Bundesgerichtshof:
Urteil vom 21. April 2005
Aktenzeichen: I ZR 1/02
(BGH: Urteil v. 21.04.2005, Az.: I ZR 1/02)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 21. April 2005 (Aktenzeichen I ZR 1/02) entschieden, dass die Veröffentlichung von Marktdaten eines Meinungs- und Marktforschungsinstituts ohne Zustimmung des Datenbankherstellers ein Verstoß gegen das Urheberrecht und den Wettbewerb darstellt. Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte, ein Verlag, in ihrer Zeitschrift Marktdaten veröffentlicht, die von der Klägerin erhoben worden waren. Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen ihre urheberrechtlichen Vorschriften zum Schutz der Datenbanken sowie einen wettbewerbswidrigen Eingriff. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen und das Berufungsgericht die Berufung zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass es sich bei den Sammlungen von Marktdaten der Klägerin um Datenbanken im Sinne des Urheberrechtsgesetzes handelt. Die Veröffentlichung dieser Daten ohne Zustimmung des Datenbankherstellers stellt eine Verletzung des Datenbankherstellerschutzes dar. Auch die Erschöpfung des Verbreitungsrechts greift in diesem Fall nicht, da es sich bei der Vervielfältigung der Daten um einen wesentlichen Teil der Datenbank handelt. Der Unterlassungsanspruch wegen Ausnutzen fremden Vertragsbruchs wurde vom Bundesgerichtshof verneint. Die Irreführung des Verkehrs aufgrund der Quellenangabe "C. -Recherche" war nicht Gegenstand des Verfahrens. Das Berufungsgericht muss nun weitere Feststellungen zur Frage treffen, ob es sich bei den Sammlungen von Marktdaten tatsächlich um Datenbanken handelt und ob ein wesentlicher Teil der Datenbank betroffen ist.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BGH: Urteil v. 21.04.2005, Az: I ZR 1/02
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Oktober 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin ist ein Meinungsund Marktforschungsinstitut, das anderen Unternehmen gegen Vergütung Marktstudien zur ausschließlichen Nutzung überläßt.
Die Beklagte gibt die für den IT-Handel bestimmte Zeitschrift "C. " heraus. Sie veröffentlichte in den Jahren 1998 bis 2000 in fünf redaktionellen Beiträgen von der Klägerin erhobene Marktdaten, ohne daß die Klägerin den Veröffentlichungen zugestimmt hatte. So enthielt der Artikel vom 29. Oktober 1998 die nachstehende Übersicht über den deutschen Markt für "Handheld-Geräte"
und der Artikel vom 6. April 2000 die nachfolgenden Grafiken über näher bezeichnete LCD-Marktanteile:
Die Artikel vom 29. Oktober 1998, 21. Januar 1999 und 6. April 2000 wiesen als Quelle der Daten die Klägerin aus. Die während des laufenden Rechtsstreits am 23. und 30. November 2000 veröffentlichten Untersuchungsergebnisse der Klägerin versah die Beklagte mit der Quellenangabe "C.
-Recherche".
Die Klägerin sieht die Veröffentlichungen ihrer Untersuchungsergebnisse als einen Verstoß gegen die urheberrechtlichen Vorschriften zum Schutz von Datenbanken und als wettbewerbswidrig an. Sie hat geltend gemacht, ihre Sammlungen von Untersuchungsergebnissen seien Datenbanken. In ihr Recht als Herstellerin der Datenbanken habe die Beklagte mit den nicht autorisierten Veröffentlichungen wiederholt und systematisch eingegriffen. Die Beklagte nutze zudem fremden Vertragsbruch in wettbewerbswidriger Weise aus. Aufgrund vorangegangener Geschäftsbeziehungen sei der Beklagten bekannt gewesen, daß die Daten nur unter Verletzung der mit den Vertragspartnern der Klägerin getroffenen Vereinbarungen über die Vertraulichkeit der Untersuchungsberichte zu erhalten gewesen seien.
