Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. April 2009
Aktenzeichen: 17 W (pat) 5/05

(BPatG: Beschluss v. 02.04.2009, Az.: 17 W (pat) 5/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat am 2. April 2009 einen Beschluss gefasst, in dem es eine Beschwerde in einem Patentrechtsstreit abgelehnt hat. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass die Beschwerdegebühr zurückgezahlt werden muss. In der Entscheidung wurde festgestellt, dass der Gegenstand des Patentbegehrens nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Die Patentanmeldung betraf ein Farbschema zur Hinderniswarnung auf Anzeigeschirmen in Fluggeräten. Die Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Anmeldung zurückgewiesen, da der Gegenstand des Patentbegehrens nicht erfinderisch sei. Die Anmelderin legte daraufhin Beschwerde ein und beantragte die Erteilung des Patents. Das Bundespatentgericht entschied jedoch, dass die Patentansprüche nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen. Die Entscheidung beruhte unter anderem auf einer vorveröffentlichten Druckschrift, die ein ähnliches System für die Farbkodierung von Entfernungen beschrieb. Da die Anträge nicht gewährt wurden, ordnete das Gericht die Rückzahlung der Beschwerdegebühr an. Die Anmelderin hatte geltend gemacht, dass sie unrechtmäßig behandelt worden sei, was das Gericht als unbillige Sachbehandlung ansah und daher die Rückzahlung der Gebühr anordnete.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 02.04.2009, Az: 17 W (pat) 5/05


Tenor

1.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist am 25. Juni 1998 beim Deutschen Patentund Markenamt unter der Bezeichnung "Farbschema für Hinderniswarnung"

eingereicht worden. Die Prüfungsstelle für Klasse G06T hat durch Beschluss vom 20. September 2004 die Anmeldung zurückgewiesen, da der Gegenstand des Patentbegehrens nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

gemäß Hauptantrag mit Patentansprüchen 1 bis 9 vom 12. November 2004, Beschreibung Seiten 1, 1a vom 17. März 2009, eingegangen am 18. März 2009, Beschreibung Seiten 2 bis 5 vom Anmeldetag, gemäß Hilfsantrag mit Patentansprüchen 1 bis 7 vom 12. November 2004, Beschreibung wie Hauptantrag.

Zudem regt sie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr an. Als Grund für die angeregte Rückzahlung der Beschwerdegebühr macht die Anmelderin Verletzung rechtlichen Gehörs sowie Verstoß gegen die Verfahrensökonomie und die Pflicht zur Verfahrensförderung geltend.

Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt sind folgende Druckschriften genannt worden:

D1: DE3106100A1 D2: Computer Graphics: Principles and Practice, Hrsg. James D. Foley et al, 2nd ed. in C, Addison-Wesley Systems Programming Series, 1996, S. 610, 611, 727, 728.

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:

"1. Vorrichtung zur Farbkodierung von Umgebungsdarstellungen auf Anzeigeschirmen in Fluggeräten, insbesondere in Hubschraubern, mit:

einem Sensor zur Erfassung von Abstandsdaten zu umgebenden Elementen oder Objekten, einer Einrichtung zur Verarbeitung der vom Sensor erfassten Abstandsdaten, die den Abstandsdaten entsprechend vorher festgelegten Abstandsbereichen verschiedene farbkodierte Farbbereiche zuweist und diese Farben auf dem gesamten Anzeigeschirm darstellt, wobei jeder Farbbereich durch RGB-Werte bei seinem Anfangsund Endabstand definiert ist, undeiner Einrichtung zum Interpolieren der RGB-Werte für die Abstände zwischen Anfangsund Endabstand jedes Farbbereichs."

