Finanzgericht Köln:
Urteil vom 29. Oktober 2014
Aktenzeichen: 5 K 463/12

(FG Köln: Urteil v. 29.10.2014, Az.: 5 K 463/12)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Gerichtsentscheidung geht es um die Abzugsfähigkeit von Schadensersatzleistungen als Werbungskosten bei den nichtselbständigen Einkünften eines Klägers. Der Kläger war Vorstandsmitglied eines Unternehmens und hatte durch die Erstellung einer falschen Bilanz die Schädigung des Unternehmens mitverursacht. Das Gericht entschied, dass die Schadensersatzleistungen nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind, da der Kläger sich durch sein Verhalten bereichert hatte und damit auch private Gründe für die Straftat vorlagen. Auch eine verbindliche Zusage des Finanzamts oder der Grundsatz von Treu und Glauben könnten die Abzugsfähigkeit nicht rechtfertigen. Daher wurde die Klage abgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

FG Köln: Urteil v. 29.10.2014, Az: 5 K 463/12


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die vom Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit erklärten Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Der Kläger erzielte im Streitjahr als Geschäftsführer der A lnvest. und Beteiligungs mbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die von ihm erklärten Werbungskosten stehen allerdings im Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit als Vorstand der B AG.

Der Kläger war vom ...1995 bis zum ...1998 Vorstandsmitglied der B AG. Über die 1994 gegründete B AG sollte die Einrichtung von Seniorenheimen finanziert werden. Der Kläger hatte zunächst am ...1995 50 % der Aktien der B AG zu einem Preis von 189.266,67 DM erworben. An einer Kapitalerhöhung der B AG auf 30.000.000 DM nahm der Kläger nicht teil. Der Kläger besaß zunächst 1.000.000 Aktien der B AG. Im Jahre 1998 war der Kläger lediglich noch im Besitz von 200.000 Aktien, die er am ...1998 zum Preis von 30 DM je Aktie verkaufte, wobei die Dividende vereinbarungsgemäß noch dem Kläger zustehen sollte. Aus dieser Aktienbeteiligung floss dem Kläger eine Dividendenzahlung für das Geschäftsjahr 1997 in Höhe von 120.000 DM (60 Pfennig je Aktie) zu. Mit Ablauf des ...1998 schied der Kläger aus dem Vorstand der B AG aus. Der Kläger war für die B AG aber noch vom ...1998 bis zum ...1998 aufgrund eines Beratervertrages tätig. Der neue Vorstand erstattete am ...1999 Strafanzeige gegen Mitglieder des alten Vorstands. Der Kläger wurde mit Urteil des Landgerichts (LG) H vom ...2003, Az. 1, wegen Kapitalanlagebetruges, unrichtiger Darstellung der Vermögensverhältnisse der B AG und Untreue zum Nachteil der B AG zu 18 Monaten Gesamtfreiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Am ...2001 hatte der damalige Vorstandsvorsitzende der B AG wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag gestellt. Der Insolvenzverwalter der B AG klagte gegen den Kläger, zwei weitere frühere Vorstandsmitglieder (Herr D. und Herr N.) sowie gegen den Insolvenzverwalter über das Vermögen des vierten früheren Vorstandsmitglieds K. auf Schadensersatz. Zur Begründung verwies der Insolvenzverwalter darauf, dass die Beklagten zum 31.12.1997 eine falsche Bilanz für die B AG erstellt hätten und als Folge auch zum 31.12.1998 eine falsche Bilanz erstellt worden sei. Die unzutreffenden Bilanzen hätten zu einer Dividendenausschüttung der B AG für die Jahre 1997 und 1998 geführt, obwohl in diesen Jahren tatsächlich kein Gewinn erzielt worden sei. Mit Urteil vom ...2007, Az. 2, entschied das LG H, dass der Rechtsstreit vergleichsweise durch Einigung mit dem Insolvenzverwalter über das Vermögen des vierten Vorstandsmitglieds erledigt sei und die drei anderen ehemaligen Vorstandsmitglieder, u.a. auch der Kläger, als Gesamtschuldner einen Schadensersatz von 5.766.401 € an den Insolvenzverwalter über das Vermögen der B AG zu zahlen hätten. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der von der B AG für 1997 ausgeschütteten Dividende in Höhe von 4.200.000 DM, der für 1998 ausgeschütteten Dividende von 7.000.000 DM und den Kosten für die Feststellung der Nichtigkeit der Jahresabschlüsse 1997 und 1998 sowie die Nachtragsprüfung dieser Jahresabschlüsse. Im Strafurteil 1 war hierzu ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass der Kläger bei der Erstellung des unzutreffenden Jahresabschlusses 1997 vorsätzlich gehandelt habe.

Gegen das Urteil des LG H 2 legten der Kläger und das weitere frühere Vorstandsmitglied Herr N. Berufung vor dem Oberlandesgericht E ein. Der Kläger strebte einen Vergleich mit dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der B AG an. Dieser kam aber nur gemeinsam mit Herrn N. in Betracht. Herr N. erklärte sich mit dem Abschluss des Vergleiches nur einverstanden, wenn der Kläger alle aus dem Vergleich zu leistenden Zahlungen auch mit befreiender Wirkung für ihn übernahm. Herr N. war der Auffassung, dass der Kläger die primäre Verantwortung für den entstandenen Schaden trüge. Das Verfahren vor dem Oberlandesgericht E wurde gemäß Beschluss vom ...2009 durch Vergleich beendet. Danach verpflichteten sich der Kläger und Herr N. auf Grundlage des § 93 Abs. 2 Aktiengesetz (AktG) zur Zahlung von 1.555.000 € an den lnsolvenzverwalter, wobei auf jeden die Hälfte des Betrages entfiel. 1.155.000 € waren bis zum ...2009 zu leisten, während der Restbetrag von 400.000 € in jährlichen Raten von je 80.000 € beglichen werden musste. Der Gesamtbetrag sollte vom Kläger bezahlt werden, da Herr N. über eigene Mittel in Höhe der Verpflichtung nicht verfügte.

