Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. April 2002
Aktenzeichen: 15 W (pat) 40/00

(BPatG: Beschluss v. 29.04.2002, Az.: 15 W (pat) 40/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 29. April 2002 die Beschwerde einer Patentinhaberin zurückgewiesen. Die Patentanmeldung wurde am 27. Dezember 1989 eingereicht und das Patent wurde am 30. Mai 1996 erteilt. Nach Prüfung erhoben drei Einsprüche wurde das Patent durch Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Juni 2000 widerrufen. Der Widerruf wurde damit begründet, dass der Gegenstand des Patentanspruchs nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Patentinhaberin hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und in der mündlichen Verhandlung einen neuen Hauptantrag sowie Hilfsanträge vorgelegt. Die Patentansprüche in den Anträgen unterscheiden sich nur geringfügig voneinander. Die Patentinhaberin vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand der Patentansprüche neu und erfinderisch sei. Die Beschwerde wurde jedoch vom Bundespatentgericht zurückgewiesen. Die Patentansprüche sind nicht gewährbar, da die Lösung zur Herstellung der Verpackungshüllen naheliegend für den Fachmann war. Die beschriebenen Verfahrensschritte waren bereits bekannt und nicht erfinderisch. Daher wird das Patent nicht aufrechterhalten.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 29.04.2002, Az: 15 W (pat) 40/00


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf die am 27. Dezember 1989 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche Patentamt das Patent 39 43 024 mit der Bezeichnung

"Einschichtige, biaxial streckorientierte und thermofixierte, schlauchförmige Verpackungshülle"

erteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 30. Mai 1996.

Nach Prüfung der erhobenen drei Einsprüche wurde das Patent mit Beschluss der Patentabteilung 43 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Juni 2000 widerrufen. Dem Beschluss über den Widerruf des Patentes lagen die Patentansprüche 1 und 2 in der erteilten Fassung zugrunde. Sie hatten folgenden Wortlaut:

"1. Einschichtige, biaxial streckorientierte und thermofixierte, schlauchförmige Verpackungshülle, insbesondere künstliche Wursthülle, auf Basis von Polyamid, dadurch gekennzeichnet, daß sie eine Polymermischung von Polyamid 6 und 10 bis 90 Gew.-% eines Copolyamids aus Hexamethylendiamin-, Isophthalsäure- und Terephthalsäure-Einheiten enthält.

2. Verpackungshülle nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie eine Polymermischung aus Polyamid 6 und 10 bis 30 Gew.-% eines Copolyamids enthält."

Der Widerruf des Patents wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem aus der Druckschrift "Kunststoffe-Plastics", August 1989, Seiten 10-12, Vogt-Schild Verlag, Solothurn, CH (1), bekannten Stand der Technik in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.

In der mündlichen Verhandlung am 29. April 2002 überreichte die Patentinhaberin einen neuen Hauptantrag, der sich vom erteilten Patentanspruch 1 lediglich in einem aus Zweckdienlichkeitsgründen einteilig gefassten Patentanspruch 1 unterscheidet. Die Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

"1. Einschichtige, biaxial streckorientierte und thermofixierte, schlauchförmige Verpackungshülle, insbesondere künstliche Wursthülle, auf Basis von Polyamid, enthaltend eine Polymermischung von Polyamid 6 und 10 bis 90 Gew.-% eines Copolyamids aus Hexamethylendiamin-, Isophthalsäure- und Terephthalsäure-Einheiten.

2. Verpackungshülle nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie eine Polymermischung aus Polyamid 6 und 10 bis 30 Gew.-% eines Copolyamids enthält."

Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit den Hilfsanträgen 2 und 3, eingereicht mit der Beschwerdebegründung vom 11. Januar 2002. Die Anspruchsfassungen gemäß diesen Hilfsanträgen haben folgenden Wortlaut:

Hilfsantrag 2:

"1. Einschichtige, biaxial streckorientierte und thermofixierte, schlauchförmige, künstliche Wursthülle auf Basis von Polyamid, dadurch gekennzeichnet, daß sie eine Polymermischung von Polyamid 6 und 10 bis 17 Gew.-% eines Copolyamids aus Hexamethylendiamin-, Isophthalsäure- und Terephthalsäure-Einheiten enthält.

