W (pat) 62/06
(BPatG: Beschluss v. 21.03.2007, Az.: 28 W (pat) 62/06)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 21. März 2007 entschieden, dass die Wortfolge "Get Energy" nicht als Marke eingetragen werden kann. Die Markenstelle hatte die Anmeldung bereits abgelehnt, da die Wortfolge im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren freihaltungsbedürftig und nicht unterscheidungskräftig sei. Die Anmelderin hatte daraufhin Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass für Werbeslogans keine strengeren Anforderungen gelten sollten als für andere Wortmarken. Außerdem berief sie sich auf bereits eingetragene deutsche Marken, die nach ihrer Meinung den gleichen Beurteilungsmaßstab haben sollten.
Das Bundespatentgericht folgte jedoch der Begründung der Markenstelle und wies die Beschwerde zurück. Es stellte fest, dass die Wortfolge "Get Energy" im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren keine Unterscheidungskraft habe. Das Verb "to get" und das Substantiv "energy" seien allgemein verständliche Begriffe im englischen Grundwortschatz und würden im Zusammenhang mit Lebensmitteln lediglich als werbeübliche Kaufaufforderung verstanden. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass die Wortfolge auch als Herkunftszeichen wahrgenommen werde.
Die Frage nach einer möglichen Freihaltungsbedürftigkeit von "Get Energy" sei somit nicht relevant. Auch könne die Anmelderin keine Ansprüche aus eingetragenen ähnlichen Marken ableiten. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke sei eine reine Rechtsfrage und Voreintragungen würden nicht zu einer Selbstbindung der Behörden führen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 21.03.2007, Az: 28 W (pat) 62/06
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortfolge GET ENERGY ist für die Eintragung in das Register angemeldet worden für die folgenden Waren:
"Klasse 29: Milch und Milchprodukte; Butter und Butterzubereitungen; Käse und Käsezubereitungen; Brotaufstriche oder Brotauflagen; Erzeugnisse auf Milch- und Joghurtbasis; Milchgetränke mit überwiegendem Milchanteil, Milchgetränke auf Molkebasis, jeweils mit oder ohne Hinzufügung von Frucht, Sirup: Speiseöle und -fette; Sojazubereitungen (soweit in Klasse 29 enthalten); Joghurt, Desserts und ähnliche Speisen, auch in Pulverform; Suppen; Molken-, Milchzucker-, Frucht- und Eiweißkonzentrate für die Nahrungsmittelindustrie; Fruchtsoßen; Marmeladen; Konfitüren; Kompotte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst; Gallerten (Gelees);
Klasse 30: Mayonaisen; Soßen, einschließlich Salatsoßen und Dips; Würzsoßen, Würzmittel, Würzzubereitungen; Sojazubereitungen (soweit in Klasse 30 enthalten); alle vorbenannten Waren auch in Pulverform; Kakao; Schokolade; Schokoladenerzeugnisse, auch in Pulverform; Schokoladengetränke; Brot und Backwaren, auch in bestrichener und belegter Form; feine Backwaren und Konditorwaren; Speiseeis, Speiseeispulver; Speisesalze; natürliche Süßstoffe; Zuckerwaren;
Klasse 32: Alkoholfreie Getränke mit geringem Gehalt an Milch und Milchbestandteilen; Molkegetränke mit oder ohne Hinzufügung von Frucht und Sirup; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken".
Die Markenstelle für Klasse 29 hat die Anmeldung zurückgewiesen mit der Begründung, dass die Wortfolge im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren freihaltungsbedürftig und nicht unterscheidungskräftig sei.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter. Sie hält die Wortfolge "Get Energy" für schutzfähig, weil für die Unterscheidungskraft von Werbeslogans keine strengeren Anforderungen als für andere Wortmarken bestünden. So seien Anmeldungen, die aus bekannten Werbeschlagworten, Qualitätshinweisen oder Kaufaufforderungen bestehen, nicht von vornherein von der Eintragung ausgeschlossen. Es käme vielmehr darauf an, ob die jeweilige Wortfolge für die konkret beanspruchten Waren aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft hat. Das träfe auf "Get Energy" zu, weil es den Verkehr im Unklaren darüber lasse, auf welche Waren sich die darin enthaltene Aussage beziehe bzw. ob diese Aussage überhaupt einen Warenbezug habe. Im Übrigen handle es sich um eine kurze Wortfolge, die dadurch besonders einprägsam sein, weil sie sich als Imperativ direkt an die potentiellen Käufer wende.
Außerdem beruft sich die Anmelderin auf eine Reihe eingetragener deutscher Marken und meint, an diesen Eintragungen würde ein bestimmter Beurteilungsmaßstab des Deutschen Patent- und Markenamts deutlich, nach dem auch "Get Energy" eingetragen werden müsste. Im Interesse der Einheitlichkeit der Bewertungsmaßstäbe müsse dieser Maßstab auch im gerichtlichen Beschwerdeverfahren berücksichtigt werden.
Die Anmelderin beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle für Klasse 29 vom 15. Mai 2006 aufzuheben.