Bereits vor Abschluss des gerichtlichen Vergleichs verpflichtete sich der Kläger in einer am ...2009 von Herrn N. und am ...2009 vom Kläger unterschriebenen Vereinbarung, die am ...2009 ergänzt wurde, die aus dem Vergleich zu leistenden Zahlungen auch mit befreiender Wirkung für Herrn N. vorzunehmen. Herr N. verpflichtete sich im Gegenzug, auf etwaige im Innenverhältnis bestehende Ausgleichsansprüche aus der gesamtschuldnerischen Haftung wegen primärer Verantwortung des Klägers zu verzichten, entsprechend den Anweisungen des Klägers seine möglichen Ansprüche aus der T € Versicherung bei der P auf Kosten des Klägers zu verfolgen und mögliche Zahlungen der P an den Kläger weiterzuleiten.

In der Einkommensteuererklärung 2009 erklärte der Kläger aus diesen Vorgängen Werbungskosten in Höhe von 1.227.818,90 € bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit, sie sich wie folgt zusammensetzen:

Zahlung aus der Vergleichsvereinbarung:

423.000,00 €

Zahlung gemäß Beschluss des OLG vom ...2009:

732.000,00 €

Rechtsanwaltskosten:

48.525,48 €

Zinsen zur Finanzierung:

24.293,42 €.

Der Beklagte lehnte den Abzug der Werbungskosten im Einkommensteuerbescheid vom 01.04.2011 ab, da es sich bei den Zahlungen an den Insolvenzverwalter um Schadensersatzleistungen handele, die nicht abzugsfähig seien. Der Kläger sei zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet, weil er durch sein Verhalten die Schädigung der B AG zumindest billigend in Kauf genommen habe.

Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde - nach Ergehen von Änderungsbescheiden am 28.04.2011 und 31.10.2011- mit Entscheidung vom 11.01.2012 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage tragen die Kläger wie folgt vor:

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien Schadenersatzleistungen dann als Werbungskosten anzuerkennen, wenn der objektive Zusammenhang (Berufsbezogenheit) und auch die subjektive Förderungsabsicht (Erfüllung normaler arbeitsrechtlicher Verpflichtungen) gegeben sei, auch wenn hieraus strafrechtliche Relevanz entstünde. Als Vorstandsmitglied sei der Kläger aber verpflichtet gewesen, gemeinsam mit den anderen Vorstandsmitgliedern die Bilanz der B AG aufzustellen. Hierbei seien in der Bewertung einzelner Bilanzposten Fehler gemacht worden, die zu einem überhöhten Gewinnausweis geführt hätten. Eine Schädigungsabsicht und Bereicherungsabsicht zu Lasten der B AG habe der Kläger nicht gehabt und sei auch nicht durch das Strafgericht festgestellt worden. Der Kläger habe ausschließlich berufliche Ziele verfolgt und gerade versucht, Schäden vom Arbeitgeber abzuwenden, auch wenn er sich strafbar gemacht habe. Der Kläger habe auf Basis der sogenannten Wertaufhellungstheorie gehandelt. Durch die angespannte Liquiditätssituation der B AG habe die Ertragslage durch gewinnerhöhende Buchungen positiv dargestellt werden sollen, um so die Voraussetzungen für eine Kapitalerhöhung zu schaffen. Eine Unterbrechung des Kausalzusammenhanges oder eine Überlagerung der beruflichen Veranlassung durch private Motive sei insoweit nicht zu erkennen. Die subjektive Förderungsabsicht sei gegeben, da die Tätigkeit der Bilanzaufstellung im Rahmen der arbeitsrechtlichen Verpflichtungen liegen würde. Hierbei seien wesentliche Buchungsvorgänge, die sich nachträglich als rechtswidrig herausgestellt hätten, zeitlich vorgezogen worden.

