Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 5. April 2001
Aktenzeichen: I-6 U 91/00
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 05.04.2001, Az.: I-6 U 91/00)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat entschieden, dass die Nichtigkeitsklage der Kläger gegen den Hauptversammlungsbeschluss der Beklagten vom 26. Juli 1996 abgewiesen wird. Die Kläger hatten geltend gemacht, dass die Einberufung der Hauptversammlung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Das Gericht stellte fest, dass etwaige Einberufungsmängel gemäß § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG geheilt wären, da der Beschluss bereits in das Handelsregister eingetragen und seit mehr als drei Jahren vergangen war. Das Rechtsschutzbedürfnis der Kläger ergibt sich aus ihrer Aktionärseigenschaft. Die Frage, ob die Kläger die Nichtigkeitsklage rechtsmissbräuchlich erhoben haben, wurde nicht entschieden. Das Gericht wies die Klage ab, da die Nichtigkeitsgründe nicht mehr geltend gemacht werden konnten. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger und der Nebenintervenient je zu einem Drittel. Der Streitwert wurde auf 200.000,00 DM festgesetzt. Die Beschwer der Kläger und des Nebenintervenienten beläuft sich ebenfalls auf 200.000,00 DM.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Düsseldorf: Urteil v. 05.04.2001, Az: I-6 U 91/00
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 25. Februar 2000 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kläger und der Nebenintervenient tragen die Kosten des Berufungsverfahrens zu jeweils 1/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jeder Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicher-heitsleistung in Höhe von 6.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet. Der Nebenintervenient kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklag-te vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können auch durch Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in D.. Sie betreibt das Verlagsgeschäft sowie Vermögensverwaltung für eigene Rechnung. Die Kläger behaupten, Aktionäre der Beklagten zu sein.
Die Satzung der Beklagten in der Fassung vom 3. November 1995 enthielt u. a. die folgenden Bestimmungen:
"§ 20
Zur Teilnahme an der Hauptversammlung sind diejenigen Aktionäre berechtigt, die bei der Gesellschaft, bei einem deutschen Notar, bei einer Wertpapiersammelbank oder bei den sonst in der Einberufung bezeichneten Stellen in den üblichen Geschäftsstunden ihre Aktien spätestens am 5. Werktag, außer Sonnabend, vor der Hauptversammlung hinterlegen und bis zu ihrer Beendigung dort belassen. Die Hinterlegung ist auch dann ordnungsgemäß erfolgt, wenn die Aktien mit Zustimmung einer Hinterlegungsstelle für sie bei einem anderen Kreditinstitut bis zur Beendigung der Hauptversammlung gesperrt werden.
Im Fall der Hinterlegung bei einem Notar oder bei einer Wertpapiersammelbank ist die Bescheinigung über die erfolgte Hinterlegung spätestens einen Tag nach Ablauf der Hinterlegungsfrist bei der Gesellschaft einzureichen.
Sind Aktienurkunden nicht ausgegeben, so ist die Teilnahme an der Hauptversammlung davon abhängig, daß die Aktionäre sich spätestens am 3. Tag vor der Versammlung anmelden. Die Einzelheiten werden in der Einberufung bestimmt."
Durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger vom 12. Juni 1996 lud der Vorstand der Beklagten zu einer Hauptversammlung am 26. Juli 1996 in D. ein, in der u. a. über eine Erhöhung des Grundkapitals von 3 Mio. DM um 2 Mio. DM auf 5 Mio. DM durch Ausgabe neuer Inhaberaktien entschieden werden sollte. Die Einladung enthielt abschließend folgende Hinweise:
"Gemäß § 20 unserer Satzung haben diejenigen Aktionäre, welche in der Hauptversammlung ihr Stimmrecht ausüben oder Anträge in derselben stellen wollen, ihre Aktien spätestens am fünften Werktag vor dem Versammlungstag, den Tag der Hinterlegung, aber nicht den Hauptversammlungstag mitgerechnet, bei der Gesellschaft, der Sparkasse B., einer Wertpapiersammelbank oder einem deutschen Notar zu hinterlegen. Die Hinterlegung ist auch in der Weise zulässig, daß die Aktien mit Zustimmung einer Hinterlegungsstelle für sie bei einem anderen Kreditinstitut verwahrt und bis zur Beendigung der Hauptversammlung gesperrt werden. Sonnabende gelten nicht als Werktag.
