Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 13. März 2002
Aktenzeichen: 13 B 32/02

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 13.03.2002, Az.: 13 B 32/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat in dem Beschluss vom 13. März 2002 (Aktenzeichen 13 B 32/02) den Antrag auf Zulassung der Beschwerde zurückgewiesen. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wurde auf 25.564,59 EUR festgesetzt.

In der Begründung des Beschlusses wurde festgestellt, dass die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen. Der Senat hatte keine ernsthaften Bedenken an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung und stützt sich dabei auf das Entscheidungsergebnis und nicht auf die Gründe im Einzelnen. Die Interessenabwägung im vorliegenden Verfahren führt dazu, dass das Interesse am Vollzug vor Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht höher bewertet wird als das Interesse an vorläufigem Rechtsschutz. Das bedeutet, dass die Entscheidung der Behörde, die im vorliegenden Fall angefochten wurde, voraussichtlich im Hauptsacheverfahren keinen Bestand haben wird.

Der Beschluss der Behörde, welcher in dieser Sache angefochten wurde, erscheint jedoch zweifelhaft. Es bleibt unklar, ob dieser Beschluss als Verwaltungsakt einzustufen ist. Die Behörde hat eine Feststellungsentscheidung getroffen, die möglicherweise keinen konkreten Einzelfall regelt. Es ist jedoch nicht offensichtlich, dass die Feststellung so weit von einer Einzelfallregelung entfernt ist. In Bezug auf das Angebot "TDN Komm BW" der Antragstellerin spricht vieles dafür, dass die Annahme, es handle sich um einen Sprachtelefondienst für die Öffentlichkeit, nicht gerechtfertigt ist. Es gibt Bedenken, ob das Angebot tatsächlich für die Öffentlichkeit bestimmt ist.

Die Definition eines Sprachtelefondienstes lautet, dass dieser für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird. Die Öffentlichkeit umfasst dabei beliebige natürliche oder juristische Personen und schließt Teilnehmer geschlossener Benutzergruppen aus. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Angebot der Antragstellerin auch für eine unbestimmte Vielzahl anderer Kunden verfügbar wäre. Es spricht also viel dafür, dass das Angebot der Antragstellerin keine Sprachtelefondienstleistung für die Öffentlichkeit ist.

Zusätzlich gibt es Bedenken bezüglich der Darlegungen der Behörde zur marktbeherrschenden Stellung der Antragstellerin. Es ist nicht ersichtlich, dass eine marktbeherrschende Stellung vorliegt, da es sich bei dem Angebot möglicherweise um ein einheitliches Produkt handelt und sich bereits ein eigener Markt dafür etabliert hat.

Aufgrund dieser Zweifel hat das Gericht entschieden, dass der angefochtene Beschluss vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht vollzogen werden soll. Es ist nicht zu erwarten, dass der Wettbewerb beachtlich beeinträchtigt wird. Das Interesse der Antragstellerin, ihre Verträge wie bisher durchzuführen, erscheint wichtiger.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entscheidung des Gerichts darin besteht, den Antrag auf Zulassung der Beschwerde abzulehnen. Es liegen keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten vor und die Rechtsfragen, die im Hauptsacheverfahren entscheidend sind, bleiben offen. Es gibt auch keine Abweichung des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Senats. Der Beschluss ist daher unanfechtbar.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 13.03.2002, Az: 13 B 32/02


Tenor

Der Antrag wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 25.564,59 EUR (= 50.000 DM) festgesetzt.

Gründe

Der - gemäß § 194 Abs. 2 VwGO i.d.F. RmBereinVpG dem alten Rechtsmittelrecht unterfallende - Antrag auf Zulassung der Beschwerde ist unbegründet.

Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Der Senat hat keine ernstlichen Bedenken an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wobei er auf das Entscheidungsergebnis und nicht auf die Gründe im Einzelnen abstellt. Die im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung, die im Falle des gesetzlichen Wegfalls des Suspensiveffekts in gleicher Weise wie bei angeordneter sofortiger Vollziehung vorzunehmen ist und dem Vollzugsinteresse nicht schon kraft Gesetzes höheres Gewicht beizulegen hat mit der Folge, dass das Interesse am Vollzug vor Ausgang des Hauptsacheverfahrens im einstweiligen Rechtsschutzverfahren von der Behörde darzulegen ist,

vg. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17. September 2001 - 4 VR 19.01 (4 A 40.01) -, n.v.,

fällt auch aus Sicht des Senats zu Gunsten der Antragstellerin aus. Denn der angefochtene Beschluss der Antragsgegnerin vom 15. Oktober 2001 wird mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Hauptsacheverfahren 1 K 8241/01 keinen Bestand haben.

