Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 18. Dezember 2008
Aktenzeichen: 18 U 162/06

(OLG Köln: Urteil v. 18.12.2008, Az.: 18 U 162/06)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Urteil vom 18. Dezember 2008 über den Fall einer GmbH entschieden, die vom konzerneigenen Cash-Pool-System ausgeschlossen wurde. Der Kläger, ein Insolvenzverwalter, hat die Beklagte, die Alleingesellschafterin der GmbH ist, auf Erstattung von Forderungen der Gläubiger verklagt, die durch die Insolvenzmasse nicht abgedeckt sind. Die Klage basiert auf der Rechtsprechung zum existenzvernichtenden Eingriff und auf § 826 BGB. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, jedoch hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Das Gericht führte aus, dass kein existenzvernichtender Eingriff vorliege, da die Beklagte der GmbH keine Vermögenswerte entzogen habe. Der Ausschluss vom Drecon-Verfahren sei kein kompensationsloser Eingriff in das Vermögen der GmbH, da ein eventueller positiver Saldo auf dem Konto der Insolvenzschuldnerin verblieben sei und die Beklagte ihr eine Kreditlinie zur Verfügung gestellt habe. Das Gericht stellte weiter fest, dass die Klage auch keinen Erfolg aufgrund einer materiellen Unterkapitalisierung habe. Schließlich sei der Anspruch aus § 31 GmbHG auf Rückerstattung von Zahlungen im Rahmen des Drecon-Verfahrens verjährt. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Köln: Urteil v. 18.12.2008, Az: 18 U 162/06


Zur Frage enes existenzvernichtenden Eingriffs durch Ausschluss einer GmbH vom konzerneigenen Cash-Pool-System.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.7.2006 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn - 12 O 1/05 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 1.745.421,49 € (944.000 € + 801.421,49 € für den Hilfsantrag auf Erstattung der Ausschüttungen) festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter der N. M. GmbH die Beklagte als deren Alleingesellschafterin auf Erstattung der zur Insolvenztabelle angemeldeten und festgestellten Forderungen der Gläubiger, die durch die Insolvenzmasse nicht gedeckt sind, in Anspruch. Hilfsweise stützt er die Klage in der Berufung auf Ausschüttungen der Insolvenzschuldnerin an die Klägerin im Rahmen des Cash-Pool-Verfahrens.

Die N. M. GmbH wurde 1987 mit einem Stammkapital von 250.000 DM gegründet. Seit 1990 war die Beklagte die einzige Gesellschafterin. Die Insolvenzschuldnerin nahm am sog. Drecon-Verfahren der Beklagten teil, einem Cash-Pool-Verfahren, bei dem die Salden auf den Konten der Insolvenzschuldnerin täglich durch Überweisung der entsprechenden Beträge zwischen der Beklagten und der Insolvenzschuldnerin ausgeglichen wurden. Mit Schreiben vom 18.9.1995 wies die Insolvenzschuldnerin die Beklagte darauf hin, dass aus ihrer Sicht das Grundkapital von 250.000 DM der zwischenzeitlichen Steigerung des Jahresumsatzes von seinerzeit 2,7 Mio. DM auf rd. 20 Mio. DM nicht gerecht werde und bei weitem zu niedrig sei und bat um eine Kapitalerhöhung auf 5 Millionen DM (Anl. K 7, K 10). Die Hauptverwaltung der Beklagten nahm hierzu in einem Schreiben an die Hauptniederlassung L. vom 27.11.1995 Stellung (Anl. K 8). Hierin wies sie darauf hin, dass die Gesellschaft, wie die meisten Tochtergesellschaften, zwar "für sich alleine betrachtet unterkapitalisiert" sei. Eine Kapitalerhöhung sei dennoch aus mehreren Gründen nicht erforderlich. In dem Schreiben heißt es hierzu u.a.: "Die Finanzierung der Beteiligungsgesellschaften ist grundsätzlich zu jedem Zeitpunkt über die C. + C. Bauaktiengesellschaft sichergestellt. Das heißt, es besteht nicht die Gefahr eines Liquiditätsengpasses wegen unzureichender Eigenkapitalausstattung."

Am 12.2.2001 beschloss die Beklagte, die Insolvenzschuldnerin mit sofortiger Wirkung von dem Drecon-Verfahren auszuschließen. Gleichzeitig stellte sie ihr eine Kreditlinie von 300.000 DM zur Verfügung. Am 24.8.2001 beantragte die Insolvenzschuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Der Kläger hat die Klage auf die Rechtsprechung zum existenzvernichtenden Eingriff und auf § 826 BGB gestützt. Die Haftung der Beklagten ergebe sich sowohl aus der Beendigung der Teilnahme der Insolvenzschuldnerin am Drecon-Verfahren als auch aus einer im Verhältnis zum Umsatz erheblichen Unterkapitalisierung der Insolvenzschuldnerin.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle zur Insolvenztabelle angemeldeten und festgestellten Forderungen der Gläubiger der Fa. N. M. GmbH durch Zahlung in die Insolvenzmasse auszugleichen, soweit diese nicht durch die vorhandene Insolvenzmasse abzüglich Massekosten und Masseschulden gedeckt sind. Dabei tritt die Rechtskraftwirkung des § 178 Abs. 2 InsO nicht ein, soweit die Beklagte keine Gelegenheit zum Widerspruch hatte.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens der Klage stattgegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen. Die Beklagte beantragt mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten Berufung die Abweisung der Klage.

