Verwaltungsgericht Darmstadt:
Urteil vom 30. Juni 2010
Aktenzeichen: 5 K 162/09.DA (3)
(VG Darmstadt: Urteil v. 30.06.2010, Az.: 5 K 162/09.DA (3))
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat in einem Urteil vom 30. Juni 2010 entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung eines Waffenscheins hat. Der Kläger betreibt ein Unternehmen, das mit Waffen und Zubehör handelt. Er beantragte die Verlängerung seines Waffenscheins und führte als Begründung an, dass er aufgrund seiner regelmäßigen Transportfahrten mit Schusswaffen zu Kunden und der Aufbewahrung von Waffen in einem Außenlager überdurchschnittlich gefährdet sei. Die Behörde lehnte den Antrag ab und das Verwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es stellte fest, dass der Kläger nicht glaubhaft gemacht hat, dass er wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben gefährdet ist. Es fehlen Anhaltspunkte dafür, dass Waffenhändler bei Transporten häufiger überfallen werden als andere Personen. Zudem ist das Führen einer Waffe nicht geeignet, eine mögliche Gefährdung zu mindern. Ein plötzlicher Überfall lässt dem Kläger keine Gelegenheit, von seiner Waffe Gebrauch zu machen, ohne sich selbst zu gefährden. Auch ist das Führen einer Waffe nicht erforderlich, da der Kläger keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen hat, um die Transporte zu vermeiden. Der Kläger hat außerdem nicht dargelegt, wie viele Waffen er tatsächlich transportiert und wie lange diese verwahrt werden. Die Kosten des Verfahrens muss der Kläger tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung abwenden, falls der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
VG Darmstadt: Urteil v. 30.06.2010, Az: 5 K 162/09.DA (3)
Die behauptete regelmäßige Verbringung von Waffen aus der Schießstätte in ein Au-ßenlager nach Ende des Schießbetriebs gegen 23:00 Uhr zum Zwecke der Verwahrung im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit als Waffenhändler rechtfertigt jedenfalls dann nicht die Erteilung eines Waffenscheins, wenn der Antragsteller nähere Angaben zu Art und Umfang der Verwahrungsvorgänge und zur Erforderlichkeit der behaupteten Verwahrungen verweigert.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufigvollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durchSicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden,falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit inderselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger betreibt zusammen mit einer weiteren Person die Fa. A in B., einem Unternehmen, das mit Waffen und Zubehör handelt. Seit 16.04.1999 erhielt der Kläger zum Transport von Schusswaffen auch einen Waffenschein, dessen Gültigkeit in der Folgezeit mehrfach, zuletzt bis 19.02.2008, verlängert wurde.
Mit am 15.01.2008 eingegangenem Formblattantrag beantragte der Kläger, die Gültigkeit des Waffenscheins erneut zu verlängern. Zur Begründung gab er an, auf den regelmäßigen Transportfahrten mit Schusswaffen zu seinen Kunden und bei gelegentlichen Teilnahmen an Waffenbörsen überdurchschnittlich gefährdet zu sein. Die besondere Gefahrenlage ergebe sich auch aus regelmäßigen Transporten der Waffen von seinem Ladengeschäft in B. zu den Lagerräumen im Industriegebiet von C. (Außenlager). Geschäftssitz und Lagerräume seien potentiellen Angreifern bekannt. Häufig müsse Ware spät abends oder in der Nacht angeliefert oder abgeholt werden. Eine weitere Verkaufsstätte befinde sich in der Rudolf-Brass-Straße in C. in den Räumen des Schützenvereins D. Dort finde im Rahmen der sportlichen Freizeittätigkeit der Schießbetrieb vor allem in den Abendstunden bis 23:00 Uhr statt. Einer Reihe von Vereinsmitgliedern fehle die waffenrechtliche Berechtigung, sodass ihre Waffen im Vereinsgebäude verbleiben müssten. Die große Menge gelagerter Waffen könne für den illegalen Zugriff attraktiv sein.
Das von der Behörde um Einschätzung der Gefährdung des Klägers ersuchte Hessische Landeskriminalamt (LKA) antwortete mit Schreiben vom 25.08.2008, der Kläger habe keine konkreten Gefährdungsmomente dargetan. Auch eine abstrakte Gefährdung sei zu verneinen: Die polizeilichen Informationssysteme verzeichneten keine Straftaten zum Nachteil des Klägers mit Bezug auf seine berufliche Tätigkeit. Eine erhöhte Gefährdung aufgrund der kriminalgeografischen Lage der Firmensitze lasse sich ebenfalls nicht feststellen. Ein Vergleich der Fallhäufigkeitszahlen der Gemeinden B. und C. mit denen des Landkreises Offenbach und denen des Landes Hessen ergebe keine Auffälligkeiten zu anderen Landesteilen.