Zudem sei zu berücksichtigen, dass die strafrechtliche Verurteilung des Klägers wegen Untreue durch das LG H aus heutiger Sicht unzutreffend gewesen sei. Denn das Bundesverfassungsgericht habe in seinen Entscheidungen vom 23.06.2010 2 BvR 2559/08, 2 BvR 105/09 und 2 BvR 492/09 den Untreuetatbestand verfassungskonform, insbesondere bezüglich des Schadensbegriffs, deutlich eingeschränkt. Unter Berücksichtigung dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes hätte im vorliegenden Fall schon tatbestandlich keine Verurteilung wegen Untreue erfolgen dürfen. Das LG H habe den Schaden der B AG ausschließlich in der infolge der falschen Bilanzierung erfolgten Ausschüttung an die Aktionäre gesehen. Diese Sichtweise sei jedoch zu kurz. Entscheidend sei in der damaligen Situation gewesen, dass im Rahmen des Börsengangs Mitte 1997 eine erhöhte Dividende prognostiziert worden war, bei deren fehlender Realisierung die Anleger Schadensersatzansprüche hätten geltend machen können. Diese Schadensersatzansprüche hätten sich jedoch nicht gegen den Kläger, sondern gegen die B AG als Emittentin gerichtet. Solche Schadensersatzansprüche wären zudem auf die Rückzahlung der gesamten Einlagen gerichtet und damit weitaus höher gewesen als die geplante Dividende. Insofern habe ein zwingendes Unternehmensinteresse bestanden, die prospektierte Dividende auch darstellen zu können, um die an der Börse gehegten Erwartungen in die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens zu erfüllen. Dies bestätige, dass der Vorstand mit der Bilanzerstellung, wenn auch falsch, habe annehmen können und müssen, dass er im Unternehmensinteresse handele. Der Vorwurf an den Kläger beschränke sich somit darauf, dass er sich in Beurkundungsfragen auf die Rechtskenntnis eines Notars und in Bilanzierungsfragen auf die Kompetenz eines Wirtschaftsprüfers verlassen habe. Bezeichnenderweise habe auch das LG H in seinem Strafurteil ausdrücklich keinen Vorsatz des Klägers in Bezug auf die Beurkundungsfehler angenommen. Der zivilrechtliche Anspruch gegen den Kläger habe vielmehr auf dem Vorwurf beruht, das Vermögen der B AG durch die fahrlässige Unkenntnis von der anderweitigen Vertretungspflicht nach § 112 AktG geschädigt zu haben. Die Anspruchsgrundlage der B AG beruhe somit lediglich auf dem Vorwurf einer fahrlässigen Schädigung des Unternehmensvermögens.

Hinzu komme, dass es sich bei der Verurteilung um einen Deal gehandelt habe. Der Kläger habe sich in einer existenziellen Notlage befunden, die umgehend habe beendet werden müssen, um noch größere Schäden zu vermeiden. Dem zivilrechtlichen Vergleich habe der Kläger nur zugestimmt, da der von ihm zu zahlende Gesamtbetrag von 1.555.000 € geringer als sein Anteil aus dem erstinstanzlichen Urteil (1/3 von 5.766.401 € = 1.922.137 €) und nicht auszuschließen gewesen sei, dass er auch ohne entsprechende Vereinbarung aufgrund der Gesamtschuldnerschaft für den Anteil des Herrn N. hätte aufkommen müssen, da dieser nicht annähernd über ein entsprechendes Vermögen verfügt habe und sich auch wegen seiner geringeren Schuld widersetzt hätte, Zahlungen zu leisten.

Auch die vom Beklagten behauptete Haftung §§ 45, 46 Börsengesetz (BörsG) a.F. sei nicht geeignet, eine andere rechtliche Würdigung zu begründen. Nach diesen Normen hafte der Emittent, die B AG, und nicht der ehemalige Vorstand persönlich.

Unabhängig vom Vorliegen der materiellen Voraussetzungen könne der Werbungskostenabzug schon aufgrund einer verbindlichen Zusage durch den Beklagten begehrt werden. Gegenstand der Erörterung im Rahmen der unstreitig beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung sei seinerzeit auch die Abzugsfähigkeit der Vergleichszahlungen und Verfahrenskosten gewesen. Das Schreiben vom 25.01.2006 sei in Verbindung mit dem ausdrücklichen Hinweis im Betriebsprüfungsbericht vom 10.12.2005 unter Ziffer 2.3.2 als eine verbindliche Zusage im Sinne von § 205 Abgabenordnung (AO) zu beurteilen. Allen Beteiligten sei insbesondere bewusst gewesen, dass die Behandlung der Kosten als Werbungskosten für die weiteren Verhandlungen des Klägers mit dem Insolvenzverwalter von maßgeblicher Bedeutung gewesen sei. Dementsprechend hätte auch der Steuerberater telefonisch am 04.01.2006 einen Antrag gestellt, die zukünftige Behandlung der Kosten auch auf den Zeitpunkt der Abzugsfähigkeit verbindlich zu klären. Dazu habe das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung H im Schreiben vom 25.01.2006 an den Steuerberater des Klägers mitgeteilt: "In der Schlussbesprechung vom ...2005 bestand Einvernehmen, dass der Werbungskostenabzug erst im Jahr der Auszahlung an die B AG in Betracht kommt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der o.g. Betrag weiterhin Herrn F zuzurechnen. Dieses Schreiben übersende ich in Erledigung ihrer telefonischen Rücksprache vom 04.01.2006". Eine verbindliche Zusage müsse entgegen der Ansicht des Beklagten nicht notwendig als solche bezeichnet werden. Insoweit müsse lediglich ein Antrag in Verbindung mit einer Betriebsprüfung vorliegen und sich die Verbindlichkeit der Zusage aus dem Kontext ergeben. Diese Voraussetzungen erfülle das Schreiben des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung. Zudem würden unter Ziffer 2.3.2 des Betriebsprüfungsberichts vom 10.12.2005 die Rechtsanwaltskosten, die den Zivilprozess betrafen, ausdrücklich anerkannt. Dem Kläger habe sich aufgrund dieses Verhaltens des Beklagten nicht mehr die Frage nach dem "Ob" der Abzugsfähigkeit der Schadenersatzzahlung gestellt, sondern nur die Frage nach dem "Wann" des Abzugs. Dies sei im Auskunftsbegehren auch deutlich zum Ausdruck gekommen.

