Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. November 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 23/00
(BPatG: Beschluss v. 29.11.2000, Az.: 32 W (pat) 23/00)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 29. November 2000 (Aktenzeichen 32 W (pat) 23/00) in einem Streit um Markenrechte entschieden. Die Markeninhaberin hatte gegen eine Entscheidung der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. September 1999 Berufung eingelegt und die Widersprechende hatte ebenfalls Beschwerde eingelegt. Das Gericht hat die Berufung der Markeninhaberin in einem Teil der Entscheidung aufgehoben und den Widerspruch für einige der Produkte der jüngeren Marke zurückgewiesen. Die Beschwerde der Widersprechenden wurde ebenfalls zurückgewiesen.
Im Sachverhalt wurde festgestellt, dass die Wortfolge "Clima Innova" unter der Nummer 398 10 825 als Marke für verschiedene Geräte in das Markenregister eingetragen wurde. Die Inhaberin einer älteren Marke hatte Widerspruch eingelegt und argumentiert, dass es zu Verwechslungen mit ihrer Marke kommen könne. Die Markenstelle hatte daraufhin die teilweise Löschung der jüngeren Marke angeordnet, aber den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Das Gericht hat nun entschieden, dass die Verwechslungsgefahr zwischen den Marken nicht gegeben ist. Es wurde festgestellt, dass die beiden Marken sich ausreichend deutlich durch den zusätzlichen Bestandteil "Clima" unterscheiden. Eine verkürzte Betrachtung der jüngeren Marke auf den Bestandteil "Innova" sei nicht zulässig. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass "Clima Innova" als Gesamtbegriff wahrgenommen wird und "Clima" als wesentlicher Bestandteil der Marke betrachtet wird. Es wurde auch festgestellt, dass "Clima" nicht als bloße Unternehmensangabe angesehen wird und keine mittelbare Verwechslungsgefahr besteht.
Insgesamt wurde die Beschwerde der Widersprechenden abgewiesen und der Widerspruch der Markeninhaberin in vollem Umfang zurückgewiesen. Es wurden keine Kosten auferlegt.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 29.11.2000, Az: 32 W (pat) 23/00
Tenor
1. Auf die Anschlußbeschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. September 1999 hinsichtlich Ziffer 1 aufgehoben und der Widerspruch auch für die Waren "Heizungs-, Dampferzeugungs-, Kühl-, Trocken-, Lüftungsgeräte" zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Sachverhalt I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Wortfolge
"Clima Innova"
unter der Nr 398 10 825 für
"Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowiesanitäre Anlagen"
in das Register eingetragen worden.
Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der prioritätsälteren Marke 2 105 413 siehe Abb. 1 am Endedie Schutz genießt für die aus der Anlage ersichtlichen Waren.
Mit Beschluß vom 29. September 1999 hat die Markenstelle für Klasse 11 durch einen Beamten des höheren Dienstes die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Waren
"Heizungs-, Dampferzeugungs-, Kühl-, Trocken-, Lüftungsgeräte"
angeordnet, im übrigen aber den Widerspruch zurückgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, in beiden Warenverzeichnissen seien identisch ua "Heizungs-, Dampferzeugungs-, Kühl- und Lüftungsgeräte" enthalten; die "Trockengeräte" der jüngeren Marke seien mit den "Heizungsgeräten" der Widerspruchsmarke eng verwandt. Daher müsse die jüngere Marke einen gewissen Abstand zu der Widerspruchsmarke einhalten, der indes nicht gewahrt sei. Beim Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen messe der Verkehr in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung zu, so daß sich "INNOVA" und "Clima Innova" gegenüberstünden. Mit dem deutschen Wort "Klima" werde im Zusammenhang mit Geräten, die für die Qualität des Raumklimas verantwortlich seien, ein betrieblicher Herkunftshinweis nicht verbunden. Weite Teile der Abnehmerkreise würden vielmehr annehmen, "Innova" sei die eigentliche Marke, während es sich bei "Clima" um eine Angabe handele, die das sachliche Einsatzgebiet der unter der Marke "Innova" vertriebenen Produkte definiere.
