Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Mai 2010
Aktenzeichen: 2 Ni 28/08

(BPatG: Beschluss v. 19.05.2010, Az.: 2 Ni 28/08)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 19. Mai 2010 (Aktenzeichen 2 Ni 28/08) eine Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Nichtigkeitsbeklagte. Der Wert des Gegenstands des Erinnerungsverfahrens beträgt Euro 13.368,00.

In dem Fall war die Beklagte und Erinnerungsführerin Inhaberin eines Patents, gegen das die Klägerin Nichtigkeitsklage erhoben hatte. Die Klägerin setzte den Streitwert vorläufig auf Euro 1.000.000 fest und zahlte Gerichtsgebühren in Höhe von Euro 20.052,00. Die Beklagte widersprach der Klage zunächst, erklärte dann aber später ihren Verzicht und erkannte den Klageantrag an. Aufgrund einer Erklärung der Klägerin wurde der Streitwert auf Euro 1.000.000,00 festgesetzt.

Die Rechtspflegerin setzte mit einem Kostenfestsetzungsbeschluss die von der Beklagten zu erstattenden Kosten auf insgesamt Euro 25.951,55 fest, darunter auch die von der Klägerin gezahlten Gerichtsgebühren. Die Beklagte legte dagegen Erinnerung ein und argumentierte, dass aufgrund der vorzeitigen Beendigung des Verfahrens die Gerichtsgebühren auf den 1,5-fachen Satz reduziert werden müssten.

Das Bundespatentgericht wies die Erinnerung zurück. Die Gerichtsgebühren in Höhe von Euro 20.052,00 wurden zu Recht festgesetzt. Gemäß § 84 Abs. 2 PatG und § 91 ZPO hat die Beklagte als Unterlegene die Kosten des Verfahrens zu tragen. Ein sofortiges Anerkenntnis, das eine Reduzierung der Gebühren auf den 1,5-fachen Satz ermöglichen würde, lag nicht vor. Zudem ist im Patentnichtigkeitsverfahren ein Anerkenntnisurteil nicht zulässig.

Die Beklagte muss somit die von der Klägerin gezahlten Gerichtsgebühren in Höhe von Euro 20.052,00 erstatten.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 19.05.2010, Az: 2 Ni 28/08


Tenor

1. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

2.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Nichtigkeitsbeklagte.

3.

Der Wert des Gegenstands des Erinnerungsverfahrens beträgt Euro 13.368,00.

Gründe

I.

Die Beklagte und Erinnerungsführerin war eingetragene Inhaberin des Patents DE ... (Streitpatent), gegen das die Klägerin am 8. August 2008 Nichtigkeitsklage erhoben hatte. Ausweislich der Klageschrift hatte die Klägerin einen vorläufigen Streitwert von Euro 1.000.000 angesetzt und Gerichtsgebühren in Höhe von Euro 20.052,00 (4,5-facher Satz) durch Erteilung einer entsprechenden Abbuchungsermächtigung entrichtet. Die Beklagte hatte der Nichtigkeitsklage zunächst mit Schriftsatz vom 9. September 2008 uneingeschränkt widersprochen, mit Schriftsatz vom 22. Juli 2009 dem erkennenden Senat jedoch mitgeteilt: "Anbei der gegenüber dem DPMA erklärte Verzicht sowie der verbindliche Verzicht auf eine Geltendmachung auch für die Vergangenheit.....und erklärt die Beklagte das Anerkenntnis des Klageantrags....Es wird beantragt, die Verhandlung aufzuheben oder zumindest zu vertagen....Zudem wird beantragt, das Verfahren in der Hauptsache für erledigt zu erklären."

Nach Eingang der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 30. Juli 2009 eingereichten Erledigungserklärung hat der Senat mit Beschluss vom 30. November 2009 der Beklagten die Kosten des Verfahrens gemäß § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 ZPO auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf Euro 1.000.000,00 festgesetzt.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19. Mai 2010, der Erinnerungsführerin zugestellt am 31. Mai 2010, hat die Rechtspflegerin die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf insgesamt 25.951,55 Euro festgesetzt. Enthalten sind in dem Betrag u. a. die von der Klägerin verauslagten Gerichtsgebühren in Höhe von Euro 20.052,00.

Hiergegen hat die Beklagte am 9. Juni 2010 Erinnerung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Gerichtsgebühren seien zu Unrecht mit dem 4,5-fachen Gebührensatz, der bei Erhebung der Nichtigkeitsklage zu zahlen gewesen sei, in Ansatz gebracht worden. Anstelle eines Beschlusses über die Erledigung in der Hauptsache habe ein Anerkenntnisurteil ergehen können und auch müssen mit der Folge, dass nach § 9 PatKostG und Nr 402 110 b) PatKostG wegen der vorzeitigen Beendigung der Sache die Gerichtsgebühren auf den 1,5-fachen Gebührensatz reduziert und lediglich Gerichtsgebühren in Höhe von Euro 6.684,00 festzusetzen seien. Die überzahlten Gerichtsgebühren seien an die Nichtigkeitsklägerin zurückzuerstatten.

