Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. September 2001
Aktenzeichen: 25 W (pat) 38/01
(BPatG: Beschluss v. 19.09.2001, Az.: 25 W (pat) 38/01)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
In der vorliegenden Gerichtsentscheidung geht es um die Eintragung einer Marke für Dienstleistungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Die Markenstelle hatte die Anmeldung aufgrund fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, da die Bezeichnung "Kids & Co" als beschreibend angesehen wurde. Die Anmelderin legte Beschwerde ein und argumentierte, dass die Kombination aus dem englischen Wort "Kids" und den Kürzeln "& Co" originell und phantasievoll sei und keine unmittelbar beschreibende Bedeutung aufweise.
Das Bundespatentgericht entschied, dass die Eintragung der Marke zulässig sei. Zwar sei das Wortelement "Kids" selbst eine glatt beschreibende Sachangabe, jedoch könnten die Kürzel "& Co" in diesem Zusammenhang eine sachbezogene Aussage sein. Das Gericht stellte fest, dass die Verwendung dieser Kürzel auch außerhalb des Handels- und Gesellschaftsrechts in allgemeiner Bedeutung üblich sei und auf Werbeprospekten zu finden sei. Es sei jedoch fraglich, ob diese Verwendung als betrieblicher Herkunftshinweis gesehen wird. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die angemeldete Bezeichnung zwar eine sachbezogene, aber auch eine betriebsbezogene Information vermitteln würde. Es fehle jedoch eine schutzbegründende Eigenart, da die ungewöhnliche Sprachform der Bezeichnung keine konkrete Eigenprägung aufweise. Das Gericht betonte, dass für die Schutzfähigkeit einer Marke die konkret beanspruchte Form maßgebend sei.
Das Gericht sah auch kein Freihalteinteresse der Mitbewerber an der angemeldeten Bezeichnung. Es fehle an einer eindeutigen und konkreten Sachaussage, die die Dienstleistungen ausreichend beschreibt. Das Gericht hob daher den Beschluss der Markenstelle auf und erlaubte die Eintragung der Marke.
Insgesamt war die Beschwerde der Anmelderin erfolgreich und die Marke wurde zugelassen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 19.09.2001, Az: 25 W (pat) 38/01
Tenor
Der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Oktober 1999 wird aufgehoben.
Gründe
I.
Die Bezeichnung Kids & Coist am 17. Februar 1998 für Dienstleistungen der Klassen 41 und 42 "gemeinnützige Förderung der Jugendhilfe sowie der Idee des demokratischen Staatswesens und der Kultur in Bezug auf Jugendliche, insbesondere..., Planung, Durchführung und Auswertung von Veranstaltungen und Projekten unter Mitwirkung der Kinder und Jugendlichen, wie... " sowie weiterer Dienstleistungen zur Förderung der Zusammenarbeit der bestehenden Kinder- und Jugendeinrichtungen und der Herstellung von Partnerschaften zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Beanstandung die Markenanmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. "Kids" stelle eine in der deutschen Sprache übliche Bezeichnung für "Kinder, Jugendliche" dar und werde in der Alltags- und Werbesprache sehr häufig verwendet. Ebenso handele es sich bei dem weiteren, in der angemeldeten Bezeichnung verwendeten kaufmännischen Symbol "&" um die übliche Kurzform des Wortes "und" wie auch der weitere Markenteil "Co" als Kürzel für "etwas anderes/zusätzliches" in der Alltags- und Werbesprache sehr häufig verwendet werde. Der angemeldeten Bezeichnung komme in ihrer Gesamtheit in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen ein rein beschreibender Bedeutungsgehalt zu, da sie lediglich aussage, daß es sich bei den beanspruchten Dienstleistungen um solche Tätigkeiten handele, die speziell für Kinder und andere (also zB Jugendliche) angeboten würden bzw deren Schwerpunkt die Belange der Kinder und anderer darstellten. Die angemeldete Bezeichnung nehme deshalb unmittelbar auf den Inhalt und die Art der beanspruchten Dienstleistungen Bezug und lasse als verständliche und schlagwortartige Aussage auch keinen Raum für eine vom Inhalt der Dienstleistungen wegführende oder mehrdeutige Interpretation. Ihr fehle demnach jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Die Unterscheidungskraft der angemeldeten Bezeichnung sei darin begründet, daß sie in unüblicher Weise aus der Kombination eines aus dem Englischen stammenden Wortes der Allgemeinsprache (Kids) mit Bezeichnungen zusammengesetzt sei, welche dem Handelswesen bzw dem Gesellschaftsrecht entstammten, für die angemeldeten Dienstleistungen nicht ohne eine gedankliche Assoziation verständlich und zudem originell und phantasievoll seien. Auch weise die angemeldete Bezeichnung keinen unmittelbar beschreibenden Bedeutungsgehalt auf, der den Gegenstand der angebotenen Dienstleistungen erkennen lasse. Im übrigen müsse einer Marke ein gewisser hinweisender Charakter zugebilligt werden, da diese neben der Herkunftsfunktion zugleich eine Werbefunktion erfülle.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der Bezeichnung für die angemeldeten Dienstleistungen keine Schutzhindernisse im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG entgegen.