Die Klägerin hat im Berufungsverfahren beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, in der Zeitschrift "C. " und/oder anderen Publikationen vertrauliche, nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Daten und/oder Informationen der Klägerin zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, indem diese Daten und/ oder Informationen ohne vorige ausdrückliche Zustimmung der Klägerin zur Darstellung von Grafiken verwendet werden und/oder solche Daten und/oder Informationen im Text genannt und/oder eingearbeitet werden und/oder sich bei der Darstellung derartiger Daten und/oder Informationen auf die Klägerin als Quelle zu berufen und/oder als Quelle unbefugt "C. -Recherche" anzugeben.
Die Beklagte hat dem entgegengehalten, bei den von ihr durchgeführten Recherchen hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben, daß die Informanten nicht zur Weitergabe der Untersuchungsergebnisse berechtigt gewesen seien. Die Veröffentlichungen seien durch das Grundrecht der Pressefreiheit geschützt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen (OLG München GRUR-RR 2002, 89).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren zuletzt gestellten Antrag weiter.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat die Klage sowohl aufgrund urheberrechtlicher als auch wettbewerbsrechtlicher Ansprüche für unbegründet erachtet und hierzu ausgeführt:
Bei den von der Klägerin erarbeiteten Sammlungen von Marktdaten handele es sich um Datenbanken i.S. von § 87a Abs. 1 UrhG. Die Klägerin sei Datenbankherstellerin, weil sie die für die Beschaffung nach Art oder Umfang wesentlichen Investitionen vorgenommen habe. Als Datenbankherstellerin habe die Klägerin das ausschließliche Recht, die Datenbanken insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Für die ausschließliche Verwendungsbefugnis des Datenbankherstellers gelte jedoch gemäß § 87b Abs. 2, § 17 Abs. 2 UrhG der Erschöpfungsgrundsatz. Die Voraussetzungen einer Erschöpfung des Verbreitungsrechts seien gegeben. Die Klägerin habe die von ihr erarbeiteten Sammlungen von Marktdaten mittels E-Mail, als Ausdruck oder auf einer CD-ROM an ihre Kunden veräußert. Aufgrund der Erschöpfung sei die Weiterverbreitung der Marktdaten durch die Kunden der Klägerin und die Beklagte zulässig.
Der Unterlassungsanspruch folge auch nicht aus § 1 UWG (a.F.) wegen Ausnutzen fremden Vertragsbruchs. Zwischen den Parteien bestehe kein Wettbewerbsverhältnis. Die Beklagte sei kein Marktforschungsunternehmen. Zu ihrer Betätigung gehöre es auch nicht, das Ergebnis von Marktstudien gegen Entgelt zu vertreiben. Es fehle auf seiten der Beklagten an einer Wettbewerbsabsicht. Handele ein Presseunternehmen im Rahmen des medialen Funktionsbereichs, spreche keine Vermutung für eine Wettbewerbsabsicht. Die wettbewerbsrechtlichen Auswirkungen seien vielmehr unvermeidliche Folge der Erfüllung der journalistischen Aufgabe.
Die Voraussetzungen eines rechtswidrigen Ausnutzens fremden Vertragsbruchs durch die Beklagte lägen nicht vor. Es fehle an besonderen, eine Unlauterkeit begründenden Umständen, deren Vorliegen beim Ausnutzen fremden Vertragsbruchs erforderlich sei.
Eine in Betracht kommende Irreführung des Verkehrs aufgrund der Quellenangabe "C. -Recherche" sei nicht Streitgegenstand.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf der bisherigen Tatsachengrundlage kann nicht davon ausgegangen werden, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei unbegründet.
1. Den auf Unterlassung der Vervielfältigung der Marktdaten gerichteten Anspruch nach § 97 Abs. 1 Satz 1, §§ 87a, 87b Abs. 1 UrhG hat das Berufungsgericht zu Unrecht wegen einer Erschöpfung nach § 87b Abs. 2, § 17 Abs. 2 UrhG verneint.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Sammlungen von Marktdaten der Klägerin seien Datenbanken i.S. des § 87a Abs. 1 UrhG und sie sei Datenbankenherstellerin gemäß § 87a Abs. 2 UrhG. Konkrete Feststellungen dazu, ob die Datensammlungen der Klägerin die Voraussetzungen erfüllen, die an Datenbanken i.S. von § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG zu stellen sind, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
aa) Eine Datenbank ist nach § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG bei einer Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen gegeben, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert. Die Vorschrift setzt Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken um (ABl. EG Nr. L 77 vom 27.3.1996, S. 20; GRUR Int. 1996, 806) und greift die Schutzvoraussetzungen nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie auf.
