Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 24. März 2005
Aktenzeichen: 1 L 6/05

(VG Köln: Beschluss v. 24.03.2005, Az.: 1 L 6/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 24. März 2005 mit dem Aktenzeichen 1 L 6/05 erging in einem Verfahren, in dem die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Beschluss der Antragsgegnerin in Bezug auf das Zusammenschaltungsentgelt angeordnet werden sollte. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag der Antragstellerin ab und legte die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin und den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf. Der Streitwert wurde auf 25.000,- EUR festgesetzt.

In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass der Antrag zulässig sei und als Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft sei. Die streitgegenständliche Entgeltanordnung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post sei jedoch weder vollständig noch teilweise auszusetzen. Bei der summarischen Prüfung könne nicht festgestellt werden, dass der angefochtene Bescheid die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt habe.

Das Gericht stellte klar, dass das neue Telekommunikationsgesetz vom 22. Juni 2004 auf den angegriffenen Bescheid anwendbar sei, da das alte Gesetz am 26. Juni 2004 außer Kraft getreten sei. Die Übergangsvorschrift des § 150 TKG gelte nur für Feststellungen marktbeherrschender Stellungen und nicht für die gesamte vorher geltende Rechtslage.

Das Gericht führte weiter aus, dass die Voraussetzungen für eine Aussetzung der streitgegenständlichen Entgeltanordnung nicht gegeben seien. Die Regulierungsbehörde habe den Beschluss auf die Vorschriften des neuen Telekommunikationsgesetzes gestützt, insbesondere auf § 25 Abs. 1, 5 und 6, § 30 Abs. 4 i.V.m. §§ 38 und 28 TKG. Die Antragstellerin habe zwar die angeordneten Entgelte für zu hoch gehalten, jedoch könne das Gericht keinen Verstoß gegen den Missbrauchstatbestand des § 28 TKG feststellen.

Das Gericht erklärte, dass im vorliegenden Eilverfahren eine Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin erfolge, da der Gesetzgeber von der sofortigen Vollziehbarkeit von Entscheidungen der Regulierungsbehörde ausgehe. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin und auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Der Streitwert wurde auf 25.000,- EUR festgesetzt. Der Beschluss ist unanfechtbar.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

VG Köln: Beschluss v. 24.03.2005, Az: 1 L 6/05


Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 25.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Der anwaltlich formulierte Antrag,

"1. die aufschiebende Wirkung der Klage vom 30. November 2004 (Az. 1 K 8432/04) gegen den Beschluss der Antragsgegnerin vom 8. November 2004 (Az. 0000-00-000/0 06.07.04) anzuordnen, so- weit das angeordnete Zusammenschaltungsentgelt gem. Ziff. 1.a) des Tenors den Betrag von 0,05 EUR/Min. überschreitet,

2. hilfsweise, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 30. November 2004 (Az. 1 K 8432/04) gegen den Beschluss der Antragsgegnerin vom 8. November 2004 (Az. 0000-00-000/0 06.07.04) anzuordnen, soweit das angeordnete Zusammenschal- tungsentgelt gem. Ziff. 1.a) des Tenors den Betrag von 0,064 EUR/Min. überschreitet,

3. äußerst hilfsweise, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 30. November 2004 (Az. 1 K 8432/04) gegen den Beschluss der Antragsgegnerin vom 8. November 2004 (Az. 0000-00-000/0 06.07.04) anzuordnen, soweit das angeordnete Zusammenschal- tungsentgelt gem. Ziff. 1.a) des Tenors den Betrag von 0,083 EUR/Min. überschreitet,

4. noch äußerst hilfsweise, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 30. November 2004 (Az. 1 K 8432/04) gegen den Beschluss der Antragsgegnerin vom 8. November 2004 (Az. 0000-00-000/0 06.07.04) anzuordnen, soweit das angeordnete Zusammenschal- tungsentgelt gem. Ziff. 1.a) des Tenors den Betrag von 0,119 EUR/Min. überschreitet,

5. noch äußerst hilfsweise, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 30. November 2004 (Az. 1 K 8432/04) gegen den Beschluss der Antragsgegnerin vom 8. November 2004 (Az. 0000-00-000/0 06.07.04) anzuordnen, soweit das angeordnete Zusammenschal- tungsentgelt gem. Ziff. 1.a) des Tenors den Betrag von 0,99 Ct pro Minute überschreitet,

