Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 16. Mai 2000
Aktenzeichen: 9 S 652/00

(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 16.05.2000, Az.: 9 S 652/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 16. Mai 2000 mit dem Aktenzeichen 9 S 652/00 behandelt die Verteilung von Reisekosten eines Prozessbeteiligten für Termine, die gleichzeitig vor demselben Gericht in verschiedenen Verfahren stattgefunden haben. Bei der Kostenfestsetzung müssen diese Reisekosten entsprechend der Anzahl der Verfahren aufgeteilt werden. Dabei ist es nicht problematisch, wenn die Beschwerdesumme für jedes einzelne Verfahren unterschritten wird.

Der Kläger hat hier eine Beschwerde gegen den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 09.11.1999 eingereicht, welche vom Verwaltungsgericht zurückgewiesen wurde. In diesem Beschluss wurden die erstattungsfähigen Reisekosten des Beklagten (349,90 DM) für ein bereits abgeschlossenes Verfahren festgesetzt. Die Beschwerde wurde jedoch als unzulässig erklärt, da die geforderte Beschwerdesumme von 400,- DM nicht erreicht wurde.

Der Beklagte hatte für den ersten Rechtszug falsche Angaben gemacht, sodass die Kostenfestsetzung nur für das vorliegende Verfahren stattgefunden hat und nicht für den gesamten Prozess. Die Reisekosten für das vorliegende Verfahren wurden vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auf die jeweils gleichzeitig verhandelten Sachen aufgeteilt. Eine solche Aufteilung ist rechtlich zulässig und erfolgte hier aus sachlichen Gründen. Es bestehen keine Hinweise darauf, dass die Kosten "manipuliert" wurden, um eine geringere Beschwerdesumme zu erzielen.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle musste für jedes der beiden Verfahren einen eigenen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen, da festzusetzende Kosten jeweils einem bestimmten Rechtsstreit zugeordnet werden müssen. Die übliche Praxis, erstattungsfähige Reisekosten für Termine in verschiedenen Verfahren nach der Verfahrenszahl aufzuteilen, wird auch in der Rechtsprechung und Fachliteratur anerkannt. In diesem Fall fanden die Verhandlungen in allen drei Sachen gleichzeitig statt, da es um dieselbe Rechtsfrage ging. Die Reisekosten des Beklagten sind daher im zweiten und dritten Rechtszug nur einmal angefallen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für eine ungleichmäßige Aufteilung vor.

Auf die Einwände des Klägers gegen die einzelnen Punkte der Kostenfestsetzung, die auch im Beschwerdeverfahren geltend gemacht wurden, kommt es daher nicht an. Die Kostenentscheidung folgt aus dem Verwaltungsgerichtsgesetz und die Streitwertfestsetzung basiert auf dem Gerichtskostengesetz.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 16.05.2000, Az: 9 S 652/00


Sind Reisekosten eines Prozessbeteiligten für Termine angefallen, die in verschiedenen Sachen zu derselben Zeit vor demselben Gericht stattgefunden haben, sind diese bei der Kostenfestsetzung nach der Zahl der Verfahren aufzuteilen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn dabei für jedes einzelne Verfahren die Beschwerdesumme unterschritten wird.

Gründe

Die Beschwerde, die nach § 146 Abs. 4 VwGO keiner Zulassung bedarf und die auch nicht dem Vertretungszwang des § 67 Abs. 1 VwGO unterliegt (Senatsbeschluss vom 29.04.1997, NVwZ-RR 98, 462), ist unzulässig.

Sie richtet sich dagegen, dass das Verwaltungsgericht die auf §§ 151, 165 VwGO gestützte Erinnerung des Klägers gegen den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 09.11.1999 zurückgewiesen hat. Mit diesem Beschluss sind gemäß § 164 VwGO die nach § 162 Abs. 1 VwGO erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten (Reisekosten) für das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren VG Karlsruhe 3 K 3000/93 auf 349,90 DM festgesetzt worden. Damit ist die von § 146 Abs. 3 VwGO geforderte Beschwerdesumme von 400,-- DM nicht erreicht.