Es handele sich vorliegend um eine Auftragsprüfung im Sinne des § 195 Abs. 2 AO. Deshalb sei das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung auch zusageberechtigt im Sinne von § 195 Satz 3 AO gewesen. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei gemäß §§ 19 und 21 AO originär zuständig für eine Person mit bedeutenden Einkünften das Wohnsitzfinanzamt bzw. das Betriebsstättenfinanzamt, hier sicherlich in beiden Fällen der Beklagte. Aufgrund des Gesetzes über die Finanzverwaltung (FVG), §§ 4 und 17 Abs. 2 Sätze 3 und 4, sei die oberste Landesbehörde ermächtigt worden, durch Verordnung Zuständigkeitsbestimmungen vorzunehmen und somit zu beauftragen. Hiervon habe die Landesregierung Gebrauch gemacht in Form der Finanzämterzuständigkeitsverordnung (FAZuVO NRW). In der dortigen Anlage 3 werde unter Ziffer 2.2 der hier auch nach Ansicht des Beklagten vorliegende Fall mit bedeutenden Einkünften aufgeführt. Aus der Anlage 3 sei aber zu entnehmen, dass es sich in diesem Fall um eine übertragene Zuständigkeit handele. Somit sei das Finanzamt für Groß - und Konzernbetriebsprüfung zur Zusage berechtigt gewesen. Zwar sei die beauftragte Behörde gemäß § 204 des Anwendungserlasses zur AO (AEAO) Nr. 2 Satz 2 angewiesen, eine verbindliche Zusage nur im Einvernehmen mit der für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörde (hier der Beklagte) zu erteilen. Geschähe dies nicht, sei die Zusage entgegen der Rechtsansicht des Beklagten gleichwohl wirksam. Da es sich unstreitig um eine Prüfung wegen bedeutender Einkünfte gehandelt habe, seien insbesondere die Einkünfte des Klägers Gegenstand der Prüfung gewesen. Diese Einkünfte ermittelten sich als Differenz zwischen den Einnahmen und den Werbungskosten. Da der strittige Punkt im Prüfungsbericht unter Werbungskosten dargestellt worden sei, sei die Frage der Werbungskosten hinsichtlich der Ermittlung der Einkünfte offensichtlich unstreitig gewesen. Auch nach Ansicht der damals Beteiligten sei es nur noch um das "Wann" gegangen. Dies erkläre auch den Hinweis im Schreiben des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung zu § 11 Einkommensteuergesetz (EStG). § 11 EStG behandele den Zeitpunkt des Abzugs von Werbungskosten.

Wenn man eine verbindliche Zusage verneine, sei der Werbungskostenabzug jedoch nach Treu und Glauben entsprechend § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) anzuerkennen. Schon aus der Zusage selbst sei erkennbar und dem Beklagten auch bekannt gewesen, dass der Kläger im Vertrauen auf die Verbindlichkeit der Zusage erhebliche Dispositionen finanzieller Art getroffen hatte (Hinterlegung des angesprochenen Betrages) und auch noch weitere Dispositionen im Vertrauen hierauf treffen würde (Vergleichszahlungen). So sei auch in Absprache mit der Rechtsbehelfsstelle auf die Erhebung einer Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 bezüglich der steuerlichen Einordnung einer erhaltenen Schadensersatzforderung zum Erhalt des Rechtsfriedens verzichtet worden, da der Kläger von der Abzugsfähigkeit der dieser Klage zu Grunde liegende Vergleichszahlung im Jahr 2009 ausgegangen sei und mit einer etwaigen Einkommensteuererstattung zur Verrechnung mit der Einkommensteuerschuld für 2005 gerechnet habe. Zwar sei der Abschluss des Vergleiches vor Gericht nicht nur vom Werbungskostenabzug abhängig gewesen. Angesichts der absoluten Höhe des Betrages dürfe aber schon jede Lebenserfahrung dagegen sprechen, dass solche Beträge keinen Einfluss gehabt hätten.

Der Beklagte erließ am 28.01.2013 und 18.09.2013 aufgrund der Auswertung von Mitteilungen Änderungsbescheide. Mit dem Bescheid vom 18.09.2013 wurde der nach § 164 Abs. 1 AO bestehende Vorbehalt der Nachprüfung zunächst aufgehoben. Dem Antrag der Kläger folgend, nahm der Beklagte in den erneuten Änderungsbescheid vom 19.12.2013 den Vorbehalt der Nachprüfung wieder auf.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuer 2009 in Gestalt des letzten Einkommensteueränderungsbescheides vom 19.12.2013 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus § 19 EStG Werbungskosten in Höhe von 1.227.818,90 € berücksichtigt werden,

bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Falle des Obsiegens die Besteuerung nach § 32d Abs. 6 EStG vorzunehmen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung wie folgt vor:

Die geltend gemachten Aufwendungen des Klägers seien nicht durch seinen Beruf veranlasst. Den beruflichen Zusammenhang aufhebende Gründe lägen nach der Rechtsprechung stets vor, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten die Schädigung des Arbeitgebers bezwecke oder billigend in Kauf nehme. Dies gelte unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer mit seiner Handlung einen weitergehenden nichtberuflichen Zweck, etwa die eigene Bereicherung verfolge, da die bewusste Schädigung des Arbeitgebers das Gegenteil dessen sei, wozu sich der Arbeitnehmer im Dienstvertrag verpflichtet habe.

