Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Juni 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 126/02
(BPatG: Beschluss v. 24.06.2003, Az.: 24 W (pat) 126/02)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in dem Beschluss vom 24. Juni 2003 (Aktenzeichen 24 W (pat) 126/02) entschieden, dass die Beschwerde des Anmelders zurückgewiesen wird. Der Anmelder hatte die Wortmarke "surf24" für verschiedene Internetdienstleistungen und Druckerzeugnisse angemeldet. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft abgelehnt.
Das Gericht stimmte der Entscheidung der Markenstelle zu und erklärte, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft besitzt. Das Wort "Surf" werde im Zusammenhang mit Internetdienstleistungen häufig verwendet und die Zahl "24" stehe für ein Angebot, das rund um die Uhr verfügbar ist. Zusammen ergibt die angemeldete Marke also lediglich die Bedeutung "24 Stunden im Internet surfen". Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es sich hierbei um eine rein sachliche Angabe handelt und die Marke daher nicht dazu geeignet ist, die Waren und Dienstleistungen des Anmelders von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.
Das Gericht wies auch darauf hin, dass die Verwendung der Marke im Internet keinen Hinweis auf ihre Schutzfähigkeit liefert. Zudem könne keine Eintragung anderer ähnlicher Marken als Grundlage für eine Eintragung der angemeldeten Marke dienen, da die Entscheidung über die Unterscheidungskraft einer Marke eine Rechtsfrage ist und keine Ermessensfrage.
Insgesamt besteht somit keine Möglichkeit, die angemeldete Marke "surf24" in das Markenregister eintragen zu lassen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 24.06.2003, Az: 24 W (pat) 126/02
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarkesurf24 soll für die Waren und Dienstleistungen
"Dienstleistungen eines Internetproviders, insbesondere Bereitstellung eines Internetzugangs, Bereitstellung einer oder mehrerer E-Mail Adressen, und/oder Homepages; Bereitstellung von Speicherplatz auf Servern; Druckerzeugnisse und Verlagsprodukte, insbesondere Handbücher (manuals)"
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung mit Beschluß einer Beamtin des höheren Dienstes wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen. Die angemeldete Kennzeichnung enthalte einen eindeutigen und allgemein verständlichen Hinweis auf einen Service, der Aktivitäten im Internet 24 Stunden am Tag ermögliche. Der Begriff "Surf" werde in Verbindung mit den Waren und Dienstleistungen der Anmeldung ohne weiteres mit dem Vorgang des "Surfens" in Verbindung gebracht, der den Besuch des Internets und das Steuern durch das Internet bezeichne. Die Verknüpfung einer knappen und prägnanten Kurzbezeichnung eines Angebots von Waren und Dienstleistungen mit der Zahl 24 sei mittlerweile zu einer gängigen Abkürzung für ein Angebot rund um die Uhr geworden, das häufig in Verbindung mit im Internet angebotenen Waren und Dienstleistungen vor allem auf dem Telekommunikations- und EDV-Sektor vorkomme. In bezug auf die Waren der Klasse 16 sage das angemeldete Zeichen nur aus, daß es sich um Druckerzeugnisse und Verlagsprodukte handele, die eine Anleitung oder eine Darstellung der Aktivitäten im Internet rund um die Uhr lieferten. In Verbindung mit den Dienstleistungen der Klasse 42 weise die Kennzeichnung darauf hin, daß die Dienstleistungen eines Internetproviders durchgehend angeboten und erbracht würden, so daß das Surfen im Internet rund um die Uhr möglich sei. Außerdem könne durch die Bereitstellung von Speicherplatz auf Servern ein durchgehendes Herunterladen von Daten aus dem Internet ermöglicht werden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelder, die vortragen, es treffe zwar zu, daß der Begriff "surf" mit "surfen" in Verbindung gebracht werde und daß die Zahl 24 zu einer gängigen Abkürzung für ein Angebot rund um die Uhr geworden sei. Jedoch erschließe sich dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher bestenfalls eine Reihe von Assoziationen, weil die angemeldete Marke nichts darüber besage, wie die Waren und Dienstleistungen im einzelnen beschaffen seien. Außerdem seien die genauen Tätigkeiten eines Internetproviders dem Verkehr nicht so genau bekannt, daß er die von der Markenstelle unterstellten Schlüsse ziehen könne. Weiterhin handele es sich bei dem Zeichen um die Verbindung eines neu geschaffenen, englisch wirkenden Wortes, das lexikalisch nicht nachweisbar sei, mit den Ziffern 2 und 4, was zu einer englischen Aussprache des ersten Teils des Zeichens und einer deutschen Aussprache des zweiten Teils führe und eine interessante Wortschöpfung ergebe. Im Internet komme "surf24 ausschließlich im Zusammenhang mit dem Unternehmen der Anmelder vor. Im übrigen seien zahlreiche vergleichbare Marken im Markenregister eingetragen.
