Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Juli 2000
Aktenzeichen: 27 W (pat) 129/99
(BPatG: Beschluss v. 04.07.2000, Az.: 27 W (pat) 129/99)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in dem Beschluss vom 4. Juli 2000 (Az. 27 W (pat) 129/99) entschieden, dass die Beschwerde gegen die Registrierung der Marke "DRTERMANS" zurückgewiesen wird.
Die Inhaberin der Marke "DR. MARTENS" hatte Widerspruch gegen die Registrierung der Marke "DRTERMANS" eingelegt. Die Markenstelle des Patentamts hatte den Widerspruch abgelehnt, da sie keine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken sah. Sie führte aus, dass die Marken klanglich und schriftbildlich ausreichend unterschiedlich seien und dass der Abstand der Vergleichszeichen für ein sicheres Auseinanderhalten ausreiche.
Die Widersprechende legte daraufhin Beschwerde ein und argumentierte, dass aufgrund der Gemeinsamkeiten der Vergleichswörter eine Verwechslungsgefahr bestehe. Sie behauptete außerdem, dass ihre Marke in Deutschland einen hohen Bekanntheitsgrad habe. Der Markeninhaber bestritt die Benutzung der Widerspruchsmarke und den erhöhten Bekanntheitsgrad.
Das Bundespatentgericht stellte fest, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken nicht gegeben ist. Es wurde festgestellt, dass die Marken klanglich nicht verwechselbar sind, da die jüngere Marke mit einer ungewöhnlichen Konsonantenfolge beginnt und die Verbindung des Doktortitels mit dem Namen ungewöhnlich ist. Auch im Schriftbild unterscheiden sich die Marken ausreichend voneinander.
Zudem wurde festgestellt, dass kein erhöhter Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke vorliegt, da das Vorbringen der Widersprechenden nicht schlüssig war und Unterlagen darauf hindeuteten, dass die Widerspruchsmarke im Inland weniger beworben wurde als in anderen Ländern.
Der Hinweis der Widersprechenden, dass der Markeninhaber sich am weltweit guten Ruf der Widerspruchsmarke anhängen wolle, wurde vom Gericht als nicht relevant angesehen.
Die Beschwerde wurde daher abgewiesen. Die genauen Kosten wurden nach § 71 Abs. 1 MarkenG festgelegt.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 04.07.2000, Az: 27 W (pat) 129/99
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die international für "chaussures (à l'exception des chaussures orthopediques)" registrierte Marke 625 454 "DRTERMANS" soll in Deutschland Schutz erhalten. Hiergegen hat die Inhaberin der ua für "Schuhwaren und deren Teile" eingetragenen Marke 2 007 980 "DR. MARTENS" Widerspruch eingelegt.
Die Benutzung der Widerspruchsmarke ist vom Inhaber der angegriffenen Marke bestritten worden.