a) Hierzu bedarf es keiner abschließenden Auseinandersetzung damit, ob der Beschluss vom 15. Oktober 2001 materiellrechtlich als Verwaltungsakt gemäß § 35 VwVfG zu qualifizieren ist. Richtig ist allerdings, dass auch eine in die Form eines Verwaltungsakts gekleidete Feststellungsentscheidung einer Behörde nur dann als Verwaltungsakt rechtmäßig sein kann, wenn sie inhaltlich einen Einzelfall betrifft und regelt, und dass einer nur allgemeinen, abstrakten Feststellung oder sogar rechtsgutachterlichen Stellungnahme jedenfalls die hinreichende Bestimmtheit der Regelung eines konkreten Einzelfalls fehlt. Dass vorliegend die bewusst und gewollt als Verwaltungsakt ergangene und von der Antragstellerin und - soweit ersichtlich - auch von den übrigen Beteiligten des Beschlusskammerverfahrens so verstandene Entscheidung der Antragsgegnerin vom 15. Oktober 2001 so weit von einer Einzelfallregelung entfernt ist, drängt sich jedenfalls nicht auf.

Obgleich der Tenor dieses Beschlusses abstrakt gefasst und die zu seiner Interpretation ergänzend heranzuziehenden Gründe über weite Passagen - zwangsläufig - rechtsgutachterliche Züge tragen, besteht insbesondere unter Berücksichtigung des Gegenstandes des gegen die Antragstellerin geführten Beschlusskammerverfahrens ein Bezug der getroffenen Feststellung zu einem realen Sachverhalt und zu einem konkreten Einzelfall sowie daraus folgend zu konkreten Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens. Die feststellende Regelung sollte erkennbar in erster Linie für das in den Gründen mehrfach gleichsam als realer Anknüpfungspunkt für nachfolgende Rechtsausführungen angesprochene Angebot "TDN Komm BW" der Antragstellerin gelten, das nicht nur schlichter Auslöser einer von einem konkreten Lebenssachverhalt losgelösten Rechtsäußerung der Beschlusskammer gewesen sein dürfte. Dass die vornehmlich für jenes Angebot getroffene Feststellung und das Verhaltensgebot an die Antragstellerin auch für eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle gelten sollte, dürfte der im Verhältnis zur Antragstellerin verbindlich getroffenen Klärung eines Elements eines konkreten Streitverhältnisses zwischen ihr und der Antragsgegnerin noch nicht den Charakter einer Einzelfallregelung nehmen. Ob hingegen die Antragsgegnerin in den Gründen ihres Beschlusses die einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen für die festgestellte Vorabgenehmigungspflicht hinreichend dargelegt hat, betrifft nicht die Frage der Charakterisierung der Entscheidung als Verwaltungsakt, sondern ihre materielle Rechtmäßigkeit.

b) Der Senat hat jedoch bei der gegenwärtigen Erkenntnisgrundlage Bedenken, ob die Antragsgegnerin für das Angebot "TDN Komm BW" das für die Begründung der Vorabregulierung nach § 25 Abs. 1 iVm § 3 Nr. 15 TKG notwendige Merkmal der Bereitstellung von Sprachtransport und -vermittlung "für die Öffentlichkeit" zu Recht angenommen hat. Schon insoweit dürfte gegenwärtig mehr für einen Erfolg der Klage in der Hauptsache sprechen.

Nach der gesetzlichen Definition ist Sprachtelefondienst die gewerbliche Bereitstellung für die Öffentlichkeit des direkten Transports und der Vermittlung von Sprache in Echtzeit von und zu den Netzabschlusspunkten des öffentlichen, vermittelnden Netzes, wobei jeder Benutzer das an solch einem Netzabschlusspunkt angeschlossene Endgerät zur Kommunikation mit einem anderen Netzabschlusspunkt verwenden kann. Den Begriff der "Öffentlichkeit" beschreibt § 3 Nr. 19 TKG mit "für beliebige natürliche oder juristische Personen und nicht lediglich für die Teilnehmer geschlossener Benutzergruppen". Diese Definition ist auch für das Verständnis des § 3 Nr. 15 TKG heranzuziehen, weil Sprachtelefondienst Angebot von Telekommunikation und daher auch Telekommunikationsdienstleistung für die Öffentlichkeit i.S.d. § 3 Nr. 19 TKG ist. Aus der Gegenüberstellung beider Adressatenkreise in § 3 Nr. 19 TKG folgt - entgegen der Ansicht der Antragstellerin -, dass es neben der Öffentlichkeit und der geschlossenen Benutzergruppe keinen weiteren möglichen Adressanten quasi in einer Grauzone zwischen beiden gibt.