6. noch äußerst hilfsweise, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 30. November 2004 (Az. 1 K 8432/04) gegen den Beschluss der Antragsgegnerin vom 8. November 2004 (Az. 0000-00-000/0 06.07.04) anzuordnen, soweit das angeordnete Zusammenschal- tungsentgelt gem. Ziff. 1.a) des Tenors den Betrag von 0,68 Ct pro Minute überschreitet,

7. weiterhin hilfsweise, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 30. November 2004 (Az. 1 K 8432/04) gegen den Beschluss der Antragsgegnerin v. 8. November 2004 (Az. 0000- 00-000/0 06.07.04) anzuordnen",

8. ist - vorbehaltlich der teilweise fehlenden Folgerichtigkeit der Hilfsanträge, insbe- sondere des Antrages zu 7. - zulässig. Er ist als Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, auch soweit er auf eine teilweise Aussetzung der streitgegenständlichen Entgeltanordnung gerichtet ist. Die streitgegenständliche Entgeltanordnung ist - ent- gegen der Ansicht der Beigeladenen - teilbar; ob eine Aussetzung in der beantragten Höhe erfolgen kann, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags.

Der Antrag hat indes in der Sache keinen Erfolg. Die streitgegenständliche Ent- geltanordnung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Regulie- rungsbehörde) vom 8. November 2004 ist weder vollständig noch teilweise auszuset- zen.

Bei der hier allein anzustellenden summarischen Prüfung kann nicht festgestellt werden, dass der angefochtene Bescheid die Antragstellerin rechtswidrig in ihren Rechten verletzt.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist auf den angegriffenen Bescheid das Telekommunikationsgesetz in der seit dem 26. Juni 2004 geltenden Fassung vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190) - TKG - anwendbar. Das Telekommunikationsgesetz vom 25. Juli 1996 (BGBl. I S. 1120) - TKG a.F. - ist am 26. Juni 2004 außer Kraft ge- treten (§ 152 Abs. 2 TKG) und mithin auf die am 8. November 2004 getroffene Ent- geltanordnung nicht anwendbar.

Das außer Kraft getretene Recht gilt auch nicht nach der Übergangsvorschrift des § 150 TKG fort. Nach § 150 Abs. 1 TKG bleiben lediglich die "vor Inkrafttreten dieses Gesetzes getroffenen Feststellungen marktbeherrschender Stellungen sowie die daran anknüpfenden Verpflichtungen" wirksam, nicht jedoch die vorher geltende Rechtslage insgesamt. Insbesondere erfasst die Vorschrift des § 150 Abs. 1 TKG nicht die Maßstäbe, nach denen sich die Genehmigungsfähigkeit von Entgelten nach dem TKG a.F. richtete. Eine von der Antragstellerin für erforderlich gehaltene "exten- sive Auslegung" des § 150 Abs. 1 TKG in dem Sinne, dass bis zum Abschluss eines Marktanalyseverfahrens "alles beim alten bleiben" soll, würde den Wortlaut der Norm sprengen und überdies nicht dem Sinn und Zweck der Übergangsregelung entspre- chen.

Vgl. dazu den Beschluss der erkennenden Kammer vom 6. September 2004 - 1 L 1832/04 -.

Die Antragsgegnerin hat den streitgegenständlichen Bescheid mithin zu Recht auf § 25 Abs. 1, 5 und 6, § 30 Abs. 4 i.V.m. §§ 38, 28 TKG gestützt.

Nach § 25 Abs. 1 TKG ordnet die Regulierungsbehörde, wenn eine Zugangsvereinbarung nach § 22 oder eine Vereinbarung über Zugangsleistungen nach § 18 ganz oder teilweise nicht zustande kommt und die nach diesem Gesetz erforderlichen Voraussetzungen für eine Verpflichtung zur Zugangsgewährung vorliegen, den Zugang an. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 TKG sind hier erfüllt. Zwar ist die Beigeladene mangels Marktanalyse weder nach § 18 TKG zur Zusammenschaltung verpflichtet worden noch sind ihr Zugangsverpflichtungen nach § 21 TKG auferlegt worden. Doch sind die Verpflichtungen aus der am Tage vor dem Inkrafttreten der neuen Fassung des TKG ergangenen Zusammenschaltungsanordnung vom 25. Juni 2004 gemäß § 150 Abs. 1 S. 3 TKG wirksam geblieben. Diese Übergangsregelung kann nur bedeuten, dass die wirksam gebliebenen Zusammenschaltungsverpflichtungen grundsätzlich die entsprechenden Verpflichtungen nach neuem Recht ersetzen. Ob dies auch insoweit gilt, als das neue TKG zusätzliche Anforderungen an eine die Bedingungen des Zugangs regelnde Anordnung stellt - etwa § 18 Abs. 1 Satz 1 TKG ("in begründeten Fällen") oder § 18 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 2 TKG - ist für die vorliegende gerichtliche Entscheidung schon mangels Problematisierung durch die Beteiligten nicht erheblich und kann daher auf sich beruhen.

