Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. November 2009
Aktenzeichen: 25 W (pat) 123/09
(BPatG: Beschluss v. 25.11.2009, Az.: 25 W (pat) 123/09)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in dieser Gerichtsentscheidung die Beschwerde eines Unternehmens gegen die Ablehnung ihrer Markenanmeldung zurückgewiesen. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Anmeldung aufgrund fehlender Unterscheidungskraft abgelehnt. Das Unternehmen legte daraufhin Beschwerde ein und argumentierte, dass die angemeldete Marke keine Herstellung oder Entwicklung von Motoren oder dazugehörigen Dienstleistungen bezeichne und daher Unterscheidungskraft besitze. Das Gericht stimmte jedoch mit der Markenstelle überein und urteilte, dass die angemeldete Marke hauptsächlich eine werbliche Aussage sei und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis betrachtet werde. Zudem verwies das Gericht darauf, dass die Voreintragung einer ähnlichen Marke keine bindende Wirkung habe und die Entscheidung allein auf Grundlage des Gesetzes zu treffen sei. Daher wurde die Beschwerde zurückgewiesen. Es war keine mündliche Verhandlung erforderlich, da kein entsprechender Antrag gestellt wurde.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 25.11.2009, Az: 25 W (pat) 123/09
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
Gründe
I.
Die Wortmarke Motor ist unser Antriebist am 29. Mai 2006 für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 42, 7 und 6 zur Eintragung in das beim Deutschen Patentund Markenamt geführte Markenregister angemeldet worden:
"Klasse 42: Gussteil-Entwicklung und Motorenentwicklung sowie zugehöriger Modellund Formenbau für Unternehmen aus der Automobilund Zulieferindustrie sowie des Maschinenund Anlagenbaus;
Klasse 7: Bau von Modelleinrichtungen für den Sandund Feinguss; Bau von Spritzgussprototypenwerkzeugen, Einzelkomponenten und von Komplettsystemen; Herstellung von Funktionsmustern, Prototypen und Anschauungsmodellen, sowie von Handlaminaten (GFK); Bau von Prototypengefäßteilen aus unterschiedlichen Werkstoffen;
Klasse 6: Waren aus Metall, soweit nicht in anderen Klassen enthalten, insbesondere Motorenund Maschinenteile für die Automobilund die Zulieferindustrie, den Maschinenund Anlagenbau und die Investitionsgüterindustrie."
Im weiteren Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt hat die Anmelderin das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen wie folgt geändert:
"Klasse 6: Waren aus Metall, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Gießereiformen aus Metall;
Klasse 7: Motorenund Maschinenteile (Gussformen und Werkzeuge) für die Automobilund die -zulieferindustrie, den Maschinenund Anlagenbau sowie die Investitionsgüterindustrie; Gussformen als Maschinenteile;
Klasse 42: technische Entwicklung von Motoren für die Automobilund die -zulieferindustrie, den Maschinenund Anlagenbau sowie die Investitionsgüterindustrie; Bau und Herstellung von Modellen und Prototypen für Forschungszwecke und die technische Produktentwicklung, insbesondere auf dem Gebiet des Sandund Feingusses sowie des Spritzgusses sowie von Gussteilen für die Automobilund -zulieferindustrie, den Maschinenund Anlagenbau sowie die Investitionsgüterindustrie".
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentund Markenamts hat diese unter der Nummer 306 34 093.3 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung mit zwei Beschlüssen vom 4. Januar 2007 und vom 29. Januar 2009, von denen der Letztgenannte im Erinnerungsverfahren erging, zurückgewiesen.
Die Markenstelle ist der Auffassung, dass der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Bei der Bezeichnung "Motor ist unser Antrieb" handele es sich um eine werbesloganartige Aussage. Zwar seien bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit von Werbeslogans grundsätzlich dieselben Kriterien anzulegen wie bei anderen Markenkategorien. Werde allerdings festgestellt, dass eine angemeldete Marke eine Werbefunktion ausübe, die darin bestehe, die Eigenschaften oder den technischfunktionalen Bestimmungs-, Anwendungsund Themenschwerpunkt der betreffenden Waren und Dienstleistungen anzupreisen, und dass diese Funktion im Vergleich zu der Herkunftsfunktion nicht offensichtlich von untergeordneter Bedeutung sei, müsse dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Durchschnittsverbraucher aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Dienstleistungen aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb schlössen. Dies sei auch bei der Markenanmeldung 306 34 093.3 der Fall. Das an erster Stelle stehende Substantiv "Motor" benenne schlagwortartig den motorenspezifischen Schwerpunkt der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Die weitere Wortfolge "ist unser Antrieb" sei eine werbeübliche motivationsbetonende Bezeichnung, die sich mit dem Eingangswort zu einer werbeüblichen Gesamtaussage verbinde. Diese weise auch keine echte Mehrdeutigkeit auf. Sie füge sich von ihrer sprachund werbeüblichen Wortbildung ohne weiteres in eine Reihe von Slogans ein, bei denen eine werbesloganartige Sachaussage im Vordergrund stehe und die nicht als betrieblicher Herkunftshinweis zu verstehen seien. Der "spiegelbildlichen" Voreintragung 306 34 092 "Antrieb ist unser Motor", auf die sich die Anmelderin berufe, liege ein anderes semantisches Kompositionalitätsprinzip zugrunde. Im Übrigen könnten Voreintragungen keine Bindungswirkung entfalten.