Im Falle der Hinterlegung bei einem Notar oder bei einer Wertpapiersammelbank ist die Bescheinigung über die erfolgte Hinterlegung spätestens einen Tag nach Ablauf der Hinterlegungsfrist der Gesellschaft einzureichen."
In der Hauptversammlung am 26. Juli 1996 wurde die in Aussicht genommene Erhöhung des Grundkapitals beschlossen. Ihre Durchführung wurde am 24. Oktober 1996 in das Handelsregister eingetragen.
Mit der am Montag, dem 25. Oktober 1999 per Telefax beim Landgericht eingegangenen Klage haben die Kläger geltend gemacht, in der Einberufung der Hauptversammlung vom 26. Juli 1996 seien die Teilnahmebedingungen nicht ordnungsgemäß angegeben worden. Nach § 20 der Satzung seien Sonnabende bei der Berechnung der Hinterlegungsfrist nur dann nicht mitzuzählen, wenn der fünfte Werktag vor der Hauptversammlung auf einen solchen Wochentag falle. Zudem fehlten die Bezeichnung der konkreten Daten, zu denen die Aktien spätestens hinterlegt und - im Falle der Hinterlegung bei einem Notar oder einer Wertpapiersammelbank - die Hinterlegungsbescheinigung bei der Gesellschaft eingereicht werden müssten, sowie der Hinweis, dass die Hinterlegung bei der Gesellschaft, einem deutschen Notar, einer Wertpapiersammelbank oder den sonst in der Einberufung bezeichneten Stellen nur in den üblichen Geschäftsstunden erfolgen könne. Schließlich lasse die Einberufung nicht erkennen, an welche Voraussetzungen die bloße Teilnahme an der Hauptversammlung geknüpft sei. Die in der Einladung bezeichneten Bedingungen für die Stellung von Anträgen in der Hauptversammlung seien dagegen in der Satzung nicht vorgesehen. Diese Mängel führten gemäß §§ 241 Nr. 1, 121 Abs. 3 AktG zur Nichtigkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses, die sie als Aktionäre im Wege der Nichtigkeitsklage geltend machen könnten. Ergänzend haben die Kläger die ordnungsgemäße Bevollmächtigung der Prozessvertreter der Beklagten bestritten.
Die Kläger haben beantragt,
festzustellen, dass der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 26. Juli 1996, durch den das Grundkapital der Beklagten von 3.000.000,00 DM um 2.000.000,00 DM auf 5.000.000,00 DM durch Ausgabe neuer, auf den Inhaber lautender Aktien mit Nennbeträgen von 5,00 DM gegen Bareinlagen zum Ausgabekurs von 5,00 DM je neue Aktie im Nennbetrag von 5,00 DM erhöht worden ist, nichtig ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat bestritten, dass die Kläger Aktionäre seien und diese Stellung seit der Hauptversammlung vom 26. Juli 1996 ununterbrochen innehätten. Jedenfalls sei die Einberufung der Versammlung nicht zu beanstanden. § 20 der Satzung sei dahin auszulegen, dass Sonnabende bei der Berechnung der Hinterlegungsfrist generell nicht als Werktage anzusehen seien. In der vorliegenden Konstellation sei dies zudem unerheblich, weil der fünfte Werktag vor der Hauptversammlung auf einen Sonnabend gefallen sei und die Hinterlegungsfrist schon deshalb am vorangegangenen Freitag geendet habe. Der letzte Hinterlegungstermin und der Zeitpunkt der Einreichung der Hinterlegungsbescheinigung seien mit der Wiedergabe der entsprechenden Satzungsbestimmungen hinreichend bezeichnet; die Angabe konkreter Daten sei nicht erforderlich. Die Beschränkung der Hinterlegungsmöglichkeit auf die üblichen Geschäftsstunden ergebe sich aus der Natur der Sache und habe keiner ausdrücklichen Erwähnung bedurft. Schließlich sei als "Teilnahme an der Hauptversammlung" im Sinne der Satzung nur die Teilnahme mit allen Rechten anzusehen, während die bloße Anwesenheit eines Aktionärs ohne Wahrnehmung dieser Rechte nicht an die Hinterlegung seiner Aktien gebunden sei. Demgemäß habe die Einladung eine solche Bedingung für die bloße Teilnahme richtigerweise nicht gestellt und das Hinterlegungserfordernis zutreffend auf die Ausübung des Stimmrechtes und die Stellung von Anträgen bezogen. Sollte die Einberufung gleichwohl einzelne Fehler aufweisen, lägen diese jedenfalls unterhalb der Schwelle der Erheblichkeit, die die schwerwiegende Folge der Nichtigkeit des angegriffenen Hauptversammlungsbeschlusses rechtfertige; eine allenfalls in Betracht kommende Anfechtbarkeit sei wegen des Ablaufs der Anfechtungsfrist ausgeschlossen. Im Übrigen missbrauchten die Kläger ihre etwaige Aktionärsstellung, um sie - die Beklagte - durch eine Vielzahl von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen unter Druck zu setzen und sich ihr Klagerecht sodann abkaufen zu lassen.