Nach § 25 Abs. 5 Satz 3 TKG gelten hinsichtlich der festzulegenden Entgelte die §§ 27 bis 38. In welchem Verfahren und anhand welchen Maßstabs die Entgelte zu bestimmen sind, richtet sich nach § 30 TKG. Die Verweisung in § 25 Abs. 5 Satz 3 TKG auf die §§ 27 bis 38 stellt - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - eine Rechtsgrundverweisung dar. Schon der Wortlaut der Norm ("... gelten die §§ 27 bis 38") spricht für eine Rechtsgrundverweisung - für eine bloße Rechtsfolgenverwei- sung wäre die Anordnung einer "entsprechenden" Geltung zu erwarten gewesen. Zudem ist nicht ersichtlich, weshalb für Entgelte im Rahmen einer Zugangsanord- nung eine andere Systematik bezüglich der Regulierungsverfahren und -maßstäbe gelten sollte als für sonstige Entgelte. Schließlich scheidet eine Rechtsfolgenverwei- sung aus rechtssystematischen Gründen aus, weil ohne Verweisung auch auf die Tatbestandsvoraussetzungen der Entgeltregulierungsvorschriften jegliche Regelung dazu fehlen würde, wann welches Verfahren und welcher Maßstab zur Anwendung kommt.

Die Antragsgegnerin hat die Terminierungsentgelte der Beigeladenen auch zu Recht allein am Maßstab des § 28 TKG gemessen.

Nach § 25 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 30 Abs. 4 Satz 1 TKG unterliegen Entgelte eines nicht marktmächtigen Teilnehmernetzbetreibers, die Gegenstand einer Zugangsverpflichtung nach § 18 TKG sind, einer nachträglichen Regulierung; § 38 Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend (§ 30 Abs. 4 Satz 2 TKG).

Es kann rechtlich nicht davon ausgegangen werden, dass die Beigeladene über beträchtliche Marktmacht verfügt. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Bescheides war die nach § 9 bis 11 TKG durchzuführende Marktanaly- se nicht abgeschlossen und somit eine beträchtliche Marktmacht der Beigeladenen nicht in rechtserheblicher Weise gemäß § 13 Abs. 3 TKG durch Verwaltungsakt fest- gestellt. Auch nach dem bisher geltenden Recht war eine beträchtliche Marktmacht der Beigeladenen (die möglicherweise über § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG auch nach dem In-Kraft-Treten des TKG zu beachten gewesen wäre) nicht festgestellt worden. Im Gegenteil war die Regulierungsbehörde in ihrer Verfügung 21/2000 (ABl. RegTP 5/2000, S. 879) aufgrund einer entsprechenden Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass im Bereich der Zusammenschaltung zum Zwecke der Terminierung in Mobil- funknetze bei keiner der denkbaren Marktabgrenzungen eine marktbeherrschende Stellung eines Mobilfunknetzbetreibers vorliegt.

Die gemäß § 30 Abs. 4 TKG entsprechend geltende Vorschrift des § 38 Abs. 2 TKG nennt als alleinigen Maßstab für die Entgeltregulierung den Missbrauchstatbe- stand des § 28 TKG. Der bislang über § 39 2. Alt i.V.m. § 24 Abs. 1 TKG a.F. an- wendbare Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung gilt seit dem Inkrafttreten der TKG-Novelle nicht mehr für Entgelte, die - wie hier- nur noch den Anforderungen der nachträglichen Regulierung unterliegen,

vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der aktuellen Fassung des TKG, Bundesrats-Drucksache 755/03, S. 96, zu § 36 des Entwurfs, der § 38 TKG entspricht; Schütz, Kommunikationsrecht, 2005, Randnr. 765.

