Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 15. November 1994
Aktenzeichen: 2 ARs 192/94
(OLG Köln: Beschluss v. 15.11.1994, Az.: 2 ARs 192/94)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Beschluss vom 15. November 1994 (Aktenzeichen 2 ARs 192/94) über die Bewilligung einer Pauschvergütung für eine Pflichtverteidigerin entschieden. Die Pflichtverteidigerin hatte an Vernehmungen von Zeugen in Enna/Italien teilgenommen und beantragte einen Vorschuss auf die zu erwartende Pauschgebühr nach § 99 BRAGO. Das Gericht entschied, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschvergütung erfüllt wären, wenn das Verfahren bereits abgeschlossen wäre. Daher bewilligte das Gericht der Pflichtverteidigerin eine Abschlagszahlung in Höhe von 11.000,00 DM für ihre Teilnahme an den Vernehmungen in Enna/Italien.
Die Anwesenheit der Pflichtverteidigerin bei den Vernehmungen in Enna/Italien wurde berücksichtigt, da sie für insgesamt 11 Tage von ihrer Kanzlei in K. abwesend war. Der Vorschuss von 1.000,-- DM pro Tag der Abwesenheit wurde als angemessen erachtet. Es wurde betont, dass die Bewilligung des Vorschusses noch nicht präjudiziell für die endgültige Höhe der Pauschvergütung sein soll, sondern lediglich ein Abschlag auf die Gesamtvergütung darstellt. Das Gericht stellte fest, dass aufgrund der bisherigen Dauer des Verfahrens und des Umfangs der zeitlichen Inanspruchnahme der Pflichtverteidigerin nach Abschluss des Verfahrens eine Pauschvergütung bewilligt werden wird.
Dieser Beschluss des Oberlandesgerichts Köln bestätigt somit die Berechtigung der Pflichtverteidigerin auf einen Vorschuss für ihre Teilnahme an den Vernehmungen in Enna/Italien und lässt auf eine spätere Bewilligung einer Pauschvergütung schließen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Köln: Beschluss v. 15.11.1994, Az: 2 ARs 192/94
Tenor
Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschvergütung gemäß § 99 Abs. 1 BRAGO wären erfüllt, wenn das Verfahren jetzt abgeschlossen wäre. Der Pflichtverteidigerin wird auf ihre später zu bewilligende Pauschvergütung wegen der Teilnahme an den in Enna/Italien durchgeführten kommissarischen Vernehmungen eine Abschlagszahlung in Höhe von 11.000,00 DM (elftausend Deutsche Mark) bewilligt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wurde am 12.
September 1993 zur Pflichtverteidigerin des Angeklagten N. R.
bestellt. In der Zeit vom 18. bis zum 22. April sowie vom 29. Mai
bis zum 3. Juni 1994 wurden durch das Gericht in Enna/Sizilien
kommissarische Vernehmungen von Zeugen durchgeführt, an denen die
Pflichtverteidigerin teilgenommen hat.
Mit Antrag vom 6. Oktober 1994 begehrt
sie wegen dieser Teilnahme an den Vernehmungen einen Vorschuß auf
die zu erwartende Pauschgebühr nach § 99 BRAGO.
II.
Der Antrag ist begründet.
Da keine der Voraussetzungen des § 16
BRAGO für die Fälligkeit der Pflichtverteidigervergütung vorliegt,
kann an deren Stelle derzeit auch keine Pauschvergütung nach § 99
Abs. 1 BRAGO bewilligt werden. Allerdings ist unter besonderen
Voraussetzungen die Bewilligung eines Vorschusses auf die später
zu gewährende Pauschvergütung möglich,
a)
wenn es dem Pflichtverteidiger
unzumutbar ist, über längere Zeit seinen Gebührenanspruch
zurückzustellen, und
b)
eine Gesamtschau ergibt, daß nach
Fälligkeit des Gebührenanspruchs mit Sicherheit eine
Pauschvergütung bewilligt werden wird (vgl. dazu
Senatsentscheidungen vom 21. Mai 1987 - 2 ARs 162/87 - und vom 6.
Dezember 1988 - 2 ARs 293/88 - sowie in jüngster Zeit wieder vom
16. August 1994 - 2 ARs 111/94 - und vom 13. September 1994 - 2 ARs
143/94-).
Bei dem Strafverfahren gegen Raspa u.
a. handelt es sich um ein besonders umfangreiches Verfahren.
Hiermit stimmt auch die Stellungnahme des Vertreters der
Landeskasse überein. Angesichts der bisherigen Dauer des
Verfahrens und des Umfangs der zeitlichen Inanspruchnahme der
Pflichtverteidigerin kann schon jetzt festgestellt werden, daß nach
Abschluß des Verfahrens anstelle der gesetzlichen Gebühren eine
Pauschvergütung bewilligt werden wird. Dies gilt auch mit Rücksicht
auf die Teilnahme der Antragstellerin an den Zeugenvernehmungen in
Enna/Italien, deretwegen sie zweimal für längere Zeit von ihrer
Kanzlei in K. ortsabwesend war.
Die Anwesenheit der
Pflichtverteidigerin bei den kommissarischen Vernehmungen bzw. ihre
Abwesenheit von K. betrug unter Einrechnung jeweils der An- und
Abreise insgesamt 11 Tage (17. bis 21. April und vom 29. Mai bis 3.
Juni 1994). Die Höhe des Vorschusses pro Tag der Abwesenheit von
der Kanzlei erscheint in Höhe von 1.000,-- DM angemessen.
Damit wird auch dem Umstand Rechnung
getragen, daß die Bewilligung des Vorschusses noch nicht
präjudiziell für die Höhe der später insgesamt zu bewilligenden
Pauschvergütung sein soll, sondern es sich lediglich um einen
Abschlag auf die Gesamtvergütung handelt.
OLG Köln:
Beschluss v. 15.11.1994
Az: 2 ARs 192/94
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