Nach den Feststellungen des Strafgerichts habe der Kläger u.a. bei der Erstellung einer unzutreffenden Bilanz zum 31.12.2007 für die B AG mitgewirkt und dabei vorsätzlich gehandelt und damit die Schaffung der Voraussetzungen für die Dividendenausschüttung ermöglicht, um vorangegangene Gesetzesverstöße zu verschleiern. Weiterhin habe das Strafgericht festgestellt, dass der Kläger sich der Untreue zum Nachteil der B AG in mittelbarer Täterschaft schuldig gemacht habe, da aufgrund des falsch festgestellten Bilanzgewinns eine Dividendenausschüttung beschlossen worden sei, die bei zutreffender Bilanzierung nicht zulässig gewesen wäre. Ebenso habe das Zivilgericht unter Bezugnahme auf die nicht widerlegte Beweiswirkung des Strafurteils geurteilt. Das Zivilgericht habe zudem festgestellt, dass der Kläger gemäß § 93 Abs. 2 AktG zum Schadensersatz verpflichtet sei. Das Zivilgericht begründe den Schadensersatzanspruch mit einem Verstoß nach § 331 Nr. 1 Handelsgesetzbuch (HGB), der dazu geführt habe, dass der B AG ein Schaden in Form der Dividendenauszahlung entstanden sei. Nach der Rechtsprechung sei der berufliche Zusammenhang damit aufgehoben.

Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger als Miturheber des Börsenprospektes der B AG gemäß §§ 45, 46 BörsG a.F. der börsengesetzlichen Prospekthaftung unterlegen habe. Er habe deshalb ein eigenes Interesse an der Falschbilanzierung und der darauf beruhenden Dividendenausschüttung gehabt, um einer möglichen Inanspruchnahme durch die Anleger zu entgehen.

Das Schreiben der Konzernbetriebsprüfung H vom 25.01.2006 sei schon deshalb keine verbindliche Zusage, weil es nicht als solche gekennzeichnet sei. Gemäß § 205 Abs. 1 AO werde die verbindliche Zusage jedoch schriftlich erteilt und als verbindlich gekennzeichnet. Die Verbindlichkeit müsse sich eindeutig ergeben, was vorliegend nicht der Fall sei. Ungeachtet der formellen Voraussetzungen stehe der Annahme einer verbindlichen Zusage bereits die dem Beklagten als Festsetzungsfinanzamt zustehende Entscheidungskompetenz gemäß § 204 AO entgegen. Für die Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zusage und für die Auswertung der Prüfungsfeststellungen sei gemäß Nr. 2 AEAO zu § 204 das für die Veranlagung örtlich zuständige Festsetzungsfinanzamt zuständig. Dies gelte auch für den Fall, dass nach § 17 Abs. 2 Sätze 3 und 4 FVG i.V.m. Landesrecht speziellen Prüfungsfinanzämtern die Durchführung von Betriebsprüfungen zugewiesen werde. Eine Bindung an die Prüfungsfeststellungen des Prüfungsfinanzamtes sei nicht gegeben. Eine Bindungswirkung könne daher eine vom Prüfungsfinanzamt erteilte Zusage verbindlich für das Festsetzungsfinanzamt nur entfalten, wenn ein Fall der Auftragsprüfung nach § 195 Satz 2 AO vorliege und ferner das Prüfungsfinanzamt zur Erteilung einer entsprechenden bindenden Entscheidung ausdrücklich vom Festsetzungsfinanzamt ermächtigt worden sei (§ 195 Absatz 3 AO), was hier nicht der Fall sei. Der Kläger sei im Rahmen der maßgeblichen Betriebsgrößenklasseneinteilung als Fall mit bedeutenden Einkünften eingestuft worden. Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung sei damit nach § 17 Abs. 2 Satz 3 FVG i.V.m. der FAZuVO NRW originär für die Durchführung der Betriebsprüfung beim Kläger zuständig und ein Fall der Auftragsprüfung liege nicht vor.

Auch eine Berücksichtigung der streitigen Beträge nach dem Grundsatz von Treu und Glauben sei nicht möglich. Dies könne nur in besonders gelagerten Fällen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maße schutzwürdig sei, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssten. Dies sei nur der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen eine bestimmte steuerliche Behandlung zugesagt worden sei oder die Finanzbehörde durch früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. Voraussetzung für eine Bindung sei jedoch, dass der im Zeitpunkt der Auskunftserteilung für die spätere Entscheidung im Veranlagungsverfahren zuständige Beamte oder der Vorsteher der Finanzbehörde die Auskunft erteile. An eine von einem Betriebsprüfer vertretene Rechtsauffassung sei das Finanzamt daher nicht gebunden, wenn der für die spätere Entscheidung zuständige Beamte oder der Vorsteher nicht beteiligt worden seien. Zudem ergebe sich bereits aus den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung, dass sich allein aus einer früheren, aufgrund einer Außenprüfung vorgenommenen, steuerlichen Beurteilung eines Sachverhaltes keine Bindung für die Zukunft ergebe.

Zum Zeitpunkt des Schreibens vom 25.01.2006 sei der letztlich zu zahlende Betrag sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach noch Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens gewesen, welches erst mit dem Beschluss des Oberlandesgerichts E vom ...2009 abgeschlossen worden sei. Da der Sachverhalt als solcher noch nicht abschließend geklärt gewesen sei, habe auch keine verbindliche rechtliche Würdigung erfolgen können.