Dagegen lässt sich nicht einwenden, die gesamten erstattungsfähigen Reisekosten des Beklagten für die zweite und dritte Instanz (Kosten für den ersten Rechtszug wurden entgegen der irrtümlichen Angabe im Beschluss vom 09.11.1999 nicht festgesetzt) hätten 1.049,70 DM betragen. Sie lägen für das vorliegende Verfahren nur deshalb unter 400,-- DM, weil der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den erstattungsfähigen Betrag zu je einem Drittel auf die im zweiten und dritten Rechtszug jeweils gleichzeitig verhandelten Sachen VG Karlsruhe 3 K 3000/93 und 3 K 3002/93 = VGH Baden-Württemberg 9 S 2905/95 und 9 S 2903/95 = BVerwG 1 C 25.97 und 1 C 24.97 sowie das noch nicht abgeschlossene Verfahren VG Sigmaringen 6 K 1692/90 (derzeit beim Senat unter dem Aktenzeichen 9 S 1663/99 anhängig) verteilt habe. Denn diese Aufteilung ist nicht zu beanstanden. Sie wäre nur dann fehlerhaft, wenn der für das einzelne Verfahren jeweils unter 400,-- DM festgesetzte Erstattungsbetrag "manipuliert" worden wäre (vgl. zu den Voraussetzungen einer unsachlichen "Manipulation" einer Rechtsmittelsumme BVerwG, Kammerbeschluss vom 10.07.1996, NJW 1997, 649). Das ist nicht der Fall. Dass die Beklagte ihren Kostenantrag niedriger beziffert habe, damit bei Aufteilung der Kosten auf die drei Verfahren jeweils eine geringere Beschwerdesumme als 400,-- DM zustande kommt, kann ausgeschlossen werden. Denn die Beklagte hätte sich damit selbst die Möglichkeit genommen, bei einer für sie ungünstigen Kostenfestsetzung Rechtsmittel einzulegen. Auch der Erlass getrennter Kostenfestsetzungsbeschlüsse für jedes einzelne Verfahren und die Aufteilung des Erstattungsbetrags durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle entsprechen geltendem Kostenrecht und beruhen daher auf sachlichen Gründen.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle musste für jedes der beiden Verfahren 3 S 3000/93 und 3 S 3002/93 einen eigenen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen. Denn festzusetzende Kosten müssen jeweils einem bestimmten Rechtsstreit zugeordnet werden, für den im jeweiligen Urteil eine Kostenentscheidung ergangen ist. Eine Verbindung der Kostensachen entsprechend § 93 VwGO schied daher hier aus (OLG Hamm, Beschluss vom 11.08.1980, RPfl. 1980, 439; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 104 RdNr. 7).

Die allgemein übliche kostenrechtliche Praxis, erstattungsfähige Reisekosten eines Prozessbeteiligten für Termine in verschiedenen Sachen, die zu derselben Zeit vor demselben Gericht verhandelt werden, nach der Verfahrenszahl aufzuteilen, wird auch in der Rechtsprechung und Fachliteratur anerkannt (LG Berlin, Beschluss vom 12.08.1988, RPfl. 1989, 127; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Aufl., § 91 RdNr. 93, zu denselben Fragen im Zivilprozess; Gerold/Schmidt-Madert, BRAGO, 12. Aufl., § 29 RdNr. 6 zur Erstattung von Reisekosten eines Rechtsanwalts). Ein solcher Sachverhalt lag hier vor. Die drei Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Kläger und der Beklagten wurden vom VGH Baden-Württemberg am 11.03.1997 zusammen verhandelt und gleichzeitig aufgerufen, da es - damals - in allen drei Verfahren um dieselbe Rechtsfrage ging, nämlich die Zulässigkeit einer Klage bei bloßer Postfachangabe. Auch beim Bundesverwaltungsgericht, welches sich mit derselben Frage zu beschäftigen hatte, fand der Termin zur mündlichen Verhandlung in allen drei Sachen am 13.04.1999 statt, wobei die Verhandlungstermine in den einzelnen Sachen in halbstündigem Abstand angesetzt waren. Die Reisekosten der Beklagten entstanden also sowohl im zweiten als auch im dritten Rechtszug jeweils nur einmal. Anhaltspunkte für eine ungleichmäßige Aufteilung gab es ebenfalls nicht.

Auf die mit der Erinnerung erhobenen Einwände des Klägers gegen die einzelnen Punkte der Kostenfestsetzung, die mangels weiterer Begründung wohl auch im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden, kommt es somit nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13 Abs. 1 S. 1, 25 Abs. 2 S. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.






VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 16.05.2000
Az: 9 S 652/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/a14d57e3b0c8/VGH-Baden-Wuerttemberg_Beschluss_vom_16-Mai-2000_Az_9-S-652-00




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