Von einer Unabhängigkeit der Elemente der Sammlung ist auszugehen, wenn sie sich voneinander trennen lassen, ohne daß der Wert ihres informativen, literarischen, künstlerischen, musikalischen oder sonstigen Inhalts dadurch beeinträchtigt wird (vgl. zu Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 96/9/EG: EuGH, Urt. v. 9.11.2004 -Rs. C-444/02, GRUR 2005, 254, 255 Tz. 29 -Fixtures-Fußballspielpläne II; Koch in Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, § 77 Rdn. 43). Eine systematische oder methodische Anordnung sowie eine Zugänglichkeiti.S. von § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG setzen voraus, daß die Sammlung sich auf einem festen Träger befindet und ein technisches oder anderes Mittel aufweist, das es ermöglicht, jedes in der Sammlung enthaltene Element aufzufinden (vgl. EuGH GRUR 2005, 254, 255 Tz. 30 f. -Fixtures-Fußballspielpläne II). Mit dem Erfordernis einer nach Art oder Umfang wesentlichen Investition zur Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung der Elemente übernimmt § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG die in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 96/9/EG angeführte Schutzvoraussetzung. Nach der Neunten, Zehnten und Zwölften Begründungserwägung der Richtlinie soll diese Investitionen in "Datenspeicherund Datenverarbeitungs"-Systeme fördern und schützen, die zur Entwicklung des Informationsmarktes in einem Rahmen beitragen, der durch eine exponentielle Zunahme der Daten geprägt ist, die jedes Jahr in allen Tätigkeitsbereichen erzeugt und verarbeitet werden. Zu berücksichtigen sind danach diejenigen Investitionen, die der Erstellung der Datenbank als solche dienen (EuGH, Urt. v. 9.11.2004 -Rs. C-203/02, GRUR 2005, 244, 247 Tz. 30 -BHB-Pferdewetten; Urt. v. 9.11.2004 -Rs. C-338/02, GRUR 2005, 252, 253 Tz. 23 -Fixtures-Fußballspielpläne I; GRUR 2005, 254, 256 Tz. 39 -Fixtures-Fußballspielpläne II; Ullmann FS für Brandner, S. 507, 521). Zu den mit der Beschaffung des Inhalts einer Datenbank verbundenen Investitionen zählen auch diejenigen Mittel, die zur Ermittlung von vorhandenen Elementen und deren Zusammenstellung in der Datenbank eingesetzt werden, während hierzu nicht die Mittel zu rechnen sind, die aufgewandt werden, um die Elemente zu erzeugen, aus denen der Inhalt der Datenbank besteht (vgl. EuGH GRUR 2005, 252, 253 Tz. 24 -Fixtures-Fußballspielpläne I; GRUR 2005, 254, 256 Tz. 40 -Fixtures-Fußballspielpläne II; vgl. auch: Vogel in Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl., § 87a Rdn. 16).
bb) Für das Revisionsverfahren ist zugunsten der Klägerin davon auszugehen, daß ihre Datensammlungen den Anforderungen entsprechen, die an Datenbanken zu stellen sind.
b) Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in den Artikeln der Zeitschrift "C. " von der Klägerin erhobene Marktdaten ohne deren Zustimmung veröffentlicht. Die Veröffentlichungen bezogen sich u.a. auf die Marktanteile der Anbieter von "Handheld-Geräten", von Monitoren und von Lautsprechern sowie auf die Absatzzahlen von Multimediageräten auf dem deutschen Markt. Feststellungen dazu, ob es sich bei den vervielfältigten Daten um einen wesentlichen Teil von Datenbanken der Klägerin handelt oder um unwesentliche Teile nach § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG, deren Vervielfältigung nach § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG dem gleichsteht, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
aa) Durch die Veröffentlichung hat die Beklagte Daten aus der Datenbank der Klägerin i.S. von § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG vervielfältigt. Der Begriff des "Vervielfältigens" i.S. des § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG ist ebenso wie der in der Richtlinie 96/9/EG verwendete Begriff der "Entnahme" dahin auszulegen, daß er sich auf jede Handlung bezieht, die darin besteht, sich ohne die Zustimmung der Person, die die Datenbank erstellt hat, die Ergebnisse ihrer Investition anzueignen oder sie öffentlich verfügbar zu machen und ihr damit die Einkünfte zu entziehen, die es ihr ermöglichen sollen, die Kosten dieser Investition zu amortisieren (EuGH GRUR 2005, 244, 248 Tz. 47, 51 -BHB-Pferdewetten). Unter diesen Umständen ist nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt davon auszugehen, daß die Beklagte mit der Übernahme der fraglichen Daten in ihre Zeitschrift einen Teil der Datenbank der Klägerin entnommen hat. Nicht erforderlich ist es, daß die Beklagte sich die Daten durch einen unmittelbaren Zugang zu Datenbanken der Klägerin verschafft hat (vgl. EuGH GRUR 2005, 244, 248 Tz. 53 f. und 67 -BHB-Pferdewetten).
Die Vervielfältigung durch die Beklagte stellt einen Eingriff in das ausschließliche Recht des Datenbankherstellers nach § 87b Abs. 1 UrhG dar, wenn die Vervielfältigung einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank betrifft oder die wiederholte und systematische Vervielfältigung von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank vorliegt, die Vervielfältigung jedoch einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderläuft oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigt. Die Bestimmung des § 87b Abs. 1 UrhG beruht auf Art. 7 Abs. 1 und Abs. 5 der Richtlinie 96/9/EG. Ob die Vervielfältigung einen wesentlichen Teil der Datenbank betrifft, ist nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie in qualitativer oder quantitativer Hinsicht zu bestimmen (vgl. hierzu näher EuGH GRUR 2005, 244, 250 Tz. 68 ff. -BHB-Pferdewetten).
bb) Zugunsten der Klägerin ist im Revisionsverfahren davon auszugehen, daß die Beklagte eine im Umfang wesentliche Handlung i.S. des § 87b Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 UrhG vorgenommen hat.
c) Mit Recht wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht den auf § 97 Abs. 1 Satz 1, § 87b Abs. 1 UrhG gestützten Unterlassungsanspruch wegen einer Erschöpfung nach § 87b Abs. 2, § 17 Abs. 2 UrhG verneint hat. Nach der Vorschrift des § 17 Abs. 2 UrhG ist die Weiterverbreitung geschützter Originale oder Vervielfältigungsstücke des Werks mit Ausnahme der Vermietung zulässig, wenn diese mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in den Verkehr gebracht worden sind. Die Erschöpfung bezieht sich aber nur auf das Verbreitungsrecht (§ 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 UrhG) des Datenbankherstellers (vgl. auch Art. 7 Abs. 2 lit. b Satz 2 Datenbank-Richtlinie) und nicht auf das Recht zur Vervielfältigung der Daten (vgl. EuGH GRUR 2005, 244, 248 Tz. 52 -BHB-Pferdewetten; BGHZ 144, 232, 238 -Parfüm-Flakon; Loewenheim in Schricker aaO § 17 Rdn. 58; Dreier in Dreier/ Schulze, Urheberrecht, § 87b Rdn. 18; Kotthoff in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, § 87b Rdn. 16). Im Streitfall hat die Beklagte durch die in Rede stehenden Veröffentlichungen Daten aus Datenbanken der Klägerin vervielfältigt. Hierauf erstreckt sich die Erschöpfung des Verbreitungsrechts nicht.
d) Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht deshalb als zutreffend, weil die Beklagte, wie sie meint, aufgrund der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu einem -unterstellten -Eingriff in die geschützten Rechte der Klägerin als Datenbankherstellerin berechtigt wäre. Das Grundrecht der Pressefreiheit wird nach Art. 5 Abs. 2 GG durch die allgemeinen Gesetze eingeschränkt, zu denen auch das Urheberrechtsgesetz gehört. Das Urheberrechtsgesetz hat den Konflikt zwischen dem Interesse der Presse an einer freien Berichterstattung über urheberrechtlich geschützte Werke sowie durch verwandte Schutzrechte geschützte Leistungen und dem Interesse des Urhebers und des Inhabers verwandter Schutzrechte an der Verwertung ihrer Rechte geregelt (vgl. BGH, Urt. v. 7.3.1985 -I ZR 70/82, GRUR 1987, 34, 35 -Liedtextwiedergabe; vgl. auch BGHZ 154, 260, 264 ff. -Gies-Adler). Dem Interesse der Allgemeinheit an einem ungehinderten Zugang zu Informationen trägt § 87b Abs. 1 UrhG dadurch Rechnung, daß eine Nutzung erlaubt ist, wenn sie keinen wesentlichen Teil der Datenbank betrifft, der normalen Auswertung der Datenbank nicht zuwiderläuft und die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers nicht unzumutbar beeinträchtigt werden (vgl. Vogel in Schricker aaO, Vor §§ 87a ff. UrhG Rdn. 18; Dreier in Dreier/Schulze aaO, § 87b Rdn. 5 ff.). Nach Nr. 42 der Erwägungsgründe der Datenbank-Richtlinie stellt das Recht auf Untersagung der unerlaubten Weiterverwendung auf Handlungen des Benutzers ab, die über dessen begründete Rechte hinausgehen und einen erheblichen Schaden für die Investitionen des Datenbankherstellers verursachen. Zu einem derartigen Eingriff in die Rechte der Klägerin ist die Beklagte auch nicht aufgrund der Pressefreiheit berechtigt.
e) Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren die erforderlichen Feststellungen dazu zu treffen haben, ob es sich bei den Sammlungen von Marktdaten der Klägerin um Datenbanken i.S. von § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG handelt. Die Beklagte hat sich im Revisionsverfahren gegen diese vom Berufungsgericht von seinem Standpunkt folgerichtig nicht näher begründete Annahme mit einer Gegenrüge gewandt. Die hierzu erforderlichen Feststellungen wird das Berufungsgericht nachzuholen haben. Entsprechendes gilt zur Frage, ob durch die Vervielfältigung der Daten durch die Beklagte ein wesentlicher Teil der Datenbanken der Klägerin i.S. von § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG oder ein dem nach § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG gleichstehender unwesentlicher Teil betroffen ist (vgl. EuGH GRUR 2005, 244, 250 Tz. 68 ff. -BHB-Pferdewetten; BGHZ 156, 1, 16 f. -Paperboy).
2.
Das Berufungsgericht hat einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen Ausnutzen fremden Vertragsbruchs verneint. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 1 UWG a.F. handelt derjenige, der den Vertragsbruch eines anderen ausnutzt, nicht wettbewerbswidrig, solange nicht besondere, die Unlauterkeit erst begründende Umstände hinzukommen (vgl. BGHZ 143, 232, 240 -Außenseiteranspruch II, m.w.N.). Daran ist auch unter Geltung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 festzuhalten. Besondere Gründe, aus denen sich eine Unlauterkeit ergibt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Sie sind auch nicht ersichtlich.
3.
Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, eine durch die Quellenangabe "C. -Recherche" beiden Veröffentlichungen von Daten der Klägerin hervorgerufene Irreführung des Verkehrs sei nicht Streitgegenstand. Zwar können mit einem Unterlassungsantrag mehrere Streitgegenstände in das Verfahren eingeführt werden. Der Kläger muß dazu allerdings deutlich machen, daß er mit seinem Antrag mehrere prozessuale Ansprüche verfolgt (vgl. BGHZ 154, 342, 349 -Reinigungsarbeiten). Will der Kläger die Unlauterkeit i.S. von § 3 UWG aus einer irreführenden Werbung nach § 5 UWG ableiten, muß er die Klage auch auf eine Irreführung der Verkehrskreise stützen (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.2000 -I ZR 269/97, GRUR 2001, 181, 182 = WRP 2001, 28 -dentalästhetika). Das ist im Streitfall nicht geschehen. Entgegen der Ansicht der Revision reichte dazu nicht aus, daß die Klägerin im Unterlassungsantrag auch "C. -Recherche" als Quelle an geführt hat.
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BGH:
Urteil v. 21.04.2005
Az: I ZR 1/02
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