Mit Bescheid des Landrats des Kreises Offenbach vom 29.05.2008 wurde die Erteilung eines Waffenscheins abgelehnt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, in der Tätigkeit als Waffenhändler liege nicht schon per se ein entsprechendes Bedürfnis. Die vorgetragenen Argumente rechtfertigten nicht die Annahme, der Kläger sei wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben gefährdet. Zudem bestünden Zweifel, ob das Führen einer Waffe geeignet sei, einen etwaigen Angriff abzuwehren, da im Falle eines Angriffs mit einem überraschungsartigen Überfall zu rechnen sei.
Gegen den am 02.06.2008 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 30.06.2008 Widerspruch erhoben. Zur Begründung führt er aus, Waffenhändler gehörten zu einem Personenkreis, der nach allgemeiner Lebenserfahrung wesentlich mehr als die Allgemeinheit gefährdet sei. In kriminellen Kreisen seien Waffen, Munition und Treibladungspulver, deren Herkunft verschleiert und nicht nachvollzogen werden könne, besonders begehrenswerte Güter. Die Gefährdungsanalyse des LKA enthalte keine spezielle Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Gegebenheiten.
Im Unterschied zum früheren Vorbringen behauptet der Kläger nun, die für Vereinsmitglieder verwahrten Waffen müssten €zum großen Teil€ im Außenlager in C. verwahrt werden. Nach Bedarf und auf Bestellung müsse der Kläger zu bestimmten Terminen konkrete Waffen auf dem Schießstand vorhalten. Diese Waffen müssten vom Außenlager zum Schießstand und nach Ende des Schießbetriebs gegen 23:00 Uhr dorthin wieder zurückverbracht werden.
Mit Widerspruchsbescheid des Landrats des Kreises Offenbach vom 19.01.2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die Ausführungen des Ausgangsbescheids Bezug genommen. Zur Begründung der Ungeeignetheit des Schusswaffenführens wird ergänzend darauf hingewiesen, dass wer Waffentransporte überfalle, in der Regel eine ausgeprägte kriminelle Energie habe, bewaffnet angreifen und sich auch bei bewaffnetem Widerstand nicht ohne weiteres zurückziehen werde, so dass der Verteidigungseinsatz einer Waffe durch eine nicht ausgebildete, unvorbereitete Person eine zusätzliche Eigen- und auch Fremdgefährdung, zum Beispiel der Gesundheit und des Lebens unbeteiligter Passanten, darstelle. Präventive Maßnahmen € etwa fachkundige Beratung der Polizei zur Sensibilisierung für verdächtige Veränderungen im Umfeld, Verhalten bei Verfolgung, usw. € ließen dagegen eine Gefahr frühzeitig erkennen, so dass ihr ausgewichen und zum effektiven Schutz gegebenenfalls die Polizei informiert werden könne. Der Widerspruchsbescheid wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 22.01.2009 zugestellt.
Am 11.02.2009 hat der Kläger Klage beim erkennenden Gericht erhoben. Er wiederholt und vertieft seinen bisherigen Vortrag dahingehend, dass er immer mindestens 15 bis 20 Waffen von seinem Außenlager zum Schießstand und zurück verbringe. Ein Variieren des Transportzeitpunktes sei ihm wegen der festgelegten Schießzeiten, an die er gebunden sei, nicht möglich; ebenso bestünde wegen der geringen Distanz keine Möglichkeit, die Fahrtrouten ständig zu wechseln. Auf Nachfrage des Gerichts teilte der Kläger mit, dass in der Schießstätte ca. 70 Schusswaffen seiner Kunden aufbewahrt werden könnten. Wie viele Waffen an welchen Tagen zu welchen genauen Zeiten und für welche Verwahrdauer der Kläger € bezogen auf einen Dokumentationszeitraum von einem Monat € von der Schießstätte in sein Außenlager verbracht hat, vermochte er, teilweise unter Verweis auf den Datenschutz seiner Kundendaten, nicht anzugeben. Eigenen Angaben zufolge berechne er den Kunden für diese Serviceleistung nichts. Auskünfte über die Dauer der Verwahrungsverträge von Kunden ohne Waffenbesitzkarte lehnte der Kläger ab. Nach seinen Bemühungen befragt, was er unternommen habe, nächtliche Transporte ins Außenlager zu vermeiden bzw. ganz abzustellen, erklärte der Kläger, die Transporte seien unvermeidbar.