2. Wursthülle nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie zusätzlich übliche Additive in der jeweils wirksamen Menge enthält.

3. Wursthülle nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß sie ein Kaliber im Bereich von 30 bis 150 mm, bevorzugt von 40 bis 120 mm, aufweist."

Hilfsantrag 3:

"1. Einschichtige, biaxial streckorientierte und thermofixierte, schlauchförmige, künstliche Wursthülle auf Basis von Polyamid, dadurch gekennzeichnet, daß sie aus einer Polymermischung von Polyamid 6 und 10 bis 90 Gew.-% eines Copolyamids aus Hexamethylendiamin-, Isophthalsäure- und Terephthalsäure-Einheiten und gegebenenfalls üblichen Additiven in der jeweils wirksamen Menge besteht.

2. Wursthülle nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie ein Kaliber im Bereich von 30 bis 150 mm, bevorzugt von 40 bis 120 mm, aufweist."

Die Patentinhaberin vertritt die Auffassung, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei gegenüber dem vorgebrachten Stand der Technik neu und erfinderisch. Sie führt insbesondere aus, die Druckschrift (1) beschreibe keine biaxial gereckte Schlauchhülle, könne dem Fachmann auch keine Anregung zu einer Thermofixierung geben und führe in Hinblick auf die dort bei 20 Gew.-% Zumischung von Grivory G 21 zu Polyamid 6 festgestellte Erhöhung des Schrumpfes sogar vom Gegenstand des Streitpatentes weg.

Die Patentinhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent aufrechtzuerhalten auf der Grundlage des Anspruchs 1 überreicht in der mündlichen Verhandlung, des Anspruchs 2 und der Beschreibung gemäß DE 39 43 024 C2, hilfsweise gemäß den Hilfsanträgen 2 oder 3 gemäß Schriftsatz vom 11. Januar 2002 unter Wegfall des 1. Hilfsantrags, jeweils mit einer noch anzupassenden Beschreibung.

Die Einsprechenden zu 1) und zu 2) beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bringen vor, die Lehre des Streitpatentes sei nicht ausführbar, im übrigen abergegenüber dem vorgebrachten Stand der Technik weder neu noch erfinderisch.

Die Einsprechende zu 3), die, wie zuvor schriftlich angekündigt, nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, äußerte sich im Beschwerdeverfahren nicht mehr zur Sache.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Patentinhaberin ist frist- und formgerecht eingelegt worden und zulässig (PatG § 73). Sie führt jedoch nicht zum Erfolg.

Bezüglich ausreichender Offenbarung der Gegenstände gemäß dem Hauptantrag sowie gemäß den Hilfsanträgen 2 und 3 bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale aus den ursprünglichen Unterlagen entnehmbar bzw daraus herleitbar sind (vgl Erstunterlagen, Patentanspruch 1 iVm Patentanspruch 2, sowie Patentanspruch 1 iVm S 3 Z 16 bis 18 und 26 bis 29). Die im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 vorgenommene Einschränkung auf einen Gehalt an Copolyamid von 10 bis 17 Gew.-% ist nicht zu beanstanden. Denn nach bestehender Rechtsauffassung sind in einem offenbarten Mengenbereich auch einzelne nicht ausdrücklich genannte Zwischenwerte eingeschlossen, wobei es auch keine Rolle spielt, wenn es sich dabei um eine kleine Auswahl mit besonderen Eigenschaften handelt (vgl BGH "Crackkatalysator" GRUR 1990, 510; BGH "Chrom-Nickel-Legierung" GRUR 1992, 842; BGH "Inkrustierungsinhibitoren" GRUR 2000, 591).