Hiergegen richtet sich die von der Anmelderin erhobene Beschwerde. Sie beantragt (sinngemäß), unter Aufhebung der Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentund Markenamts die Eintragung der angemeldeten Marke 306 34 093.3 "Motor ist unser Antrieb" in das Markenregister zu bewilligen.
Bei der Beschwerdeführerin handele es sich um eine Denkfabrik, die als Innovationspartner für die Motorenund Gusstechnologie anspruchsvolle Spezialaufgaben im Bereich der Gussteilund Motorenentwicklung anbiete. Ferner führe sie Einzelleistungen in der Entwicklung, im Modellbau, in der Messtechnik, der CNC-Bearbeitung und im Werkzeugbau durch, wobei sie für Systemleistungen im Prototypenbau und für die Serienfertigung besonders qualifiziert sei. Die angemeldete Marke "Motor ist unser Antrieb" bezeichne weder die Herstellung, noch die Entwicklung von Motoren oder die hierauf bezogenen Dienstleistungen. Keineswegs erschließe sich aus der angemeldeten Marke ein Teil oder mehrere von der Beschwerdeführerin angebotenen Dienstleistungen, zumal die Beschwerdeführerin weder Motorenbauer noch Hersteller von Antrieben sondern Entwickler und Innovationspartner sei. Es handele sich bei der angemeldeten Marke um einen mehrdeutigen und interpretationsbedürftigen Slogan. Der Begriff "Motor" umschreibe eine Vorrichtung, die mechanische Arbeit durch Umwandlung verschiedener Energieformen verrichte, "Antrieb" eine konstruktive Einheit, die eine Maschine mittels Energieumformung antreibe. Somit könne die angemeldete Marke Slogans wie "Motor ist unser Motor" oder "Antrieb ist unser Antrieb" gleichgesetzt werden. Dies ergebe vom normalen Wortverständnis her keinen Sinn. Die maßgeblichen Verkehrskreise, bestehend aus den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern der angebotenen Waren und Dienstleistungen werde daher diesen Slogan keiner besonderen Ware oder Dienstleistung zuordnen. Ihm könne infolge seiner Mehrdeutigkeit, Interpretationsfähigkeit, Originalität und Prägnanz die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden, da ihm in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden könne. Ebenso wie bei der umgekehrt formulierten Parallelmarke 306 34 092 "Antrieb ist unser Motor" sei daher die Eintragung der angemeldeten Marke zu bewilligen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die verfahrensgegenständlichen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Beschwerdeführerin sowie den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin weist die angemeldete Marke in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen werden soll, nicht die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft auf.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur ständigen Rechtsprechung BGH/GRUR 2003, 1050 - "Cityservice"; GRUR 2004, 683, 684 - "Farbige Arzneimittelkapsel"; GRUR 2006, 850, 854 -Tz. 18 -"FUSSBALL WM 2006"; EuGH/GRUR 2004, 674 - "Postkantoor"). Es muss also eine Kennzeichnungskraft mit der Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion verbunden sein, auch wenn eine Marke zusätzlich noch weitere Funktionen haben kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 42). Nur soweit ein Zeichen zur Erfüllung der Herkunftsfunktion geeignet ist, besteht eine Rechtfertigung dafür, die allgemeine Wettbewerbsfreiheit dadurch einzuschränken, dass die betreffende Angabe der ungehinderten Verwendung vorenthalten und zugunsten eines einzelnen monopolisiert wird (vgl. EuGH/GRUR 2003, 604, 607 Tz. 51 -"Libertel"; GRUR 2004, 674, 677 Tz. 68 -"Postkantoor"). Ausgehend davon ist nach der aktuellen Rechtsprechung des EuGH wie auch des BGH Unterscheidungskraft nicht nur solchen Angaben abzusprechen, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen; vielmehr kann diese auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH/GRUR 2004, 674 - "Postkantoor"; GRUR 2004, 680 - "Biomild").
