Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. September 2010
Aktenzeichen: 15 W (pat) 38/08

(BPatG: Beschluss v. 30.09.2010, Az.: 15 W (pat) 38/08)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts zurückerwiesen. In der Gerichtsentscheidung vom 30. September 2010 ging es um einen Antrag auf Erteilung eines Patents. Der Anmelder hatte auch einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gestellt, weil er angab, dass seine wirtschaftlichen Verhältnisse sich noch nicht verbessert haben. Das Patent- und Markenamt hatte die Verfahrenskostenhilfe abgelehnt und darauf hingewiesen, dass die Patentanmeldung keine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents habe. Der Anmelder legte daraufhin Beschwerde ein, die jedoch vom Bundespatentgericht zurückgewiesen wurde.

Das Bundespatentgericht erklärte, dass für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe eine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents bestehen muss. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Die bisherigen Unterlagen enthalten laut dem Gericht keine konkreten Hinweise darauf, wie die eingesetzten Biomassen mit den chemischen Substanzen modifiziert werden können, um die gewünschte Verbesserung der Eigenschaften des Schmiermittels zu erreichen. Daher könne der Fachmann die Erfindung nicht ohne eigenes erfinderisches Zutun ausführen. Das Patentgericht stellte fest, dass die für die Ausführbarkeit notwendigen Einzelheiten nicht ausreichend in den Unterlagen genannt sind und der Fachmann zusätzlich erfinderisch werden müsse, um die gestellte Aufgabe zu lösen. Da somit die hinreichenden Erfolgsaussichten des Antrags auf Erteilung eines Patents nicht gegeben sind, wurde der Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe rechtmäßig abgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 30.09.2010, Az: 15 W (pat) 38/08


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 152

Gründe

I.

Der Anmelder hat am 23. November 2006 beim Deutschen Patentund Markenamt einen Antrag auf Erteilung eines Patentes mit der Bezeichnung "... ... ..." mit zwei Seiten Beschreibung, sechs Patentansprüchen sowie einer Zusammenfassung eingereicht.

Gleichzeitig hat der Anmelder einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gestellt und erklärt, dass sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse noch nicht verbessert haben. Auf der Grundlage der vom Anmelder vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat das Deutsche Patentund Markenamt seine Bedürftigkeit festgestellt.

Der Antragsteller wurde zunächst durch Zwischenbescheid vom 22. Oktober 2007 unter ausführlicher Darlegung des Sachverhalts darauf hingewiesen, dass für die Anmeldung keine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents bestünde, da es der Erfindung an der technischen Brauchbarkeit mangle und sie darüber hinaus nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

Am 22. Februar 2008 hat der Anmelder neue Unterlagen eingereicht, die sich von den ursprünglichen Unterlagen jeweils dadurch unterscheiden, dass verschiedene Gegenstände, wie beispielsweise Tierkörper unterschiedlichen Zerkleinerungsgrads oder Fische, sowie boriert, seleniert, etc. gestrichen wurden. Der Anmelder hat in dieser Eingabe weiter ausgeführt, dass durch die Reaktion bzw. das Ätzen, ein Schutz vor Verwesung bestehe, und dass dadurch die Biomassen bessere Reibeigenschaften bekommen würden, welche auf angekoppeltem Halogen und zwar Fluoratomen beruhten. Damit seien die Kritikpunkte ausgeräumt und eine Ausführbarkeit der vorliegenden technischen Lehre gegeben. Der Anmelder hat weiterhin beantragt, die Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und das Patent zu erteilen.

Mit Beschluss vom 1. August 2008 wurde der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe von der Patentabteilung 43 des Deutschen Patentund Markenamtes wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Patentanmeldung zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 25. September 2008, eingegangen am 10. Oktober 2008. Er stellt sinngemäß den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.

Der Antragsteller führt aus, dass die Erfindung für einen Fachmann ausführbar sei.

II.

Die gebührenfreie Beschwerde (Nr. 401 300 des Gebührenverzeichnisses zu § 2 Abs. 1 PatKostG) ist zulässig und insbesondere statthaft, § 135 Abs. 3 PatG. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Deutsche Patentund Markenamt hat den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen, denn einer späteren Patenterteilung stehen durchgreifende Bedenken entgegen.

Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 PatG ist neben der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Antragstellers Voraussetzung für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, dass eine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents besteht. Daran fehlt es hier, denn die Erfindung ist in der Anmeldung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann, § 34 Abs. 4 PatG.

Die am 22. Februar 2008 eingereichten neuen Unterlagen bewegen sich im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung und sind damit zulässig.

Gemäß der neuen Beschreibung umfasst die Erfindung "die Bereiche der Schmiermittelchemie, Biologie, Biotechnologie, Nanotechnologie und Oberflächenbearbeitungstechnologie und -Chemie. Auf molekularer Ebene betrachtet, besteht die Problematik der Verbesserung der Qualität der Schmiermittel in folgenden physikalischen Aspekten:

1) reibende Oberflächen sind nicht flach und nicht eben und Schmiermittel und ihre Zusatzstoffe sollen die Oberflächen ebnen bzw. durch Bezug von chemischen Bestandteilen möglichst flach machen, um Reibewerte zu verbessern, und 2) die meisten chemischen Bestandteile sind nicht kugelförmig und um Reibewerte zu verbessern, ist es sinnvoll Gleitreibung durch Rollreibung oder Gleitreibung geringer Flächen zu ersetzen und dadurch die Qualität zu verbessern."

Die Anmeldung geht vom erteilten deutschen Patent 198 25 129 als nächstliegendem Stand der Technik aus. Diese Druckschrift beschreibt die Verwendung von fluorierten Proteinen als Schmiermittel.

Die Aufgabe der Erfindung besteht in der Verbesserung der Qualität der herkömmlichen Schmiermittel sowie in der Reduktion des Verbrauchs der fossilen Rohstoffe.

Gelöst wird diese Aufgabe gemäß neuem Patentanspruch 1 durch neuartige Schmiermittel, Cherkasky -Schmiermittel genannt, dadurch gekennzeichnet, dass sie chemisch modifizierten, wie vorzugsweise halogenisierten wie fluorierten, bromierten, chlorierten und jodierten, oder anders chemisch modifizierten Biomassen, Biomassen -und Zellysate oder ihre Reste, frische Zellkulturen oder ihre Lysate wie vorzugsweise Algenbiomassen, Chlamydomonas, Volvox, Pilzbiomassen wie Hefe S. cerevisiae, pflanzliche Biomassen, bakterielle Zellkulturen wie grüne photosynthetische Bakterien sowie E. coli, Tardigraden, Heuschnecken, andere Insekten enthalten oder aus diesen bestehen.

Die Patentansprüche 2 bis 6 haben folgenden Wortlaut:

2.

Verwendung von chemisch modifizierten Biomassen, Lysaten, Gemischen und weiteren Erzeugnissen, die im Anspruch 1 aufgelistet sind, als Schmiermittel.

3.

Verwendung von chemisch modifizierten Biomassen, Lysaten, Gemischen und weiteren Erzeugnissen, die im Anspruch 1 aufgelistet sind, als Zusatzstoffe zu Schmiermittel.

4.

Stoffgemische, dadurch gekennzeichnet, dass sie Erzeugnissen, die im Anspruch 1 beschrieben sind, enthalten und vorzugsweise mit Ölen und Fetten gemischt sind.

5.

Stoffgemische nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass sie noch zusätzlich mindestens eine andere beliebige Komponente enthalten.

6.

Verfahren zur Vorbereitung der Biomassen, dadurch gekennzeichnet, dass die Organismen zerkleinert, zerquetscht oder lysiert werden und mit Flusssäure, Bromsäure, Salzsäure, HI, oder anderen Stoffen oder Substanzen versetzt werden; dabei ist die Reihenfolge beliebig, d. h. entweder zuerst erfolgt Versetzung mit HF und dann Zerquetschung oder zuerst Zerquetschung und dann Versetzung mit anderen Stoffen oder Reagenzien, wobei auch die Reihenfolge Versetzung -Zerquetschung oder Zerkleinerung und Wieder -Versetzung oder Zubereitung vorzugsweise mit HF, sein kann.