Die Beklagte rügt, dass der vorliegende Sachverhalt weder in den Anwendungsbereich der auf Richterrecht beruhenden Existenzvernichtungshaftung falle, noch das Landgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Haftung zutreffend geprüft und festgestellt habe. Die Haftung setze einen Eingriff des (Allein)gesellschafters in das Vermögen der GmbH voraus, der zur Folge habe, dass die GmbH ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen könne. Diese Voraussetzungen habe das Landgericht nicht beachtet, ferner habe es Beweisantritte zur fehlenden Ursächlichkeit der vom Gericht als existenzvernichtenden Eingriff eingestuften Maßnahme für den Insolvenzantrag übergangen.

Die Beendigung der Teilnahmemöglichkeit am sog. Drecon-Verfahren sei aus mehreren Gründen kein haftungsbegründender existenzvernichtender Eingriff:

Soweit das Landgericht der Teilnahme der GmbH an dem Cash-Pool-Verfahren kapitalersetzende Funktion zumesse, übersehe es, dass Ansprüche aus existenzvernichtendem Eingriff und Ansprüche aus §§ 30, 31 GmbHG sich ausschließen. Zudem lägen aber auch die Voraussetzungen der §§ 30, 31 GmbHG nicht vor. Zum einen unterliege nur das unstreitig vorhandene Stammkapital von 250.000 DM dem Schutz der §§ 30, 31 GmbHG. Zum anderen fehle es an einer verbotenen Rückzahlung seitens der Insolvenzschuldnerin. Die Teilnahme an einem Cash-Pool-System wirke wie eine Kreditzusage. Erst mit der bankarbeitstäglichen Verrechnung der Salden auf dem Verrechnungskonto erfolge die Valutierung und damit eine konkrete Darlehensvergabe. Der Widerruf einer Kreditzusage könne nie Ansprüche nach §§ 30, 31 GmbHG zur Folge haben, da hierfür Rückzahlungen auf ein Gesellschafterdarlehen, durch die das Stammkapital der Gesellschaft angegriffen werde, erforderlich wären.

Darüber hinaus liege auch kein Eingriff vor. Ein solcher Eingriff setzte die Entziehung von Vermögenswerten voraus. Die Beendigung der Teilnahme am Drecon-Verfahren bedeute dagegen lediglich die Rücknahme einer abstrakten Kreditzusage, führe aber nicht zu einem Abfluss von Vermögen der GmbH. Vielmehr habe sie - die Beklagte - die Insolvenzschuldnerin über Jahre hinweg kreditiert; mit der Entscheidung vom 12.2.2001 habe sie ihr lediglich keine weiteren Darlehen mehr gewährt.

Eine materielle Unterkapitalisierung begründe keine Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs. Falsch sei auch die Feststellung des Landgerichts, der Sachverständige habe eine Unterkapitalisierung festgestellt. Das Gutachten des Sachverständigen enthalte vielmehr zur Frage der Unterkapitalisierung keine eigenen, konkreten Feststellungen.

Es fehle auch an der für die Haftung erforderlichen Kausalität zwischen dem Vermögensentzug und der Insolvenz der Gesellschaft. Das Landgericht habe die Kausalität schon nicht hinreichend festgestellt. Auch aus dem Gutachten des Sachverständigen ergebe sie sich nicht hinreichend konkret. Der Sachverständige sei vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beendigung der Teilnahme am Drecon-Verfahren keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Liquidität der Gesellschaft gehabt habe, vielmehr habe der Gesellschaft ausreichend Liquidität zur Verfügung gestanden. Dementsprechend sei das Insolvenzverfahren auch nicht wegen Zahlungsunfähigkeit, sondern wegen Überschuldung eröffnet worden. An der Überschuldung hätte aber auch die weitere Teilnahme am Drecon-Verfahren nichts geändert, weil durch Abruf von Mitteln über das Drecon-Verfahren entsprechende Verbindlichkeiten ihr - der Beklagten - gegenüber entstanden wären. Solche Verbindlichkeiten seien nach der Rechtsprechung auch dann im Überschuldungsstatus zu passivieren, wenn es sich um eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen handle. Schließlich könne die Ursächlichkeit auch deshalb ausgeschlossen werden, weil die Insolvenzschuldnerin auf den Kreditrahmen von 300.000 DM zur Erfüllung ihrer laufenden Verbindlichkeiten nicht angewiesen gewesen sei. Sie habe die ihr eingeräumte Kreditlinie nämlich zu keinem Zeitpunkt voll ausgeschöpft. Da Zahlungseingänge nicht mehr an den Cash-Pool abgeführt worden seien, habe die Insolvenzschuldnerin über ausreichende eigene liquide Mittel in Form von Bankguthaben zur Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs verfügt. Sie habe demgemäß auch sämtliche laufenden und fälligen Verbindlichkeiten gegenüber Drittgläubigern bedient. Damit stehe fest, dass die Insolvenz nicht auf fehlender Liquidität beruht habe und es daher auch keinen sachlichen Zusammenhang zwischen der Beendigung des Drecon-Verfahrens und der späteren Insolvenz gebe.