Ferner setze die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben noch Dispositionen des Vertrauenden voraus, für die das Verhalten der Finanzbehörde ursächlich gewesen sei. Der Kläger habe aber keine Dispositionen getroffen. Die Hinterlegung des Betrages von 750.000 DM sei bereits vor Durchführung der Betriebsprüfung erfolgt und nicht durch das Handeln der Finanzbehörde ausgelöst worden. Die Zahlung der weiteren Beträge sei nicht im Vertrauen auf einen vermeintlich zugesagten Werbungskostenabzug erfolgt. Vielmehr habe der Kläger dem gerichtlichen Vergleich unter Abwägung des Prozessrisikos vor dem Hintergrund zugestimmt, dass der zu zahlende Gesamtbetrag geringer war als der Anteil des Klägers aus dem erstinstanzlichen Urteil. Die Zahlungen und insbesondere die Zustimmung zum Vergleich seien damit vorrangig aus außersteuerlichen wirtschaftlichen Motiven erfolgt. Auch der Vortrag des Klägers, dass wegen der Erwartung einer Einkommensteuererstattung für 2009 auf eine Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 verzichtet worden sei, begründe keine Dispositionen des Klägers, da der Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens 2005 in keinem rechtlichen Zusammenhang mit dem hier streitigen Sachverhalt gestanden habe und hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung Einvernehmen erzielt worden sei. Zudem sei der Erledigung des Einspruchsverfahrens ohne weitere Bedingung zugestimmt worden. Eine Absprache mit der Rechtsbehelfsstelle hinsichtlich der Einspruchserledigung in Abhängigkeit von der Behandlung der Zahlungen im Jahr 2009 sei ausweislich der Akten und nach Rücksprache mit der für das Rechtsmittelverfahren zuständigen Sachbearbeiterin nicht erfolgt.

Gründe

1. Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Für das Vorliegen von Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG kommt es entscheidend darauf an, ob die Aufwendungen durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind. Werbungskosten sind bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit alle Aufwendungen, die durch das Dienstverhältnis veranlasst sind. Berufliche Veranlassung in diesem Sinn liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang der Aufwendungen mit dem Beruf besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht werden (vgl. BFH-Urteil vom 06.02.1981 VI R 30/77, BStBl II 1981, 362). Ob ein solcher besteht, richtet sich nach der - wertenden - Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments und der Zuweisung dieses Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerlich relevanten Erwerbssphäre (BFH-Urteil vom 09.12.2003 VI R 35/96, BStBl II 2004, 641). Nicht steuerlich relevant ist ein dem Geldabfluss zugrunde liegendes Ereignis, wenn es in nicht nur unbedeutendem Maße auf einer privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Veranlassung beruht (vgl. BFH-Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28.11.1977 GrS 2-3/77, BStBl II 1978, 105). Werbungskosten müssen von den privaten Kosten der Lebenshaltung, die nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähig sind, abgegrenzt werden. Schadensersatzleistungen aufgrund einer strafbaren Handlung sind Folgen kriminellen Verhaltens und deshalb, wie die Strafe selbst, grundsätzlich der privat zu verantwortenden Unrechtssphäre zuzuordnen (BFH-Urteil vom 13.12.1994 VIII R 34/93, BStBl II 1995, 457). In der Rechtsprechung des BFH ist jedoch anerkannt, dass auch Schadensersatzleistungen - im Unterschied zur Strafe selbst (§ 12 Nr. 4 EStG) - unter Umständen auch bei schuldhaften, vorsätzlich begangenen Straftaten und auch bei einer Verurteilung ausnahmsweise Erwerbsaufwendungen sein können und damit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sind (vgl. Beschluss des großen Senats des BFH vom 28.11.1997 GrS 2 bis 3/77, BStBl II 1978, 105). Dies ist der Fall, wenn der strafrechtliche Vorwurf durch das betriebliche oder berufliche Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst gewesen ist (vgl. zur Parallele bei Strafverteidigungskosten BFH-Urteile vom 19.02.1982 VI R 31/78, BStBl II 1982, 467; vom 18.10.2007 VI R 42/04, BStBl II 2008, 223). Dies ist zu bejahen, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen/unternehmerischen Tätigkeit begangen worden ist (BFH-Urteil vom 13.12.1994 VIII R 34/93, a.a.O.) und die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat damit ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar ist (BFH-Urteil vom 12.06.2002 XI R 35/01, BFH/NV 2002, 1441, m.w.N.).