In der Beschreibung wird darüber hinaus noch ausgeführt, dass Proteine nur eine Klasse von Biomolekülen darstellen und die Breite der Verwendung von Zellen, ihren Bestandteilen, Organismen unterschiedlichen Zerkleinerungsgrades und Biomassen als Schmiermittel und Zusatzstoffe bisher noch nicht ausgearbeitet worden ist. Zellen und Biomassen sind erneuerbar und folglich kann die Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Schmiermittel in Gemischen mit Erdöl -basierten Schmiermitteln zur Reduktion und zum sparsamen Verbrauch der Schmiermittel, die auf fossilen Rohstoffquellen basieren, führen. Dies bedeutet also das Sparen der fossilen Rohstoffe. Die Ausweitung dieser Perspektive besteht in völlig erneuerbaren Schmiermitteln oder genauer in erneuerbaren Rohstoffen für Schmiermittel. Zellmembrane, Golgi-Apparate, Endoplasmatische Reticuli, Nukleus-Membranen, Lysosomen, Liposomen und viele andere Strukturen in Zellen bestehen aus Lipiden, und folglich kann jede Biomasse, mit oder ohne einer entsprechenden Bearbeitung als Schmiermittel oder Zusatzstoff zu Schmiermittel verwendet werden.

Die Aufgabe der Erfindung wird durch Verwendung von chemisch modifizierten Biomassen, Lysaten ihren Resten, Gemischen, Organismen unterschiedlichen Zerkleinerungsgrades, sowie Zellkulturen als Schmiermittel und Zusatzstoffe gelöst. Die Zerkleinerung oder ständige Zerquetschung der Organismen kann in Maschinen ausgeführt werden, die zwei rotierende Walzen enthalten, die sich in unterschiedliche Richtungen und zwar "nach innen" rotieren. Diese Walzen befinden sich über mindestens einem Behälter oder Gefäß und von oben aus einem Behälter werden die vorzubereitenden Organismen zugegeben. Die Entfernung zwischen zwei rotierende Walzen kann unterschiedlich, vorzugsweise klein, z. B. 1 cm oder 2 mm sein, und Organismen die durch diese zwei rotierende Walzen durch kommen, bzw. durchgepresst werden, werden zerquetscht und zerkleinert und bilden Biomassen, die sich in unteren Gefäßen oder Behältern ansammeln. Diese Biomassen können zusätzlich homogenisiert, zubereitet werden und als Schmiermittel oder Zusatzstoffe vorzugsweise zu Schmiermittel verwendet werden.

Die vorzugsweise Zellen Organismen und Biomassen sind: Algenbiomassen, Chlamydomonas, Volvox, Pilzbiomassen wie Hefe S. cerevisiae, pflanzliche Biomassen, bakterielle Zellkulturen wie grüne photosynthetische Bakterien sowie E. coli, Tardigraden oder mikroskopische Bärtierchen, die Tönnchen bilden können, sowie Heuschnecken, oder andere Insekten. Also meistens erhältliche und kultivierbare Biomassen.

Die nach dem Durchzug oder Durchgang durch Walzen entstandene Biomasse kann mit Flusssäure HF, sowie HCl, HBr, HI, versetzt werden, um die Eigenschaften und Qualität des jeweiligen Schmiermittels oder des Zusatzstoffes zu verbessern. Diese bearbeitete und mit unterschiedlichen Stoffen versetzte Masse kann mit Ölen und/oder Fetten gemischt werden, bzw. als ein Zusatzstoff dienen oder kann direkt als Schmiermittel verwendet werden. Das Verfahren zur Vorbereitung kann unterschiedliche Reihenfolgen umfassen. Z.B. kann die Zerkleinerung, Zerquetschung oder Lyse zuerst erfolgen und danach kommt die Versetzung mit HF, und/oder anderen Stoffen und Substanzen.

Andere umgekehrte Vorgehensweise ist auch möglich, d. h. z. B. zuerst werden Organismen wie z. B. Tardigraden mit HF behandelt bzw. in dieser Säure teilweise gelöst, und dann zerquetscht oder zerkleinert. Danach kann diese Masse z. B. mit Ölen oder Fetten gemischt werden oder zusätzlich noch mit HF, etc. behandelt und dann mit Ölen gemischt werden.