Zwar handelt es sich bei den Wortelement "Kids" in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen um eine glatt beschreibende Sachangabe. Dies gilt jedoch nicht für die weiteren, dem Gesellschafts- und Handelsrecht entnommen Kürzel "& Co". Diese können allerdings abweichend von ihrem ursprünglichen Sinngehalt "und Company" bzw "und Kompagnon" für die vorliegend beanspruchten Dienstleistungen im übertragenen Sinne von "und andere" (bzw "und anderes") als allgemeine, allerdings keine inhaltliche Beschreibung enthaltende Symbole Bedeutung als sachbezogene Aussage erlangen. Hiervon ist auch der angegriffene Beschluß ausgegangen und hat unter Vorlage von Werbeprospekten belegt, daß eine Verwendung der Kürzel "& Co" auch außerhalb des Handels- und Gesellschaftsrechts in dieser allgemeinen Bedeutung wie zB "bits & bytes", "Hemden & Co" "Radler, Russ & Co" oder "Pizza & Co" durchaus verkehrs- und werbeüblich ist. Allerdings kann hieraus nicht ohne weiteres die Schlußfolgerung gezogen werden, daß diese nachweisbare Verwendung nicht markenmäßig erfolgt oder jedenfalls von den angesprochenen Verkehrskreisen auch als betrieblicher Herkunftshinweis gesehen wird. Insbesondere läßt aber die nachgewiesene Verwendung der dem Handels- und Gesellschaftsrecht entlehnten Kürzel in Zusammenhang mit dem Wort "Kids" nicht den hinreichend sicheren Schluß zu, die angemeldete Bezeichnung weise auch in bezug auf die hier allein maßgeblichen Dienstleistungen in ihrer Gesamtheit keine schutzbegründende, jedenfalls durch ihre ungewöhnliche Sprachform begründende Eigenart auf (vgl auch Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 142 auf die "konkrete Eigenprägung des Gesamtausdrucks" hinweisend). Hiervon ist vielmehr nach Auffassung des Senats auszugehen. Die angemeldete Bezeichnung wird deshalb aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise nicht ausschließlich den Eindruck einer sachbezogenen, sondern auch einer betriebsbezogenen Information vermitteln, wenn es sich vorliegend auch sicherlich um einen Grenzfall handeln mag. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, daß der angemeldeten Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG fehlt.
Dies gilt selbst dann, wenn man unterstellt, daß das Wortelement "Kids" für sich allein eine unmittelbare beschreibende Sachaussage darstellt und sich auch in Verbindung mit den weiteren Bestandteilen ohne nennenswerten analysierenden Denkaufwand eine - allerdings allgemeine, keine konkrete inhaltliche Beschreibung aufweisende - Gesamtaussage im Sinne von "Kinder und andere (anderes)" erschließt. Denn für die Beurteilung der Schutzfähigkeit eines Zeichens ist allein die konkret beanspruchte Form in seiner Gesamtheit maßgebend, für welche dieses auch nur Schutz genießt. Deshalb steht selbst ein beschreibender Sinngehalt einer Eintragung nicht zwingend entgegen, wenn die gewählte Sprachform ungewöhnlich oder in sonstiger Weise geeignet ist, kennzeichnend zu wirken, zumal grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen ist, um das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zu überwinden (ständige Rechtsprechung, vgl zB BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION mit weiteren Hinweisen).
Ebenso ist auch ist in bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen ein Freihalteinteresse der Mitbewerber im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG an der angemeldeten Gesamtbezeichnung nicht mit hinreichender Sicherheit ersichtlich. Dies folgt nicht nur im Hinblick auf die für eine Sachaussage eher ungewöhnliche Form der Zusammensetzung, sondern insbesondere daraus, daß sich der Gesamtbezeichnung keine inhaltliche und konkrete bzw eindeutige Sachaussage entnehmen läßt. Denn anders als verallgemeinernde Angaben, wie zB bei Sammelbezeichnungen, welche sich durchaus als treffende Sachbegriffe eignen können (vgl hierzu BGH MarkenR 2000, 330, 332 - Bücher für eine bessere Welt) fehlt es vorliegend an einer aus sich heraus sinngebenden Aussage, die schlagwortartig eine Merkmalsangabe oder sonstige konkrete Umstände in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen umschreibt. So können insbesondere die Kürzel "& CO" auch unter Berücksichtigung der konkret beanspruchten Dienstleistungen völlig unterschiedliche Bedeutungsinhalte - zB personenbezogene wie auch themenbezogene - beigemessen werden. Dem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 2 Abs 2 Nr 2 MarkenG unterfallen aber nur hinreichend konkrete beschreibende Angaben (vgl zur ständige Rspr des BGH vgl zB MarkenG 2001, 209, 211 - Test it - Eindeutigkeit fordernd).
Auf die Beschwerde der Anmelderin war deshalb der angefochtene Beschluß aufzuheben.
BPatG:
Beschluss v. 19.09.2001
Az: 25 W (pat) 38/01
Link zum Urteil:
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