Oberlandesgericht Stuttgart:
Urteil vom 17. Oktober 2002
Aktenzeichen: 2 U 40/02
(OLG Stuttgart: Urteil v. 17.10.2002, Az.: 2 U 40/02)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in der Entscheidung vom 17. Oktober 2002 (Aktenzeichen 2 U 40/02) die Klage einer Vereinigung zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs gegen eine GmbH abgewiesen. Die Klägerin war der Ansicht, dass die Beklagte gegen das ärztliche Werbeverbot verstößt und daher auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Die Beklagte betreibt ein Zentrum für kosmetische und medizinische Laserbehandlungen und hatte Werbeprospekte verteilt, in denen verschiedene Behandlungen angepriesen wurden. Die Frage, die in dem Rechtsstreit zu klären war, lautete, ob diese Werbung als Werbung für ärztliche Leistungen anzusehen ist und somit gegen das ärztliche Werbeverbot verstößt. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass kein Verstoß gegen das Werbeverbot vorliegt, da die Werbung nicht ausdrücklich auf ärztliche Tätigkeiten hinweist und auch nicht eine besondere Herausstellung von Ärzten beinhaltet. Die Werbung ist nach Ansicht des Gerichts sachlich gehalten und entspricht inhaltlich der Wahrheit. Auch ein Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz konnte nicht festgestellt werden. Die Berufung der Klägerin wurde daher zurückgewiesen und die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar und die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Stuttgart: Urteil v. 17.10.2002, Az: 2 U 40/02
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Hechingen vom 1.2.2002 wird zurückgewiesen.2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.4. Die Revision wird nicht zugelassen.Streitwert des Berufungsverfahrens: 15.500,15 Euro (= 30.315,65 DM)
Tatbestand
Die Klägerin ist ein eingetragener Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte, eine GmbH, betreibt in A. ein Zentrum für cosmetische und medizinische Laserbehandlungen. Seit Ende August 2000 verteilt sie Werbeprospekte an Privathaushalte, in denen unter anderem wie folgt geworben wird:
Die Firma L. ist ein kompetentes und erfahrenes Laserzentrum und bietet Ihnen mit modernsten Geräten diese neuartige Behandlungsmethode an. Alle Behandlungen werden von einem in der Anwendung von Lasern erfahrenen Fachmann betreut bzw. ausgeführt & Entfernungen von Körperbehaarung & Entfernung von Fältchen & Entfernung von Besenreisern u.Ä & Entfernung von Pigmentflecken, Warzen, Muttermalen, Altersflecken u.v.m. &
Auf den Werbeprospekt der Beklagten vom August 2000 wird Bezug genommen (Anl. K 2).
Die beworbenen Behandlungen werden grundsätzlich von einem Arzt, dem Ehemann der Geschäftsführerin der Beklagten, durchgeführt.
Die Parteien streiten in erster Linie darum, ob die Beklagte gegen das ärztliche Werbeverbot verstößt und deshalb gem. § 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.
Die Klägerin hat vor dem LG die Ansicht vertreten, dass § 27 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg Ärzten jegliche Werbung untersage. Die angesprochenen Verkehrskreise gingen aufgrund des beanstandeten Faltblattes davon aus, dass ärztliche Leistungen beworben werden. Mit Ausnahme der Haarentfernung seien sämtliche im Prospekt beschriebenen Tätigkeiten, insb. die Entfernung von Altersflecken und Warzen sowie die Faltenglättung, dem ärztlichen Zuständigkeitsbereich zuzuordnen. Auch kosmetische Eingriffe seien Teil der ärztlichen Leistung, wenn - wie bei der Laserbehandlung - ein Eingriff in die körperliche Integrität erfolge.
Ein Arzt dürfe auch eine mittelbare Werbung durch andere weder veranlassen noch dulden. Da die Behandlung vorliegend tatsächlich von einem Arzt ausgeführt werde, komme die Werbung dem Arzt wirtschaftlich zugute. Deshalb sei ein Verstoß gegen das Werbeverbot anzunehmen.
Die Beklagte könne gem. § 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, da sie ihren eigenen Wettbewerb auf der wettbewerbswidrigen Missachtung von Berufspflichten eines anderen aufbaue und damit an der Schaffung eines wettbewerbswidrigen Zustandes objektiv mitwirke. Sie sei deshalb als mittelbare wettbewerbsrechtliche Störerin ebenfalls zur Unterlassung verpflichtet.