Diese Angaben in den Patentansprüchen und in der Beschreibung reichen jedoch nicht aus, dass ein Fachmann -ein Diplomchemiker mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Schmiermittel, der von einem Diplomlngenieur für Biotechnologie unterstützt wird -die beanspruchte Erfindung mit hinreichender Aussicht auf Erfolg ausführen kann.

Eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenbarung liegt nur dann vor, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (ständige Rechtsprechung, BGH GRUR 1980, 166, 168 -Doppelachsaggregat, zuletzt BGH v. 11.5.2010 X ZR 51/06 Tz. 31 -Polymerisierbare Zementmischung, in juris ). Die hierfür notwendigen Einzelangaben brauchen zwar nicht in den Patentansprüchen enthalten sein, sie müssen sich jedoch aus der allgemeinen Beschreibung oder den Ausführungsbeispielen entnehmen lassen (BGH GRUR 2003, 223, 225 -Kupplungsvorrichtung II).

Im vorliegenden Fall fehlt dem Fachmann eine ausreichend konkrete Anleitung zum technischen Handeln. Auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen ist nämlich nicht erkennbar, dass mit den offenbarten Vorgehensweisen (siehe Patentanspruch 6) im erforderlichen Umfang ein Schmiermittel mit verbesserter Qualität erhalten werden kann, ohne dass der Fachmann hierbei selbst noch erfinderisch tätig werden muss. In den ursprünglichen Unterlagen finden sich keine konkreten Hinweise, wie die eingesetzten Biomassen, Biomassenund Zellysate oder ihre Reste, frische Zellkulturen oder ihre Lysate entsprechend der vorliegenden Anmeldung mit HF, HCl, HBr, Hl oder anderen Stoffen oder Substanzen modifiziert werden, damit ihre Qualität im Vergleich zu herkömmlichen Schmiermittel im erforderlichen Umfang nacharbeitbar verbessert wird. Für den Fachmann ist nicht ersichtlich, wie die anmeldungsgemäßen chemisch modifizierten Biomassen und schließlich die Schmiermittel erhalten werden können, da es offensichtlich beliebig ist, welche Biomassen von der Zellkultur über Pilze bis zu Insekten mit welchem Reagenz in welchen Konzentrationen bei welchen Bedingungen und in welcher Reihenfolge umgesetzt werden. Es wird kein einziger gangbarer Weg zur Herstellung eines Schmiermittels offenbart, mit dem die gestellte Aufgabe tatsächlich gelöst wurde.

In der Eingabe vom 29. Januar 2008 macht der Anmelder zwar geltend, dass in den neu vorgelegten Unterlagen die Anmerkungen der Prüfungsstelle berücksichtigt wurden, so dass der Kern der Erfindung für den Fachmann nunmehr ausführbar sei. Es handle sich bei den Ausgangsstoffen hauptsächlich um pflanzliche und Algenbiomassen, die also keine Schalenoder Knochenreste mehr enthielten und mit Halogensäuren modifiziert seien. Mit Halogensäure modifizierte Biomassen würden erstens von der Verwesung geschützt und zweitens, die Biomassen würden neue bessere Eigenschaften insbesondere Reibeigenschaften bekommen, die auf angekoppelten Halogenatomen und insbesondere Fluoratomen beruhen. Bekannt sei, dass fluorierte Substanzen, z. B. Teflon, gute Reibeigenschaften hätten. Es sei für den Fachmann somit ausführbar offenbart, amorphe oder flüssige Biomassen mit Halogensäuren zu modifizieren. Die vorliegende technische Lehre sei daher ausführbar.