Das Landgericht hat keine Einberufungsmängel festgestellt und die Klage deshalb abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Satzungsbestimmung, wonach die Teilnahmeberechtigung der Aktionäre von ihrer Anmeldung spätestens am dritten Werktag vor der Hauptversammlung abhänge, entspreche der Regelung des § 123 Abs. 4 AktG und habe deshalb nach dem Schutzzweck des § 121 Abs. 3 AktG nicht in die Einberufung aufgenommen werden müssen. Die Voraussetzungen für die Ausübung des Stimmrechtes und die Stellung von Anträgen seien im Einklang mit § 20 Abs. 1 der Satzung zutreffend wiedergegeben worden. Dabei habe die Beklagte mit dem Hinweis, dass Sonnabende nicht als Werktag gelten, jedem Aktionär die genaue Berechnung der Hinterlegungsfrist ermöglicht. Die Bezeichnung des Fristendes sei unter diesen Umständen nicht erforderlich gewesen. Aufgrund des fehlenden Hinweises, dass die Aktien nur innerhalb der üblichen Geschäftsstunden hinterlegt werden könnten, sei die Beklagte zwar verpflichtet gewesen, jedenfalls den Aktionären, die am letzten Hinterlegungstag bei ihr außerhalb dieses Zeitraums Aktien hätten hinterlegen wollen, die Ausübung ihrer Rechte in der Hauptversammlung zu gestatten. Darin liege indes eine Erweiterung ihrer satzungsmäßigen Rechtsstellung, die nicht zur Nichtigkeit des angegriffenen Beschlusses, sondern allenfalls zur - wegen Fristablaufs nunmehr ausgeschlossenen - Anfechtbarkeit führe. Da die Kapitalerhöhung mithin nicht mehr angreifbar sei, komme es auf einen möglichen Rechtsmissbrauch, für den erhebliche Anhaltspunkte bestünden, nicht an.
Mit der Berufung wenden sich die Kläger gegen die Würdigung des Landgerichts, die die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe verkenne und zudem rechtlich fehlerhaft sei. Die Bedingungen für die Teilnahme an der Hauptversammlung seien in der Satzung verankert und ergäben sich nicht aus dem Aktiengesetz. Schon deshalb seien sie in der Einberufung zu bezeichnen gewesen. Das sei indes aus den bereits erstinstanzlich dargelegten Gründen nur unvollständig und unzutreffend geschehen. Dieser Mangel führe in jedem Fall zur Nichtigkeit des angegriffenen Hauptversammlungsbeschlusses; auf die Erheblichkeit des Verstoßes komme es nicht an. Weiterhin treten die Kläger dem Vorwurf des Missbrauchs der Klagebefugnis entgegen und wiederholen ergänzend ihr Vorbringen des ersten Rechtszuges. Die Rüge der mangelnden Prozessvollmacht haben sie in der mündlichen Verhandlung fallen lassen.
Der Nebenintervenient hat zunächst erklärt, dem Berufungsverfahren als weiterer Kläger beizutreten, sich sodann jedoch vor einer förmlichen Zustellung der Beitrittsschrift auf einen Beitritt als Streithelfer auf Seiten der Kläger beschränkt. Er behauptet, ebenfalls Aktionär der Beklagten zu sein, und schließt sich im Übrigen dem Vortrag der Kläger an.
