Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. März 2005
Aktenzeichen: 15 W (pat) 306/04
(BPatG: Beschluss v. 10.03.2005, Az.: 15 W (pat) 306/04)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 10. März 2005 den Einspruch der Einsprechenden zu 2) als unzulässig verworfen. Gegen das am 22. August 1996 angemeldete und am 16. Mai 2002 veröffentlichte Patent der Patentinhaberin hatte die Einsprechende zu 2) am 15. Juli 2002 Einspruch erhoben und die Gebühr gezahlt. In ihrer Begründung führte die Einsprechende zu 2) Gründe an, weshalb das Patent widerrufen werden sollte. Die Patentinhaberin hingegen beantragte die Aufrechterhaltung des Patents. Das Gericht stellte fest, dass der Einspruch der Einsprechenden zu 2) unzulässig ist, da die Begründung nicht ausreichend substantiiert war. Bei einem Einspruch, der sich auf Vorbenutzung beruft, müssen konkrete Angaben zu dem Ort, der Zeit und den Umständen der Benutzung gemacht werden. Die Einsprechende zu 2) konnte diese Angaben nicht ausreichend machen. Sie führte zwar verschiedene Anlagen an, die auf eine Forschungstätigkeit in Bezug auf Fuzzy-Techniken hindeuteten, jedoch fehlten nachprüfbare und konkrete Angaben zur öffentlichen Zugänglichkeit und zum genauen Inhalt dieser Forschung. Daher wurde der Einspruch als unzulässig verworfen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 10.03.2005, Az: 15 W (pat) 306/04
Tenor
Der Einspruch der Einsprechenden zu 2) wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I Gegen das am 22. August 1996 angemeldete und am 16. Mai 2002 veröffentlichte Patent 196 33 738 der Patentinhaberin hat die Einsprechende zu 2) am 15. Juli 2002 rechtzeitig Einspruch erhoben und die Einspruchsgebühr ebenfalls rechtzeitig gezahlt.
Die Einsprechende zu 2) führt mit Schriftsatz vom 11. Juli 2002 fünf Anlagen an und macht geltend, dass aufgrund der in den Anlagen 1 bis 5 genannten Gründen "die Erteilung der Patentschrift DE 196 33 738 C2 mit dem darin beschriebenen Thema über den Einsatz von Fuzzy-Techniken bei Gießspiegelregelungen... abzulehnen" sei.
Sie beantragt sinngemäß, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin begehrt die Aufrechterhaltung des Patents.
Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Amtsakten Bezug genommen.
II.
Der Einspruch der Einspechenden zu 2) ist unzulässig.
Gemäß § 59 Abs 1 Satz 2 PatG ist der Einspruch schriftlich zu erklären und zu begründen. Dabei sind die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im einzelnen anzugeben (§ 59 Abs 1 Satz 4 PatG): Ausreichend substantiiert ist eine Einspruchsbegründung, wenn sie die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrundes maßgeblichen tatsächlichen Umstände im einzelnen so darlegt, dass Patentamt und Patentinhaber daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ohne eigene Ermittlungen ziehen können.