So im Ergebnis auch Etling-Ernst, Praxiskommentar zum TKG, § 3 Rdn. 30.

Derartiges wäre auch schwer vorstellbar, weil ein Telekommunikationsdienstleistungsunternehmen sein Produkt, wenn es nicht bestimmungsgemäß ausschließlich die Kunden eines klar und fest begrenzten Kreises ansprechen soll, grundsätzlich jedem entgeltzahlungsbereiten Abnehmer anbieten will. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin dürfte ein Angebot einer Telekommunikationsdienstleistung für die Öffentlichkeit nicht automatisch schon dann zu verneinen und ein solches an eine geschlossene Benutzergruppe zu bejahen sein, wenn es auf die Bedürfnisse eines Kunden oder Kundenkreises zugeschnitten ist. Denn es ist nicht zwingend ausgeschlossen, dass dasselbe Angebot auch für eine unbestimmte Vielzahl beliebiger anderer Kunden in Betracht käme und von der Antragstellerin bei entsprechender Nachfrage auch ihnen gegenüber abgegeben würde. Wohl stellt der individuelle Zuschnitt eines Angebots von Telekommunikationsdienstleistungen ein Indiz für das Vorliegen einer Telekommunikationsdienstleistung für Teilnehmer einer geschlossenen Benutzergruppe dar. Dieser von der Öffentlichkeit abgegrenzte Adressatenkreis ist nicht etwa mit Blick auf die früheren von Firmen oder Konzernen kraft Verleihung betriebenen corporated nets auf Teilnehmer firmen- oder konzerninterner Netze beschränkt. Solches gibt der Wortlaut der Legaldefinition nicht her und lässt sich auch nicht unter Rückgriff auf das Verständnis von einem corporated net nach der früheren Telekommunikations-Verleihungsverordnung rechtfertigen. Diese verfolgte einen anderen Zweck - nämlich die Förderung von Netzbetreiberwettbewerb - als die die Vorabentgeltregulierung und Lizenzbindung betreffenden § 25 Abs. 1 und § 3 Nr. 15 TKG. Ferner hat der TKG-Gesetzgeber bewusst an frührere Begriffsbestimmungen des Fernmeldeanlagengesetzes, das Rechtsgrundlage der den Begriff der geschlossenen Benutzergruppe seinerzeit einführenden Telekommunikations-Verleihungsver- ordnung war, nicht anknüpfen wollen.

Vgl. hierzu die Begründung zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P., BT-Drucks. 13/3609, S. 37, zu § 3. vgl. auch Trute, Spoerr, Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, § 3 Rdn. 86, wonach geschlossene Benutzergruppen über den Bereich der corporated networks weit hinausreichen.

Steht fest, dass die Bereitstellung von Sprachtransport und -vermittlung nicht für beliebige natürliche oder juristische Personen erfolgt, liegt zwangsläufig ein Angebot für eine geschlossene Benutzergruppe und damit kein Sprachtelefondienst vor.

Nach der Legaldefinition in § 3 Nr. 15 TKG setzt Sprachtelefondienst die Bereitstellung von Sprachtransport und -vermittlung "für" die Öffentlichkeit voraus. Durch das Wort "für" ist der Bereitstellung eine Zielrichtung beigegeben und wird eine Adressierung der (Telekommunikationsdienst-)Leistung Sprachtransport und - vermittlung an den gewollten Leistungsempfänger zum Ausdruck gebracht. Maßgebend für die Einordnung einer Telekommunikationsdienstleistung als Sprachtelefondienst ist demnach nach dem an sich klaren und deshalb für die Norm- interpretation besonders wichtigen Wortlaut der o.g. Gesetzesdefinition der Adressat der Leistung Sprachtransport und -vermittlung. Dass der Gesetzgeber mit der gewählten Formulierung etwas anderes beabsichtigt hat, ist bei gegenwärtiger, verfahrensbedingt eingeschränkter Erkenntnislage nicht ersichtlich.