Zur Höhe der Haftung rügt die Beklagte, dass die vom Landgericht angenommene Begrenzung der Haftung auf 3 Millionen DM im Tenor der Entscheidung nicht zum Ausdruck gekommen sei. Ferner müssten auf diesen Betrag ihre bereits erbrachten Leistungen in Höhe von 688.014,84 € angerechnet werden. Dieser Betrag ergebe sich aus dem Schuldsaldo auf dem Verrechnungskonto der Insolvenzschuldnerin bei Beendigung ihrer Teilnahme am Drecon-Verfahren sowie in Rechnung gestellter Dienstleistungen und Warenlieferungen. Diese Forderung habe sie zur Insolvenztabelle angemeldet.

Schließlich erhebt sie die Einrede der Verjährung. Hierzu behauptet sie, der Kläger habe bereits im Jahr 2001 Kenntnis von dem Anspruch erlangt. Das folge aus seinem als vorläufiger Insolvenzverwalter erstatteten Gutachten vom 29.10.2001, dessen Wortlaut in weiten Teilen identisch mit der Klageschrift sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 801.421,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.2.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage auch hinsichtlich des Hilfsantrages abzuweisen.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte hafte unbegrenzt, da sie seinerzeit mit Schreiben vom 27.11.1995 eine unbegrenzte Kreditzusage durch Teilnahme am Cash-Pool-System erteilt habe. Hierin liege gleichzeitig eine - einer Patronatserklärung vergleichbare - bindende Zusage, eventuelle Verluste auszugleichen. Die Kreditlinie habe wie Eigenkapital wirken sollen, was die Beklagte der Insolvenzschuldnerin in der Besprechung vom 9.1.2001 (Anl. 32 zum Gutachten, Bl. 338 Anlagenband) nochmals zugesichert habe.

Die Haftung folge auch aus § 826 BGB unter dem Gesichtspunkt des existenzvernichtenden Eingriffs. Der Ausschluss vom Drecon-Verfahren bedeute einen Eingriff in das Vermögen der GmbH. Die zugesagte Liquidität stelle einen Vermögenswert dar, sie sei wie materielles Eigenkapital zu behandeln. Die Sittenwidrigkeit des Eingriffs ergebe sich daraus, dass die Insolvenzschuldnerin im Vertrauen auf die Zusage keine ausreichenden Reserven gebildet habe. Die mit dem Ausschluss vom Drecon-Verfahren eingeräumte Kreditlinie von 300.000 DM stelle angesichts der bisherigen Zusage über 3 Millionen DM keine ausreichende Kompensation dar. Soweit die Insolvenzschuldnerin mit Schreiben vom 28.2.2001 eine Zusage der Beklagten bestätigt habe, das Kreditlimit für fällige Lohn- und Gehaltsansprüche sowie Lieferanten- und Nachunternehmerzahlungen bei Bedarf im Umfang der nicht verfügbaren Beträge zu erhöhen (Anl. 36 zum Sachverständigengutachten, Bl. 350 Anlagenband), umfasse dies nur bestimmte Verbindlichkeiten und es fehle eine hinreichend bindende Zusage. Der Kredit sei auch nicht in Anspruch genommen worden. Nach dem Ausschluss vom Drecon-Verfahren habe die Insolvenzschuldnerin nur noch die dringendsten Verbindlichkeiten bedient. Weiterer Vortrag zum Finanzbedarf sei ihm nicht möglich, da allein die Beklagte über die erforderlichen Unterlagen verfüge.

Die Kausalität habe das Landgericht zutreffend angenommen. Mitursächlichkeit reiche für die Haftung aus. Der Widerruf der Kreditlinie habe sich unmittelbar auf die Überschuldungsbilanz ausgewirkt. Da die Kreditlinie Eigenkapitalfunktion gehabt habe, hätte die Beklagte sich gegen die Inanspruchnahme der Kreditlinie nicht wehren dürfen und bezüglich ihrer Darlehensforderungen gegen die Insolvenzschuldnerin eine Rangrücktrittserklärung abgeben müssen. Solche mit Rangrücktrittserklärung versehenen Gesellschafterforderungen seien in der Überschuldungsbilanz nicht zu passivieren, so dass eine rechnerische Überschuldung nicht eingetreten wäre. Die Ausführungen zur Nichtausschöpfung der Kreditlinie von 300.000 DM seien rechtlich unerheblich. Die Insolvenzschuldnerin habe nicht alle Forderungen Dritter bedient, sondern lediglich die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs unumgänglichen Verbindlichkeiten. Zum anderen habe die Beklagte selbst in einem "Bericht zum 30.6.2001" ein operatives Betriebsergebnis zum 30.6.2001 von - 2.537.000 DM errechnet.

Der Schaden liege auch auf Grundlage der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum existenzvernichtenden Eingriff in der Summe der zur Insolvenztabelle angemeldeten und nicht von der Masse gedeckten Forderungen, da die Beklagte ohne den Ausschluss vom Drecon-Verfahren die Forderungen aufgrund ihrer damaligen Zusagen bedient hätte. Die Kosten des Insolvenzverfahren seien derzeit noch nicht bezifferbar.