In der mündlichen Verhandlung des Berufungsrechtszuges hat der Kläger zu 2. vier Depotbescheinigungen der F...bank eG sowie mehrere Inhaberaktien der Beklagten vorgelegt und diese zum Nachweis der Aktionärseigenschaft den Klägern bzw. dem Nebenintervenienten zugeordnet.
Die Kläger und der Nebenintervenient beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 26. Juli 1996 unter Punkt 5 der Tagesordnung, durch den das Grundkapital der Beklagten von 3.000.000,00 DM um 2.000.000,00 DM auf 5.000.000,00 DM durch Ausgabe neuer, auf den Inhaber lautender Aktien mit Nennbeträgen von 5,00 DM gegen Bareinlagen zum Ausgabekurs von 5,00 DM je neue Aktie im Nennbetrag von 5,00 DM und mit Gewinnberechtigung ab 1. Januar 1996 erhöht worden ist, nichtig ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Klage für unzulässig, weil die Kläger - ebenso wie der Nebenintervenient - ihre Aktionärsstellung zu den Zeitpunkten der Hauptversammlung, der Klageerhebung bzw. des Streitbeitritts und darüber hinaus ununterbrochen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch immer nicht nachgewiesen hätten und ihre Prozessführungsbefugnis damit nicht feststehe. Zudem missbrauchten sie die Nichtigkeitsklage zum systematischen Aufbau einer Verhandlungsposition, aus der sie Abstandszahlungen für den Verzicht auf ihr Klagerecht erzwingen wollten. Dieses Vorgehen lasse das Rechtsschutzbedürfnis entfallen und führe ebenfalls zur Unzulässigkeit der Klage. Ergänzend wiederholt auch die Beklagte ihr Vorbringen des ersten Rechtszuges und verbleibt bei der Auffassung, dass die Hauptversammlung vom 26. Juli 1996 ordnungsgemäß einberufen worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften beider Rechtszüge und die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil und den nachfolgenden Entscheidungsgründen verwiesen.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die auf die §§ 249 Abs. 1 Satz 1, 241 Nr. 1, 121 Abs. 3 Satz 2 AktG gestützte Nichtigkeitsklage ist jedenfalls deshalb nicht begründet, weil etwaige Einberufungsmängel gemäß § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG geheilt wären.
I.
Die von der Beklagten geäußerten Zulässigkeitsbedenken stehen einer sachlichen Entscheidung über die Klage nicht entgegen.
1. Aufgrund der vorgelegten Depotbescheinigungen und Inhaberaktien ist der Senat davon überzeugt, dass zumindest der Kläger zu 2. sowohl bei Klageerhebung als auch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung Aktionär der Beklagten war. Die Depotbescheinigungen belegen diese Rechtsstellung für den 30. Juni 1999, den 28. Oktober 1999 und den 21. Februar 2001. Aufgrund der zeitlichen Nähe der letzten Bescheinigung zur mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2001 ist zudem davon auszugehen, dass die vorgewiesenen Inhaberaktien jedenfalls teilweise dem Kläger zu 2. gehören. Greifbare Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Veräußerung hat die bei dieser Sachlage darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. Hüffer, 4. Aufl., § 245 AktG Rdnr. 9) nicht aufgezeigt. Der Hinweis auf die offenbar angespannten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers zu 2. reicht insoweit nicht aus. Abgesehen davon, dass die Creditreform-Auskunft vom 23. März 2001 erst mit einem nicht nachgelassenen Schriftsatz nach Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung vorgelegt worden ist (§§ 523, 296 a Satz 1 ZPO), enthält sie trotz zahlreicher Haftanordnungen keinen Hinweis auf die tatsächliche Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Dem Kläger zu 2. ist es mithin offenbar gelungen, diese Maßnahme bislang zu vermeiden. Zudem belegen die Depotbescheinigungen, dass er ungeachtet seiner finanziellen Situation tatsächlich noch Aktien der Beklagten hielt. Schon deshalb besteht auch kein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO). Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger zu 2. im genannten Zeitraum durchgängig Aktionär der Beklagten war.