Ergänzend weist der Kläger darauf hin, dass sich die Gefahrenlage seit Oktober 2009 zu seinen Lasten verändert habe. Denn ein Kunde des Klägers werde der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verdächtigt. In diesem Zusammenhang sei der Kläger vom Bundeskriminalamt als Zeuge vernommen worden. Der Kläger legte zudem etliche Internet-Zeitungsausschnitte zu verschiedenen Tötungsdelikten im Rhein-Main-Gebiet, überwiegend aus dem türkischsprachigen Umfeld, vor, an denen Vereinsmitglieder, Gäste und/oder Kunden des Klägers beteiligt gewesen seien. In allen Fällen seien Schusswaffen eingesetzt worden. Er schließt aus dem Umstand, dass Vereinsmitglieder strafbare Handlungen begangen hätten, auf eine besondere Gefährdung auch seiner Person.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid des Landrats des Kreises Offenbach vom 29.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids derselbe Behörde vom 19.01.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger den Waffenschein für drei Jahre zu verlängern.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die beigezogenen Behördenakten des Beklagten verwiesen.
Gründe
Über die Klage kann im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet, denn der angefochtene Bescheid verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Waffenscheins.
Für das Führen einer Waffe ist neben den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 4 WaffG (Mindestalter, Zuverlässigkeit, persönliche Eignung und erforderliche Sachkunde), deren Vorliegen beim Kläger außer Frage steht, ein Bedürfnis erforderlich.
Ein Bedürfnis zum Führen einer Waffe liegt nach § 19 Abs. 2 WaffG vor, wer glaubhaft macht, auch außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben gefährdet zu sein (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG) und wer glaubhaft macht, dass das Führen einer Schusswaffe geeignet und erforderlich ist, diese Gefährdung zu mindern (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG).
Bereits das Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht. Eine erhöhte Gefährdung des Klägers bei seinen Waffentransporten vermag das erkennende Gericht nicht festzustellen. Für die Anerkennung einer Gefährdung als Bedürfnis ist stets ein strenger Maßstab bei der Abwägung der persönlichen Interessen des Klägers an der Verbesserung seiner Sicherheit durch den Besitz einer Schusswaffe und dem öffentlichen Interesse daran, dass möglichst wenig Waffen unter die Bevölkerung kommen, anzulegen (vgl. amtl. Begr. des Regierungsentwurfs zu § 19 WaffG, BT-Drs. 14/7758, S. 66). In Anwendung dieses strengen Maßstabes müssten zumindest Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Waffenhändler bei Auslieferungsfahrten und den beschriebenen anderen Transporten des Klägers deutlich häufiger das Ziel von Überfällen werden als die Allgemeinheit. Dafür ist € insoweit kann auf die Stellungnahme des LKA Bezug genommen werden € nichts ersichtlich. Dass einzelne Vereinsmitglieder in strafbare Handlungen unter türkischen Familien verwickelt sind oder ein Mitglied als des religiös motivierten Terrors verdächtig gilt, impliziert allein keine beim Kläger gegenüber der Allgemeinheit bestehende stärkere Gefährdungslage. Der des Terrorismus verdächtige Täter besitzt die bei ihm aufgefundenen Waffen zudem legal. Warum er den Kläger überfallen sollte, erschließt sich dem Gericht nicht.
Auch die vom Kläger angeführte Verhaltensweise im Umgang mit Waffen, die ihm Sportschützen zur Verwahrung überlassen und die er wegen der baulichen Verhältnisse in der Schießstätte nicht dort, sondern in seinem Außenlager unterbringen und nach Bedarf in die Schießstätte wieder zurückbringen muss, gebieten keine andere Einschätzung. Dieser Vortrag ist unglaubhaft. Es fällt zunächst auf, dass der Sachverhalt erst im Widerspruchsschreiben erstmals behauptet wurde. Bei der Antragstellung wurde zwar auch auf einen erheblichen Umgang mit Waffen von Kunden hingewiesen; es wurde aber behauptet, dass diese ausschließlich in den Räumlichkeiten der Schießstätte verwahrt werden. Um sich hier vor Angriffen zu schützen, bedarf es keines Waffenscheins, denn das Führen von Waffen in der Schießstätte ist waffenscheinerlaubnisfrei (§ 12 Abs. 3 Nr. 1 WaffG).
Die erst später behaupteten regelmäßigen Transporte ins Außenlager hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht. Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, tatsächlich allabendlich große Mengen an Waffen nach 23:00 Uhr in sein Außenlager zu verbringen und nach Aufforderung wieder zurückzubringen. Entsprechenden Aufforderungen des Gerichts um Darlegung näherer Einzelheiten ist er unter Verweis auf datenschutzrechtliche Verpflichtungen, die nicht bestehen dürften (vgl. nur § 28 Abs. 2 i. V. mit § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG), ausgewichen. Der Kläger hat sich auch nicht bemüht, dem Gericht konkrete Zahlen über die Verwahrungsvorgänge ohne Nennung der Kundennamen zuzuleiten. Seine Behauptung, die ständigen Hin- und Hertransporte der Waffen erledige er völlig kostenfrei, obwohl der zu erwartende organisatorische und logistische Aufwand erheblich und kostenträchtig sein muss, erscheint dem Gericht sachfremd. So selbstlos verhält sich kein Kaufmann. Über die Menge der Waffen, die der Kläger im Auftrage waffenbesitzkartenloser Eigentümer verwahrt, hat der Kläger ebenfalls Angaben verweigert, obwohl er hierzu ohne weiteres in der Lage wäre. Letztlich fehlen jegliche Angaben zu der Frage, was der Kläger unternommen hat, die mit beträchtlichem Aufwand verbundenen Verwahrungsvorgänge auf ein Maß zu begrenzen, das abendliche oder nächtliche Fahrten zu einem Außenlager entbehrlich machen lässt. Mit diesen vagen Angaben lässt sich eine behauptete überdurchschnittliche Gefährdung nicht plausibel begründen. Der Vortrag erscheint, auch weil er erst später in abgewandelter Form erstattet wurde, konstruiert.