Der Anspruch sei nicht verjährt. Kenntnis von dem Schadensersatzanspruch habe er frühestens im Jahr 2003 erlangt. Darüber hinaus beruft sich der Kläger auf § 852 Abs. 2 BGB. Der hier geltend gemachte Betrag entspreche dem Vermögensvorteil der Beklagten.

Der Kläger stützt die Haftung ferner auf die Unterkapitalisierung und beruft sich auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshof ZIP 1994, 207. Dort habe der Bundesgerichtshof befunden, dass die materielle Unterkapitalisierung einer Tochtergesellschaft die Durchgriffshaftung des Alleingesellschafters zur Folge haben könne. Das Landgericht habe mit Recht ausgeführt, dass an dem Tatbestand der Unterkapitalisierung kein vernünftiger Zweifel bestehen könne. Die Beklagte habe das in ihren damaligen, vom Landgericht zitierten Schreiben ebenso gesehen.

Schließlich macht der Kläger in der Berufung hilfsweise einen Anspruch aus §§ 30, 31 GmbHG a.F. wegen der von der Insolvenzschuldnerin zwischen dem 1.1. und 12.2.2001 im Rahmen des Drecon-Verfahrens an die Beklagte geleisteten Zahlungen in Höhe von 801.421,49 € (Aufstellung GA 491 und Kontoauszüge GA 502 ff.) geltend. Gemäß dem sog. November-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH Urt. v. 24.11.20003 - II ZR 171/01 - BGHZ 157, 72) unterlägen auch Auszahlungen an die Muttergesellschaft im Rahmen eines Cash-Pool-Systems dem Auszahlungsverbot des § 30 GmbHG, soweit das Eigenkapital nicht mehr vorhanden sei. Die Insolvenzschuldnerin habe zum 30.12.2000 bereits eine Unterbilanz aufgewiesen, hieran habe sich bis zum Insolvenzantrag am 24.8.2001 nichts mehr geändert.

Die Beklagte erhebt gegenüber dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch die Einrede der Verjährung und verweist ferner auf ihre im Rahmen des Drecon-Verfahrens an die Beklagte geleisteten Zahlungen in Höhe von 834.326,53 €.

Der Kläger ist der Ansicht, der Anspruch sei nicht verjährt. Es gelte die 10-jährige Verjährung. Die Beklagte habe böslich gehandelt, da ihr die das Auszahlungsverbot begründenden Tatsachen - insbesondere die Unterbilanz - bekannt gewesen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Beklagte ist weder aufgrund bindender Finanzierungszusagen, noch nach § 826 BGB unter dem Gesichtspunkt eines existenzvernichtenden Eingriffs oder dem Gesichtspunkt einer sog. materiellen Unterkapitalisierung zum Ausgleich der im Insolvenzverfahren angemeldeten Gläubigerforderungen verpflichtet. Ferner ist auch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch aus § 31 GmbHG auf Rückerstattung der im Rahmen des Drecon-Verfahrens zwischen dem 1.1. und 12.2.2001 erhaltenen Zahlungen nicht begründet.

1. Ein vertraglicher Anspruch auf Erstattung der Gläubigerforderungen besteht nicht. Die Beklagte hat sich der Insolvenzschuldnerin gegenüber weder durch das Schreiben vom 27.11.1995 noch durch die Aufnahme in das konzerneigene Cash-Pool-System verpflichtet, ihr die zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten erforderlichen Mittel auch künftig zur Verfügung zu stellen.

Eine allgemeine Pflicht des Gesellschafters, der Gesellschaft die von ihr benötigte Liquidität zur Verfügung zu stellen, besteht nicht. Vielmehr gilt der Grundsatz der Finanzierungsfreiheit (Goette/Kleindiek, Eigenkapitalersatzrecht in der Praxis, 5. Aufl., Rn 2).

Das Schreiben der Beklagten vom 27.11.1995 (Anl. K 8) begründet keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung von Liquidität bzw. auf unbegrenzte Teilnahme am Drecon-Verfahren. Das Schreiben enthält keine Finanzierungszusage. Vielmehr ist Inhalt des Schreibens eine ablehnende Stellungnahme zu einer Kapitalerhöhung. Diese sei nicht erforderlich, weil zum einen die Finanzierung der Tochtergesellschaften durch die Beklagte sichergestellt sei, zum anderen die Eigenkapitalquote durch Sparmaßnahmen und Einbringen unverhältnismäßig hoher Forderungen an Argen in die Beklagte verbessert werden könnte. Das Schreiben besagt damit nur, dass unter den gegenwärtigen Bedingungen eine Kapitalerhöhung nicht als erforderlich angesehen wird, es lässt sich aber nicht in eine zeitlich und betragsmäßig unbefristete Liquiditätszusage umdeuten. Das Schreiben begründet darüber hinaus auch formal keinen vertraglichen Anspruch der Insolvenzschuldnerin, weil es nicht an sie gerichtet ist, sondern an die Hauptniederlassung der Beklagten, also nur die interne Willensbildung der Beklagten betrifft. Die Weiterleitung des Schreibens an die Insolvenzschuldnerin ändert hieran nichts. Sie dient der Information der Insolvenzschuldnerin darüber, dass eine Kapitalerhöhung abgelehnt wurde, nicht aber der Begründung eines vertraglichen Anspruchs der Insolvenzschuldnerin auf künftige Liquidität.

