Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Februar 2007
Aktenzeichen: 30 W (pat) 206/04
(BPatG: Beschluss v. 12.02.2007, Az.: 30 W (pat) 206/04)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Die Beschwerde gegen eine Entscheidung der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts wurde vom Bundespatentgericht zurückgewiesen. Die Marke "Electronic Dictionary" wurde wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses für Datenverarbeitungsgeräte, Computer und elektronische Übersetzer abgelehnt. Die Markenstelle hatte argumentiert, dass die beanspruchte Wortfolge rein beschreibend sei und lediglich darauf hinweise, dass die Waren elektronische Wörterbücher enthielten oder dafür geeignet seien. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die Wortfolge im betroffenen Warenbereich nicht gebräuchlich sei und verwies auf Verwendungsbeispiele aus dem Internet, die auch von ihr selbst stammten. Das Gericht kam jedoch zu dem Schluss, dass die Wortfolge als Fachbegriff für elektronische Wörterbücher gebräuchlich sei und daher das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft bestehe. Zudem sei die Wortfolge auch als freihaltebedürftige Sachangabe einzustufen. Das Gericht verwies auf zahlreiche Verwendungsbeispiele im Internet, die die Eignung der Wortfolge zur Beschreibung belegen. Da die Wortfolge zudem als einfache Übersetzung der deutschen Bezeichnung "elektronisches Wörterbuch" verwendet werde, könne sie nicht als Marke eingetragen werden.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 12.02.2007, Az: 30 W (pat) 206/04
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Angemeldet für die Waren
"Datenverarbeitungsgeräte und Computer; elektronische Übersetzer/elektronisches Wörterbuch"
ist die Wortmarke
"Electronic Dictionary".
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke und eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen, da die beanspruchte Wortfolge in ihrer deutschen Bedeutung "elektronisches Wörterbuch" rein beschreibend sei und lediglich darauf hinweise, dass die Waren derartige Wörterbücher enthielten oder dafür bestimmt bzw. geeignet seien.
Gegen diese Entscheidung eines Prüfers des gehobenen Dienstes richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die sie damit begründet, dass die Marke nicht als beschreibend angesehen werden könne, da im betroffenen Warenbereich eine solche Wortfolge nicht gebräuchlich sei. Auch die vom Senat vorab übermittelten Verwendungsbeispiele aus dem Internet gingen teilweise auf Veröffentlichungen der Anmelderin zurück, die die Wortfolge selbstverständlich benutze und ihre Produkte entsprechend bewerbe; im Übrigen richteten sich die Fundstellen an einen speziell informierten Benutzerkreis oder stammten aus dem englischen Sprachraum. Da die Wortfolge weder in ihrer Gesamtheit noch in ihren Einzelbestandteilen in deutschen Wörterbüchern aufgeführt sei, könne sie nicht der deutschen Umgangssprache zugerechnet werden; die Verwendung in der Fachliteratur reiche dafür jedenfalls nicht aus, zumal die Wortfolge nicht ohne weiteres verständlich sei. Nachdem Mitbewerber auf andere Begriffsbildungen zur Beschreibung ihrer Produkte zurückgriffen, bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die nach § 165 Abs. 4 a. F. MarkenG zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der angemeldeten Wortfolge steht zum einen das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, denn die Bezeichnung "Electronic Dictionary" ist für die beanspruchten Waren eine freihaltebedürftige Sachangabe. Zudem fehlt der angemeldeten Marke aber auch die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Nach der Vorschrift des § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr (u. a.) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dabei ist im Hinblick auf die beanspruchten Waren davon auszugehen, dass die Marke computerinteressierten Laien genauso wie Interessenten von Übersetzungshilfen gegenübertritt, also Personenkreisen, die leichteren Zugang zur englischen Sprache als etwa Verbraucher allgemeiner Konsumgüter haben.