Auch die Voraussetzung des § 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG liegt nicht vor, denn das Führen einer Waffe auf den Transporten des Klägers ist weder geeignet noch erforderlich, die abstrakte Gefährdung zu mindern.
Das Waffenführen ist nicht geeignet, weil ein etwaiger Überfall auf den Kläger regelmäßig unter Ausnutzung eines Überraschungsmomentes erfolgt, das dem Kläger keine Gelegenheit bietet, von seiner Waffe Gebrauch zu machen, ohne sich nicht zugleich selbst zu gefährden. Einem solchen Überraschungsangriff könnte nur wirksam begegnet werden, wenn die Waffe schussbereit in der Hand getragen werden würde. Ein derartiges Verhalten ist aber wegen der damit verbundenen Gefährdung der Allgemeinheit und der zu erwartenden geringen Effektivität grundsätzlich nicht zu billigen und auch in der Praxis nicht realitätsnah anzunehmen (Hess. VGH, Beschl. v. 27.04.2004 € 11 UZ 1303/03, Umdruck S. 4). Vergleiche mit Waffentransporten der Bundeswehr hinken, denn an solchen Transporten sind regelmäßig mehrere Soldaten beteiligt und die gefahrenträchtigen Be- und Entladungsvorgänge vollziehen sich im befriedeten Besitztum (Kasernen), in das Dritte im Allgemeinen nicht ohne weiteres vordringen können.
Eine Waffe mit sich zu führen, ist im Falle des Klägers auch nicht erforderlich. Die Erteilung eines Waffenscheins an eine Privatperson setzt voraus, dass alle Möglichkeiten des passiven Schutzes, insbesondere durch Änderung der Betriebsabläufe, ausgeschöpft sind, ohne dass dadurch eine bestehende erhöhte Eigengefährdung beseitigt werden könnte. Daher sind von der Person zunächst Änderungen im eigenen Verhalten und die Durchführung zumutbarer Sicherheitsvorkehrungen zu verlangen (OVG Rheinl.-Pf., Urt. v. 25.03.2004 € 12 A 11775/03 € NVwZ-RR 2005, 326 [327]). Selbst wenn der Kläger glaubhaft machen würde, tatsächlich regelmäßig nächtliche Fahrten in sein Außenlager zu unternehmen, fehlt es an einem Nachweis, dass diese Fahrten durch Änderung der Betriebsabläufe nicht vermieden werden könnten. Insbesondere stellt sich die Frage, warum die Verwahrungsleistungen nicht auf solche Personen beschränkt werden könnten, die auf die Leistungen des Klägers mangels eigener Waffenbesitzkarte angewiesen sind. Einkünfte erzielt der Kläger aus diesen Serviceleistungen nicht. Überdies stellt sich die Frage, warum nicht durch bauliche Veränderungen in der Schießstätte eine Unterbringung aller Waffen im Vereinsgebäude möglich ist und die nächtlichen Verbringungen in ein Außenlager entbehrlich machen.
Solche Möglichkeiten des passiven Schutzes nicht einmal zu erwägen und um eine Umsetzung bemüht zu sein, deutet nach der freien Überzeugung des Gerichts eher darauf hin, dass es dem Kläger nicht vorrangig um wirksame Gefahrenabwehr geht, sondern vor allem um die Erfüllung seines Prestigeanspruches, in der Öffentlichkeit Waffen führen zu dürfen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO i. V. mit § 167 VwGO.
Beschluss
Der Streitwert wird endgültig auf 7.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 52, 63 Abs. 2 GKG, wobei das Gericht in Übereinstimmung mit dem von Richtern aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit entworfenen Streitwertkatalog in der Fassung Juli 2004 (veröffentlicht in der NVwZ 2004, 1327) bei einem Streit um einen Waffenschein von einem Betrag von 7.500,00 EUR ausgeht.
VG Darmstadt:
Urteil v. 30.06.2010
Az: 5 K 162/09.DA (3)
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