Die Kammer vermag aber nicht festzustellen, dass die mit dem angegriffenen Bescheid umstrittenen Entgelte nicht den Maßstäben des § 28 TKG genügen. Da die Antragstellerin die angeordneten Entgelte für die Terminierung im Mobilfunk- netz der Beigeladenen für zu hoch hält, kommt allenfalls ein Verstoß gegen den all- gemeinen Missbrauchstatbestand des § 28 Abs. 1 Satz 1 TKG bzw. - wie von der Regulierungsbehörde angenommen - ein Verstoß gegen § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TKG in Betracht.

Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 TKG darf ein Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, oder ein Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, diese Stellung bei der Forderung und Vereinbarung von Entgelten nicht missbräuchlich ausnutzen. Dieses generelle Verbot wird durch die Regelbeispiele in Satz 2 konkretisiert. Entgelte dürfen demnach nicht zu hoch, zu niedrig oder diskriminierend sein, es sei denn, das Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht kann eine sachliche Rechtfertigung anführen. Die Vorschrift orientiert sich an § 19 Abs. 4 GWB.

Vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der aktuellen Fassung des TKG, Bundesrats-Drucksache 755/03, S. 91, zu § 26 des Entwurfs, der § 28 TKG entspricht.

Das von der Regulierungsbehörde in ihrem angefochtenen Bescheid als Prüfungsmaßstab herangezogene Regelbeispiel des § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TKG ist indes im Falle von Entgeltanordnungen für Zugangsvereinbarungen bzw. Zugangsleistungen von nicht marktmächtigen Unternehmen nicht anwendbar. Nach dieser Vorschrift liegt ein Missbrauch insbesondere dann vor, wenn das Unternehmen Entgelte fordert, die nur auf Grund seiner beträchtlichen Marktmacht auf dem jeweiligen Markt der Telekommunikation durchsetzbar sind (Ausbeutungsmissbrauch). Dieses Regelbeispiel kann in den Fällen des § 25 Abs. 5 Satz 3 i.V. mit § 30 Abs. 4 TKG nicht erfüllt sein, in denen das Merkmal der beträchtlichen Marktmacht gerade nicht vorliegt. Auch die - nur - "entsprechende" Geltung des § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TKG kann nicht so verstanden werden, dass von der Tatbestandsvoraussetzung " nur auf Grund seiner beträchtlichen Marktmacht ... durchsetzbar" abzusehen ist. Denn ohne das Vorliegen beträchtlicher Marktmacht fehlte gerade der für einen Ausbeutungsmissbrauch nach § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TKG charakteristische Anknüpfungspunkt . Eine Ausnutzung beträchtlicher Marktmacht lässt sich nämlich ohne Vorliegen einer solchen Marktposition nicht feststellen.

Die weiteren Regelbeispiele des § 28 Abs. 1 Satz 2 TKG kommen nicht in Betracht, weil sie nicht zu hohe Preise zum Gegenstand haben.

Eine Überprüfung der Terminierungsentgelte der Beigeladenen kann hier mithin nur nach dem Maßstab der Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1 TKG erfolgen.

Dabei lässt die Kammer offen, ob eine Preishöhenregulierung für nicht marktbeherrschende Netzbetreiber im Hinblick auf Art. 8 Abs. 3 Satz 1 i.V. mit Art. 13 der Richtlinie 2002/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie), ABl. L 108, S. 7 - ZRL - nicht gänzlich ausgeschlossen ist. Denn selbst bei Zulässigkeit einer Preishöhenregulierung nach § 28 Abs. 1 Satz 1 TKG lässt sich bei der im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung nicht feststellen, dass das angeordnete Entgelt die Missbrauchsschwelle überschritte.

Im Hinblick auf die Ähnlichkeit beider gesetzlichen Regelungen greift die Kammer für die Bestimmung der Missbrauchsschwelle beim Preishöhenmissbrauch i.S.d. § 28 Abs. 1 Satz 1 TKG auf die Erkenntnisse zum Missbrauch des Preissetzungsspiel- raums durch ein marktbeherrschendes Unternehmen (§ 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB) zu- rück. Die rechtssystematischen Unterschiede zwischen beiden Regelungen sind in- soweit unerheblich.

Die Feststellung des Preishöhenmissbrauchs erfordert sowohl im Rahmen des § 28 TKG als auch im Rahmen des § 19 GWB die Feststellung desjenigen Preises, der sich für das betreffende Produkt aufgrund eines funktionierenden Wettbewerbs ergäbe (alsob-Wettbewerbspreis, wettbewerbsanaloger Preis). Wegen der mit der Feststellung dieses - fiktiven - Preises verbundenen Unsicherheiten kann ein Preishöhenmissbrauch erst angenommen werden, wenn der zu beurteilende Preis den wettbewerbsanalogen Preis erheblich übersteigt.