Die Markenstelle für Klasse 25 IR des Patentamts hat den Widerspruch in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen, ohne auf Fragen der Benutzung einzugehen. Zur Begründung ist ausgeführt, daß trotz Warengleichheit und auch, wenn man zugunsten der Widersprechenden eine hohe Kennzeichnungskraft ihrer Marke unterstelle, der Abstand der Vergleichszeichen für ein sicheres Auseinanderhalten ausreiche. Sie seien klanglich und schriftbildlich hinreichend verschieden. In klanglicher Hinsicht stünden sich die Wörter "DRTERMANS" und - da regelmäßig vollständig wiedergegeben - "DOKTOR MARTENS" gegenüber, dieoffensichtlich nicht verwechselbar seien. Andererseits liege es, obgleich die angegriffene Marke mit einer ungewöhnlichen Konsonantenfolge beginne, nicht nahe, sie iSv "Dr. Termans" aufzufassen und zu artikulieren; es sei unüblich und für den Verkehr daher ungeläufig, daß ein Doktortitel ohne Punkt oder sonstigen optischen Absatz fest mit dem Namen verbunden werde. Aber selbst wenn man eine solche Benennung nicht ausschließen wolle, sei nicht mehr mit einer relevanten Zahl von Verwechslungsfällen zu rechnen. Zum einen ließen sich die Bezeichnungen "Dr. Termans" und "Dr. Martens" noch hinreichend auseinanderhalten, zumal "Martens" ein recht geläufiger deutscher Familienname sei und einen ganz anderen Klangcharakter als "Termans" mit der in Nachnamen häufig vorkommenden Endsilbe "-man(s)" aufweise. Zum anderen stünden bei den hier maßgeblichen Waren (Schuhe), die regelmäßig auf Sicht gekauft würden, klangliche Zeichenbegegnungen ohnehin nicht im Vordergrund. Schriftbildlich seien die Unterschiede aber erst recht offensichtlich, da die angegriffene Marke ein einheitliches Wort darstelle, während die Widerspruchsmarke klar in zwei Teile gegliedert sei. Von einer einfachen Silbenumstellung, wie die Widersprechende argumentiere, könne hier nicht gesprochen werden.
Gegen den Erinnerungsbeschluß hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Sie verweist zur Begründung auf die bestehende Warengleichheit und macht nochmals Ausführungen zur Benutzung bzw angeblich hohen Bekanntheit ihrer Marke. Sie ist der Ansicht, daß wegen der schweren Aussprechbarkeit der jüngeren Marke der Verkehr sie immer in "Doktor" und "Termans" zerlegen werde. Sie legt dann zum wiederholten Male die ihrer Ansicht nach eine Verwechslungsgefahr begründenden Gemeinsamkeiten der Vergleichswörter dar (gleiche Silben- und Buchstabenzahl, gleiche Laute, lediglich andere Reihenfolge, weshalb im Grunde nur eine "Silbenrotation" vorliege). Auch bildlich seien die Vergleichsmarken nicht sicher auseinanderzuhalten. Aus ihrer Sicht sei es "völlig offensichtlich", daß der Inhaber der angegriffenen Marke sich an den weltweit guten Ruf der Widerspruchsmarke anhängen wolle. Dies werde auch daraus deutlich, daß der Markeninhaber in anderen Ländern seine Marke in der Form "Dr. TERMANS" anmelde (bzw anmelden lasse).
Der Markeninhaber ist dem entgegengetreten. Er hat die Benutzung der Widerspruchsmarke weiter in Frage gestellt, da nichts über die Legitimation des Benutzenden gesagt, aber auch nicht klar sei, in welcher Form die Widerspruchsmarke im Inland benutzt werde. Er hat darüber hinaus ausdrücklich einen erhöhten Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke in Deutschland bestritten, zumal auch das diesbezügliche Vorbringen der Widersprechenden nicht schlüssig sei. Hinsichtlich der Frage der Verwechslungsgefahr schließt er sich nach wie vor der Meinung der Markenstelle an.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde mußte in der Sache erfolglos bleiben, da die Vergleichsmarken nicht verwechselbar im Sinne von MarkenG § 9 Abs 1 Nr 2 sind, wenn es sich dabei vielleicht auch um einen Grenzfall handeln mag.
Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kann nicht von einem erhöhten Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke ausgegangen werden, wie er von der Widersprechenden behauptet worden ist. Zum einen hat der Markeninhaber einen solch erhöhten Schutzumfang ausdrücklich bestritten; zum anderen ist das Vorbringen der Widersprechenden hierzu keineswegs schlüssig oder gar so klar, daß sich daraus - trotz Bestreiten - eindeutig eine erhöhte Kennzeichnungskraft ergäbe. So ist in dem von ihr (bereits im Verfahren vor der Markenstelle) vorgelegten Material manchmal von "Dr. Martens" oder "Doc Martens", oft aber auch nur von "Doc" oder "Doc's" die Rede, so daß überhaupt nicht klar ist, welche Kennzeichnung nun eigentlich besonders "bekannt" sein soll. Andererseits ergibt sich - worauf auch der Markeninhaber hingewiesen hat - aus einigen Unterlagen, daß das von der Widersprechenden vertriebene Produkt gerade im Inland wohl eher weniger beworben worden ist als in anderen Ländern. Für die Annahme eines erhöhten Bekanntheitsgrades - der im übrigen bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung (bzw hier der Registrierung) der jüngeren Marke vorliegen müßte (vgl zB Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl § 9 Rdn 21) - sind hier jedenfalls keine ausreichenden Anhaltspunkte erkennbar.
Selbst wenn man aber zugunsten der Widersprechenden - wie dies auch die Erinnerungsprüferin getan hat - von einer gut eingeführten Marke ausgeht, führt dies nicht zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr. Eine solche ist klanglich mit Sicherheit ausgeschlossen, wenn man die angegriffene Marke in ihrer registrierten Form der (phonetisch wie "DOKTOR MARTENS" in Erscheinung tretenden) Widerspruchsmarke gegenüberstellt. Es ist zwar richtig, daß die jüngere Marke mit einer ungewöhnlichen Konsonantengruppe beginnt; das hat aber nicht zur Folge, daß man dieses Wort nunmehr zwangsläufig in "Dr." und "Termans" aufspaltet, da die zäsurlose Verbindung des Doktortitels mit dem Namen mindestens ebenso ungewöhnlich, besser gesagt, gänzlich ungebräuchlich ist. Im übrigen kann man auch - wie dies bei einem Senatsmitglied der Fall war - bei einer erstmaligen Begegnung mit der jüngeren Marke versucht sein, diese wie "ORTERMANS" zu lesen. Die Artikulation "Dr. Termans" wird nach allem nicht allzu oft vorkommen, wenn man sie andererseits auch nicht ganz ausschließen kann. Da nun aber auch die Bezeichnungen "Dr. Termans" und "Dr. Martens" keineswegs zwangsläufig zu verwechseln sind, wie dies eingehend von der Markenstelle dargelegt worden ist, auf deren Ausführungen zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, da außerdem bei den hier maßgeblichen Waren der Kauf auf Sicht im Vordergrund steht, sind klangliche Verwechslungen der Vergleichszeichen jedenfalls nicht mehr in entscheidungserheblichem Umfang zu erwarten. Auch im Schriftbild heben sich die Marken hinreichend voneinander ab, da einerseits der gewohnte Anblick eines Namens mit vorangestelltem "Dr.", andererseits ein einheitlich erscheinendes Wort den unterschiedlichen Charakter der Zeichen bestimmt.
Zu einer anderen Entscheidung kann auch nicht der Hinweis der Widersprechenden führen, der Markeninhaber versuche sich offensichtlich an den "weltweit guten Ruf" der Widerspruchsmarke "anzuhängen", zumal er in anderen Ländern eine andere Schreibweise der Marke ("Dr. TERMANS") verwende. Im vorliegenden Fall, in dem nach registerrechtsähnlichen Grundsätzen über einen Widerspruch gemäß MarkenG § 42 zu entscheiden ist, sind der Kollisionsprüfung die Marken in ihrer registrierten Form zugrunde zu legen. Es ist nicht undenkbar, daß in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten, bei dem möglicherweise abweichende Einzelheiten einer konkreten Art und Weise der Verwendung einer Marke berücksichtigt werden können, eine andere Beurteilung naheliegen könnte.
Die Beschwerde war nach allem zurückzuweisen.
Wegen der Kosten wird auf MarkenG § 71 Abs 1 verwiesen.
Hellebrand Friehe-Wich Albertbr/Hu
BPatG:
Beschluss v. 04.07.2000
Az: 27 W (pat) 129/99
Link zum Urteil:
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