Dieser Argumentation kann der Senat jedoch nicht folgen. Das Erfordernis der Ausführbarkeit einer technischen Lehre ist nicht schon dann gegeben, wenn der inder Anmeldung genannte Gegenstand überhaupt hergestellt werden kann. Es ist dem Fachmann im vorliegenden Fall sicherlich ohne weiteres gegeben, Organismen zu zerkleinern, zu zerquetschen oder zu lysieren und diese vorher oder nachher mit Flusssäure, Bromsäure, Salzsäure, HI, oder anderen Stoffen oder Substanzen zu versetzen. Ausführbarkeit liegt jedoch erst dann vor, wenn das Endprodukt einer zielgerichteten Handlungsweise in einem gewissen Umfang den Zweck auch erfüllt, den es erfindungsgemäß erfüllen können soll. Der mit den Merkmalen des Patentanspruchs umschriebene technische Erfolg muss also vom Fachmann erreicht werden können. Zwar ist nicht notwendig, dass eine Ausführungsform (vollständig) offenbart ist. Die in der Anmeldung oder dem Patent enthaltenen Angaben müssen dem fachmännischen Leser aber so viel an technischen Informationen vermitteln, dass er mit seinem Fachwissen und seinem Fachkönnen in der Lage ist, die Erfindung erfolgreich auszuführen. Bestehen Unvollständigkeiten, so muss er diese ohne eigenes erfinderisches Bemühen ergänzen können, wobei er sich notfalls mit Hilfe orientierender Versuche Klarheit verschaffen kann (ständige Rechtsprechung, z. B. BGH GRUR 1991, 518 -Polyesterfäden, zuletzt BGH vom 13.7.2010 Xa ZR 126/07 -Klammernahtgerät, in juris).

Im vorliegenden Fall jedoch ist es für den Fachmann nicht möglich die Erfindung ohne Aufwendung eines erfinderischen Zutuns erfolgreich auszuführen.

Anmeldungsgemäß sollen die Eigenschaften und die Qualität des jeweiligen Schmiermittels oder des Zusatzstoffes verbessert werden. Die Angaben in den ursprünglichen und in den neuen Unterlagen erschöpfen sich jedoch darin Stoffe bereitzustellen, die in einem gewissen Umfang irgendwelche Schmiereigenschaften besitzen könnten, indem Organismen zerkleinert, zerquetscht oder lysieren werden und diese vorher oder nachher mit Flusssäure, Bromsäure, Salzsäure, HI, oder anderen Stoffen oder Substanzen versetzt werden. Diese Angaben und auch die weiteren offenbarten Angaben sind jedoch nicht ausreichend, damit der Fachmann mit einiger Zuverlässigkeit ein praktisch brauchbares Schmiermittel oder einen Zusatzstoff zu Schmiermitteln erhalten kann, das gegenüber bekannten Schmiermitteln verbessert ist und damit die gestellte Aufgabe auch löst. Hierfür wären noch nähere Angaben zur Behandlung und weiteren Aufarbeitung der Biomassen unerlässlich, da die physikalischchemischen Eigenschaften, die für eine Verbesserung der Qualität von Schmiermitteln oder Zusatzstoffen verantwortlich sind, durch den Herstellungsprozess wesentlich beeinflusst werden. Die offenbarten Maßnahmen zur Herstellung der neuartigen Schmiermittel sind für ein erfolgreiches Nacharbeiten der Erfindung jedenfalls nicht ausreichend. Somit sind die für die Erreichung der erstrebten Wirkung notwendigen Erfordernisse nicht vollständig in den ursprünglichen Unterlagen genannt. Der Fachmann konnte am Anmeldetag die beanspruchte technische Lehre auch nicht anhand seines allgemeinen Fachwissens ergänzen und ausführen, sondern er musste zusätzlich erfinderisch tätig werden, um auf der Grundlage der Offenbarung einen gangbaren Weg zur Lösung der der Anmeldung zu Grunde liegenden Aufgabe zu finden. Dieser Offenbarungsmangel kann nachträglich - etwa durch Einreichung von Beispielen - nicht mehr geheilt werden, da die Erfindung am Anmeldetag offenbart sein muss.

Damit liegen die für die Gewährung von Verfahrenkostenhilfe nach § 130 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. § 114 ZPO vorausgesetzten hinreichenden Erfolgsaussichten des Antrags auf Erteilung eines Patents nicht vor, so dass im angegriffenen Beschluss zutreffend der Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen wurde.

Dr. Feuerlein Schwarz-Angele Zettler Dr. Lange Bb






BPatG:
Beschluss v. 30.09.2010
Az: 15 W (pat) 38/08


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