Ein Anspruch auf weitere Liquidität ergibt sich auch nicht aus der bisherigen Teilnahme der Insolvenzschuldnerin am Drecon-Verfahren und der ihr hierbei eingeräumten Kreditlinie. Die Teilnahme der Insolvenzschuldnerin am Drecon-Verfahren beinhaltet keine Zusage auf künftige Mittelzuwendungen. Eine entsprechende Absprache oder auch nur eine vertragliche Grundlage für die Teilnahme der Insolvenzschuldnerin am konzerninternen Cash-Pool-Verfahren hat der Kläger nicht vorgetragen. Allein aus der tatsächlichen Handhabung lässt sich keine Bestandsgarantie und kein Anspruch auf Leistung weiterer Mittel entnehmen. Mangels entgegenstehender Vereinbarung und Zusicherung konnte die Beklagte die Teilnahme der Insolvenzschuldnerin am Drecon-Verfahren für die Zukunft jederzeit beenden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung zu sog. Finanzplankrediten oder Liquiditätszusagen. Danach können im Einzelfall Darlehen kraft rechtsgeschäftlicher Einigung wie Eigenkapital zu qualifizieren sein mit der Folge, dass der Gesellschafter sich von seiner Zusage auch in der Krise der Gesellschaft nicht lösen kann, weil er die Finanzierung gerade für diesen Fall zugesagt hat (BGH Urt. v. 28.6.1999 - II ZR 272/98 - BGHZ 142, 116; hierzu Goette/Kleindiek, Eigenkapitalersatzrecht in der Praxis, 5. Aufl., Rn 114 ff.). Voraussetzung hierfür ist aber eine bindende Zusage. Eine entsprechende Vereinbarung hat der Kläger aber gerade nicht vorgetragen und sie lässt sich auch aus den vorliegenden Unterlagen nicht feststellen. Dem Schreiben vom 27.11.1995 lässt sich - wie oben ausgeführt - gerade nicht entnehmen, dass die Beklagte der Insolvenzschuldnerin durch die Teilnahme am konzerninternen Cash-Pool unbegrenzt Liquidität zur Verfügung stellen wollte. Auch das Protokoll der Besprechung vom 9.1.2001 (Anl. 32 zum Sachverständigengutachten, Bl. 338 Anlagenband) enthält keine Zusage für die Zukunft, sondern lediglich die Aussage, dass aufgrund der bestehenden Kreditlinie, die wie Eigenkapital zu handhaben sei, keine Überschuldung eingetreten sei und keine Insolvenz drohe.

2. Dem Kläger steht auch kein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB aus dem Gesichtspunkt des existenzvernichtenden Eingriffs zu.

Nach diesem von der Rechtsprechung entwickelten Haftungskonzept haftet der Gesellschafter nach § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn er auf die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens keine Rücksicht nimmt und der Gesellschaft ohne angemessenen Ausgleich Vermögenswerte entzieht, die sie zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt, und so die Insolvenz der Gesellschaft herbeiführt (BGH Urt. v. 16.7.2007 - II ZR 3/04 - BGHZ 173, 246 = DStR 2007, 1586 mit Anm. Goette). Voraussetzung einer solchen Haftung ist ein missbräuchlicher, zur Insolvenz der GmbH führender oder diese vertiefender kompensationsloser Eingriff in das der Zweckbindung zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienende Gesellschaftsvermögen (BGH, a.a.O.; BGH Urt. v. 7.1.2008 - II ZR 314/05 - DStR 2008, 886). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

2.1. Es fehlt schon an einem kompensationslosen Eingriff in das gebundene Vermögen der Insolvenzschuldnerin. Nicht jedwede Verursachung der Insolvenz führt bereits zu einem Schadensersatzanspruch wegen Existenzvernichtung. Vielmehr setzt der Anspruch einen Eingriff in das den Gläubigern als Haftungsfonds dienende Gesellschaftsvermögen voraus. Die Existenzvernichtungshaftung soll wie eine das Kapitalerhaltungssystem ergänzende, aber auch deutlich darüber hinausgehende "Entnahmesperre" wirken (BGH Urt. v. 16.7.2007 - II ZR 3/04 - DStR 2007, 1586, 1590).

Die Beklagte hat der Schuldnerin kein zweckgebundenes, zur vorrangigen Befriedigung der Gläubiger dienendes Vermögen entzogen. Sie hat es vielmehr lediglich abgelehnt, ihr weiteres Kapital im Rahmen des Cash-Pooling zuzuführen, dafür aber auch eventuelle Guthaben auf dem Konto der Insolvenzschuldnerin belassen. Das Unterlassen hinreichender Kapitalausstattung ist schon begrifflich kein Eingriff in das gebundene Vermögen der GmbH (BGH Urt. v. 28.4.2008 - II ZR 264/06 - BGHZ 176, 204). Das gleiche gilt für die Weigerung, der Gesellschaft weiterhin Kredit zur Verfügung zu stellen. Hierin liegt ebenfalls kein Entzug vorhandener Vermögenswerte.