Vgl. zum Begriff der Öffentlichkeit im Rahmen der Lieferung von Vorprodukten für Resaling auch Beschluss des Senats vom 1. Oktober 2001 - 13 B 1156/01 -.

Der Senat geht davon aus, dass die angeschlossenen Teilnehmer des Systemlösungsprojekts "TDN Komm BW" eine geschlossene Benutzergruppe bilden. Zwar hat die Antragsgegnerin im angefochtenen Beschluss vom 15. Oktober 2001 zu diesem Punkt nur festgestellt, dass "grundsätzlich auch keine Bedenken dagegen (bestehen), dass sich auch Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände zu einer geschlossenen Benutzergruppe zusammenschließen, sofern zwischen ihnen auf Grund dauerhafter gemeinsamer gesetzlicher Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben ein entsprechendes Bedürfnis besteht". Damit ist für die Gruppe der am Vertrag für "TDN Komm BW" beteiligten Kommunen das Merkmal der geschlossenen Benutzergruppe zwar nicht ausdrücklich bejaht. Der Senat versteht die o.a. Ausführungen jedoch als eine Bejahung, weil die Antragsgegnerin anderfalls von einer Vorabgenehmigungspflicht der Entgelte für sämtliche gelieferte Sprachübertragung und -vermittlung hätte ausgehen müssen, was sie jedoch nicht getan hat, und eine Differenzierung zwischen Innen- und Außenkommunikation inkonsequent wäre.

Die von der Antragstellerin im Rahmen des Vertrages "TDN Komm BW" zu erbringende Leistung ist insgesamt an die geschlossene Benutzergruppe der angeschlossenen Teilnehmer des Vertrages gerichtet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die angebotene Leistung als ein einheitliches Paket aus verschiedenartigen Teilleistungen anzusehen ist oder die einzelnen Teilleistungen, mithin hier der Sprachtransport und die Sprachvermittlung aus der geschlossenen Benutzergruppe zu einem außen stehenden Dritten isoliert zu betrachten sind. Denn auch soweit Sprachtransport und -vermittlung im Rahmen der Kommunikation nach außen erbracht wird, geschieht das "für" die Mitglieder der geschlossenen Benutzergruppe als Empfänger einer so gewollten zweckgerichteten Leistung. Die Sprachübertragung und -vermittlung wird nicht deshalb für beliebige ... Personen bereit gestellt, weil Mitglieder der geschlossenen Benutzergruppe mit beliebigen Gesprächsempfängern im Außenverhältnis kommunizieren können. Denn die zu betrachtende vertragliche Leistung der Antragstellerin wird nicht für die Außenstehenden als Leistungsempfänger bereitgestellt. Die Zielgerichtetheit allein auf den "anrufenden" Benutzer als den Leistungsempfänger wird überdies darin deutlich, dass Vermittlung von Sprache allgemein dann angenommen wird, wenn die Kommunikationsverbindung auf Grund einer vom Nutzer ausgeübten "Auswahl" unter mehreren Kommunikationsendpunkten, also auf Grund einer vom "anrufenden" Nutzer getroffenen Auswahl hergestellt wird.

Vgl. hierzu Etling-Ernst, a.a.O., § 3 Rdn. 28.

Wohl unterfällt nach wie vor die von den Außenstehenden generierte Sprachkommunikation mit Mitgliedern der geschlossenen Benutzergruppe der Definition des § 3 Nr. 15 TKG, soweit sie nicht ihrerseits Mitglieder einer geschlossenen Benutzergruppe sind. Selbst zur Geltungszeit der Telekommunikations-Verleihungsverordnung verlor eine geschlossene Gruppe von Benutzern nicht deshalb das Merkmal der Geschlossenheit, weil sie auch Außenkommunikation betrieb, wenn sie auch in Folge fehlens eigener Leitungsverbindung zu Außenstehenden Transport und -vermittlungsleistungen nicht selbst bewerkstelligen konnte, sondern von der Antragstellerin einkaufen musste. Allein dieser Umstand war der Grund dafür, dass seinerzeit die Mitglieder der geschlossenen Benutzergruppe im Rahmen der Außenkommunikation dem Tarif "Dial + Benefit CN" oder "AfCN" unterworfen waren. Dieser Umstand trifft für die Antragstellerin jedoch nicht zu. Im Übrigen verlangte der Begriff der geschlossenen Benutzergruppe selbst zur Geltungszeit der Telekommunikations- Verleihungsverordnung bei wortlautorientiertem Verständnis keine Kommunikation allein innerhalb der Gruppe. Schließlich ist kein Gesichtspunkt aufgezeigt, dass die Antragstellerin dasselbe "TDN KommBW"-Angebot auch an andere Interessenten etwa Kommunen oder Verbände außerhalb Baden-Württembergs machte oder machen könnte.