Darüber hinaus verstoße die Werbung der Beklagten gegen § 11 Abs. 1 Nr. 5
b HWG, weil in dem Faltblatt eine vergleichende Darstellung des Aussehens vor und nach der Behandlung - der Haarentfernung - enthalten sei.
Daneben beansprucht die Klägerin Aufwendungsersatz für eine vorgerichtliche Abmahnung der Beklagten.
Die Klägerin hat vor dem LG beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für ambulant erbrachte ärztliche Leistungen zu werben, insb. wie aus dem nachfolgend abgedruckten Prospekt ersichtlich.
2. Für jeden Fall zukünftiger Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, angedroht.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 315,65 DM zzgl. 5 % hieraus über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte hat demgegenüber beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, sie werbe nicht für ärztliche Behandlungen. Die Entfernung von Körperbehaarung, Fältchen, Besenreisern, Pigmentflecken, Warzen, Muttermalen und Altersflecken könne nicht als ärztliche Leistung angesehen werden. Solche Tätigkeiten könnten von jeder Kosmetikerin erbracht werden, wenn nicht operativ, sondern mit einem Laser gearbeitet werde. An keiner Stelle des Prospektes habe sie zum Ausdruck gebracht, dass die beworbenen Behandlungen von einem Arzt durchgeführt werden. Es liege kein Verstoß gegen ärztliches Berufsrecht vor. Man müsse nicht Arzt sein, um ein Fachmann in der Anwendung von Lasern zu sein.
Auch sei die Verwendung des Begriffs medizinisch nicht irreführend. Die Beklagte stehe tatsächlich in Kooperation mit einem Arzt, um die Gesundheitsrisiken für die behandelten Kunden so gering wie möglich zu halten.
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß gegen § 1 UWG vorliege, müsse außerdem ein Wandel in der Verkehrsauffassung berücksichtigt werden. Dieser sei gerade im Bereich der kosmetischen und medizinischen Laserbehandlung festzustellen. Die moderne Lasertechnik ermögliche es, Hautbehandlungen und heilkundliche Tätigkeiten außerhalb des herkömmlichen Bereichs ärztlicher Leistungen durchzuführen. Der Kunde erwarte nicht, bei der Behandlung einen Arzt anzutreffen.
Das LG hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen und die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Dagegen hat die Klägerin fristgerecht Berufung einlegen lassen, mit der sie ihren Antrag in geänderter Fassung weiter verfolgt. In der Berufungsbegründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen.
Darüber hinaus wirft sie dem LG vor, es habe nicht den unter Beweis gestellten Vortrag, dass die Verkehrsauffassung die beanstandete Werbung auf ärztliche Leistungen beziehe, unberücksichtigt lassen dürfen. Dieser Bezug ergebe sich insb. daraus, dass die Beklagte in der Werbung selbst zwischen medizinischer und cosmetischer Laserbehandlung unterscheide, demnach außer ästhetischen Problemen auch eine Anwendung auf der Grundlage von medizinischer bzw. ärztlicher Indikation in Rede stehe.
Die Klägerin beantragt:
1. Das Urteil des LG Hechingen vom 1.2.2002, Az. 5 O 94/01 KfH wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für ambulant erbrachte ärztliche Leistungen hilfsweise für kosmetische und medizinische Laserbehandlungen mit einem Werbeprospekt wie nachfolgend abgedruckt zu werben, in dem es u.a. heißt:
& Die Fa. L. & bietet Ihnen mit modernsten Geräten diese neuartige Behandlungsmethode an. Alle Behandlungen werden von einem in der Anwendung von Lasern erfahrenen Fachmann betreut bzw. ausgeführt. & Entfernung von Fältchen, von Besenreisern, von Pigmentflecken, Warzen, Muttermalen, Altersflecken u.v.m. &
3. Für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, jeweils zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer persönlich, angedroht.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 161,39 Euro zzgl. 5 % Zinsen hieraus über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
In der Sache verteidigt sie das Urteil des LG als richtig. Sie ist weiter der Ansicht, dass ein Verstoß gegen § 11 Nr. 5
b HWG bereits deshalb nicht bejaht werden könne, weil mit der Haarentfernung eine kosmetische Behandlung und nicht die Therapie einer Krankheit beworben werde.
Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dazu vorgelegten Anlagen verwiesen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Dem gem. § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG klagebefugten Verband steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu.
1. Die Klägerin kann ihren Antrag nicht auf § 1 UWG i.V.m. § 27 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg stützen.
a) Richtig ist zwar, dass ein Arzt bei einem Verstoß gegen das standesrechtliche Werbeverbot gem. § 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann (vgl. etwa BGH v. 14.4.1994 - I ZR 12/92, GmbHR 1994, 799 = MDR 1995, 281 = GRUR 1996, 905 - GmbH-Werbung für ambulante ärztliche Leistungen). Die Beklagte wäre als (mittelbare) Störerin wegen eines derartigen Wettbewerbsverstoßes ebenfalls zur Unterlassung verpflichtet, obwohl sie selbst nicht den für Ärzte geltenden Werbebeschränkungen unterliegt (vgl. dazu BGH GRUR 2002, 725 [727] - Haartransplantationen; BGH GRUR 2001, 181 [184] - dentalästhetika; BGH GRUR 2000, 613 [615
f.] Klinik Sanssouci; BGH v. 14.4.1994 - I ZR 12/92, GmbHR 1994, 799 = MDR 1995, 281 = GRUR 1996, 905 - GmbH-Werbung für ambulante ärztliche Leistungen
b) Die Beklagte haftet jedoch deshalb nicht, weil bereits kein Verstoß gegen das ärztliche Werbeverbot vorliegt. Mangels eines wettbewerbswidrigen Verhaltens des Arztes. kann auch die Beklagte nicht in Anspruch genommen werden (vgl. dazu BGH GRUR 2000, 613 [615
f.] - Klinik Sanssouci).
aa) Es ist § 27 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg in der Fassung vom 14.1.1998, zuletzt geändert durch Satzung vom 14.3.2001, anzuwenden. Die Bestimmung entspricht vollständig dem § 27 der (Muster-)Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte in der Fassung der Beschlüsse des 103. Deutschen Ärztetages (2000).
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die auf dem 105. Deutschen Ärztetag (2002) beschlossene Neufassung des § 27 (Muster-)Berufsordnung nicht maßgeblich. Die (Muster-)Berufsordnung ist selbst nicht rechtsverbindlich. Sie erlangt diesen Status erst mit der Inkorporation auf Landesebene durch die Landesärztekammern, die auf der Grundlage der Kammer- und Heilberufsgesetze die (Muster-)Berufsordnung i.d.R. nahezu wortgleich übernehmen. Mit der Verabschiedung der Landesberufsordnung und der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörden erlangt diese Rechtsverbindlichkeit ggü. dem einzelnen Arzt, der der Bundesärztekammer lediglich mittelbar über die Pflichtmitgliedschaft in der Landesärztekammer angehört (vgl. insg. dazu Römermann/Schulte, MedR 2001, 178). Die (erforderliche) Umsetzung durch die Landesärztekammer ist vorliegend für die Beschlüsse des 105. Deutschen Ärztetages noch nicht erfolgt, weshalb für die Kammermitglieder nach wie vor die Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg in der Fassung vom 14.3.2001 rechtsverbindlich ist.
Die Vorschrift des § 27 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg hat in dieser Fassung auszugsweise folgenden Wortlaut:
1. Ärztinnen und Ärzten sind sachliche Informationen über ihre Berufstätigkeit gestattet. & Berufswidrige Werbung ist Ärztinnen und Ärzten untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende irreführende oder vergleichende Werbung.
2. Ärztinnen und Ärzte dürfen eine berufswidrige Werbung durch andere weder veranlassen noch dulden. Dies gilt auch für die anpreisende Herausstellung von Ärztinnen und Ärzten in Ankündigungen von Sanatorien, Kliniken, Institutionen oder anderen Unternehmen. &
bb) Ein Verstoß gegen § 27 der Berufsordnung liegt nicht vor.
