Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 25. März 2011
Aktenzeichen: 6 U 174/10
(OLG Köln: Urteil v. 25.03.2011, Az.: 6 U 174/10)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Oberlandesgericht Köln hat in dem Urteil vom 25. März 2011 (Aktenzeichen 6 U 174/10) die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
Das Landgericht hat zu Recht die einstweilige Verfügung bestätigt, da die beanstandete Werbung eine wettbewerbswidrige Irreführung des Verkehrs darstellt. Die Antragsgegnerin hat durch die erste Plakatierung den Eindruck erweckt, dass die beworbene Matratze nur bis zum 20.05.2010 zum angegebenen Preis erhältlich ist. Tatsächlich wurde die Frist jedoch auf den 19.06.2010 verlängert. Dies führt zu einer objektiven Irreführung des Verkehrs im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Es ist dabei unerheblich, ob die Antragsgegnerin bereits zum Zeitpunkt der Plakatierung die Absicht hatte, die Frist zu verlängern. Die maßgebliche Entscheidung des Senats besagt, dass es für einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot allein auf die objektive Irreführung des Verkehrs ankommt. Auch wenn zunächst eine Geschäftsaufgabe angekündigt wird, die später nicht realisiert wird, liegt eine derartige Irreführung vor. Es spielt keine Rolle, ob der Werbende tatsächlich die Absicht hatte, seine Tätigkeit aufzugeben. Der Schutzzweck des Gesetzes besteht darin, Verbraucher vor Fehlvorstellungen zu bewahren.
Auch wenn es für die Frage der Irreführung nicht entscheidend ist, liegt es nach Auffassung des Senats nahe, dass die Antragsgegnerin von Anfang an die Absicht hatte, die Aktion zu verlängern. Der Erfolg der Preisherabsetzung war vorhersehbar und es war zu erwarten, dass die Antragsgegnerin die Frist verlängert. Befristete Preisherabsetzungen dienen dem Zweck, den Absatz zu steigern. Wenn dieses Ziel erreicht wird, liegt es nahe, dass eine Verlängerung von Anfang an in Betracht gezogen wurde.
Die Irreführung ist zudem von wettbewerblicher Relevanz, da Verbraucher, die glauben, nur eine kurze Frist für ihre Kaufentscheidung zu haben, eher zum Kauf veranlasst werden als Verbraucher, denen mehr Zeit zur Verfügung steht.
Die Kostenentscheidung beruht auf den gesetzlichen Bestimmungen und das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig. Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren beträgt 25.000 €.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Köln: Urteil v. 25.03.2011, Az: 6 U 174/10
Tenor
1.) Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 14.09.2010 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 203/10 - wird zurückgewiesen.
2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Gründe
B e g r ü n d u n g
Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO abgesehen.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die einstweilige Verfügung mit der Begründung
bestätigt, die beanstandete Werbung stelle eine wettbewerbswidrige Irreführung des Verkehrs im Sinne der §§ 3, 5
UWG dar.
In beiden Fällen hat die Antragsgegnerin durch das jeweils erste Plakat den Eindruck erweckt, die betreffende Matratze
könne zu dem angegebenen, gegenüber dem durchgestrichenen günstigeren Preis nur bis zum 20.05.2010 erworben werden. Dieser
Eindruck traf nicht zu, weil in beiden Fällen die Befristung später auf den 19.06.2010 verlängert worden ist. Die Verbraucher
sind auf diese Weise durch das jeweils erste Plakat über den Zeitraum des Angebotes getäuscht worden. Es liegt damit objektiv
eine Irreführung des Verkehrs im Sinne des § 5 UWG vor.