Der nebengeordnete Patentanspruch 6 nach Hauptantrag lautet:

"6. Verfahren zur Farbkodierung von Umgebungsdarstellungen auf Anzeigeschirmen in Fluggeräten, insbesondere in Hubschraubern, mit den Schritten:

Erfassen von Abstandsdaten zu umgebenden Elementen oder Objekten durch einen Sensor, Verarbeiten der vom Sensor erfassten Abstandsdaten, wobei den Abstandsdaten entsprechend vorher festgelegten Abstandsbereichen verschiedene farbkodierte Farbbereiche zugewiesen werden und diese Farben auf einem gesamten Anzeigeschirm dargestellt werden, wobei jeder Farbbereich durch RGB-Werte bei seinem Anfangsund Endabstand definiert ist, und wobeifür die Abstände zwischen Anfangsund Endabstand die RGB-Werte jedes Farbbereichs interpoliert werden."

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag lautet:

"1. Vorrichtung zur Farbkodierung von Umgebungsdarstellungen auf Anzeigeschirmen in Fluggeräten, insbesondere in Hubschraubern, mit:

einem Sensor zur Erfassung von Abstandsdaten zu umgebenden Elementen oder Objekten, einer Einrichtung zur Verarbeitung der vom Sensor erfassten Abstandsdaten, die den Abstandsdaten entsprechend vorher festgelegten Abstandsbereichen verschiedene farbkodierte Farbbereiche zuweist und diese Farben auf dem gesamten Anzeigeschirm darstellt, wobei jeder Farbbereich durch RGB-Werte bei seinem Anfangsund Endabstand definiert ist, undeiner Einrichtung zum Interpolieren der RGB-Werte für die Abstände zwischen Anfangsund Endabstand jedes Farbbereichs, welche die RGB-Werte mit dem folgenden linearen Algorithmus interpoliert:

c = (d -dStart) / (dStop - dStart) * (cStop - cStart) + cStart wobeic der berechnete R-, G-oder B-Wert ist, d der aktuelle Abstand zwischen Sensor und Hindernis istdStart der Anfangsabstand des Farbbereichs ist, dStop der Endabstand des Farbbereichs ist, cStart der R-, G-, B-Wert beim Anfangsabstand ist, undcStop der R-, G-, B-Wert beim Endabstand ist."

Der nebengeordnete Patentanspruch 5 nach Hilfsantrag lautet:

"5. Verfahren zur Farbkodierung von Umgebungsdarstellungen auf Anzeigeschirmen in Fluggeräten, insbesondere in Hubschraubern, mit den Schritten:

Erfassen von Abstandsdaten zu umgebenden Elementen oder Objekten durch einen Sensor, Verarbeiten der vom Sensor erfassten Abstandsdaten, wobei den Abstandsdaten entsprechend vorher festgelegten Abstandsbereichen verschiedene farbkodierte Farbbereiche zugewiesen werden und diese Farben auf einem gesamten Anzeigeschirm dargestellt werden, wobeijeder Farbbereich durch RGB-Werte bei seinem Anfangsund Endabstand definiert ist und beim Verarbeiten der vom Sensor erfassten Abstandsdaten für die Abstände zwischen Anfangsund Endabstand die RGB-Werte mit dem folgenden linearen Algorithmus interpoliert werden:

c = (d -dStart) / (dStop - dStart) * (cStop - cStart) + cStart wobeic der berechnete R-, G-oder B-Wert ist, d der aktuelle Abstand zwischen Sensor und Hindernis istdStart der Anfangsabstand des Farbbereichs ist, dStop der Endabstand des Farbbereichs ist, cStart der R-, G-, B-Wert beim Anfangsabstand ist, undcStop der R-, G-, B-Wert beim Endabstand ist."

Der Anmeldung soll gemäß der Beschwerdebegründung Seite 10 vorle. Abs. die technische Aufgabe zugrunde liegen, eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Farbkodierung für Umgebungsdarstellungen auf Anzeigeschirmen in Fluggeräten zu schaffen, mit der eine einfache, schnelle Erkennung von Hindernissen, insbesondere von dem Fluggerät nächstliegenden Hindernissen, ermöglicht wird.

Zu den Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht. Sie konnte jedoch keinen Erfolg haben, da die Gegenstände des Patentanspruchs 1 und des nebengeordneten Patentanspruchs 6 nach Hauptantrag sowie des Patentanspruchs 1 und des nebengeordneten Patentanspruchs 5 nach Hilfsantrag nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen (§ 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Satz 1 PatG).