(1) Das beanstandete Faltblatt bewirbt die von der Beklagten als einem gewerblichen Unternehmen angebotene Laserbehandlung als solche. Sie beschreibt die Art und Weise der Behandlung näher und stellt sie als eine ggü. traditionellen Behandlungsmethoden sanftere und wirkungsvollere Alternative dar. Dem Anzeigentext kann kein ausdrücklicher Hinweis auf die Mitwirkung eines Arztes und noch weniger eine Werbung gerade mit der Tätigkeit eines namentlich genannten Arztes, der die Behandlung durchführt, leitet oder beaufsichtigt, entnommen werden. Es wird weder mit der Person des Arztes noch in besonderer Weise für die von ihm erbrachte Tätigkeit geworben. Die nach § 27 Abs. 2 Satz 2 der Berufsordnung bei einer Werbung für ein Unternehmen untersagte anpreisende Herausstellung von Ärztinnen und Ärzten fehlt.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass gewerbliche Unternehmen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben Ärzte heranziehen, nicht einschränkungslos der Regelung in § 27 Abs. 1 der Berufsordnung unterworfen werden können. Sie sind ggü. niedergelassenen Ärzten privilegiert. Andernfalls würde man sie in ihrer Selbstdarstellung im Verhältnis zu den großen Mitbewerbern empfindlich einschränken (dazu BVerfG v. 4.7.2000, - 1 BvR 547/99, MDR 2000, 1262 = NJW 2000 2734 [2735]; BGH GRUR 2002, 725 [727]) - Haar-Transplantationen).
Das Betätigungsfeld der Beklagten betrifft eine derart privilegierte gewerbliche Betätigung. Die Leistungen werden im Namen einer GmbH erbracht.
Der Umstand, dass vorliegend lediglich eine ambulante und nicht auch stationäre Therapie in Rede steht, ist irrelevant. Maßgeblich ist allein, dass eine Betätigung durch ein gewerbliches Unternehmen zu beurteilen ist. Das Kriterium einer stationären Behandlung stellt kein sachgerechtes Abgrenzungskriterium dar (vgl. BGH GRUR 2002, 725 [727] - Haar-Transplantation; OLG Hamburg v. 10.11.1994 - 3 U 266/93, MedR 1995, 115 mit Anm. Rieger; ders., MedR 1995, 468 [471]).
Nicht entscheidend ist auch, dass die Beklagte in ihrem Betrieb die eigentliche Behandlung allein durch einen Arzt vornehmen lässt. Da, wie dargelegt, in der Werbung der Umfang der ärztlichen Tätigkeit nicht besonders herausgestellt wird, kann die Beklagte nicht anders beurteilt werden als ein Unternehmen, das sich bei der beworbenen Lasertherapie lediglich im Rahmen des Erforderlichen der ärztlichen Mithilfe bedient. Die Klägerin räumt aber selbst ein, dass diese Behandlung nicht nur durch Ärzte, sondern auch durch entsprechend geschultes Personal durchgeführt werden kann (Bl. 43 d.A.). Es wäre nicht sachgerecht, der Beklagten allein deshalb die Werbung zu untersagen, weil die Behandlung in ihrem Unternehmen überobligatorisch allein von einem Arzt erbracht wird.
Die Tatsache, dass die Werbung auch dem Arzt zugute kommt, weil er gegen eine Vergütung bei der Beklagten beschäftigt ist, macht die Anzeige nicht zu einer berufswidrigen Werbung (vgl. dazu BGH GRUR 2002, 725 [727] - Haar-Transplantationen; BVerfG v. 4.7.2000 - 1 BvR 547/99, MDR 2000, 1262 = NJW 2000, 2734 [2735]).
(2) Allerdings ist trotz der Privilegierung erforderlich, dass die Werbung sachlich gehalten ist und inhaltlich der Wahrheit entspricht. Irreführende und unsachlich anpreisende Werbung ist nicht nur dem Arzt, sondern auch dem gewerblich tätigen Unternehmen verboten (vgl. Bahner, Das neue Werberecht für Ärzte, 2001, 214 [215]). Es kann nicht angenommen werden, dass die Beklagte mit den Werbeaussagen, die das Faltblatt enthält, den von einem gewerblichen Unternehmen zu beachtenden Rahmen überschreitet. Richtig ist zwar, dass in dem Werbeprospekt zu der Therapie keine umfassenden und ausgewogenen Informationen enthalten sind, sondern vielmehr allein die Vorteile der Laserbehandlung betont werden. Das kann aber nicht beanstandet werden.