Die Anmelder beantragen, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf eine Internet-Recherche des Senats, die der Anmelderin übersandt worden ist, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für die Waren und Dienstleistungen der Anmeldung die Unterscheidungskraft fehlt.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl. BGH GRUR 2001, 1150 "LOOK"; GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein im Hinblick auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zukommt oder es sich um ein gängiges Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als individuelles Kennzeichnungsmittel verstanden wird (st. Rspr vgl. BGH WRP 2001, 1082, 1083 "marktfrisch"; BGH GRUR 2001, 1043 "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; BGH GRUR 2001, 1042 "REICH UND SCHOEN"; BGH GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"; BGH MarkenR 2002, 338 "Bar jeder Vernunft"). Dies ist hier der Fall. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, und auch die Internetrecherche des Senats belegt, kommt das Wort "Surf" auf sehr vielen deutschen Web-Seiten zum Teil als Imperativ (Aufforderung, im Internet zu surfen) oder als Substantiv ("der Surf", d. h. das Surfen im Internet) vor (vgl. dazu auch BPatG 24 W (pat) 145/96 "SURF"; 30 W (pat) 48/98 "SmartSurf", Zusammenfassung veröffentlicht auf PROMA PAVIS-CD-ROM). Zu nennen sind etwa Fundstellen wie "Der Startplatz für den Surf im Internet.", "Artikel: Surf im Internet", "Vergessen Sie ab und zu die Zeit beim Surf im Internet€", "Surf im Internet als PartisanIn", "Ich surf im Internet", "... Betthupferl-Surf im Internet", "... präsentieren sich oft analog zu einem Surf im Internet", "In diesem Fall wird der Surf im Internet ähnlich behandelt wie ...", "sitz grad im PC Raum und surf im Internet" usw.. Die nachgestellte Zahl "24" bezeichnet - wie die Markenstelle ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - im allgemeinen ein Angebot, das 24 Stunden am Tag, also rund um die Uhr, verfügbar ist (vgl. etwa BPatG 25 W (pat) 207/01 "beauty 24"; 25 W (pat) 280/01 "Alarm 24", Zusammenfassung veröffentlicht auf PROMA PAVIS-CD-ROM), Auch dies wird z.B durch folgende Verwendung im Internet belegt: "Shop24 - günstig einkaufen rund um die Uhr!", Wellness-Shop24 ... Rund um die Uhr Sportschuhe und Freizeitschuhe kaufen.", "EDV-Shop24.com ... Viel Spaß beim shoppen rund um die Uhr", "cracy.shop24.de ...Einkaufen rund um die Uhr", "Infoservice24 - Informationen und Service rund um die Uhr" etc.. Insgesamt hat das angemeldete Zeichen darum die Bedeutung "24 Stunden im Internet surfen" oder "rund um die Uhr im Internet surfen", die wegen der häufigen rein sachbezogenen Verwendung der Zeichenteile und vergleichbarer Wort-Zahlenverbindungen im Internet, zu denen neben den oben genannten auch etwa "Rheinland-Pfalz 24" (Rund um die Uhr verfügbares Informationsnetz des Landes Rheinland-Pfalz), "BT24" (Einkaufsmöglichkeiten im Stadtbereich Bayreuth im Internet rund um die Uhr), "Board jobfair 24" (Berufsmesse rund um die Uhr online) gehören, von den angesprochenen, an Internetdienstleistungen interessierten Verkehrskreisen auch ohne weiteres verstanden wird. In Verbindung mit den Dienstleistungen der Klasse 42 drängt sich damit ein Verständnis des Zeichens als einer Sachangabe auf, nämlich als eines verkehrsüblichen Hinweises, daß diese Dienstleistungen ein Surfen im Internet rund um die Uhr ermöglichen. Für solche Dienstleistungen wird bereits heute von Internet-Providern geworben. Dies gilt ebenso für die Bereitstellung von Speicherplatz auf Servern, da dies Voraussetzung für das Surfen, den Download von Dokumenten und Programmen sowie den Zugang zu Homepages und das Navigieren im Internet ist. Bei Druckerzeugnissen und Verlagsprodukten kommt das Zeichen als inhaltsbeschreibender Titel konkret in Betracht, etwa als Anleitung zum Surfen rund um die Uhr oder zur Einrichtung einer Verbindung, die ein Surfen rund um die Uhr ermöglicht (vgl. dazu BGH GRUR 2001, 1043, 1044 f. "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; BGH GRUR 2002, 1070 "Bar jeder Vernunft"; BGH GRUR 2003, 342 "Winnetou"). Bei der angemeldeten Kennzeichnung handelt es sich somit um eine Zusammensetzung von Sachangaben, die keinerlei zusätzliches Merkmal aufweist, welches das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet erscheinen ließe, die Waren und Dienstleistungen der Anmelderin von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. dazu EuGH GRUR 2003, 58 "Companyline" Tz. 21, 23).
Die von den Anmeldern aufgezeigte Verwendung des Zeichens im Internet stellt kein Indiz für die Schutzfähigkeit dar. So wird dort die Angabe "surf24" entweder lediglich sachbezogen oder ersichtlich firmenmäßig eingesetzt, was beides nicht den Schluß auf eine markenmäßige Verwendung rechtfertigt. Aus den Voreintragungen von nach Ansicht der Anmelderin vergleichbaren Marken kann kein Anspruch auf Eintragung hergeleitet werden. Erstens handelt es sich zum großen Teil offensichtlich um Marken, die für völlig andere Waren bzw. Dienstleistungen als die hier entscheidungserheblichen eingetragen sind, die schutzfähige Bestandteile enthalten und die in ihrer Gesamtheit keine naheliegende Sachaussage für diese Waren und Dienstleistungen darstellen. Zweitens vermag selbst die Eintragung identischer oder vergleichbarer Marken weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung zu führen, weil die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage darstellt (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG 7. Aufl, § 8 Rdn 262 m.w.N).
Ströbele Hacker Guth Bb
BPatG:
Beschluss v. 24.06.2003
Az: 24 W (pat) 126/02
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/92fd3efa3d3f/BPatG_Beschluss_vom_24-Juni-2003_Az_24-W-pat-126-02