Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. August 2000
Aktenzeichen: 10 W (pat) 4/00

(BPatG: Beschluss v. 07.08.2000, Az.: 10 W (pat) 4/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 7. August 2000 (Aktenzeichen 10 W (pat) 4/00) die Beschwerde gegen eine Entscheidung des Patentamts zurückgewiesen. In dem Fall hatte ein Anmelder ein Patent für eine Anlage zur umweltfreundlichen Tierkörperaufnahme und -zerkleinerung angemeldet, vergaß aber die dritte Jahresgebühr fristgerecht zu zahlen.

Zunächst erklärte das Gericht, dass der Anmeldeantrag zurückerstattet werden kann, wenn die Gebühr nicht rechtzeitig gezahlt wird. Der Anmelder reichte daraufhin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Gebühr ein und zahlte die Gebühr nachträglich. Er argumentierte, dass er durch ein Projekt außerhalb seines Wohnorts und Auslandsreisen extrem belastet war und deshalb die Zahlungsaufforderung versehentlich nicht bearbeitet habe.

Das Patentamt wies den Antrag auf Wiedereinsetzung jedoch zurück, da der Anmelder nicht glaubhaft machen konnte, dass er die Fristversäumung nicht verschuldet habe. Gegen diese Entscheidung legte der Anmelder Beschwerde ein. Er behauptete, dass das Versäumnis von einer von ihm beauftragten Person verursacht wurde und eine Existenzbedrohung entstehen würde, wenn der Antrag abgelehnt würde.

Das Bundespatentgericht entschied, dass die Beschwerde unbegründet sei. Zwar habe der Anmelder den Wiedereinsetzungsantrag fristgerecht gestellt und die Gebühr nachgezahlt, jedoch habe er nicht ausreichend dargelegt, dass er die Fristversäumung unverschuldet verpasst habe. Das Gericht stellte fest, dass der Anmelder nur behauptet habe, dass er extrem belastet war, aber keine weiteren Umstände genannt habe, die die Fristversäumung entschuldigen würden. Auch der nachträglich vorgetragene Sachverhalt, dass die beauftragte Person die Zahlung versehentlich nicht vorgenommen habe, könne nicht berücksichtigt werden.

Die Beschwerde wurde daher abgewiesen und die Anmeldung gilt als zurückgenommen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 07.08.2000, Az: 10 W (pat) 4/00


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Der Anmelder meldete am 5. Juni 1996 ein Patent mit der Bezeichnung "Anlage zur thermostabilen umweltfreundlichen Direktaufnahme und -zerkleinerung von Tierkörpern (TUMDIZERTIK-Anlage)" an.

Mit Bescheid vom 3. Novemeber 1998 wurde der Anmelder gemäß § 17 Abs. 3 PatG benachrichtigt, daß die Anmeldung als zurückgenommen gelte, wenn nicht innerhalb einer Frist von vier Monaten nach Ablauf des Monats, in dem diese Benachrichtigung zugestellt worden sei, die dritte Jahresgebühr nebst Zuschlag bezahlt werde.

Am 26. Mai 1998 beantragte der Anmelder Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der dritten Jahresgebühr. Die dritte Jahresgebühr nebst Zuschlag zahlte er am 28. Mai 1998. Zur Begründung des Antrags machte er geltend, daß er in der Zeit ab September 1998 als Projektleiter eines Vorhabens betreffend die Realisierung einer Patentanmeldung außerhalb S... eingesetzt und ab November 1998 zusätzlich mit Auslandsreisen belastet gewesen sei (12/98 bis 1/99 USA). Aufgrund der extrem hohen körperlichen und geistigen Belastung in diesem Zeitraum sei die Zahlungsaufforderung versehentlich ohne Erledigung abgelegt worden.

Nachdem das Patentamt dem Anmelder mitgeteilt hatte, daß die von ihm vorgebrachten Tatsachen nicht geeignet seien, sein Verschulden an der Fristversäumung auszuschließen, trug er mit Schriftsatz vom 19. Oktober 1999 weiter vor, daß er aufgrund einer unmittelbar bevorstehenden längeren Auslandsreise Herrn K... am 28. Dezember 1998 beauftragt habe, die postalischen Angelegenheiten für seine Firma zu erledigen. Dazu habe auch die Einzahlung des Rechnungsbetrags für die dritte Jahresgebühr gehört. Herr K... habe jedoch, wie aus seiner beiliegenden Erklärung hervorgehe, die Zahlung nicht vorgenommen. Unmittelbar nachdem ihm Herr K... dies mitgeteilt habe, sei die Zahlung der Gebühr von ihm veranlaßt worden.

Durch Beschluß vom 3. November 1999 wies das Patentamt den Antrag auf Wiedereinsetzung zurück, weil der Anmelder nicht glaubhaft gemacht habe, daß er die gesetzliche Frist zur Zahlung der dritten Jahresgebühr ohne Verschulden versäumt habe. Die Anmeldung nach § 58 Abs. 3 PatG gelte deshalb als zurückgenommen.

Gegen den am 16. November 1999 als Übergabeeinschreiben abgesandten Beschluß richtet sich die am 13. Dezember 1999 eingegangene Beschwerde des Anmelders mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Zur Begründung trägt er vor, daß ihm das Versäumnis von Herrn K... nicht als eigenes Verschulden angelastet werden könne. Im Falle der Ablehnung seines Wiedereinsetzungsgesuchs sei wegen der bisher entstandenen hohen Vorlaufkosten eine Existenzbedrohung unumgänglich.