Der Fall einer irreführenden Werbung ist weder von der Klägerin behauptet noch ersichtlich.
Auch eine unsachlich anpreisende Werbung liegt nicht vor. Eine Anpreisung kann angenommen werden, wenn die Werbung aufdringlich, übertrieben, marktschreierisch oder anreißerisch ist (so etwa Kornblum AnwBl. 1988, 361 [364
f.]; ausführlich auch Bahner, Das neue Werberecht für Ärzte, 2001, 176
ff.). Eine unsachliche Anpreisung kann hier nicht bejaht werden.
Das BVerfG hat die Formulierungen Ihre Gesundheit ist unser Anliegen, Der Natur ein Stück näher & sicher, Implantate - ein guter Weg, Zahn für Zahn mehr Lebensqualität und sicher - bequem - ästhetisch für Zahnimplantate nicht beanstandet. Es hat dazu ausgeführt, dass mit diesen Slogans zwar der Rahmen einer sachangemessenen Information verlassen und die Vorteile der Implantate unterstrichen werde, dies aber nicht beanstandet werden könne, weil keine vernünftigen Gemeinwohlbelange ersichtlich seien, um ein Verbot dieser Aussagen zu rechtfertigen (BVerfG v. 4.7.2000 - 1 BvR 547/99, MDR 2000, 1262 = NJW 2000, 2734 [2735]; vgl. dazu auch Bahner, Das neue Werberecht für Ärzte, 2001, 179).
Der BGH (GRUR 2002, 725 - Haar-Transplantationen) hält folgenden Text für zulässig:
Haartransplantation, die überzeugt. Wird Ihr Haar am Oberkopf immer weniger€ Leiden Sie unter Haarausfall, schütteren Stellen oder Glatze€ Suchen Sie nach einem Weg, dass Haare wieder wachsen€ Die Lösung heißt: Haare für immer durch Eigenhaar-Transplantation
Die Werbeaussagen in dem von der Beklagten verwendeten Faltblatt sind mit diesen Textbeispielen vergleichbar. Gemessen an den zitierten Entscheidungen ist der Prospekt der Beklagten nicht zu beanstanden.
(3) Die im Streit befindliche Werbeform, die unaufgeforderte Verteilung von Werbe-Faltblättern an Privathaushalte, kann keine andere Beurteilung rechtfertigen. Sie unterliegt den gleichen Maßstäben wie eine Anzeigenwerbung. Diese Art der Werbung ist weder ungewöhnlich noch unsachgemäß aufdringlich (vgl. BVerfG v. 8.1.2002 - 1 BvR 1147/01, NJW 2002, 1331 [1332]). Es gibt keinen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Behandlung von Anzeigenwerbung und direkter Einzelwerbung (vgl. auch Rieger MedR 2000, 526; ders., MedR 1999, 513; Bahner, Das neue Werberecht für Ärzte, 2001, 215).
2. Es liegt ebenfalls kein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 5
b HWG vor. Das HWG ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG u.a. auf eine Werbung für Verfahren anzuwenden, die sich auf die Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden beziehen. Die Entfernung von als zu stark ausgeprägt empfundener Körperbehaarung, auf die sich der Werbeprospekt der Beklagten bezieht, ist als kosmetischer Eingriff zu qualifizieren. Dieser unterfällt nicht dem HWG. So wie ein Enthaarungsmittel dann, wenn es nicht um die Beseitigung von Haarwuchs an normalerweise unbehaarten Hautpartien geht, als kosmetisches Mittel und nicht als Arzneimittel eingestuft wird (vgl. etwa Doepner, HWG, 1980, § 1 Rz. 71), unterfällt die von der Beklagten beworbene Haarentfernung durch Laser nicht dem HWG. Auch insoweit geht es um die Einwirkung auf die normale Beschaffenheit und Funktion des Körpers und nicht um die Therapie von Krankheiten (vgl. auch Bülow/Ring, HWG, 2. Aufl., § 1 Rz. 32/34, 88, 112/115).
Nach allem war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO (n.F.) sind nicht erfüllt, da der vorliegende Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Dr. Lütje Prof. Dr. Fezer Kittel
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OLG Stuttgart:
Urteil v. 17.10.2002
Az: 2 U 40/02
Link zum Urteil:
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