1. Gemäß dem mit einer möglichen Gliederung versehenen Patentanspruch 1 nach Hauptantrag betrifft die Anmeldung eine

(a)

Vorrichtung zur Farbkodierung von Umgebungsdarstellungen auf Anzeigeschirmen in Fluggeräten, insbesondere in Hubschraubern, mit:

(b)

einem Sensor zur Erfassung von Abstandsdaten zu umgebenden Elementen oder Objekten,

(c)

einer Einrichtung zur Verarbeitung der vom Sensor erfassten Abstandsdaten, die den Abstandsdaten entsprechend vorher festgelegten Abstandsbereichen verschiedene farbkodierte Farbbereiche zuweist und

(d)

diese Farben auf dem gesamten Anzeigeschirm darstellt,

(e)

wobei jeder Farbbereich durch RGB-Werte bei seinem Anfangsund Endabstand definiert ist, und

(f)

einer Einrichtung zum Interpolieren der RGB-Werte für die Abstände zwischen Anfangsund Endabstand jedes Farbbereichs.

Zudem betrifft die Anmeldung gemäß dem Patentanspruch 6 nach Hauptantrag ein entsprechendes Verfahren, wobei die im Anspruch 1 enthaltenen Vorrichtungsmerkmale dort als Verfahrensmerkmale formuliert sind.

Gemäß dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag ist zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag vorgesehen

(g) eine Einrichtung zum Interpolieren der RGB-Werte für die Abstände zwischen Anfangsund Endabstand jedes Farbbereichs, welche die RGB-Werte mit dem folgenden linearen Algorithmus interpoliert:

c = (d -dStart) / (dStop - dStart) * (cStop - cStart) + cStart wobei c der berechnete R-, G-oder B-Wert ist, d der aktuelle Abstand zwischen Sensor und Hindernis ist dStart der Anfangsabstand des Farbbereichs ist, dStop der Endabstand des Farbbereichs ist, cStart der R-, G-, B-Wert beim Anfangsabstand ist, und cStop der R-, G-, B-Wert beim Endabstand ist.

Ein entsprechendes zusätzliches Verfahrensmerkmal ist im nebengeordneten Anspruch 5 nach Hilfsantrag enthalten.

Hinsichtlich der Anfangsund Endwerte der Farbbereiche und der zugehörigen Abstandsbereiche sind den Ansprüchen 1 und 6 gemäß Hauptantrag und den Ansprüchen 1 und 5 gemäß Hilfsantrag keine Einschränkungen zu entnehmen; von diesen Ansprüchen ist somit eine beliebige Einteilung umfasst. Im Ausführungsbeispiel gemäß der Tabelle auf S. 4 der Anmeldeunterlagen, das vom Anspruch 1 umfasst ist, werden Entfernungen, die größer als 2000 m sind, als RGB-Wert Null, also schwarz angezeigt; Entfernungen kleiner als 9 m werden durch einen einheitlichen RGB-Wert dargestellt. Der Anspruch 1 umfasst demnach auch Einteilungen, nach denen alle über eine bestimmte Maximalentfernung hinausgehenden Werte und ebenso alle unterhalb einer Minimalentfernung liegenden Entfernungswerte jeweils in einer einheitlichen Farbe (etwa schwarz für sehr große Entfernungen, eine bestimmte Signalfarbe für sehr kleine Entfernungen) angezeigt werden.

Als Fachmann sieht der Senat hier einen Ingenieur der Fachrichtung Informatik an, der Erfahrung auf dem Gebiet der digitalen Bildverarbeitung besitzt.

2. Die Gegenstände des geltenden Anspruchs 1 und des nebengeordneten Anspruchs 6 nach Hauptantrag sowie des Anspruchs 1 und des nebengeordneten Anspruchs 5 nach Hilfsantrag beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da sie dem Fachmann durch die vorveröffentlichte Druckschrift D1 nahegelegt waren.