Die Beklagte beantragt sinngemäß, den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19. Mai 2010 aufzuheben und die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf Euro 12.583,55 festzusetzen.

Wegen des weiteren Sachund Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

II.

Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet (§§ 84 Abs. 2 PatG, 104 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 23 Abs. 2 Satz 1 und 2 RpflG).

Die Rechtspflegerin hat die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten zutreffend auf Euro 25.951,55 festgesetzt. Insbesondere sind Gerichtsgebühren in Höhe von 20.052,00 Euro zu recht in Ansatz gebracht worden.

Rechtsgrundlage für die Entscheidung über die Kosten des Nichtigkeitsverfahrens ist § 84 Abs. 2 PatG, wonach die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kosten entsprechend anzuwenden sind. Hinsichtlich Grundsatz und Umfang der Kostentragungspflicht verweist § 84 Abs. 2 PatG auf §§ 91 ff. ZPO.

Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren.

Durch den Verzicht auf das Patent hat sich die Beklagte, wie der Senat in seinem Beschluss vom 30. November 2009 entschieden hat, in die Rolle des Unterlegenen begeben, so dass sie die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 ZPO zu tragen hat. Ein Fall des § 93 ZPO, wonach die Kosten dem Kläger aufzuerlegen sind, wenn der Beklagte durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat, lag ersichtlich nicht vor. Der Wortlaut dieser Vorschrift erfordert ein sofortiges Anerkenntnis. Daran fehlt es hier. Die Beklagte hat erst ca. ein Jahr nach Erhebung der Nichtigkeitsklage und nach ausführlichem Schriftwechsel zwischen den Parteien auf ihr Patent verzichtet (vgl. hierzu bereits BGH GRUR 1961, 278 -Lampengehäuse-).

Die nach § 84 Abs 2 PatG i. V. m. § 91 ZPO zu erstattenden notwendigen Kosten des Rechtsstreits sind u. a. die von der Klägerin mit Erhebung der Nichtigkeitsklage nach § 81 PatG zu zahlenden und von der Klägerin mithin bereits entrichteten Gerichtsgebühren in Höhe von Euro 20.052,00.

Gerichtsgebühren werden nach § 2 Abs. 1 PatKostG nach dem Gebührenverzeichnis zu § 2 PatKostG erhoben. Die Gebühren für Klagen vor dem Bundespatentgericht richten sich nach dem Streitwert (§ 2 Satz 2 PatKostG); die Höhe der jeweiligen Gebühr richtet sich nach § 34 des Gerichtskostengesetzes (§ 2 Satz 3 PatKostG). Gemäß Nr. 402 100 der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG ist für die Erhebung einer Nichtigkeitsklage nach § 81 PatG von einem Gebührensatz von 4,5 auszugehen.

Nachdem der erkennende Senat mit Beschluss vom 30. November 2009 den Streitwert auf 1.000.000 Euro festgesetzt hatte, beträgt eine Gerichtsgebühr mithin Euro 4.456,00. Bei einem Gebührensatz von 4,5 ergeben sich demnach Euro 20.052,00. Diesen Betrag hat die Nichtigkeitsklägerin durch Erteilen einer Abbuchungsermächtigung ausweislich ihrer Klageschrift vom 7. August 2008 entrichtet, da sie von einem vorläufigen Streitwert von 1.000.000. Euro ausgegangen ist. Eben dieser Betrag ist der Nichtigkeitsklägerin von der unterlegenen Beklagten zu erstatten.

Der Gebührensatz von 4,5 war auch nicht auf einen 1,5-fachen Gebührensatz zu reduzieren.

Die Parteien hatten den Rechtsstreit eindeutig übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Ausweislich der Nr. 402 110 ermäßigt sich bei einer Erledigungserklärung die Gerichtsgebühr gerade nicht. Eine Ermäßigung auf 1,5 ist lediglich bei einer Klagerücknahme oder einem Vergleich möglich, wenn nicht bereits ein Urteil ergangen ist. Klagerücknahme oder Vergleich liegen indes ersichtlich nicht vor.

Entgegen der Auffassung der Beklagten war auf ihren Schriftsatz vom 22. Juli 2009 auch nicht durch Anerkenntnisurteil gemäß § 307 ZPO zu entscheiden. Ein solches ist im Patentnichtigkeitsverfahren gerade nicht gegeben (vgl. Kühnen in: Schulte, Patentgesetz, 8. Auflage, 2008, § 84 Rdnr. 43; Rogge in: Benkard, Patentgesetz, 10. Auflage, 2006, § 81 Rdnr. 1; BGH GRUR 2004, 138 -Dynamisches Mikrofon). Ein Anerkenntnisurteil im Sinne des § 307 ZPO ist nur im Zwangslizenzverfahren zulässig (Rogge a. a. O.).

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BPatG:
Beschluss v. 19.05.2010
Az: 2 Ni 28/08


Link zum Urteil:
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