Zu den weiteren Einzelheiten, auch des Sachvortrages der Anmelderin, wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verfahrensakten.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg; denn auch nach Auffassung des Senats ist die Wortfolge "Get Energy" nicht schutzfähig, weil ihr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren bereits jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Diese Entscheidung kann im schriftlichen Verfahren ergehen. Das Patentgericht entscheidet über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung, § 69 MarkenG. Eine mündliche Verhandlung ist lediglich vorgeschrieben, wenn einer der Beteiligten sie beantragt, Beweis erhoben werden soll oder wenn das Patentgericht eine solche für sachdienlich hält. Einen entsprechenden Antrag hat die anwaltlich vertretene Anmelderin nicht gestellt. Besondere Gründe, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus sachlichen Gründen erforderlich machten, liegen nicht vor. Die Anmelderin hatte daher zu gewärtigen, dass das Beschwerdegericht ohne mündliche Verhandlung entscheidet. Das Gericht ist bei seiner Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren nicht an einen bestimmten Termin gebunden. Die Parteien können deshalb nicht darauf vertrauen, dass das Gericht sie über einen Termin zur Beschlussfassung unterrichtet. Das Gebot zur Wahrung des rechtlichen Gehörs gebietet lediglich, dass für die Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit besteht, sich in eigener Sache zu äußern. Eine solche Stellungnahme hat die Anmelderin mit ihrer Beschwerdebegründung vom 19. Oktober 2006 abgegeben.
Die Wortfolge "Get Energy" erschöpft sich im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren, bei denen es sich ausnahmslos um Lebensmittel handelt, in einer allgemein verständlichen werbeüblichen Kaufaufforderung, die nicht als Herkunftszeichen in Erscheinung tritt und deswegen i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht unterscheidungskräftig ist.
Das englische Verb "to get" und das englische Substantiv "energy" gehören zum englischen Grundwortschatz (vgl. Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, bearbeitet von Erich Weis, Ernst Klett Verlag, 1. Auflage 1977 und 2005, Seiten 40 und 49), in der angemeldeten Verbindung "get energy" bedeuten sie "verschaff' Dir Energie" bzw. "verschaffen Sie sich Energie" und sind in diesem Sinne für die angesprochenen weitesten Verkehrskreise ohne weiteres verständlich. Das wird auch von der Anmelderin nicht bestritten.
Der angesprochene Verkehr wird die Wortfolge "Get energy" ausschließlich als werbeübliche Aufforderung verstehen, die unter dieser Wortfolge angebotenen Lebensmittel und Getränke zu kaufen, zumal diese vorwiegend den Zweck verfolgen, den Menschen mit physiologischer Energie zu versorgen. Welche Bedeutung das Energiepotential von Lebensmitteln hat, wird auch daran deutlich, dass viele Produzenten verpackter Lebensmittel und der für die vorliegende Anmeldung beanspruchten Getränke seit langem dazu übergegangen sind, regelmäßig den Brennwert des jeweiligen Produkts in Kalorien oder Joule auf der Verpackung bzw. auf der Getränkeflasche oder -dose anzugeben. Anhaltspunkte dafür, dass die Wortfolge "Get Energy" im Zusammenhang mit den beanspruchten Lebensmitteln darüber hinaus auch als Herkunftszeichen wahrgenommen werden könnte, sind nicht ersichtlich, zumal der Verkehr - wie die Anmelderin vorgetragen hat - an die Vermarktung von Lebensmitteln mit englischen Slogans gewöhnt ist. Warum der Verkehr - wie die Anmelderin meint - im Unklaren bleiben soll, worauf sich die Aufforderung "Get Energy" bezieht, ist für den Senat nicht nachvollziehbar, weil die angemeldete Marke bei markenmäßiger Benutzung regelmäßig direkt auf der Verpackung der beanspruchten Waren erscheinen und deswegen in allererster Linie darauf bezogen werden wird. Selbst wenn man - wie die Anmelderin - meint, dass die angemeldete Wortfolge auch als Herkunftszeichen wirkt, so muss angesichts der getroffenen Feststellungen davon ausgegangen werden, dass eine solche Herkunftsfunktion regelmäßig hinter der Funktion als werbeüblicher Kaufaufforderung zurücktritt. Das reicht für die Begründung der Unterscheidungskraft jedoch nicht aus. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muss aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers die maßgebliche Herkunftsfunktion einer Marke im Vordergrund stehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 (Nr. 35) - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; vgl. auch BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2001, 1047, 1049 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER).
Angesichts der fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Wortfolge kommt es auf die Frage nach einer möglichen Freihaltungsbedürftigkeit von "Get Energy" i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht mehr an.
Aus der Eintragung anderer, möglicherweise ähnlicher deutsche Marken lässt sich kein Anspruch der Anmelderin auf Registrierung ableiten. Die deutsche Rechtsprechung geht von jeher davon aus, dass Voreintragungen - selbst identischer Marken - weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung zu befinden haben (vgl. z. B BGH BlPMZ 1998, 248 - Today; BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS und zuletzt BPatG MarkenR 2007, 88 ff. - Papaya). Denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Im Recht der Europäischen Gemeinschaft (Markenrichtlinie, GMV) gilt im Übrigen nichts Anderes, wie der Europäische Gerichtshof in den letzten Jahren mehrfach festgestellt hat (vgl. z. B. GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel).
BPatG:
Beschluss v. 21.03.2007
Az: 28 W (pat) 62/06
Link zum Urteil:
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