Die Druckschrift D1 betrifft eine Hinderniswarnvorrichtung für Luft-, Raumoder Wasserfahrzeuge. Als Stand der Technik ist auf S. 3 le. Abs. bis S. 4 Abs. 1 ein Flugzeugradarsystem beschrieben, bei dem ein vorgegebener Raumbereich punktweise abgetastet und zu jedem abgetasteten Punkt die Entfernung zum Flugkörper bestimmt wird, wobei die einzelnen Bildpunkte auf einem Bildschirm koordinatengetreu wiedergegeben und dabei die Entfernung farblich kodiert wird. Hierdurch erhält man ein farbkodiertes Entfernungsbild, welches unter Verwendung lediglich einer Radarwellenlänge erzeugt wurde. Gemäß S. 4 Abs. 2 erfordert ein solches System vom Benutzer ein hohes Maß an Erfahrung und Aufmerksamkeit, um die Objekte eines im Mikrowellenbereich (Radarbereich) aufgenommenen Bildes mit den Objekten im sichtbaren Bereich korrelieren zu können. Mit dem in D1 beschriebenen System soll dem Benutzer ein Bild angeboten werden, in dem diese Korrelation bereits vorgenommen ist, vgl. S. 4 Abs. 3.

D1 lehrt eine Hinderniswarnvorrichtung mit farbkodierter Entfernungsanzeige, unter Anderem für Luftfahrzeuge, z. B. Hubschrauber, vgl. den dortigen Anspruch 1 sowie S. 3 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 -Merkmal (a) -, mit einem Sensor (Radargerät), der unter Anderem die Entfernung von Objekten feststellt, vgl. Anspruch 1 unter a) -Merkmal (b); zusätzlich kann die Geschwindigkeit der Objekte erfasst werden. Außerdem ist eine Kamera vorgesehen, die ein elektronisches Bild liefert, vgl. Anspruch 1 unter b). Ist die Entfernung von erfassten Objekten kleiner als ein maximaler Abstandswert S1, so werden die zugehörigen Bildpunkte entsprechend der Objektentfernung (Abstand) verschiedenfarbig kodiert auf einem Farbmonitor dargestellt, d. h. die Bildpunktentfernung wird farbkodiert wiedergegeben, vgl. Anspruch 1 unter c) sowie S. 8 le. Abs. Satz 1 und 2; beispielsweise geht die Farbe der dargestellten Bildpunkte im Entfernungsbereich zwischen S1 und einem minimalen Abstandswert S2 in 16 Stufen von grün nach rot über, vgl. S. 9 Abs. 1 erster und zweiter vollständiger Satz. Geschwindigkeitsdaten können ebenfalls farbkodiert dargestellt werden, beispielsweise durch einen Übergang von grün nach blau; auf die Geschwindigkeitsdarstellung kann beim Einsatz als reines Entfernungswarngerät verzichtet werden, vgl. S. 6 le. Satz. Weiter als S1 entfernte Objekte werden einfarbig als von der Kamera geliefertes Bild dargestellt, vgl. Anspruch 1 unter c). Zusätzlich zur optischen Anzeige kann bei Unterschreitung der minimalen Entfernung S2 ein akustisches Warnsignal ausgegeben werden, vgl. Anspruch 3, wobei den akustischen Alarm auslösende (im sehr nahen Bereich befindliche) Objekte auf dem Farbmonitor durch eine eigene Farbe gekennzeichnet werden, vgl. S. 5 letzter Absatz; dies entspricht der Darstellung von im extremen Nahbereich liegenden Gegenständen durch eine einheitliche Farbe, wie sie im Ausführungsbeispiel der vorliegenden Anmeldung vorgenommen wird, siehe oben.