Auf die Frage, ob die Antragsgegnerin schon im Zeitpunkt der jeweils ersten Plakatierung die Absicht hatte, die Frist
später zu verlängern, kommt es nach einer Senatsentscheidung vom 18.09.2009 (GRUR-RR 2010, 250 - „Die letzten
sechs Ausverkaufstage”) nicht an. Die maßgebliche Passage der Begründung jenes Urteils lautet:
„Für einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte schon bei Schaltung
der Anzeige vor hatte, den Verkauf anschließend fortzusetzen oder ob er davon ausging, er werde seine gewerbliche
Tätigkeit aufgeben. Der Irreführungstatbestand des § 5 UWG knüpft das Verbot allein an eine objektive Irreführung
des Verkehrs. Wird zunächst eine Geschäftsaufgabe angekündigt, die später nicht stattfindet, ist eine solche Irreführung
zu bejahen. Die Fehlvorstellung der Werbeadressaten tritt unabhängig davon ein, ob der Werbende eine entsprechende
Aufgabeabsicht hatte oder nicht. Dafür spricht sowohl der Wortlaut des Irreführungstatbestandes, der allein an den
objektiven Umstand der Irreführung anknüpft, als auch der Schutzzweck der Norm, Verbraucher und sonstige Marktteilnehmer
vor Fehlvorstellungen zu bewahren. Auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof wird ein Verstoß gegen das
Lauterkeitsrecht ausdrücklich nicht von subjektiven Voraussetzungen abhängig gemacht (vgl. BGH GRUR 2005, 778, 779 -
Atemtest; BGH GRUR 2007, 800 Tz. 18 ff - Außendienstmitarbeiter).”
Die dieser Entscheidung des Senats zugrundeliegende Fallgestaltung unterscheidet sich von derjenigen im vorliegenden
Verfahren nur durch den Umstand, dass dort nicht eine befristete Preisaktion später verlängert, sondern zunächst eine
Geschäftsaufgabe angekündigt und das Geschäft dann nach Fristablauf gleichwohl weiter betrieben worden war. Das ist indes
für die zu entscheidende Frage, ob die Irreführung die anfängliche Absicht der Verlängerung eines günstigen Angebotes
voraussetzt, ohne Bedeutung.
Es kommt hinzu, dass auch nach Auffassung der Senats ohnehin von einer von vornherein bestehenden Absicht der
Antragsgegnerin auszugehen ist, die Aktion später zu verlängern. Die Antragsgegnerin hat zur Begründung ihres angeblichen
Sinneswandels vorgetragen, der Verkauf der Matratzen habe sich überraschend so gut entwickelt, dass sie sich erst
nachträglich zur Verlängerung der Preisherabsetzung entschlossen habe. Diese Einlassung legt die Annahme nahe, dass sie
von Anfang an die feste Absicht hatte, die Befristung der Preisherabsetzung später zu verlängern. Dass nämlich die
Herabsetzung des Preises um 45 % bzw. sogar 55 % zu einer erheblichen Umsatzsteigerung führen würde, konnte die
Antragsgegnerin nicht überraschen und musste - zumindest auf der Grundlage zu unterstellender marktgerechter
Preiskalkulationen - im Gegenteil von ihr erwartet werden.
Auf eine von Anfang an bestehende feste Absicht der Verlängerung käme es indes noch nicht einmal an. Will man überhaupt
- entgegen der vorzitierten Senatsentscheidung - ein anfängliches subjektives Element auf Seiten des Werbenden
für die Bejahung des Irreführungsvorwurfes voraussetzen, so muss es nämlich jedenfalls genügen, wenn dieser in der
verfahrensgegenständlichen Situation bereits zu Beginn zumindest ernsthaft in Betracht gezogen hat, die Aktion bei
erfolgreichem Verlauf zu verlängern. Denn der Verkehr nimmt derartige Ankündigungen als unbedingt gemeint ernst und
rechnet nicht damit, dass die betreffende Aktion möglicherweise verlängert wird. Selbst wenn die Antragsgegnerin -
wie sie behauptet - von der konkreten Geschäftsentwicklung überrascht worden sein sollte, belegt ihre spätere
Verlängerung der Preisaktion doch, dass sie die ursprüngliche Befristung von Anfang an für den Fall eines günstigen
Geschäftsverlaufes verlängern wollte. Befristete Preisherabsetzungen dienen - insbesondere wenn sie etwa die
Hälfte des regulären Preises ausmachen - dem Zweck, den Absatz zu erhöhen. Tritt dieser Erfolg ein, so lässt eine
spätere Verlängerung der Preisaktion nach der Lebenserfahrung den Schluss zu, dass eine solche von Anfang an in Betracht
gezogen war.
Die mithin in jedem Falle bestehende Irreführung ist auch von wettbewerblicher Relevanz. Der Verbraucher, der irrtümlich
meint, nur die erste kurze Frist für eine Kaufentscheidung zur Verfügung zu haben, wird sich eher zum Kauf veranlasst sehen,
als derjenige, der mehr Zeit hat, das Angebot mit anderen auf dem Markt angebotenen Matratzen zu vergleichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.
Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 25.000 €
OLG Köln:
Urteil v. 25.03.2011
Az: 6 U 174/10
Link zum Urteil:
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