An der Aktionärseigenschaft des Klägers zu 1. bestehen jedenfalls für die Zeit seit dem 20. Januar 2000 ebenfalls keine durchgreifenden Zweifel. Die in der mündlichen Verhandlung des ersten Rechtszuges vorgelegte Depotbescheinigung weist ihn für diesen Zeitpunkt als Aktionär der Beklagten aus. Auch insoweit hat die Beklagte hinreichende Anhaltspunkte für den Verlust dieser Rechtsstellung nicht dargetan. Es kann deshalb dahinstehen, ob die vom Kläger zu 2. vorgenommene Zuordnung der in der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2001 vorgelegten Inhaberaktien die weitere Aktionärseigenschaft des Klägers zu 1. genügend belegt.
Aufgrund der Aktionärsstellung der Kläger unterliegt die Klage den besonderen Regeln der §§ 249 Abs. 1 Satz 1, 246 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 AktG, die vorliegend gewahrt sind. Zugleich ergibt sich das Feststellungsinteresse der Kläger bereits aus ihrer Mitgliedschaft als Aktionär; die Darlegung eines weitergehenden Interesses an der Feststellung der Nichtigkeit des angegriffenen Hauptversammlungsbeschlusses ist grundsätzlich nicht erforderlich (vgl. Hüffer, § 249 AktG Rdnr. 11 m.w.N.).
Der Nebenintervenient macht geltend, ebenfalls Aktionär der Beklagten zu sein. Sein rechtliches Interesse am Ausgang des Verfahrens ergibt sich für diesen Fall bereits aus der Drittwirkung eines rechtskräftigen Nichtigkeitsurteils. Ob seine Behauptung zutrifft und durch die Zuordnung von Inhaberaktien durch den Kläger zu 2. hinreichend belegt ist, kann indes dahinstehen. Nach Vorlage dieser Aktien hat die Beklagte den mit Schriftsatz vom 19. Februar 2001 angekündigten Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention nämlich nicht gestellt (§§ 523, 297 ZPO). Eine Zwischenentscheidung über die Zulassung der Nebenintervention ist deshalb nicht erforderlich (vgl. Zöller/Vollkommer, 22. Aufl., § 71 ZPO Rdnr. 1; Schilken in Münchener Kommentar, 2. Aufl., § 71 ZPO Rdnrn. 1 und 5).
2.
Ob die Kläger die Nichtigkeitsklage rechtsmissbräuchlich mit dem Ziel, sich ungerechtfertige Sondervorteile zu verschaffen, erhoben haben, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung. Im Falle einer Anfechtungsklage hätte ein solches Verhalten den Verlust der Anfechtungsbefugnis und die Abweisung der Klage als unbegründet zur Folge (vgl. BGH AG 1992, 448, 449; Hüffer, § 245 AktG Rdnr. 26 m.w.N.). Falls für die Nichtigkeitsklage andere Grundsätze gelten und bereits das Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen sein sollten (so OLG Frankfurt am Main AG 1991, 208; Hüffer, § 249 AktG Rdnr. 11), stünde dies einer Entscheidung in der Sache gleichwohl nicht entgegen. Das Rechtsschutzbedürfnis ist nämlich ebenso wie das Feststellungsinteresse keine Prozessvoraussetzung, ohne deren Vorliegen dem Gericht eine Sachprüfung und ein Sachurteil schlechthin verwehrt wären (vgl. BGH NJW 1978, 2031, 2032; Zöller/ Greger, § 256 ZPO Rdnr. 7; beide m.w.N.). Die Frage des Rechtsmissbrauchs kann danach offen bleiben, weil die Klage jedenfalls nicht begründet ist:
II.
Gemäß § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG kann die Nichtigkeit eines nach §§ 241 Nr. 1, 121 Abs. 3 AktG nichtigen Hauptversammlungsbeschlusses nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Beschluss in das Handelsregister eingetragen worden ist und seitdem drei Jahre verstrichen sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Durchführung der am 26. Juli 1996 beschlossenen Erhöhung des Grundkapitals wurde am 24. Oktober 1996 in das Handelsregister eingetragen. Die Frist des § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG endete danach mit Ablauf des 24. Oktober 1999.
