Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. September 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 378/02

(BPatG: Beschluss v. 08.09.2004, Az.: 32 W (pat) 378/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat mit seinem Beschluss vom 8. September 2004 (Aktenzeichen 32 W (pat) 378/02) entschieden, dass die Beschwerde gegen die Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamtes teilweise erfolgreich ist. Die Anmeldung der Wortmarke "Kultursommer" wurde in Bezug auf bestimmte Dienstleistungen zurückgewiesen, jedoch in Bezug auf andere Dienstleistungen zugelassen.

Das Gericht stellte fest, dass die Marke "Kultursommer" für Dienstleistungen wie das Bereitstellen von Informationen im Internet, das Sammeln und Liefern von Informationen und Unterhaltungsprogrammen sowie das Sammeln und Speichern von Software und Daten in einer Multimedia-Datenbank keine fehlende Unterscheidungskraft oder ein Hindernis durch eine Produktmerkmalsbezeichnung darstellt. Der Begriff "Kultursommer" hat in Bezug auf diese Dienstleistungen keinen naheliegenden Sinngehalt und wird vom Verkehr nicht als beschreibender Begriff verstanden.

Hingegen wurde die Eintragung der Marke für die Waren "Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher" abgelehnt, da der Begriff "Kultursommer" den Gegenstand der Berichterstattung darüber bezeichnet, nämlich kulturelle Veranstaltungen im Sommer. Das Gericht stützte sich auf die nachgewiesene beschreibende Verwendung des Begriffs in Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften. Aus diesem Grund ist die Bezeichnung "Kultursommer" im Interesse der Allgemeinheit freizuhalten.

Es bleibt offen, ob die Marke in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren auch die fehlende Unterscheidungskraft aufweist.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 08.09.2004, Az: 32 W (pat) 378/02


Tenor

1. Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 41 - vom 3. Juni 2002 und vom 29. August 2002 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für die Dienstleistungen

"Dienstleistungen eines Internet-Providers, nämlich das Bereitstellen von Informationen im Internet, Internet-Dienstleistungen, nämlich das Sammeln, Liefern und Bereitstellen von Informationen und Unterhaltungsprogrammen im Internet; Dienstleistungen einer Multimedia-Datenbank, nämlich das Sammeln, Speichern und Zurverfügungstellen von Software, Daten, Bildern, Audio- und/oder Videoinformationen"

zurückgewiesen worden ist.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarke Kultursommerist vom Deutschen Patent- und Markenamt zunächst durch Beschluss vom 3. Juni 2002 in vollem Umfang und durch den im Erinnerungsverfahren ergangenen Beschluss vom 29. August 2002 teilweise und zwar hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher; Dienstleistungen eines Internet-Providers, nämlich das Bereitstellen von Informationen im Internet, Internet-Dienstleistungen, nämlich das Sammeln, Liefern und Bereitstellen von Informationen und Unterhaltungsprogrammen im Internet; Dienstleistungen einer Multimedia-Datenbank, nämlich das Sammeln, Speichern und Zurverfügungstellen von Software, Daten, Bildern, Audio- und/oder Videoinformationenwegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke zurückgewiesen worden. Das Kombinationswort Kultursommer sei nicht neu, sondern bezeichne vielerorts kulturelle Veranstaltungsreihen, die im Sommer stattfinden. Für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen wirke die Marke wie ein inhaltsbeschreibender Titel bzw. eine Themenangabe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Der Marke komme keine klare eingrenzbare Bedeutung zu, wobei zu beachten sei, dass der Begriff Kultursommer in einschlägigen Enzyklopädien nicht aufzufinden sei.

II.

Die zulässige Beschwerde ist zum Teil begründet.

1. Soweit die Marke hinsichtlich der im Tenor genannten Dienstleistungen zurückgewiesen wurde, steht der begehrten Eintragung in das Markenregister weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch das einer Produktmerkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

a) Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Produkte und Angebote zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren (entsprechendes gilt für Dienstleistungen) im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - Individuelle).

Für die zurückgewiesenen Dienstleistungen "Dienstleistungen eines Internet-Providers, nämlich das Bereitstellen von Informationen im Internet, Internet-Dienstleistungen, nämlich das Sammeln, Liefern und Bereitstellen von Informationen und Unterhaltungsprogrammen im Internet; Dienstleistungen einer Multimedia-Datenbank, nämlich das Sammeln, Speichern und Zurverfügungstellen von Software, Daten, Bildern, Audio- und/oder Videoinformationen" ist Kultursommer ersichtlich keine im Vordergrund stehende Sachangabe. Der Begriff Kultursommer ergibt in Bezug auf die vorstehend genannten Dienstleistungen für breite Abnehmerkreise, an die sich die beanspruchten Dienstleistungen richten, keinen naheliegenden unmittelbar im Vordergrund stehenden Sinngehalt, denn das Bereitstellen der beanspruchten technischen Dienste ist unabhängig vom Inhalt der abrufbaren Daten.

b) Die Marke ist auch nicht für die im Tenor genannten Dienstleistungen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, denn Kultursommer ist nicht geeignet, im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen dieser Dienstleistungen zu dienen. Dem steht nicht etwa entgegen, dass die Marke im Zusammenhang mit im Sommer stattfindenden kulturellen Veranstaltungen häufig verwendet wird, wie den dem Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes nachgehefteten Internetausdrucken vom 27. August 2002 zu entnehmen ist. Der Anmelder beansprucht hier nämlich mit den zurückgewiesenen Dienstleistungen keinen Schutz für kulturelle Veranstaltungen, sondern für mit dieser Dienstleistung überhaupt nicht im Zusammenhang stehende Dienstleistungen. Da die Markenstelle einen aktuellen beschreibenden Gebrauch der Bezeichnung Kultursommer für die im Tenor genannten Dienstleistungen nicht belegt hat und es auch dem Senat nicht möglich war, entsprechende Verwendungsformen zu ermitteln, fällt die Marke insoweit nicht unter die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Ausreichende Anhaltspunkte für eine zukünftige deskriptive Verwendung der Marke auf den maßgeblichen Dienstleistungssektoren liegen ebenfalls nicht vor.

2. Eine andere Beurteilung ist hinsichtlich der Waren "Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher" angezeigt. Der Eintragung dieser Waren steht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, da Kultursommer in bezug auf diese Waren geeignet ist, den Gegenstand der Berichterstattung zu bezeichnen, nämlich kulturelle Veranstaltungen, die im Sommer stattfinden. Wie den dem Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes nachgehefteten Internet-Belegen vom 27. August 2002 zu entnehmen ist, wird der Begriff Kultursommer durch unterschiedliche Anbieter im Inland auch bereits beschreibend verwendet. So finden vielerorts kulturelle Veranstaltungen im Sommer statt, über die in Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften oder Büchern berichtet wird. Wegen der nachgewiesenen Verwendung des Begriffs Kultursommer ist diese Bezeichnung im Interesse der Allgemeinheit freizuhalten.

Ob der beantragten Anmeldung in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) entgegensteht, kann dahingestellt bleiben.

Winkler Viereck Kruppa Hu






BPatG:
Beschluss v. 08.09.2004
Az: 32 W (pat) 378/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/a46efcc2d415/BPatG_Beschluss_vom_8-September-2004_Az_32-W-pat-378-02




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