Vorliegend hat sich die Einsprechende zu 2) ausschließlich auf offenkundige Vorbenutzung berufen. Die Begründung eines Einspruchs, der sich auf eine Vorbenutzung stützt, ist nur dann ausreichend substantiiert, wenn sie konkrete Angaben enthält, was, wo, wann, wie, durch wen in öffentlich zugänglicher Weise geschehen ist (vgl Schulte, PatG, 7. Auflage 2005, § 59 Rdnr 78ff; Schwendy/-Keukenschrijver in: Busse, PatG, 6. Auflage § 59 Rdnr 84). Anzugeben ist ein bestimmter Gegenstand der Benutzung, bestimmte Umstände zur öffentlichen Zugänglichkeit und nachprüfbaren Angaben dazu, wann der Gegenstand in dieser Weise benutzt worden ist (vgl Schwendy/Keukenschrijver, aaO; BGH GRUR 1997, 740 Tabakdose). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
Die Einsprechende zu 2) hat in ihrem Schriftsatz vom 11. Juli 2002 lediglich ausgeführt, dass sich ihr Unternehmen bereits seit 1992 aufgrund eines entsprechenden Auftrags mit der Anwendung von Fuzzy-Techniken befasse, wobei parallel zur praktrischen Anwendung mit Partnern entsprechende Forschung betrieben worden sei. Dabei stellen die Anlagen 1 bis 3 aber nur einen Briefwechsel hinsichtlich staatlicher Förderung diesbezüglich dar, ohne den Forschungsinhalt in irgendeiner Weise zu substantiieren. Anlage 1 ist ein Zuwendungsbescheid des sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Demnach darf die Zuwendung nur für ein Vorhaben "Erhöhung der Qualität moderner Stranggießanlagen durch den Einsatz der Fuzzy-Technologie" verwandt werden, der Forschungsinhalt selbst wird nicht substantiiert. Anlage 2 betrifft eine Änderung der Höhe der Zuwendungsquoten. Anlage 3 enthält ein Schreiben der Einsprechenden an Prof. B..., in dem auf den Zuwendungsbescheid Bezug genommen wurde und in dem es heißt :" Für unser gemeinsames Modell, welches auf der CBIT Hannover 1996 ausgestellt wurde, ist Ihre Kostenbeteiligung ...,-- DM". Auch hier ist nicht klar, was in öffentlich zugänglicher Weise geschehen ist. Vielmehr heißt es lediglich lapidar "unser gemeinsames Modell". Die Einsprechende 2) hat dann in dem Einspruchsschreiben unter "3." auf eine "Vorstellung" und eine Reihe von vier "Vorträgen" hingewiesen. Ein konkreter Gegenstand, der vorgestellt oder vorgetragen worden sein soll, wird hier nicht bezeichnet, so dass das zum Beleg der offenkundigen Vorbenutzung das nötige "Was" fehlt. Es folgt im Schriftsatz der Einsprechenden zu 2) vom 11. Juli 2002 dann der Hinweis auf eine "Anlage 4" mit einem Abschlußbericht, der zwar ein konkretes "Was" wiedergibt, von dem aber unklar ist, inwieweit es bei den "Vorträgen" oder der "Vorstellung" vorgetragen worden ist. Ein Vorgang, der als "Abschlußbericht" bezeichnet wird, ist in der Regel nicht identisch mit einem "Vortrag" oder einer "Vorstellung" auf einer Messe. Mit der Anlage 4 liegen zwar prinzipiell auch Forschungsergebnisse hinsichtlich des Einsatzes der Fuzzy-Technologie, d.h. eines Fuzzy-Reglers in der Gießspiegelregelung bei modernen Stranggießanlagen vor, die Einsprechende zu 2) führte aber in ihrem vorstehend genannten Schriftsatz in keiner Weise aus, welche Relevanz diese Erkenntnisse im einzelnen hinsichtlich der Patentfähigkeit des Gegenstandes der Ansprüche des angegriffenen Patents haben. Des weiteren ist auch nicht dargetan, inwieweit dieses Material überhaupt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Hierbei handelt es sich lediglich um einen Abschlußbericht, nicht um einen Vortrag, der einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Der Abschlußbericht ist darüber hinaus auf Oktober 1996 datiert und stellt somit auch deshalb keinen vorveröffentlichten zu berücksichtigenden Stand der Technik dar, denn Anmeldetag war der 22. August 1996. Die von der Einsprechenden zu 2) angeführte Anlage 5, auf die sie sich lediglich als "Veröffentlichung des Themas in der jährlich erscheinenden Broschüre des sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit" bezieht, ist nicht datiert und kann deshalb ebenfalls keine Berücksichtigung finden.
Nach alledem war der Einspruch der Einsprechenden zu 2) deshalb als unzulässig zu verwerfen.
Kahr Jordan Niklas Klante Na
BPatG:
Beschluss v. 10.03.2005
Az: 15 W (pat) 306/04
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