Spricht mithin ausgehend vom Wortsinn der Definition des § 3 Nr. 15 TKG mehr dafür, dass das Angebot der Antragstellerin keinen Sprachtelefondienst darstellt, unterliegt der Fortbestand des angefochtenen Beschlusses bereits deshalb durchgreifenden Bedenken. Ob darüber hinaus auch Bedenken wegen der Darlegungen des Beschlusses zur marktbeherrschenden Stellung der Antragstellerin durchgreifen könnten, mag offen bleiben.

Dem angefochtenen Beschluss ist eine Marktabgrenzung nach der Methodik des Bedarfsmarktkonzepts nicht zu entnehmen. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin undifferenziert - und in gewisser Weise atomisierend - lediglich für Sprachtelefondienst im Rahmen der Außenkommunikation eine marktbeherrschende Stellung zugesprochen bezüglich Ortsverbindungen mit oder ohne Teilnehmeranschluss sowie Fern- und Auslandsverbindungen mit einer Ausnahme. Es erscheint jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass es sich bei dem Angebot "TDN Komm BW" der Antragstellerin um ein einheitliches Produkt als Paket handelt und sich bereits ein Markt für das Produkt der sprachorientierten Systemlösung etabliert hat, so dass die im angefochtenen Beschluss und in der Zulassungsantragsschrift erfolgte isolierte Betrachtung von Sprachtransport und - vermittlung in der Außenkommunikation demgegenüber ein aliud betreffen könnte und die Kräfteverhältnisse auf einem anders abzugrenzenden Markt abweichend zu beurteilen sein könnten.

c) In dieser prozessualen Situation ist von der Antragsgegnerin nicht aufgezeigt oder sonst ersichtlich, dass der angefochtene Beschluss gleichwohl vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu vollziehen ist. Ein beachtlicher Nachteil für den Wettbewerb dürfte nicht zu erwarten sein. Der Gesetzgeber hat geschlossene Benutzergruppen als Adressaten von Telekommunikationsdienstleistungen für die Zeit nach der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes erkennbar als Ausnahmefall und damit als einen eher unwesentlichen Teil des Wettbewerbs eingeschätzt. Dieser Teil wird im vorliegenden Fall in seiner Bedeutung noch dadurch reduziert, dass die Antragsgegnerin lediglich den im Rahmen der Außenkommunikation der geschlossenen Benutzergruppe abgehenden Sprachverkehr der Vorabregulierung unterwerfen will. Eine Entgeltregulierung kann aber jedenfalls im Wege der ex post-Kontrolle erfolgen, auch wenn die Antragsgegnerin behauptet, dass es dazu regelmäßig nicht komme. Demgegenüber erscheint das Interesse der Antragstellerin, Verträge des hier zu betrachtenden Inhalts wie bisher durchzuführen, gewichtiger.

2. Vor dem dargestellten Hintergrund kommt der vorliegenden Rechtssache des vorläufigen Rechtsschutzes keine das übliche Maß überschreitende rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeit zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die im Hauptsacheverfahren zu entscheidenden Rechtsfragen bleiben offen, so dass im Endeffekt eine schlichte Interessenwertung vorliegt, die dem regelmäßigen Schwierigkeitsgrad von Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entspricht.

3. Grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu, weil vorliegend eine Klärung der im Hauptsacheverfahren entscheidungserheblichen Rechtsfragen in der Beschwerdeinstanz des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu erwarten ist.

4. Eine Abweichung des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Senats (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist bereits von der Antragsgegnerin nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 5 Satz 3 VwGO a.F. genügend dargelegt und liegt auch nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat keinen Rechtssatz aufgestellt, der mit der Rechtsprechung des Senats unvereinbar wäre, sondern von der eigenen Rechtsprechung und der des Senats ausgehend in einem Akt der Tatsachenwertung lediglich die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen eines feststellenden Verwaltungsakts verneint.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 1 VwGO und §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 3, 20 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 13.03.2002
Az: 13 B 32/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/a8f286ec1c75/OVG-Nordrhein-Westfalen_Beschluss_vom_13-Maerz-2002_Az_13-B-32-02




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share