Wie oben erwähnt, kann gemäß D1 die Farbe der dargestellten Bildpunkte im Entfernungsbereich zwischen S1 und S2 "z. B. in 16 Stufen von grün in rot" übergehen. Somit werden den Anfangsund Endabständen S1 und S2 sowie den Zwischenabständen Farbwerte zugeordnet; da die Farben auf einem Bildschirm dargestellt werden sollen, bietet sich die Verwendung von bei der Bildschirmdarstellung üblichen RGB-Werten an. Bei der Auswahl der Anzahl und Einteilung der Stufen, die der Fachmann demnach treffen muss, richtet er sich in naheliegender Weise nach physiologischen Gesichtspunkten und/oder nach dem Gesichtspunkt möglichst einfacher Berechnung aus den Anfangsund Endwerten. Im Rahmen des in D1 angesprochenen, stufenweisen Übergangs von grün (für weiter entfernte Objekte um S1) nach rot (für nahe Objekte um S2) ist z. B. eine Grobeinteilung nach physiologischen Gesichtspunkten naheliegend, etwa von einem Nahbereich (Gefahrenbereich), der dem Betrachter in roten Farben angezeigt wird, über einen mittleren Bereich (Bereich einer nicht unmittelbaren, aber möglichen späteren Gefahr) mit gelben Farben zu einem weiter entfernten Bereich (nicht kritischer, aber dennoch beobachtungswürdiger Entfernungsbereich) mit grünen Farben, jeweils mit zugehörigen Anfangsund Endwerten für Farbe und zugeordneten Abstand -Merkmale (c), (e). Zur farbkodierten Feinabstufung der einzelnen Entfernungen innerhalb dieser Grobbereiche bietet sich in einfacher Weise eine Interpolation zwischen den jeweiligen Anfangsund Endwerten an -Merkmal (f).

Gemäß der in D1 gegebenen Lehre werden Entfernungen nur bis zu einem (nicht näher definierten) maximalen Entfernungsbereich farbig kodiert angezeigt; außerhalb dieses Bereichs erfolgt eine einfarbige (Intensitäts-)Darstellung des von der Kamera gelieferten Bildes. Zudem wird in D1 auf einen Stand der Technik hingewiesen, gemäß dem lediglich die vom Radar gemessenen Entfernungswerte farbkodiert und somit auf dem gesamten Bildschirm angezeigt werden. Zwar ist hierbei die Zuordnung zu Objekten im sichtbaren Bereich für den Betrachter schwieriger (aber durchaus möglich); andererseits wird durch ein solches System, wie der Fachmann ohne Weiteres erkennt, die Kamera und die zugehörige Verarbeitungselektronik eingespart. Für den kostenbewussten Fachmann liegt es somit nahe, als billigere Grundversion des in D1 beschriebenen Systems ein Gerät vorzusehen, das keine Kamera aufweist und lediglich die über Radar gemessenen Abstandsdaten farbkodiert auf dem gesamten Bildschirm darstellt (wobei über eine Grenzentfernung hinausgehende Abstände, auf die es für die im Vordergrund stehende Warnung des Piloten vor nahen oder sich nähernden Objekten nicht ankommt, einheitlich gefärbt sind, z. B. schwarz) -Merkmal (d).

Durch diese Überlegungen konnte der Fachmann zum Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 gelangen, wozu keine erfinderische Tätigkeit erforderlich war. Ein über die zu erwartende Wirkung der einzelnen Maßnahmen hinausgehender, synergistischer Effekt ist nicht ersichtlich.

Die Beschwerdeführerin ist dagegen der Ansicht, dass in D1 die natürliche Darstellung der Umgebung (Kamerabild) im Vordergrund stehe und die Farbkodierung lediglich einen Zusatz zur Gefahrenerkennung darstelle; dagegen werde in der vorliegenden Anmeldung ein künstliches Abstandsbild erzeugt, wobei die sich bis in die Hintergrundsbereiche erstreckende Farbkodierung mit Interpolation eine Orientierungshilfe biete, ohne dass eine Kamera erforderlich sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass dem Anspruch 1 gemäß Hauptund Hilfsantrag keine bestimmten Anfangsund Endwerte für die Abstandsbereiche (auch nicht für Hintergrundsbereiche) und ebenso keine bestimmten zugeordneten Farbwerte zu entnehmen sind, so dass im Hinblick auf die Abstandseinteilung und Farbkodierung sowie die dadurch erzeugten Effekte kein Unterschied zu dem durch D1 Nahegelegten bestehen kann. Das Weglassen der in D1 vorgesehenen Kamera ergibt sich wie oben dargelegt für den Fachmann aus dem in D1 beschriebenen Stand der Technik, der bereits ein künstlich erzeugtes Abstandsbild betrifft, unter Berücksichtigung naheliegender wirtschaftlicher Erwägungen.