Der Ausschluss der GmbH vom Drecon-Verfahren erfolgte auch nicht kompensationslos. Nur ein kompensationsloser Eingriff vermag die Existenzvernichtungshaftung auszulösen. Als Folge des Ausschlusses vom Drecon-Verfahren verblieb ein eventueller positiver Saldo auf dem Konto bei der Insolvenzschuldnerin. Ferner hat die Beklagte ihr eine Kreditlinie in Höhe von 300.000 DM zur Verfügung gestellt (Anl. K 12) sowie am 19.2.2001 zugesagt, das Kreditlimit auf dem Konto der E. Bank bei Bedarf für nicht gedeckte, fällige Lohn- und Gehaltsforderungen einschließlich Sozialabgaben sowie Lieferanten- und Nachunternehmerzahlungen zu erhöhen (Bestätigungsschreiben der Insolvenzschuldnerin an die Beklagte vom 28.2.2001, Anl. 36 zum Sachverständigen, Bl. 350 Anlagenband). Dass hierdurch die Vorteile aus der Teilnahme am Drecon-Verfahren nicht ausgeglichen wurden, steht nicht fest. Die Insolvenzschuldnerin hat die Kreditlinie von 300.000 DM bis zur Stellung des Insolvenzantrages nicht ausgeschöpft, mag dies auch damit zusammenhängen, dass sie - wie der Kläger vorträgt - lediglich die dringendsten Rechnungen bezahlt hat. Sonstige Umstände, aus denen sich ableiten lässt, dass der Entzug vom Drecon-Verfahren ohne ausreichende Kompensation erfolgt ist, sind nicht ersichtlich. Dies geht zu Lasten des Klägers. Da der kompensationslose Eingriff haftungsbegründende Voraussetzung für die Existenzvernichtungshaftung ist, liegt die Darlegungs- und Beweislast bei ihm. Eine erweitere Darlegungslast der Beklagten ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen über die sekundäre Darlegungslast. Es liegen nicht genügend Anhaltspunkte dafür vor, dass nur die Beklagte über die entsprechenden Unterlagen verfügt. Der Sachverständige hat den größten Teil der Unterlagen in einem Kellerraum der Insolvenzschuldnerin gefunden (Bl. 6 und 11 ff. des Gutachtens sowie die Schreiben vom 30.9.2005, 3.11.2005 und 14.11.2005, GA 154, 157 und 164). Es fehlen zwar Monatsabschlüsse mit Summen- und Saldenlisten, die entsprechenden Konten hat die Beklagte dem Sachverständigen indes übersandt. Dass ihr weitere Unterlagen vorliegen, steht nicht fest.

Auch die weiteren vom Kläger genannten Umstände vermögen die Sittenwidrigkeit des Ausschlusses der Insolvenzschuldnerin vom Drecon-Verfahren nicht zu begründen. Hierfür reicht der Vortrag nicht aus, dass die Insolvenzschuldnerin im Vertrauen auf die Kredite der Beklagten keine eigenen finanziellen Reserven aufgebaut hat. Auch eventuelle Gewinnabführungen in den Jahren bis 1997 begründen nicht die Sittenwidrigkeit des Ausschlusses der Insolvenzschuldnerin vom Drecon-Verfahren.

2.2. Unabhängig vom Fehlen eines sittenwidrigen Eingriffs steht auch nicht fest, dass durch den Ausschluss vom Drecon-Verfahren die Insolvenz herbeigeführt oder vertieft wurde.

Der Insolvenzantrag wurde 6 Monate nach dem Ausschluss der Insolvenzschuldnerin vom Drecon-Verfahren gestellt, Insolvenzgrund war die Überschuldung. Der bestehende zeitliche Zusammenhang ist nicht so eng, dass er für sich schon die Kausalität zu begründen vermag.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen hatte die Beendigung der Teilnahmemöglichkeit am Cash-Pool-Verfahren der Beklagten keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Liquidität der Insolvenzschuldnerin, da durch die Bankguthaben und das eingeräumte Kreditlimit bei der E. Bank, insbesondere die Zusage, den Kreditrahmen für fällige Lohn- und Gehaltsforderungen sowie Lieferanten- und Nachunternehmerzahlungen zu erhöhen, die Bezahlung der laufenden Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin gewährleistet war (Gutachten Bl. 34 f.).

Ebenso wenig steht fest, dass der Ausschluss vom Drecon-Verfahren zur Überschuldung geführt oder diese vertieft hat. Der Sachverständige meint, dass - ohne Berücksichtigung der hohen Kosten des Insolvenzverfahrens - die Insolvenzschuldnerin zur Begleichung der Verbindlichkeiten in der Lage gewesen wäre (vgl. Schreiben des Sachverständigen vom 14.11.05, GA 166: Verbindlichkeiten waren durch das vorhandene Vermögen nahezu gedeckt). Die Teilnahme der Insolvenzschuldnerin am Drecon-Verfahren hatte keine unmittelbare Auswirkungen auf die Überschuldungsbilanz. Den wechselseitigen Zahlungen im Rahmen des Drecon-Verfahrens standen entsprechende wechselseitige Darlehensansprüche gegenüber. Dass die Teilnahme am Drecon-Verfahren im Rahmen der Überschuldungsprüfung als eine die Überschuldung im Sinne von § 19 InsO ausschließenden stillen Reserve behandelt werden kann, ist nicht ersichtlich. Schließlich lässt sich die Kausalität für die Überschuldung auch nicht daraus herleiten, dass nach dem Ausschluss vom Drecon-Verfahren aus Verbindlichkeiten gegenüber dem Gesellschafter Fremdverbindlichkeiten geworden sind. Dies hat nur dann Auswirkungen auf die Überschuldung, wenn der Gesellschafter entsprechende qualifizierte Rangrücktritte erklärt. Hierzu ist er aber nicht verpflichtet.