II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Patentamt hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der dritten Jahresgebühr zu Recht zurückgewiesen.

Der Anmelder hat die Wiedereinsetzung zwar gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG fristgerecht innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses beantragt, denn er konnte frühestens ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Zahlungsfrist für die dritte Jahresgebühr am 31. März 1999 (§ 17 Abs 3 Satz 3 PatG) Kenntnis von der Fristversäumung erlangt haben. Damit ist der Wiedereinsetzungsantrag am 26. Mai 1999 rechtzeitig eingegangen, auch wenn der Anmelder nicht angegeben hat, wann und auf welche Weise er in dem zwischen dem Fristablauf und der Stellung des Wiedereinsetzungsantrags liegenden Zeitraum von der Fristversäumung erfahren hat. Auch die Gebührenzahlung ist am 28. Mai 1998 rechtzeitig nachgeholt worden.

Der Anmelder hat jedoch innerhalb der zweimonatigen Widereinsetzungsfrist keine Tatsachen dargelegt, aus denen sich ergibt, daß er ohne Verschulden verhindert war, die Frist zur Zahlung der dritten Jahresgebühr einzuhalten (§ 123 Abs 1 Satz 1 PatG).

Der Anmelder hat innerhalb von zwei Monaten, nachdem ihm die Versäumung der Frist tatsächlich bekannt geworden ist - hier spätestens der Tag, an dem er den Wiedereinsetzungsantrag abgefaßt hatte - lediglich vorgetragen, daß er in der Zeit von September 1998 bis Januar 1999 durch die Leitung eines Projekts außerhalb seines Wohnorts und zusätzliche Auslandsreisen körperlich und geistig extrem belastet gewesen sei und daß in diesem Zeitraum extremer Belastung die Zahlungsaufforderung versehentlich unerledigt abgelegt worden sei. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, ein Verschulden des Anmelders an der Fristversäumung auszuschließen. Mangels Angabe von Tatsachen, aus denen sich ergibt, wie es zu der versehentlichen Ablage der Zahlungsaufforderung gekommen ist, insbesondere wer die Ablage vorgenommen hat, ist das Vorbringen des Anmelders lückenhaft und läßt nicht erkennen, daß der Anmelder mit der bei der Wahrung einer gesetzlichen Frist erforderlichen Sorgfalt vorgegangen ist. Soweit er sich auf seine extreme Arbeitsbelastung beruft, stellt diese für sich allein keinen Entschuldigungsgrund für die Versäumung einer gesetzlichen Frist dar. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, wie krankhafte Zustände physischer oder psychischer Art infolge der Arbeitsbelastung, unvorhergesehene dringende Geschäftsangelegenheiten, schwere berufliche oder geschäftliche Krisensituationen. Hierzu hat der Anmelder jedoch nichts vorgetragen. Zudem hat nach seinem eigenen Vortrag eine extreme Arbeitsbelastung nur bis zum Januar 1999 vorgelegen. Damit hatte er bis zum Ablauf der Zahlungsfrist am 31. März 1999 noch zwei volle Monate zur Verfügung, um die Zahlung der dritten Jahresgebühr entweder selbst vorzunehmen oder zumindest zu prüfen, ob die Zahlung ordnungsgemäß erfolgt ist. Gerade weil es sich bei der Realisierung des Gegenstandes der Patentanmeldung um eine Existenzfrage für den Anmelder handelte, wie er selbst darlegt, hätte er für die Aufrechterhaltung seiner Anmeldung pflichtgemäß Sorge tragen und alles ihm Mögliche tun müssen, um die Zahlung der Gebühr sicherzustellen. Angaben hierüber läßt sein Vortrag jedoch vermissen.

Die vom Anmelder erst im Oktober 1999 und damit nach Ablauf der zweimonatigen Antragfrist des § 123 Abs. 2 PatG vorgetragenen Tatsache, daß der von ihm mit der Zahlung der dritten Jahresgebühr beauftragte Herr K... die Zahlungs- aufforderung versehentlich unerledigt abgelegt habe, stellt eine völlig neue Schilderung der Vorgänge dar, die zu der Fristversäumung geführt haben sollen. Dieses Nachschieben neuer Tatsachen ist unzulässig (vgl Benkard, PatG, 9. Aufl, § 123 Rdn 56; Schulte, PatG, 5. Aufl, § 123 Rdn 10; BGH NJW 1991, 1892), denn die den Wiedereinsetzungsantrag begründenden Tatsachen müssen ebenso wie der Antrag selbst innerhalb von zwei Monaten nach dem Wegfall des Hindernisses angegeben werden (§ 123 Abs 2 Satz 2 PatG). Der nachgeschobene Sachverhalt kann daher bei der Beurteilung der Begründetheit des Wiedereinsetzungsantrags nicht berücksichtigt werden. Es kann daher dahinstehen, ob der Wiedereinsetzungsantrag auch im Falle der Berücksichtigung des weiteren Vortrags hätte erfolgreich sein können, weil Herr K... als Vertreter des Anmelders anzusehen wäre, dessen Verschulden des Anmelders nach der gemäß § 99 Abs. 1 PatG auch im patentrechtlichen Verfahren geltenden Vorschrift des § 85 Abs. 2 ZPO sich hätte ausrechnen lassen müssen.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen mit der Rechtsfolge, daß die Anmeldung nach § 58 Abs. 3 PatG als zurückgenommen gilt.

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BPatG:
Beschluss v. 07.08.2000
Az: 10 W (pat) 4/00


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