Der Anspruch 1 nach Hauptantrag ist nach dem oben Ausgeführten nicht gewährbar. Entsprechendes gilt für den auf ein Verfahren gerichteten, nebengeordneten Anspruch 6 nach Hauptantrag.

Wie oben bereits dargelegt, bietet sich dem Fachmann als einfache Möglichkeit für die farbkodierte Feinabstufung von Entfernungen innerhalb grober Bereiche eine Interpolation zwischen den Anfangsund Endfarbwerten entsprechend den zugehörigen Abstandswerten an. Die rechnerisch einfachste und damit für den Fachmann naheliegende Lösung hierfür ist eine lineare Interpolation. Zur Berechnung eines zu einer bestimmten Entfernung gehörigen Farbwerts setzt der Fachmann die Anfangsund Endgrößen in die ihm aus seinem mathematischen Grundwissen bekannte lineare Interpolationsformel ein -Merkmal (g). Damit beruht auch der Anspruch 1 und ebenso der nebengeordnete Anspruch 5 nach Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Auch der Anspruch 1 und der nebengeordnete Anspruch 5 nach Hilfsantrag sind nicht gewährbar.

Da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann, sind auch die jeweiligen abhängigen Patentansprüche (2 bis 5 und 7 bis 9 nach Hauptantrag, 2 bis 4, 6 und 7 nach Hilfsantrag) nicht gewährbar (BGH in GRUR 1997, 120 "Elektrisches Speicherheizgerät").

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war gemäß § 80 Abs. 3 PatG anzuordnen. Danach ist die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Maßgebend dafür sind alle Umstände des Falles. Die Billigkeit der Rückzahlung kann sich danach aus der Sachbehandlung durch das Deutsche Patentund Markenamt ergeben (vgl. Benkard, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz, 10. Auflage (2006), PatG § 80 Rdnr. 21; Schulte, Patentgesetz, 8. Auflage (2008), § 80 Rdnr. 111, 112 sowie § 73 Rdn. 132 ff.), wenn diese für die Erhebung der Beschwerde ursächlich war. Dies ist hier der Fall.

Die Prüfungsstelle hat neue, von der Anmelderin eingereichte Patentansprüche nicht in einem weiteren Prüfungsbescheid gewürdigt; zudem hat sie die Anmeldung 5 Jahre nach Einreichung dieser neuen Ansprüche ohne weiteren Hinweis zurückgewiesen, obwohl die Anmelderin etwa fünf Wochen vor Erlass dieses Zurückweisungsbeschlusses eine Sachstandsanfrage an die Prüfungsstelle gerichtet hatte, die mit der Bitte um Erlass eines weiteren Prüfungsbescheides verbunden war. Diese Sachstandsanfrage ist laut Vermerk telefonisch lediglich mit dem Hinweis auf "Weiterführung", nicht aber auf Erlass eines Zurückweisungsbeschlusses beantwortet worden. Diese Vorgehensweise stellt in ihrer Gesamtheit eine unbillige Sachbehandlung dar und war ursächlich für die Beschwerdeerhebung.