Die am 25. Oktober 1999 per Telefax eingereichte Klage konnte keine Fristverlängerung nach § 242 Abs. 2 Satz 2 AktG mehr bewirken. Zwar fiel der 24. Oktober 1999 auf einen Sonntag. § 193 BGB, der das Fristende in einem solchen Fall unter bestimmten Voraussetzungen auf den nächsten Werktag verlegt, greift vorliegend indes nicht ein:
Die genannte Vorschrift erfasst nach ihrem Wortlaut nur Termine und Fristen zur Abgabe einer Willenserklärung oder zur Erbringung einer Leistung. Sie gilt darüber hinaus entsprechend für geschäftsähnliche und für Prozesshandlungen, die innerhalb einer bestimmten Zeitspanne vorgenommen werden sollen oder können und zugleich materiellrechtliche Wirkungen entfalten (vgl. Palandt/Heinrichs, 60. Aufl., § 193 BGB Rdnr. 2; von Feldmann in Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 193 BGB Rdnr. 5; Soergel/Niedenführ, 13. Aufl., § 193 BGB Rdnr. 10). Auch in diesen Fällen kommt der Zweck, die in § 193 BGB bezeichneten Tage zu schützen und dem Handlungspflichtigen zugleich die volle Ausnutzung der Frist zu ermöglichen, zum Tragen. Die Bestimmung findet dagegen keine Anwendung, wenn es nicht um die Vornahme von Handlungen, sondern um den Eintritt von Rechtswirkungen geht (vgl. Palandt/Heinrichs, § 193 BGB Rdnr. 2).
§ 242 Abs. 2 AktG konstituiert keine Klagefrist, sondern bewirkt, dass bestimmte Nichtigkeitsgründe nach Ablauf der bezeichneten Zeitspanne nicht mehr geltend gemacht werden können, der Mangel also geheilt wird. Der Fristablauf wirkt damit rechtsändernd (vgl. BGH NJW 1989, 904, 905). Ist bei Ablauf der Frist eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses rechtshängig, verlängert sich die Frist zwar bis zu dem Zeitpunkt, in dem über die Klage rechtskräftig entschieden ist oder sie sich auf andere Weise endgültig erledigt hat (§ 242 Abs. 2 Satz 2 AktG). Diese Verlängerung soll indes nur verhindern, dass ein Beschluss infolge Fristablaufs während des Prozesses wirksam wird, bevor durch Urteil seine Nichtigkeit festgestellt werden kann (vgl. BGH NJW 1989, 904, 905). Sie ändert dagegen nichts daran, dass die Frist auf den Eintritt einer Rechtswirkung und nicht darauf abzielt, dem Klageberechtigten Gelegenheit zu bestimmten Prozesshandlungen zu geben. Die rechtzeitige Klageerhebung bildet damit anders als im Falle der Anfechtungsklage (§ 246 Abs. 1 AktG) nur ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal für den Heilungsausschluss, der einer Willenserklärung oder Leistung im Sinne des § 193 BGB nicht gleichsteht (vgl. Hüffer, § 242 AktG Rdnr. 3). Die Frist des § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG endet deshalb grundsätzlich auch dann mit dem Ablauf des Tages, der dem Datum der Eintragung in das Handelsregister entspricht (§ 188 Abs. 2 BGB), wenn dieser auf einen Sonnabend, einen Sonntag oder einen allgemeinen Feiertag fällt (vgl. Hüffer, § 242 AktG Rdnr. 3; Zöllner in Kölner Kommentar, 1. Aufl., § 242 AktG Rdnr. 33; Geßler/Hüffer, § 242 AktG Rdnr. 8; a. A. Karsten Schmidt in Großkommentar AktG, 4. Aufl., § 242 AktG Rdnr. 11).