Andererseits greifen nach der Rechtsprechung private Gründe durch, wenn die strafbaren Handlungen mit der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen nur insoweit in Zusammenhang stehen, als diese eine Gelegenheit zu einer Straftat verschafft (vgl. BFH-Urteil vom 19.03.1987 IV R 140/84, BFH/NV 1987, 577, sowie BFH-Urteil in BStBl II 2004, 641). Eine erwerbsbezogene Veranlassung wird auch dann aufgehoben, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat (vgl. BFH-Urteile vom 03.05.1985 VI R 103/82, BFH/NV 1986, 392, vom 18.09.1987 VI R 121/84, BFH/NV 1988, 353, vom 09.12.2003, VI R 35/96, a.a.O., sowie vom 18.10.2007 VI R 42/04, a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, ist die Klage abzuweisen. Der Kläger hat die ihm zur Last gelegte Tat, insbesondere die Erstellung einer falschen Bilanz, die zur Schadensersatzpflicht des Klägers geführt hat, in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit als Vorstand der B AG begangen. Denn der Kläger war als Vorstandsmitglied verpflichtet, gemeinsam mit den anderen Vorstandsmitgliedern die Bilanz der B AG aufzustellen. Zwar lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger die Absicht hatte, die B AG durch den überhöhten Gewinnausweis zu schädigen. Vielmehr sollten die gewinnerhöhenden Buchungen für eine positivere Bilanz sorgen, um die Voraussetzungen für eine Kapitalerhöhung zu schaffen. Daher geht das Gericht davon aus, dass zwar ein beruflicher Bezug gegeben war. Dieser Umstand allein führt jedoch nach der zuvor angeführten Rechtsprechung nicht zu einer Abzugsfähigkeit der geltend gemachten streitigen Schadensersatzzahlungen und Prozesskosten als Werbungskosten. Denn vorliegend ist zu berücksichtigen, dass der Kläger sich auch persönlich bereichert hat. Dem Handeln des Klägers lagen damit auch erhebliche private Gründe zu Grunde. Der Kläger hat wie die anderen Aktionäre für das Geschäftsjahr 1997 eine Dividende auf seine frühere Aktienbeteiligung in nicht unerheblicher Höhe von 120.000 DM erhalten. Der Kläger hatte sich die Dividendenauszahlung bei Veräußerung der ihm verbliebenen Anteile am 25.02.1998 ausdrücklich vorbehalten. Diese Ausschüttung wäre jedoch ohne den überhöhten Gewinnausweis nicht möglich gewesen. Insofern bestand neben dem Interesse der B AG, die prognostizierte Dividende darstellen zu können, auch ein erhebliches eigenes Interesse des Klägers an der geschönten Gewinndarstellung. Diese Umstände lassen nur den Schluss zu, dass auch die Möglichkeit der Dividendenauszahlung an den Kläger und deren Höhe bei Erstellen der falschen Bilanz eine Rolle gespielt hat. Selbst wenn diese Auszahlung nicht der Hauptgrund für die Erstellung der falschen Bilanz und nicht unmittelbar bezweckt war, so hat der Kläger dies doch zumindest in Kauf genommen. Somit hat der Kläger auch pflichtwidrig für eigene Zwecke gehandelt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die persönliche Bereicherung nicht der Hauptgrund für das Handeln des Klägers war, fehlt es damit an der ausschließlichen beruflichen Veranlassung, die zur Berücksichtigung von Aufwendungen zur Tilgung von Schadensersatzforderungen erforderlich ist.

Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, die zuvor dargelegte einschränkende Rechtsprechung könne nicht angewandt werden, weil der Kläger in Bezug auf die Untreue zu Unrecht verurteilt worden sei. Denn der Kläger ist nicht nur wegen Untreue, sondern auch wegen Kapitalanlagebetrug und unrichtiger Darstellung der Vermögensverhältnisse verurteilt worden. Im Übrigen bezieht sich der Kläger auf eine, erst nach Ergehen des Strafurteils ergangene, geänderte Rechtsprechung zum Straftatbestand der Untreue.

Im Ergebnis reicht der zweifellos vorhandene berufliche Zusammenhang nicht aus, um die streitigen Zahlungen als Werbungskosten bei den nichtselbständigen Einkünften des Klägers zu berücksichtigen.

2. Die streitigen Aufwendungen sind auch nicht wegen Vorliegens einer verbindlichen Zusage bzw. nach Treu und Glauben zu berücksichtigen.

Nach § 204 AO soll die Finanzbehörde im Anschluss an eine Außenprüfung dem Steuerpflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen verbindlich zusagen, wie ein für die Vergangenheit geprüfter und im Prüfungsbericht dargestellter Sachverhalt in Zukunft steuerrechtlich behandelt wird. Eine solche Zusage kann sodann im Zusammenhang mit der Besteuerung eines später verwirklichten Sachverhalts Bindungswirkung entfalten (§ 206 AO). Sie erfordert aber u.a. eine als verbindlich gekennzeichnete schriftliche Erklärung (§ 205 Abs. 1 AO) sowie eine Angabe dazu, für welche (zukünftigen) Zeiträume die Zusage gelten soll (§ 205 Abs. 2 Nr. 3 AO, vgl. auch BFH-Urteil vom 30.04.2009 V R 3/08, BFH/NV 2009, 1734). Diese Merkmale erfüllt das im Streitfall allein in Betracht kommende Schreiben vom 25.01.2006 erkennbar nicht, weshalb sich die Kläger nicht unmittelbar auf § 206 AO berufen können.

Die Finanzbehörden können jedoch auch außerhalb einer Außenprüfung eine Zusage geben, deren Verbindlichkeit aus den Grundsätzen von Treu und Glauben abzuleiten ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13.12.1989 X R 208/87, BStBl II 1990, 274; vom 17.09.1992 IV R 39/90, BStBl II 1993, 218, BFH-Beschluss vom 21.05.2010 V B 91/09, BFH/NV 2010, 1619). Eine verbindliche Zusage, eine tatsächliche Verständigung oder eine sonstige Bindung des Beklagten nach Treu und Glauben kann aber nur dann angenommen werden, wenn auf Seiten des Finanzamtes ein für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung zuständiger Amtsträger (Vorsteher oder Sachgebietsleiter) beteiligt ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 02.08.2006 I B 156/04, BFH/NV 2006, 2031; vom 09.12.2004 VII B 129/04, BFH/NV 2005, 663; BFH-Urteile vom 07.07.2004 X R 24/03, BStBl II 2004, 975 und vom 31.03.2004 I R 71/03, BStBl II 2004, 742). Äußerungen des Betriebsprüfers, Berichte oder Mitteilungen der Außenprüfung reichen für eine solche Bindung grundsätzlich nicht aus (BFH-Urteile vom 21.06.2001 V R 33/99, BFH/NV 2001, 1619; vom 23.05.1991 V R 1/88, BFH/NV 1991, 846; BFH-Beschlüsse vom 19.01.2007 IV B 51/05, BFH/NV 2007, 1089 und in BFH/NV 2006, 2031; Sauer in Beermann/Gosch, Kommentar zur AO § 201 Rdnr. 25 f.). Zudem muss der vom Steuerpflichtigen mitgeteilte Sachverhalt in allen wesentlichen Punkten richtig und vollständig dargestellt werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 05.11.2009 IV R 13/07, BFH/NV 2010, 652 und BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1619).