Vgl. die Nachweise bei Möschel in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 3. Auflage 2001, § 19 Randnr. 159; Bechtold, GWB-Kommentar, 3. Auflage 2002, § 19 Rndnr. 70.

Dieses Erfordernis, das nach dem GWB selbst bei marktbeherrschenden Unternehmen erfüllt sein muss, gilt erst recht für nicht marktmächtige Unternehmen.

Ob ein Missbrauch i.S. des § 28 TKG vorliegt, ist im Anwendungsbereich des § 38 TKG vorrangig nach dem Vergleichsmarktprinzip zu ermitteln. Das folgt aus § 38 Abs. 2 Satz 3 TKG. Eine Überprüfung anhand der Kostenunterlagen - wie sie von der Antragstellerin gefordert wird - ist danach nur noch vorgesehen, wenn eine Überprüfung nach dem Vergleichsmarktprinzip nicht möglich ist.

Vgl. auch die Begründung zum Gesetzentwurf der aktuellen Fassung des TKG, Bundesrats-Drucksache 755/03, S. 96, zu § 36 des Entwurfs, der § 38 TKG entspricht.

Bei der Vergleichsmarktprüfung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG sind nicht - wie im GWB - (nur) Märkte mit wirksamem Wettbewerb zu betrachten, sondern "dem Wettbewerb geöffnete Märkte". Damit sind auch regulierte Märkte als potenzielle Vergleichsmärkte zugelassen.

Vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der aktuellen Fassung des TKG, Bundesrats-Drucksache 755/03, S. 95, zu § 33 des Entwurfs, der § 35 TKG entspricht.

Die Regulierungsbehörde hat die angefochtene Entgeltgenehmigung auf eine von ihr vorgenommene Vergleichsmarktbetrachtung gestützt. Diese Untersuchung hat einen Vergleichspreis ergeben, der teilweise erheblich über den angeordneten Entgelten liegt.

Grundsätzliche Bedenken gegen die Vergleichsmarktuntersuchung der Regulie- rungsbehörde bestehen nicht: Die von ihr betrachteten Märkte sind in dem genann- ten Sinne dem Wettbewerb geöffnet. Die Auswahlkriterien für die untersuchten Län- der sind plausibel.

Dass der in der Untersuchung ermittelte durchschnittliche Vergleichspreis für den Zeitraum vom 1. September bis 14. Dezember 2004 unter dem angeordneten Entgelt liegt (0,1402 EUR/Min. gegenüber 0,1432 EUR/Min.) ist unschädlich, denn die Differenz (0,003 EUR/Min.) ist so gering, dass die Überschreitung (2,14%) keinesfalls die Missbrauchsschwelle im Sinne einer erheblichen Abweichung vom wettbewerbsanalogen Preisniveau überschreitet. Im Übrigen liegt der durchschnittliche Vergleichspreis um 0,006 bzw. 0,008 EUR/Min. über den angeordneten Entgelten.

Die Einwendung der Antragstellerin, die Regulierungsbehörde habe ihre Vergleichsmarktuntersuchung methodisch nicht korrekt durchgeführt, kann im vorliegenden - auf summarische Prüfung beschränkten - Verfahren nicht erschöpfend geprüft werden. Es ist angesichts der Begründung des angegriffenen Bescheides sowie des Vortrages der Antragsgegnerin und der Beigeladenen nicht erkennbar, dass die Argumentation der Antragstellerin offensichtlich durchschlägt. Abgesehen davon trifft der methodische Einwand der Antragstellerin auf ihre eigene Vergleichsmarktstudie zu.

Unter diesen Umständen fällt die mithin gebotene, von der Frage der Rechtsverlet- zung unabhängige Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus. Dies folgt schon daraus, dass der Gesetzgeber in § 137 Abs. 1 TKG allgemein von der soforti- gen Vollziehbarkeit von Beschlusskammerentscheidungen der Regulierungsbehörde ausgeht.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 137 Abs. 3 TKG.






VG Köln:
Beschluss v. 24.03.2005
Az: 1 L 6/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/986d105b5485/VG-Koeln_Beschluss_vom_24-Maerz-2005_Az_1-L-6-05




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share