Eine "Substraktion" des Wortes "Clima" sei nur innerhalb solcher Produkte in Betracht zu ziehen, die etwas mit dem Raum-Klima zu tun hätten. Dies sei bei "Beleuchtungsgeräten, Koch-, Wasserleitungsgeräten oder sanitäre Anlagen", nicht der Fall, so daß der Widerspruch insoweit zurückzuweisen sei.
Hiergegen richten sich die Beschwerden der Widersprechenden und die nach Ablauf der Beschwerdefrist eingereichte Anschlußbeschwerde der Markeninhaberin.
Die Widersprechende macht geltend, die für die jüngere Marke geschützten Waren der Klasse 11, nämlich "Beleuchtungs-, Koch- und Wasserleitungsgeräte" seien identisch mit den für die Widerspruchsmarke geschützten Waren "Beleuchtungs-, Kochgeräte und -apparate" und seien den außerdem geschützten Küchen- und Haushaltsgeräten zumindest ähnlich.
Maßgebliches Element der jüngeren Marke sei der Bestandteil "Innova", der sich auch in der Geschäftsbezeichnung der Widersprechenden wiederfinde. Deshalb seien assoziative Verwechslungen nicht auszuschließen.
Sie beantragt, unter Abänderung des Beschlusses vom 29. September 1999 die Löschung der Marke 398 10 825 "Clima Innova" für die Waren "Beleuchtungs-, Koch- und Wasserleitungsgeräte" anzuordnen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und im Wege der Anschlußbeschwerde den Widerspruch in vollem Umfang zurückzuweisen.
Sie macht geltend, die beiden Wortbestandteile der jüngeren Marke dürften nicht auseinandergerissen werden. Die begriffliche und rhythmische Einheit der Marke werde durch zwei unterscheidungskräftige Bezeichnungen gebildet, da keiner der Wortbestandteile beschreibend sei. Keines der im Warenverzeichnis aufgeführten Geräte stehe in einem Bezug zu dem Wort "Clima". Auch habe die Markenstelle nicht ausreichend berücksichtigt, daß die Widerspruchsmarke eine Kombinationsmarke sei. Zudem sei das Zeichen "Innova" verbraucht, wie sie bereits im Verfahren vor der Markenstelle vorgetragen habe.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet, während die Anschlußbeschwerde der Markeninhaberin Erfolg hat.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 "Sabel/Puma"). Dabei besteht eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke (BGH GRUR 1999, 496, 497 "TIFFANY").
Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist davon auszugehen, daß die sich gegenüberstehenden Waren zum Teil gleich sind, was an und für sich zu strengen Anforderungen an den Markenabstand führt. Dieser Markenabstand ist gleichwohl gewahrt.
In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die Vergleichsmarken hinreichend deutlich durch den zusätzlichen Bestandteil "Clima" der jüngeren Marke. Eine Verkürzung der jüngeren Marke auf den Bestandteil "Innova" kommt nicht in Betracht. Der isolierte Schutz eines aus einem zusammengesetzten Zeichen herausgelösten Elements ist dem Markenrecht grundsätzlich fremd. Eine Verkürzung der angegriffenen Marke auf den Bestandteil "Innova" wäre daher nur zulässig, wenn diesem Element maßgebliche Bedeutung zugebilligt werden könnte, weil gerade dieser Bestandteil den Gesamteindruck der Marke prägt oder zumindest wesentlich mitbestimmt (BGH GRUR 1989, 264 "REYNOLDS R1; 1991, 139 "Duft-Flacon"; 1991, 319 "HURRICANE"; 1996, 198 "Springende Raubkatze").
Eine Prägung der jüngeren Marke durch den Bestandteil "Innova" ist zu verneinen. Insoweit ist schon ein beschreibender Charakter von "Clima" nicht ohne weiteres erkennbar, da insoweit allenfalls ein mittelbarer Zusammenhang zwischen "Heizungs-, Dampferzeugungs-, Kühl-, Trocken-, Lüftungsgeräte" und dem Raumklima besteht. Darüber hinaus führt selbst eine beschreibende Funktion eines Markenbestandteils nicht zwingend zur Vernachlässigung innerhalb der Gesamtmarke.