Soweit der Sachverständige in seinem Gutachten den Ausschluss vom Drecon-Verfahren als mitursächlich für die Insolvenz ansieht, stützt er das lediglich auf die hierdurch hervorgerufene Verunsicherung bei den Mitarbeitern und die negativen Auswirkungen auf die Reputation am Markt (Gutachten Bl. 36 ff.), nicht aber darauf, dass der Insolvenzschuldnerin keine ausreichenden Mittel zur Begleichung der fälligen Verbindlichkeiten mehr zur Verfügung standen. Dies reicht zum Nachweis der Kausalität nicht aus. Konkrete Feststellungen zu den finanziellen Auswirkungen dieser Effekte hat der Sachverständige nicht getroffen und lassen sich auch nicht treffen.

3. Der vom Kläger zur Begründung seiner Klage angeführte Gesichtspunkt einer durch den Ausschluss der Insolvenzschuldnerin vom Drecon-Verfahren eingetretenen materiellen Unterkapitalisierung rechtfertigt ebenfalls keine Haftung der Beklagten als Gesellschafterin für die Forderungen der Insolvenzgläubiger. Aus einer unzureichenden Kapitalausstattung einer GmbH lässt sich eine Durchgriffshaftung des Gesellschafters nicht herleiten (BGH Urt. v. 28.4.2008 - II ZR 264/06 - BGHZ 176, 204 = DStR 2008, 1293).

Eine solche Haftung ist weder gesetzlich normiert noch richterrechtlich anzuerkennen. Der Gesetzgeber hat sie im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) bewusst auch für die mit nur geringem Kapital ausgestattete Unternehmergesellschaft nicht eingeführt (RegE, BR-Drs 354/07, S. 66). Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung erkennt eine Durchgriffshaftung wegen materieller Unterkapitalisierung nicht an (BGH Urt. v. 28.4.2008 - II ZR 264/06 - BGHZ 176, 204 = DStR 2008, 1293). Sie würde die gesetzliche Wertung über die Kapitalausstattung von Unternehmen mit einem gesetzlich festgelegten Mindestkapital unterlaufen, zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen und dadurch letztlich die GmbH als Gesellschaftsform in Frage stellen (BGH a.a.O.).

4. Die Klage ist schließlich auch hinsichtlich des in Berufung gestellten Hilfsantrages nicht begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch aus § 31 GmbHG auf Erstattung der von der Insolvenzschuldnerin zwischen dem 1.1. und 12.2.2001 im Rahmen des Drecon-Verfahrens an die Beklagte geleisteten Zahlungen von insgesamt 801.421,49 € zu.

Die Klageänderung ist nach § 533 ZPO zulässig. Die Beklagte hat der Klageänderung nicht widersprochen. Die Zahlungsflüsse sind unstreitig.

Der Kläger sieht in den Zahlungen vom Konto der GmbH auf das zentrale Konto der Muttergesellschaft im Rahmen des täglichen Saldenausgleichs beim Drecon-Verfahren eine nach §§ 30, 31 GmbHG verbotene Leistung. Dabei stützt er sich auf die aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24.11.2003 (II ZR 171/01, BGHZ 157, 72) entstandene Diskussion über Cash-Pool-Systeme. Bis zu dieser sog. November-Entscheidung wurden Darlehen der Gesellschaft an einen Gesellschafter (sog. upstream Darlehen) nicht als verbotene Leistung im Sinne von §§ 30, 31 GmbHG angesehen, weil sie - jedenfalls bei werthaltigem Rückzahlungsanspruch - bilanziell neutral sind. Der Auszahlung der Darlehensmittel steht bilanziell ein entsprechender Rückzahlungsanspruch gegenüber. In seiner Entscheidung vom 24.11.2003 hat der BGH dagegen entschieden, dass Kreditgewährungen an Gesellschafter, die nicht aus Rücklagen oder Gewinnvorträgen, sondern gebundenem Vermögen erfolgen, auch dann als verbotene Auszahlungen zu behandeln sind, wenn der Rückzahlungsanspruch im konkreten Fall vollwertig ist. Dieser Rechtsprechung ist für Zahlungen an den Gesellschafter, die durch einen vollwertigen Gegenleistungsanspruch gedeckt sind, nicht zu folgen. Solche Zahlungen verstoßen nicht gegen das Auszahlungsverbot nach § 30 GmbHG und begründen daher auch keinen Rückerstattungsanspruch der Gesellschaft aus § 31 GmbHG. Maßgeblich ist vielmehr die bilanzielle Betrachtungsweise, da § 30 GmbHG nur einen Vermögensschutz enthält, nicht aber einen gegenständlichen Schutz. Dies ist durch die Neufassung von § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) ausdrücklich klargestellt. Das gilt auch für vor Inkrafttreten des MoMiG erfolgte Zahlungen, da der Gesetzgeber mit § 30 Abs. 1 GmbHG keine neue Rechtslage schaffen, sondern lediglich die bisherige Rechtslage im Hinblick auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.11.2003 klarstellen wollte (Wedemann, GmbHR 2008, 1131, 1134; ebenso für die gleichlautende Klarstellung in § 57 Abs. 1 S. 3 AktG BGH Urt. v. 1.12.2008 - II ZR 102/07 - laut Pressemitteilung des BGH vom 1.12.2008). Die "klärende Regelung" (BT-DrS 16/6140, S. 41) durch den Gesetzgeber erfolgte gerade im Hinblick auf Cash-Pool-Systeme.