Die Ausführbarkeit der beanspruchten Lehre, die von den Einsprechenden I und II in Frage gestellt wurde (vgl Schriftsätze der Einsprechenden I vom 13. August 1996, S 2 Punkt 2, der Einsprechenden II vom 21. August 1996, S 4 Punkt 5), ist nach Überzeugung des Senats ohne weiteres gegeben.

Polyamid 6 sowie Copolyamide aus Hexamethylendiamin-, Isophthalsäure- und Terephtalsäure-Einheiten sind in Granulatform im Handel erhältlich, letztere zB unter der Bezeichnung Grivory G 21 oder Selar 3426, und werden gemäß dem ermittelten Stand der Technik bereits zur Herstellung von Verpackungsfolien für Nahrungsmittel verwendet (vgl "Kunststoffe-Plastics", August 1989, Seiten 10-12, Vogt-Schild Verlag, Solothurn, CH (1), EP 305 959 A2 (13), Sp 3 Z 13 bis 19). In (13) wird für Selar 3426 ein Anteil am Säuregemisch von 65 bis 80 Prozent Isophthalsäure-Einheiten angegeben und dabei auf die besondere Eignung dieses Copolyamids wegen seines amorphen Zustands hingewiesen (vgl (13), Sp 4 Z 24 bis 45). Das von der Beschwerdegegnerin 2 in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schmelzdiagramm für Copolyamide aus Hexamethylendiamin-, Isophthalsäure- und Terephthalsäure-Einheiten und das daraus sich ergebende amorphe Verhalten bei mehr als 50 Prozent Anteil an Isophthalsäure im Säuregemisch sind zudem als Fachwissen vorauszusetzen. Zusammen mit der Vorgabe eines Mischungsbereichs von Polyamid 6 zu Copolyamid, insbesondere des ursprünglich explizit genannten Vorzugsbereichs von 10 bis 30 Gew.-% Copolyamid, ist somit eine ausführbare technische Lehre zur Herstellung beanspruchter Verpackungshüllen offenbart.

Ob der Streitgegenstand - wie seitens der Einsprechenden in Abrede gestellt - gegenüber im Verfahren befindlichen Druckschriften die erforderliche Neuheit aufweist, kann dahinstehen.

Denn die Bereitstellung einer Verpackungs- oder Wursthülle mit den Merkmalen der Patentansprüche 1 gemäß Haupt- und Hilfsanträgen beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist von der Aufgabe auszugehen, eine einschichtige schlauchförmige Verpackungshülle auf Basis von Polyamid bereitzustellen, die als künstliche Wursthülle geeignet ist und im Gegensatz zu bekannten, häufig perlmuttartig schimmernden oder metallisch bläulich glänzenden Polyamidhüllen ein natürliches glasklares Aussehen zeigt (vgl Patentschrift S 2 Z 26 bis 29). Daneben soll die erfindungsgemäße Hülle eine ausreichende Rückstellelastizität aufweisen, um sich an die geschrumpfte Wurstmasse faltenfrei anzulegen, gut zu haften und so das Austreten von Flüssigkeit aus der Wurstmasse zu verhindern (vgl Patentschrift S 2 Z 30 bis 35).

Gelöst wird diese Aufgabe durch die im Patentanspruch 1 beschriebene biaxial streckorientierte und thermofixierte einschichtige schlauchförmige Verpackungshülle aus der betreffenden Polymermischung.

Eine derartige Lösung war für den Durchschnittsfachmann, hier einem mit der Anwendung von Polymermassen zur Verpackung von Lebensmitteln befassten und vertrauten Chemiker oder Anwendungstechniker, in Kenntnis des Standes der Technik naheliegend.