Wie bereits im Beschluss der Markenstelle ausführlich und unter Hinweis auf zahlreiche lexikalische Nachweise erläutert worden ist, handelt es sich bei "electronic Dictionary" um einen Fachbegriff für "elektronisches Wörterbuch", das auch Endverbrauchern mit geringen Englischkenntnissen ohne weiteres verständlich ist, da es sich um einfachste Worte des Grundwortschatzes handelt, wobei "electronic" schon wegen seiner fast buchstabengleichen Übereinstimmung mit der deutschen Übersetzung erkannt wird. Nach den Feststellungen des Senats wird aber auch die beanspruchte geschlossene Wortfolge selbst im Fließtext von deutschsprachigen Seiten im Sinne von "elektronisches Wörterbuch" verwendet, wie sich aus den der Anmelderin übermittelten Internet-Fundstellen ergibt (vgl. u. a. www.chinaboard.de/viewtopic.php€p=5223;). So findet man dort Sachaussagen wie: "Wer heute im Trend liegen will, nimmt lieber ein kompaktes Electronic Dictionary mit intuitiver Menüführung und edlem Design - so wie das PW-E410 von Sharp" (www.payback.de/pb/id/22678/index.html) oder: "Sonstige Web-Publikationen und -Projekte ...Abbreviationes. Electronic Dictionary of Medieval Latin Abbreviations (Olaf Pluta)" (www.ruhrunibochum.de/philosophy/publ.htm) oder "The electronic dictionary from CASIO provides nine reference books for nearly all situations" (www.langenscheidt.de/english/products/elecmedia/casio.html) oder "Yishen 888 English/Chinese Electronic Dictionary: Whole Sentence Translation von Goldic ... Kurzbeschreibung Being the world`s only electronic dictionary which offers English-Chinese and Chinese-English translation..." (www.amazon.de/Yishen-English-Chines-Electronic-Dictionary/dp/ B00097JOA). Zwei Publikationen führen das Markenwort bzw. die deutsche Übersetzung im Titel: "Langer, Stefan u. a. (1996). CISLEX - An Electronic Dictionary for German. Its Structure and a Lexicographic Application." und "Langer, Stefan (1996). Selektionsklassen und Hyponymie im Lexikon. Semantische Klassifizierung von Nomina für das elektronische Wörterbuch CISLEX. Dissertation Universität München" (vgl. www.cis.unimünchen.de/people/langer/publikationen.html).
Diese Verwendungsbeispiele belegen anschaulich, dass die beanspruchte Wortfolge als eingeführter Fachbegriff für elektronische Wörterbücher gebräuchlich ist. Ob dies auf englischsprachigen Seiten geschieht oder sich möglicherweise an ein Fachpublikum richtet, spielt für die Frage des Freihaltungsbedürfnisses keine Rolle. Hierfür ist lediglich entscheidend, ob sich die fragliche Marke als beschreibende Angabe eignet (vgl. EuGH GRUR 2004, 146 f. - DOUBLEMINT; BGH GRUR 2001, 1151 f. - marktfrisch; Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 8 Rdn. 199 m. w. N.), was angesichts der aufgeführten Verwendungen offensichtlich ist. Deshalb greift auch der Einwand der Anmelderin nicht durch, von den englischsprachigen Seiten etwa des Langenscheidt Verlages könne nicht auf die Gebräuchlichkeit in Deutschland geschlossen werden, abgesehen davon, dass es sich um eine Internet-Seite mit der Top-Level "de" handelt, die sich durchaus an den hiesigen Nutzer wendet. Mit ihrer Argumentation, die auf die Sprachüblichkeit in Deutschland abhebt, übersieht die Anmelderin, dass diese in erster Linie die Frage der Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG betrifft, aber nicht die nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG maßgebliche Eignung einer Wortfolge zur Beschreibung entscheidend beeinflusst. Letztendlich wird auch nur die sprachüblich gebildete wörtliche Übersetzung der deutschen Wortfolge "elektronisches Wörterbuch" verwendet, was gegen die Eintragungsfähigkeit als Marke spricht; denn eine fremdsprachige Wortbildung - insbesondere aus der Welthandelssprache Englisch - ist der beschreibenden deutschen Übersetzung gleichzustellen, wenn entweder der fremdsprachige Ausdruck vom deutschen Verkehr in seiner beschreibenden Bedeutung ohne weiteres erfasst wird oder die Wortfolge im Allgemeininteresse zur ungehinderten Verwendung beim Im- und Export der einschlägigen Waren freigehalten werden muss (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O. Rdn. 452 ff. mit zahlreichen Nachweisen auf die Rspr.), wobei im vorliegenden Fall sogar beide Alternativen zu bejahen sind. Dies ergibt sich nicht zuletzt auch aus der Verwendung der Wortfolge durch die Anmelderin auf ihrer eigenen Homepage, wo nämlich "Electronic Dictionary" rein beschreibend im Fließtext erscheint, um einen ganz bestimmten technischen Sachverhalt zu erläutern, und zudem diese fremdsprachige Version abwechselnd mit "elektronisches Wörterbuch" vorkommt. Im Abschnitt "Lehrer-Service" heißt es: "Um den Einsatz der Electronic Dictionaries im Unterricht effizient zu gestalten, haben wie einen speziellen Lehrer-Service aufgebaut... Kostenloses Training für Lehrer zur Einführung in die Benutzung der Electronic Dictionaries in den Schulen vor Ort...Kostenloses Lehrmaterial Handbücher als einführende Literatur in die Bedienung und die besonderen Merkmale der Electronic Dictionaries. Lehrerhandbuch - Einsatz elektronischer Wörterbücher im Unterricht ...Schul-Promotion-Aktion Für jeweils 10 im Handel gekaufte elektronische Wörterbücher können Schulen direkt bei sharp kostenlose Zugaben des gleichen Modells anfordern" (vgl. http://sharp.de/produkte/schulinfo/ed_lehrerservice.php€ site=lehrerservice). An anderer Stelle der Homepage ist vermerkt: "Produktneuigkeiten Electronic Dictionary 2007 Ein Lehrerhandbuch mit einer Einführung in die elektronischen Wörterbücher sowie Übersetzungsmaterial zum Einsatz im Unterricht können Sie als Lehrer/in in gedruckter Form jetzt bei uns bestellen oder sich kostenlos hier downloaden ... Probieren Sie hier aus, wie einfach und schnell die Stichwortsuche und -übersetzung mit elektronischen Wörterbüchern ist" (vgl. http://sharp.de/produkte/teaser_schulinfo_ed.php). Selbst die "Pressemitteilung zu Electronic Dictionary" der Anmelderin vom 4. September 2006 (vgl. http://sharp.de/presse/ presse.php) enthält die beanspruchte Marke (in der Überschrift) und die deutsche Übersetzung in gleichermaßen beschreibender Form: "Kompakt und mobil vereint das neue elektronische Wörterbuch PW-E410 ... drei der meist genutzten Nachschlagewerke: ..."). Mit diesen rein beschreibenden Verwendungen ohne jegliche Hervorhebung gibt die Anmelderin unmissverständlich zu erkennen, dass sie einen (technischen) Fachbegriff im Zusammenhang mit Übersetzungshilfen bzw. für diese Zwecke bestimmte Computer einsetzt. Mit ihrem Schutzgesuch will sie letztlich einen Begriff monopolisieren, der auf dem unmittelbar einschlägigen Warengebiet eine gängige Fachwortkombination darstellt, die ihr als Marke ersichtlich nicht zusteht. Ihr Einwand, dass der Begriff bisher von Wettbewerbern in Deutschland nicht aufgegriffen worden sei, sondern diese alternative Umschreibungen gewählt hätten, erscheint angesichts der angeführten Fundstellen zumindest zweifelhaft und rechtfertigt nicht den Ausschluss eines Freihaltungsbedürfnisses. Denn die Verwendung der Wortfolge in den zitierten Fundstellen zeigt die grundsätzliche Eignung zur Beschreibung, was dazu führt, dass ihr von Markenrechten unbehinderter Einsatz gewährleistet werden muss (vgl. EuGH a. a. O. - DOUBLEMINT).
Die Auffassung der Anmelderin, die Feststellungen des Senats seien schon deshalb nicht entscheidungsrelevant, da die gefundene Verwendung im Internet letztlich nur auf ihre eigene Homepage zurückzuführen sei, die ihr nicht entgegengehalten werden könne, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu, sondern gilt nur für markenmäßige Verwendungen. Soweit die Anmelderin jedoch die als Marke beanspruchte Wortfolge im Fließtext nur wie eine Gattungsbezeichnung einsetzt, deren Sachbezug sich angesichts der leichten Verständlichkeit geradezu aufdrängt, so muss sie sich diese Art der fraglos beschreibenden Verwendung entgegenhalten lassen und kann nicht Mitbewerber von der ungehinderten Nutzung der einschlägigen Fachbezeichnung ausschließen.
Mit Rücksicht auf die festgestellte vielfältige Verwendung der beanspruchten Wortfolge als Fachbegriff durch verschiedene Internet-Nutzer und auch der Anmelderin selbst muss daher markenregisterrechtlich von einem aktuellen Freihaltungsbedürfnis ausgegangen werden.
Darüber hinaus ist auch das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zu bejahen. Angesichts der mitbeteiligten Fachkreise, für die Englisch Fachsprache ist, und der leicht verständlichen Wörter des englischen Grundwortschatzes steht im Kontext der Waren der beschreibende Gehalt der Marke so deutlich im Vordergrund, dass ihr der angesprochene Verkehr keinen betriebskennzeichnenden Charakter zumessen wird.
Aus den von der Anmelderin geltend gemachten Voreintragungen mit dem Bestandteil "electronic" lässt sich ebenfalls kein Eintragungsanspruch herleiten, da sie - abgesehen von ihrer grundsätzlichen Unbeachtlichkeit - durchgehend mehrteilige Marken betreffen und die Begriffsbildungen mit dem vorliegenden Fall nicht ohne weiteres vergleichbar sind.
Nach alledem war der angemeldeten Marke die Eintragung zu versagen und die Beschwerde zurückzuweisen.
BPatG:
Beschluss v. 12.02.2007
Az: 30 W (pat) 206/04
Link zum Urteil:
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