Jedenfalls steht dem Anspruch aber die Einrede der Verjährung entgegen. Der Kläger hat den Anspruch erstmals in seinem Schriftsatz vom 22.2.2008 geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt waren eventuelle Ansprüche aus § 31 GmbHG bereits verjährt.

§ 31 Abs. 5 GmbHG in der seinerzeit (Anfang 2001) geltenden Fassung sah eine Verjährungsfrist von 5 Jahren vor, sofern dem Empfänger nicht eine bösliche Handlungsweise zur Last fiel. In diesem Fall galt die Regelverjährung. Durch das am 15.12.2004 in Kraft getretene Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts wurde die Verjährungsfrist einheitlich auf 10 Jahre festgesetzt. Soweit nach altem Recht die Verjährungsfrist von 5 Jahren galt, findet diese auf vor dem 15.12.2004 entstandene Ansprüche weiterhin Anwendung. Nach Art. 229 § 12 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 und 3 EGBGB ist für Übergangsfälle grundsätzlich die kürzere Frist maßgeblich. Die 5-jährige Verjährungsfrist war zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Hilfsanspruchs bereits verstrichen.

Nach Art. 229 § 12 Abs. 2 EGBGB gilt allerdings für solche Ansprüche, die im Dezember 2004 noch nicht verjährt waren und deren Verjährung sich nach altem Recht nach der (30-jährigen) Regelverjährung richteten, rückwirkend die neue Frist von 10 Jahren. Danach wäre bei böslicher Handlungsweise der Beklagten die 10-jährige Verjährung anzuwenden mit der Folge, dass Verjährung noch nicht eingetreten wäre. Eine solche bösliche Handlungsweise ist der Beklagten indes nicht vorzuwerfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Urt. v. 23. 6. 1997 - II ZR 220/95 - BGHZ 136, 125, 131; Urt. v. 29. 9. 2008 - II ZR 234/07 - DStR 2008, 2378) handelt ein Gesellschafter "böslich", wenn er die Auszahlung in Kenntnis ihrer Unzulässigkeit entgegennimmt, also weiß, dass bereits eine Überschuldung oder eine Unterbilanz besteht oder dass infolge der Auszahlung das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nunmehr angegriffen wird. Für den maßgeblichen Zeitpunkt der Zahlungen im Januar/Februar 2001 kann eine solche Kenntnis nicht unterstellt werden. Bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24.11.2003 entsprach es der ganz überwiegenden Auffassung, dass Darlehen der Gesellschaft an den Gesellschafter (sog. upstream-Darlehen) bei vollwertigem Rückzahlungsanspruch nicht unter §§ 30, 31 GmbH fallen (sog. Aktiventausch; zur Rechtsprechungsänderung Scholz/H.P.Westermann, aaO, § 30 Rn 20; Langner, GmbHR 2005, 1017, 1018). Hin- und Herzahlungen im Rahmen eines Cash-Pools haben keine bilanziellen Auswirkungen und waren nach §§ 30, 31 GmbHG neutral. Damit fehlt es an dem für die Verlängerung der Verjährung wegen böslichen Verhaltens erforderlichen Vorsatz bei der Beklagten.

Der Hilfsantrag ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rückzahlung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens begründet. Auch eventuelle Ansprüche auf Rückerstattung eigenkapitalersetzender Darlehensrückzahlungen sind verjährt. Denn der Rückerstattungsanspruch analog § 31 GmbHG nach den Rechtsprechungsregeln unterliegt ebenfalls der Verjährung nach § 31 Abs. 5 GmbHG (Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Auf., § 32a Rn 96).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts ergibt sich aus § 45 Abs. 1 S. 2 GKG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Voraussetzungen des existenzvernichtenden Eingriffs sind durch die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt. Auch hinsichtlich der Frage, ob im konkreten Fall dem Gesellschafter eine "bösliche Handlungsweise" im Sinne von § 31 Abs. 5 S. 2 GmbHG a.F. vorzuwerfen ist, liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vor, zumal der Frage nur noch für Altfälle Bedeutung zukommt.






OLG Köln:
Urteil v. 18.12.2008
Az: 18 U 162/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/9a1c6a32b2f5/OLG-Koeln_Urteil_vom_18-Dezember-2008_Az_18-U-162-06




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