Aus dem in der Zeitschrift "Kunststoffe-Plastics", August 1989, S 10 bis 12, im Verlag Vogt-Schild, Solothurn, erschienenen und somit vorveröffentlichten Fachartikel "Barrierefolien und Hochglanzflaschen" (1) sind ua einschichtige Blasfolien aus Mischungen von Polyamid 6 und Grivory G 21 im Bereich von 0 bis 40 Gew.-% Anteil Grivory G 21 bekannt, die lebensmitteltauglich sind und sich ohne Einschränkung hinsichtlich Wandstärke, Lebensmitteltyp und Anwendungstemperatur für die Verpackung von Lebensmitteln eignen (vgl (1), insbes S 11 Tab 3 iVm S 11 u re Sp). Bei Grivory G 21 handelt es sich um ein Copolyamid aus Hexamethylendiamin-, Isophthalsäure- und Terephthalsäure-Einheiten (vgl (1), Tab 1 Z 1). Eine Verpackungshülle mit vorstehenden stofflichen Merkmalen, die schlauchförmig ausgebildet ist, ist aus (1) nicht nur wegen der einschichtigen Blasfolien gemäß Tab 3 oder Abb 2, sondern auch wegen der in der Zusammenfassung ausgeführten Extrusionverarbeitung der Polymermasse zu Schläuchen zweifelsfrei zu entnehmen.

Die Frage, ob die in (1) beschriebenen einschichtigen schlauchförmigen Blasfolien wegen der auf Tab 3 Bezug nehmenden Ausführungen auf S 10, li Sp Abs 2 auch bereits biaxial gereckt bzw streckorientiert worden sind, kann dahingestellt bleiben.

Denn bei gegebener Aufgabenstellung wird sich der Fachmann ausgehend von der Lehre gemäß (1), wonach Verpackungshüllen hoher Transparenz und geringer Permeabilität für Sauerstoff aus einer Polymermischung von Polyamid 6 und Grivory G 21 gefertigt werden können, mangels weiterer Angaben zwangsläufig an solchen Arbeitsweisen des Standes der Technik orientieren, mit deren Hilfe er zu Verpackungshüllen mit für die Abfüllung von Wurstmasse erwünschten vorteilhaften Eigenschaften gelangen kann.

In der US 4 560 520 (18), die eine einschichtige schlauchförmige elastische Verpackungshülle auf Basis von Polyamid 6 betrifft, sind in ausführlicher Weise alle erforderlichen Arbeitsschritte zu deren Herstellung beschrieben. Demnach wird zunächst eine schlauchförmige Blasfolie (Vorschlauch) geformt, abgekühlt, nach Erwärmen biaxial gereckt und abschließend thermofixiert (vgl (18), Sp 5 Z 6 bis Sp 6 Z 38 iVm Beispiel 1). Insbesondere geht daraus hervor, dass mittels kontrolliertem Schrumpf und vollständiger Thermofixierung in einem Schritt eine für Wurst insofern geeignete Verpackungshülle erhalten werden kann, als sich die Polymerhülle beim Abfüllen der heißen Wurstmasse trotz Thermofixierung etwas ausdehnt, nach dem Abkühlen jedoch faltenfrei anlegt und somit auch die erforderliche Rückstellelastizität aufweist (vgl (18), Sp 5 Z 6 bis 12 iVm Sp 6 Z 29 bis 38 iVm Sp 7 Z 16 bis 20).