Für ihre abweichende Auffassung können sich die Kläger weder auf die Rechtslage bei der Anfechtungsklage (vgl. dazu Hüffer, § 246 AktG Rdnr. 22; Geßler/Hüffer, § 246 AktG Rdnr. 35) noch auf die Rechtsprechung zu § 270 Abs. 3 ZPO (vgl. BGH NJW 1989, 904, 905) berufen. Die Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses unterliegt einer echten Klagefrist (§ 246 Abs. 1 AktG), die dem Anfechtungskläger Gelegenheit zur Vornahme von Prozesshandlungen geben soll und deren Versäumung ihn zwar materiellrechtlich mit seinen Anfechtungsgründen ausschließt, auf den rechtlichen Bestand des von Anfang an wirksamen Beschlusses jedoch keinen Einfluss hat (vgl. BGH NJW 1989, 904, 905). Bei der Nichtigkeitsklage führt der Fristablauf dagegen zu einer Rechtsänderung, während die Klageerhebung nur tatbestandliche Voraussetzung für den Heilungsausschluss ist. Damit unterscheiden sich die Fallgestaltungen gerade in dem für die Anwendung des § 193 BGB entscheidenden Gesichtspunkt der Vergleichbarkeit mit der Abgabe einer Willenserklärung oder der Erbringung einer Leistung. Zwar hat der Bundesgerichtshof beide Sachverhalte im Hinblick auf die Problematik des § 270 Abs. 3 ZPO gleichgestellt und ausgeführt, dass es trotz des unterschiedlichen Charakters der Fristen bei der Nichtigkeitsklage und der Anfechtungsklage gleichermaßen um die Wahrung einer Frist geht. Diese Erwägung wie auch die Identität des Rechtschutzzieles, die Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses mit Wirkung für und gegen jedermann gerichtlich klären zu lassen (vgl. BGH ZIP 1999, 580), rechtfertigen indes nur die einheitliche Anwendung des § 270 Abs. 3 ZPO, nicht jedoch eine generelle Gleichbehandlung in allen Fristbelangen. Die Rückwirkung der Rechtshängigkeit auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung erklärt sich unter den Voraussetzungen der genannten Vorschrift aus dem Amtsbetrieb (§ 270 Abs. 1 ZPO), der dem Klageberechtigten den Einfluss auf den Zeitpunkt der Zustellung weitgehend entzieht. Die daraus folgenden Risiken dürfen den Nichtigkeitskläger ebenso wenig wie den Anfechtenden belasten. Der Anwendungsbereich des § 270 Abs. 3 ZPO erstreckt sich demgemäß - anders als § 193 BGB - auf alle durch die Zustellung zu wahrenden Fristen. Vorliegend geht es dagegen nicht um mögliche Verzögerungen im Zustellungsverfahren, sondern um die Frage, ob im Zeitpunkt des Fristablaufs eine Klage überhaupt eingereicht und der frühestmögliche Anknüpfungspunkt für eine Rückwirkung der Rechtshängigkeit und einen Heilungsausschluss bereits gegeben war. Insoweit kann es nicht auf die gleichermaßen rechtswahrende Wirkung der Anfechtungs- und der Nichtigkeitsklage, sondern allein darauf ankommen, ob - wie bei der Anfechtungsklage - eine bestimmte Klagefrist gewährleistet oder - wie bei der Nichtigkeitsklage - eine Rechtswirkung begründet werden soll.
Im Ergebnis findet § 193 BGB danach im vorliegenden Fall keine Anwendung. Die Frist des § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG endete deshalb mit Ablauf des 24. Oktober 1999. Da die Klage zu diesem Zeitpunkt weder rechtshängig noch anhängig war, wurde eine mögliche Nichtigkeit des angegriffenen Hauptversammlungsbeschlusses aufgrund von Einberufungsmängeln geheilt und kann von den Klägern nicht mehr geltend gemacht werden. Schon deshalb erweist sich die Berufung als nicht begründet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 101 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge - zugleich unter Änderung der Festsetzung in dem angefochtenen Urteil (§ 25 Abs. 2 Satz 2 GKG) - auf 200.000,00 DM festgesetzt. Bei seiner Bemessung ist gemäß §§ 249 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 1 AktG auf die Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Bedeutung der Sache für die Parteien, abzustellen. Da das Interesse der Kläger nach dem Umfang des vorgetragenen und belegten Aktienbestandes gering, das der Beklagten, für die es um eine Kapitalerhöhung um 2 Mio. DM geht, dagegen sehr hoch zu veranschlagen ist, entspricht ein Wertansatz von 10 % des Erhöhungsbetrages unter Berücksichtigung beider Gesichtspunkte billigem Ermessen.
Die Beschwer der Kläger und des Nebenintervenienten beläuft sich auf 200.000,00 DM.
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 05.04.2001
Az: I-6 U 91/00
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