Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 27. September 2005
Aktenzeichen: AnwZ (B) 18/04
(BGH: Beschluss v. 27.09.2005, Az.: AnwZ (B) 18/04)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 27. September 2005 (Aktenzeichen AnwZ (B) 18/04) die sofortige Beschwerde eines Antragstellers gegen den Beschluss des Anwaltsgerichtshofes Berlin vom 2. Februar 2004 zurückgewiesen. Der Antragsteller wurde zur Zahlung der Kosten des Rechtsmittels verpflichtet und musste der Antragsgegnerin die im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen erstatten. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wurde auf 50.000 € festgesetzt.
Der Antragsteller wurde 1988 zur Rechtsanwaltschaft beim Landgericht Berlin zugelassen. Die Antragsgegnerin hat jedoch mit Bescheid vom 12. Februar 2003 die Zulassung des Antragstellers wegen Vermögensverfalls widerrufen. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Antragstellers zurückgewiesen. Dagegen richtete sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Die Antragsgegnerin hat inzwischen am 9. Juni 2004 den Sofortvollzug des Widerrufs angeordnet.
Die sofortige Beschwerde ist zwar zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), hatte jedoch in der Sache keinen Erfolg. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall gerät, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Der Anwaltsgerichtshof hat die Voraussetzungen eines Vermögensverfalls zum Zeitpunkt des Widerrufsbescheids als belegt angesehen, da der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt im Schuldnerverzeichnis eingetragen war. Dadurch wurde der Vermögensverfall gesetzlich vermutet.
Es ist nichts erkennbar, was die Vermutung widerlegen oder eine Konsolidierung der Vermögensverhältnisse im Beschwerdeverfahren beachtlich machen würde. Im Gegenteil sprechen folgende Erkenntnisse gegen eine Widerlegung der Vermutung: Die Eintragung im Schuldnerverzeichnis besteht fort, drei weitere Eintragungen wegen erlassener Haftbefehle sind hinzugekommen. Des Weiteren bestanden beträchtliche Sozialversicherungsrückstände, und die A. Bank hat beim Amtsgericht Charlottenburg einen Insolvenzantrag gestellt, der mangels Masse zurückgewiesen wurde. Der Antragsteller hat zudem seine Vermögensverhältnisse nicht ausreichend dargelegt.
Es liegt kein Ausnahmefall vor, in dem die Interessen der Rechtsuchenden trotz des Vermögensverfalls nicht gefährdet wären. Die gegebene weitestgehend ungeordnete Vermögenssituation des Antragstellers und die Ablehnung eines Insolvenzantrags lassen keine ausreichend stabile Sicherung erkennen, um eine Gefährdung Rechtsuchender auszuschließen. Es sind keine besonderen Umstände vorhanden, die eine Ausnahme von der Regel des Zulassungswiderrufs bei Vermögensverfall gestatten.
Quelle: AGH Berlin, Entscheidung vom 02.02.2004 - I AGH 10/03 (Deppert Basdorf Ganter Otten Schott Wüllrich Frey).
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BGH: Beschluss v. 27.09.2005, Az: AnwZ (B) 18/04
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des I. Senats des Anwaltsgerichtshofes Berlin vom 2. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
1. Der Antragsteller ist seit 1988 zur Rechtsanwaltschaft beim Landgericht Berlin zugelassen. Mit Bescheid vom 12. Februar 2003 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers wegen Vermögensverfalls widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen dessen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Mittlerweile hat die Antragsgegnerin am 9. Juni 2004 den Sofortvollzug der Widerrufsverfügung angeordnet. Auf mündliche Verhandlung haben die Beteiligten verzichtet.
2 2. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
3 a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Zutreffend hat der Anwaltsgerichtshof die Voraussetzungen eines Vermögensverfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids als belegt angesehen, weil der Antragsteller damals mit einem Haftbefehl vom 27. November 2002 (AG Schöneberg -31 M 1567/02) im Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen war; damit wurde der Vermögensverfall nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 (2. Halbsatz) BRAO gesetzlich vermutet.
4 b) Für eine Widerlegung der Vermutung oder eine im Beschwerdeverfahren beachtliche Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers ist nichts ersichtlich. Das Gegenteil ergibt sich bereits aus folgenden Erkenntnissen: Die Eintragung im Schuldnerverzeichnis, auf welche die Vermutung gestützt wird, besteht nach Leistung der eidesstattlichen Versicherung am 24. Mai 2004 in derselben Sache fort, drei weitere Eintragungen wegen im März 2004 erlassener Haftbefehle sind hinzugekommen (AG Schöneberg -30 M 190, 192 und 312/04). Im Februar 2005 bestanden Sozialversicherungsrückstände von insgesamt mehr als 12.000 €. Eine Gläubigern, die A. Bank, hat beim Amtsgericht Charlottenburg Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers gestellt, der am 22. Juli 2005 mangels Masse zurückgewiesen worden ist. Abgesehen von alledem hat es der Antragsteller, der sich auf punktuelles Vorbringen beschränkt, bereits an der Erfüllung der ihm bekannten unerlässlichen Verpflichtung zu umfassender Darstellung seiner Vermögensverhältnisse (vgl. Feuerich/Weyland, BRAO 6. Aufl. § 14 Rdn. 59 m.w.N.) fehlen lassen.
c) Ein Ausnahmefall, in dem die Interessen der Rechtsuchenden ungeachtet des Vermögensverfalls nicht gefährdet wären, liegt nicht vor. Zumal in der gegebenen weitestgehend ungeordneten Vermögenssituation des Antragstellers nach Ablehnung eines Insolvenzantrages mangels Masse begründet die Berufung auf die Umstände seiner Anstellung in der Einzelkanzlei seines Verfahrensbevollmächtigten keine ausreichend stabile Sicherung, um eine Gefährdung Rechtsuchender für den Fall auszuschließen, dass ihm die Fortsetzung seiner anwaltlichen Tätigkeit ungeachtet des Vermögensverfalls ermöglicht würde. Es sind keine persönlichen Besonderheiten ersichtlich und insbesondere keine umfassend ausgestalteten Sicherungen gegeben, wie sie in dem der Senatsentscheidung vom 18. Oktober 2004 -AnwZ (B) 43/03 (NJW 2005, 511) zugrunde liegenden Fall die Annahme einer seltenen Ausnahme (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4. April 2005 -AnwZ (B) 15/04 -und vom 18. April 2005 -AnwZ (B) 38/04) von der Regel des Zulassungswiderrufs bei Vermögensverfall gestatteten.
Deppert Basdorf Ganter Otten Schott Wüllrich Frey AGH Berlin, Entscheidung vom 02.02.2004 -I AGH 10/03
BGH:
Beschluss v. 27.09.2005
Az: AnwZ (B) 18/04
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/a802b6b4e837/BGH_Beschluss_vom_27-September-2005_Az_AnwZ-B-18-04