Gerade weil in der Druckschrift (1) im einzelnen erläutert wird, dass sich Blasfolien aus Polyamid 6 durch Zumischen von Grivory G 21 hinsichtlich Transparenz, Glanz und Sauerstoffbarriere-Eigenschaften verbessern lassen, lag es somit auch ausgehend von der Lehre der Druckschrift (18) auf der Hand, dem dort zur Herstellung von Wursthüllen verwendeten Polyamid 6 entsprechend dieser Empfehlung einen bestimmten Anteil an Grivory G 21 zuzumischen.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, in (1) seien an keiner Stelle biaxial streckorientierte Schlauchfolien offenbart oder auch nur in Erwägung gezogen sondern lediglich Blasfolien beschrieben, kann sich der Senat nicht anschließen. Unabhängig davon, ob die in Tab 3 in (1) beschriebenen Blasfolien wegen der Bezugnahme im Text S 10 li Sp Abs 2 bereits tatsächlich biaxial streckorientiert gefertigt wurden, vermittelt die Druckschrift (1) dem Fachmann jedenfalls zumindest die Anregung, eine zunächst hergestellte Blasfolie auf übliche Weise nach erneutem Aufblasen biaxial zu recken, um daraus, wie in der Zusammenfassung in (1) bereits erwogen, eine schlauchförmige Verpackung zu erhalten. Dass es sich bei der biaxialen Verstreckung von Blasfolien um eine übliche, für den Fachmann ohne weiteres ausführbare Arbeitsweise handelt, belegt zudem die seitens der Patentinhaberin eingeführte Druckschrift Willi Predöhl: "Technologie extrudierter Kunststofffolien", VDI-Verlag Düsseldorf 1979, S 164 bis 167, 173 bis 175 (21) (vgl insbes S 173 Abschn 10.2.2.2.).

Wegen der für Wurstverpackungen geforderten bekannten Eigenschaften wird der Fachmann in Hinblick auf (18) schließlich auch eine Thermofixierung vornehmen.

Soweit es sich bei der Thermofixierung ausgeformter Polymermassen nicht ohnehin schon um eine dem Fachmann geläufige Grundoperation handelt, gibt ihm Druckschrift (18) die erforderlichen experimentellen Einzelheiten vor, sodaß es zur Ausführung keinerlei erfinderischen Zutuns mehr bedurfte.

Weiterer Beleg dafür, dass der Fachmann solche Anregungen ohne weiteres auch in die Praxis umsetzen konnte, stellen jedoch letztlich auch die ursprünglichen Unterlagen des Streitpatents dar, die keine Einzelheiten der Weiterverarbeitung einer vorgeformten Blasfolie durch biaxiales Verstrecken und abschließende Thermofixierung enthalten (vgl aaO S 3 Z 20 bis 24). Beispiele und Vergleichsbeispiele, darin eingesetzte spezielle Polymermischungen sowie die experimentelle Durchführung der Verfahrensschritte (vgl Streitpatentschrift S 2 Z 59 bis S 3 Z 42) sind erst nachträglich zur Akte gereicht und in die Patentschrift aufgenommen worden (vgl PV, Eingabe vom 4. August 1994 sowie Bescheid vom 23. August 1995).

Nach alledem beruht die Herstellung einer insbesondere auch für Wurstmasse geeigneten Verpackungshülle ausgehend von (1) iVm der Lehre von (18) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.

Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß 2. Hilfsantrag, der gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hinsichtlich des Anteils an Copolyamid an der Polymermischung auf 10 bis 17 Gew.-% eingeschränkt ist, beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Denn was in Bezug auf die Offenbarung dieses in den ursprünglichen Unterlagen nicht explizit genannten Bereichs gilt, muß auch für die Beschreibung des Standes der Technik, hier die Druckschrift (1), in der aus Tabelle 3 ein Bereich von 0 bis 40 Gew.-% Anteil an Grivory G 21 zu entnehmen ist, gelten (vgl BGH "Crackkatalysator").

Entsprechendes wie für den Hauptantrag gilt für den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß dem 3. Hilfsantrag, der sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lediglich in der auf die Verpackung von Wurst eingeschränkten Zweckangabe sowie dem fakultativen Merkmal üblicher Additive in der jeweils wirksamen Menge unterscheidet.

Die echten Unteransprüche aus den einzelnen Anträgen, welche bevorzugte Ausgestaltungen betreffen, teilen das Schicksal des jeweiligen Patentanspruchs 1 (BGH "Elektrisches Speicherheizgerät", GRUR 1997, 120).

Kahr Niklas Hock Egerer Pü






BPatG:
Beschluss v. 29.04.2002
Az: 15 W (pat) 40/00


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