Dies gilt für Wortmarken in Form von Slogans in derselben Weise. Zwar sind an solche Marken keine strengeren Maßstäbe anzulegen sind als an die anderen Arten von Zeichen, die als Marke angemeldet werden. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Verkehr Wortmarken in Form von Slogans nicht notwendig in gleicher Weise wahrnimmt wie andere Arten von Marken. Denn bei Slogans, denen -im Vergleich zu einer ihnen möglicherweise auch innewohnenden Herkunftsfunktion -eine im Vordergrund stehende Werbefunktion zuzuschreiben ist, ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Verkehr aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren schließt (vgl. EuGH/GRUR 2004, 1027, 1029 (Nr. 32 -35) -"DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT"; BPatG/PAVIS PROMA 24 W (pat) 47/06 -Alles was das Leben schöner macht!).
Im vorliegenden Fall bestehen die angesprochenen Verkehrskreise im wesentlichen aus den Herstellern und Zulieferunternehmen insbesondere im Bereich der Motorenund Gusstechnologie, da sich die beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufgrund ihrer Natur üblicherweise nicht an Endverbraucher sondern an diese Fachkreise richten. Mit der Markenstelle ist davon auszugehen, dass diese Verkehrskreise die angemeldete Marke 306 34 093.9 "Motor ist unser Antrieb" gerade mit Blick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen in erster Linie als eine werblich anpreisende Sachaussage und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis sehen. Die Wortfolge "Motor ist unser Antrieb" besteht aus Grundwörtern der deutschen Sprache und ist, auch wenn das einleitende Substantiv ohne Artikel steht, sprachund insbesondere auch werbeüblich gebildet. Der einleitende Begriff "Motor" weist bereits einen engen beschreibenden Bezug zu den Waren und Dienstleitungen auf, für die die angemeldete Marke 306 34 093.3 eingetragen werden soll. Denn das diesbezügliche Verzeichnis enthält auch in seiner geänderten Form schwerpunktmäßig Waren und Dienstleistungen, die sich auf die Fertigung, Entwicklung von und Forschung für Motoren bzw. Motorentechnologie insbesondere mit Blick auf die Automobilund Zulieferindustrie beziehen.
Innerhalb des markenrechtlich als ganzes zu beurteilenden Slogans "Motor ist unser Antrieb" kann der Begriff "Antrieb" -anders als es die Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeschrift vom 2. April 2009 nahelegen -nicht nur in einem rein technischen Sinn gesehen oder auf einen solchen Sinn reduziert werden. Der Begriff "Antrieb" steht in einem mehr psychologischen Sinn auch für "Anreiz, Impuls, Beweggrund, innere Triebfeder" (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., 2006, S. 162). Mithin kann die angemeldete Marke als ganzes in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen von ihrem Sinngehalt her als eine Aussage dahingehend aufgefasst werden, dass Motoren und Motorentechnologie und innovative Dienstleistungen für deren Fertigung und Entwicklung den Impuls und die innere Triebfeder für das Unternehmen der Beschwerdeführerin als "Denkfabrik" und "Innovationspartner" darstellen und sich daraus auch eine besonders hohe Motivation der hiermit befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beschwerdeführerin ergibt. Diese Aussage ist insoweit auch nicht mehrdeutig, sondern drängt sich für die angesprochenen Verkehrskreise in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen geradezu auf, ohne dass es hierfür einer vertieften und analysierenden Betrachtungsweise bedarf. Mit der Markenstelle ist daher davon auszugehen, dass der Verkehr in der angemeldeten Marke eine lediglich anpreisende Werbeaussage sieht und ihr keine betriebliche Herkunftsfunktion zuordnet.
Soweit die Beschwerdeführerin auf die Marke 306 34 092 verweist, die gegenüber der vorliegenden Marke gleichsam sprachlich invers gebildet wurde, führt auch dies zu keiner anderen Sichtweise. Nach ständiger und vom Europäischen Gerichtshof erneut bestätigter Rechtsprechung (EuGH/MarkenR 2009, 201 - Volks-Handy, Schwabenpost) sind Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine rechtlich bindende Wirkung zu entfalten. Die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen über Markeneintragungen ist allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen. Prüfungsgegenstand ist ausschließlich die konkret angemeldete Marke. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb die Marke 306 34 092 in das Markenregister eingetragen wurde, so dass sich hieraus auch keine zusätzlichen materiellen Gesichtspunkte ergeben, die für die Schutzfähigkeit der verfahrensgegenständlichen Markenanmeldung sprechen könnten.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen. Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht, zumal kein entsprechender Antrag gestellt wurde (§ 69 MarkenG).
Bayer Merzbach Metternich Hu
BPatG:
Beschluss v. 25.11.2009
Az: 25 W (pat) 123/09
Link zum Urteil:
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