Darüber hinaus setzt die Bindungswirkung einer Zusage voraus, dass der Steuerpflichtige auf die Erklärung der Behörde vertraut und in diesem Vertrauen Dispositionen getroffen hat (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BFH-Urteile vom 22.07.2008 IX R 74/06, BStBl II 2009, 124; vom 31.03.2004 I R 71/03, BStBl II 2004, 742, und vom 16.07.2002 IX R 28/98, BStBl II 2002, 714; BFH-Beschluss vom 26.02.2003 V B 116/02, BFH/NV 2003, 883).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt im Falle der Kläger eine Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen nicht in Betracht.

Das Schreiben vom 25.01.2006 kann weder für sich gesehen noch in Verbindung mit den Ausführungen im BP-Bericht vom 10.12.2005 unter Ziffer 2.3.2 als verbindliche Zusage beurteilt werden. Aus der Formulierung im Schreiben vom 25.01.2006, "dass der Werbungskostenabzug erst im Jahr der Auszahlung an die B AG in Betracht kommt (§ 11 EStG)", ergibt sich nicht die Zusage, dass in jedem Fall und unbedingt Schadensersatzzahlungen als Werbungskosten berücksichtigt werden sollten. Die Formulierung "kommt in Betracht" lässt vielmehr die abschließende Beurteilung offen. Dies gilt umso mehr, als zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht feststand, ob und in welcher Höhe der Kläger Zahlungen zu leisten haben würde, da das Klageverfahren noch nicht abgeschlossen war. Auch der Umstand, dass die BP gemäß Ziffer 2.3.2. des BP-Berichts Prozesskosten im Zusammenhang mit den Verfahren wegen Bilanzmanipulation in den Jahren 2002 und 2003 anerkannt hat, ändert nichts an dieser Beurteilung. Auch in Verbindung mit diesen Ausführungen liegt eine verbindliche Zusage nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die Finanzbehörde bei der Durchführung einer Veranlagung grundsätzlich nicht an die Sachbehandlung im Rahmen vorhergehender Veranlagungen gebunden (BFH-Beschlüsse vom 14.02.2006 III B 143/05, BFH/NV 2006, 1058; vom 12.07.2006 IV B 9/05, BFH/NV 2006, 2028, m.w.N.). Das gilt auch dann, wenn jene Handhabung auf einer Betriebsprüfung beruht (BFH-Urteil vom 19.11.1985 VIII R 25/85, BStBl II 1986, 520, m.w.N.). Insoweit gilt daher der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung. Unabhängig davon lässt sich aus dem Prüfungsergebnis schon deshalb keine im Streitfall beachtliche Bindungswirkung ableiten, weil es sich in zeitlicher Hinsicht nicht auf das Streitjahr, sondern nur auf den damals zu beurteilenden Prüfungszeitraum bezieht.

Selbst wenn man dies anders beurteilte würde, scheiterte die Annahme einer verbindlichen Zusage vorliegend daran, dass keiner der zuständigen Beamten des Beklagten beteiligt war. Das Schreiben vom 25.01.2006 sowie der BP-Bericht wurden ohne Beteiligung des Beklagten vom Finanzamt für Konzern- und Großbetriebsprüfung erstellt. Die Kläger können sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, das Finanzamt für Konzern- und Großbetriebsprüfung habe gemäß § 195 Satz 3 AO i.V.m. der FAZuVO NRW wirksam eine Zusage erteilen können. Denn § 195 Satz 3 AO betrifft nur die Beauftragung im Einzelfall, nicht die generelle Übertragung von Zuständigkeiten (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, § 195 Rdnr. 11; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO/FGO, § 195 Rdnr. 23).

Zudem ist nicht erkennbar, dass der Kläger wirtschaftliche Dispositionen im Hinblick auf die vermeintliche Zusage getroffen hat. Der Betrag von 750.000 DM war bereits vor Durchführung der BP hinterlegt worden und damit nicht durch eine etwaige Zusage veranlasst. Die Zahlung der weiteren Beträge ist ebenfalls nicht im Vertrauen auf eine etwaige Zusage über den Werbungskostenabzug erfolgt. Vielmehr hat der Kläger nach eigenem Vortrag dem gerichtlichen Vergleich unter Abwägung des Prozessrisikos vor dem Hintergrund zugestimmt, dass der zu zahlende Gesamtbetrag geringer war als der Anteil des Klägers aus dem erstinstanzlichen Urteil. Die Zahlungen und insbesondere die Zustimmung zum Vergleich sind damit vorrangig aus außersteuerlichen wirtschaftlichen Motiven erfolgt.

Das Vorliegen der Voraussetzungen einer verbindlichen Zusage bzw. einer Bindung nach Treu und Glauben lässt sich somit nicht feststellen. Dies geht zu Lasten der Kläger (vgl. BFH-Urteil vom 22.04.1998 X R 4/95, BFH/NV 1998, 1221).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.






FG Köln:
Urteil v. 29.10.2014
Az: 5 K 463/12


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/a1720a2d809d/FG-Koeln_Urteil_vom_29-Oktober-2014_Az_5-K-463-12




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