Die Prüfungsstelle hat in ihrem einzigen Prüfungsbescheid vom 3. Februar 1999 mangelnde Neuheit gegenüber D1 als Grund für die Nichtgewährung des ursprünglichen Patentanspruchs 1 angegeben; dagegen hat sie im Beschluss vom 20. September 2004 das Patentbegehren mangels erfinderischer Tätigkeit gegenüber D1 und D2 zurückgewiesen, wobei diesem Beschluss ein geänderter Patentanspruch 1 zugrundelag. Zwar hat die Prüfungsstelle im Prüfungsbescheid ergänzend auf die Druckschrift D2 hingewiesen, die (unter anderem) die Merkmale der ursprünglichen Unteransprüche 2 bis 4 für das allgemein als "depthcueing" bekannte Verfahren beschreibe; da auch in den übrigen Unterlagen nicht erkennbar sei, worauf ein gewährbares Patentbegehren gerichtet werden könnte, könne die Erteilung eines Patents nicht in Aussicht gestellt werden. Zu der Frage, welche Veranlassung der Fachmann gehabt hätte, die Lehre der Druckschriften D1 und D2 so zu kombinieren, dass er zum Gegenstand eines aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 4 zusammengesetzten Patentanspruchs gelangt wäre, sind dem Bescheid jedoch keine Ausführungen zu entnehmen. Es erscheint zudem fraglich, ob die Anmelderin aus diesem Bescheid den im Beschluss genannten Zurückweisungsgrund hinreichend deutlich entnehmen konnte. Da allerdings im Prüfungsbescheid letztlich auf den zur Zurückweisung führenden Stand der Technik hingewiesen wurde, rechtfertigen diese Mängel allein vorliegend eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr noch nicht.

Jedoch ist zusätzlich eine ungewöhnlich lange Zeit, nämlich über fünf Jahre, zwischen der Vorlage neuer Patentansprüche und dem Zurückweisungsbeschluss verstrichen. Der Prüfungsstelle ist zugute zu halten, dass diese lange Wartezeit wohl durch die Überlastung des Deutschen Patentund Markenamts bedingt war. Der Erlass des Zurückweisungsbeschlusses erfolgte jedoch als Reaktion auf eine Sachstandsanfrage der Anmelderin, die mit der Bitte um einen weiteren Prüfungsbescheid verbunden war.

Angesichts dieser Gesamtumstände stellte der Erlass eines Zurückweisungsbeschlusses eine unbillige Sachbehandlung dar.

Die Anmelderin hat ihr Patentbegehren auf den Prüfungsbescheid hin eingeschränkt und eine sachliche Stellungnahme abgegeben. Sie hat somit ihre Bereitschaft erkennen lassen, an einer zielgerichteten Weiterführung des Verfahrens mitzuwirken und auch auf Einwände der Prüfungsstelle einzugehen. Sie konnte, nachdem sie über fünf Jahre nach ihrer Eingabe um einen weiteren Prüfungsbescheid gebeten hatte, darauf vertrauen, nicht durch einen Zurückweisungsbeschluss überrascht zu werden, sondern zunächst noch eine weitere Beurteilung durch die Prüfungsstelle zu erhalten. Dass hinsichtlich der Gründe für die mangelnde Patentfähigkeit der Anmeldung noch Klärungsbedarf bestand, zeigen sowohl die (im Gegensatz zum Prüfungsbescheid) detaillierten Ausführungen der Prüfungsstelle zu diesem Punkt im Zurückweisungsbeschluss als auch die ebenfalls ins Einzelne gehenden Ausführungen der Anmelderin in der Beschwerdebegründung, in der diese auf die Argumentation des Zurückweisungsbeschlusses eingeht.

Es erscheint durchaus denkbar, dass durch einen weiteren Bescheid (mit Erwiderungsmöglichkeit) oder im Rahmen einer Anhörung Einvernehmen über die Sachund Rechtslage erzielt und das Verfahren so weit hätte gefördert werden können, dass die Anmelderin auf die Einlegung der Beschwerde verzichtet hätte. Diese Möglichkeit ist der Anmelderin durch den erst nach langer Zeit auf ihre sachliche Eingabe und damit für die Anmelderin überraschend erfolgten Zurückweisungsbeschluss auf unbillige Weise genommen worden.

Nach alledem war die Sachbehandlung der Anmeldung durch die Prüfungsstelle mängelbehaftet und ursächlich für die Beschwerdeerhebung, so dass die Rückzahlung der Beschwerdegebühr der Billigkeit entspricht.

Dr. Fritsch Eder Prasch Dr. Thum-Rung Fa






BPatG:
Beschluss v. 02.04.2009
Az: 17 W (pat) 5/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/a3974e21ad9f/BPatG_Beschluss_vom_2-April-2009_Az_17-W-pat-5-05




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