Eine Prägung des Gesamteindrucks durch das Element "Innova" scheidet auch wegen dessen Kennzeichnungsschwäche aus. So wird der zugrunde liegende beschreibende Begriff "Innovation" verhältnismäßig deutlich erkennbar. Zudem weist das Markenregister eine Reihe identischer Bezeichnungen in Alleinstellung oder zusammengesetzten Marken auf (Marken Lexikon 2000, S 5 126). Wenn in das Register für gleiche oder benachbarte Warengebiete eine Reihe ähnlicher Zeichen gelangt ist, ohne daß deren Inhaber gegen weitere Anmeldungen eingeschritten ist, kann dies ein wichtiger Fingerzeig dafür sein, daß es sich um eine naheliegende, verbrauchte Wortbildung von geringer Originalität handelt (BGH GRUR 1967, 245 "Vitapur"; 1999, 241 "Lions"). Deshalb ist "Innova" ein beliebtes Markenbildungselement, so daß von einer geringen Originalität und damit Kennzeichnungsschwäche auszugehen ist.
Wegen dieser Kennzeichnungsschwäche ist "Innova" allenfalls gleichgewichtig gegenüber dem vorangestelllten Element "Clima", so daß für dessen Vernachlässigung kein Anlaß besteht (vgl BGH GRUR 1991, 319, 320 "HURRICANE"). Zudem wirkt die jüngere Marke "Clima Innova" wie ein Gesamtbegriff, weil sie durch die Voranstellung von "Clima" wie ein Adjektiv mit nachfolgendem Hauptwort gebildet ist. Ein derartiges gesamtbegriffliches Verständnis von "Clima Innova" liegt deshalb auch ohne einen fest umrissenen, für die Verkehrskreise erkennbaren Sinn nicht fern (vgl BGH GRUR 2000, 883, 885, "PAPAGALLO"). Demgemäß wird "Clima" dem Verkehr angesichts der einzeiligen Schreibweise und durch die Voranstellung innerhalb der Gesamtbezeichnung als ein für die Herkunftsunterscheidung jedenfalls auch wesentlicher Bestandteil nahegebracht (BGH GRUR 1989, 349, 350 "ROTH HÄNDLE KENTUCKY/Cenduggy"; 1989, 264, 265 "REYNOLDS R1/EREINTZ").
Entgegen die Auffassung der Widersprechenden wirkt "Clima" auch nicht wie eine Hersteller- oder Firmenangabe, die gegenüber der eigentlichen Produktbezeichnung zu vernachlässigen ist (vgl BGH GRUR 1996, 404 "Blendax Pep"). Da in der Regel mit Bezeichnungen wie "Klimatechnik, Klimageräte" auf den Tätigkeitsbereich derartiger Betriebe hingewiesen wird, liegt bei "Clima" der Gedanke an eine bloße Unternehmensangabe fern, so daß schon deshalb keine Vernachlässigung in Betracht kommt.
Schließlich ist auch die Gefahr zu verneinen, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden (§ 9 Abs 1 Nr 2 letzter Halbs MarkenG). Die hierunter fallende mittelbare Verwechslungsgefahr ist schon deshalb nicht gegeben, weil "Innova" wegen seiner Kennzeichnungsschwäche nicht geeignet ist, als Stammbestandteil gerade auf die Widersprechende hinzuweisen, zumal für eine Zeichenserie nach Art der angegriffenen Marke nichts vorgetragen worden ist.
Nach alledem war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen, während auf die Anschlußbeschwerde der Markeninhaberin der Widerspruch insgesamt zurückzuweisen war.
Angesichts der Sach- und Rechtslage bestand kein Anlaß zur Kostenauferlegung (§ 71 Abs 1 MarkenG).
Vorsitzende Richterin Winkler hat Urlaub und kann daher nicht unterschreiben.
Dr. Fuchs-Wissemann Klante Dr. Fuchs-Wissemannbr/Na Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/32W(pat)23-00.2.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 29.11.2000
Az: 32 W (pat) 23/00
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/9488609e7535/BPatG_Beschluss_vom_29-November-2000_Az_32-W-pat-23-00