Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 20. Dezember 2013
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 40/13

(BGH: Beschluss v. 20.12.2013, Az.: AnwZ (Brfg) 40/13)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 2013 den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 8. Mai 2013 abgelehnt. Das Gericht bestätigt damit die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs, der die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft des Klägers wegen Vermögensverfalls widerrufen hatte.

Der Kläger hatte gegen den Widerruf seiner Zulassung geklagt, jedoch ohne Erfolg. Nun hat er die Zulassung der Berufung beantragt. Der Bundesgerichtshof prüft den Antrag und kommt zu dem Schluss, dass keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen.

Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn ein Rechtsanwalt in schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist und nicht in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. In diesem Fall kann die Zulassung zur Anwaltschaft widerrufen werden. Im vorliegenden Fall wurden Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger eingeleitet, und er hatte Schulden beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte und beim Finanzamt. Der Kläger hat zwar behauptet, dass er einen Teil der Schulden bereits beglichen habe und eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen habe, konnte dies aber nicht ausreichend nachweisen. Auch seine Behauptung, über Vermögen zu verfügen, konnte er nicht ausreichend belegen.

Der Kläger hat keine Verfahrensfehler dargelegt, auf denen die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs beruhen kann. Auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nicht erkennbar.

Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf und hat auch keine grundsätzliche Bedeutung.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 50.000 € festgesetzt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 20.12.2013, Az: AnwZ (Brfg) 40/13


Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 8. Mai 2013 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Verfügung vom 14. November 2012 widerrief die Beklagte die Zulassung wegen Vermögensverfalls. Die Klage gegen diesen Bescheid ist erfolglos geblieben. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

Der Antrag des Klägers ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.

a) Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Anwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (BGH, Beschlüsse vom 16. April 2007 - AnwZ (B) 6/06, ZVI 2007, 619 Rn. 5; vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 4).

b) Nach den Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs betrieben im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B. und das Finanzamt S. die Zwangsvollstreckung ge- gen den Kläger. Die Forderung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in B. betrug 12.871,39 €, beim Finanzamt S. bestanden Steuer- schulden in Höhe von 156.821,52 €. Der Kläger macht geltend, dass er die Rückstände beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B. teilweise getilgt und im Übrigen eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen habe. Sämt- liche offenen Steuerforderungen des Finanzamts beruhten auf nicht rechts-2 kräftigen Steuerbescheiden; für die Veranlagungszeiträume 1993 bis 1995 und 2000/2001 seien Verfahren beim Finanzgericht anhängig, die Vollziehung der Bescheide für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2009 sei ausgesetzt worden. Außerdem behauptet er, über umfangreiches Vermögen - u.a. Guthaben bei der B. Sparkasse in Höhe von 28.663,47 €, ein Mietshaus in P. sowie verschiedene werthaltige Forderungen - zu verfügen.

Die Vollstreckungsmaßnahmen des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in B. und des Finanzamts S. sind hinreichende Beweisanzei- chen für einen Vermögensverfall zum Zeitpunkt der Widerrufsverfügung. Der Kläger hat demgegenüber seine Vermögensverhältnisse nicht offengelegt. Er hat keine aktuelle Übersicht über sein Vermögen und seine Schulden vorgelegt, sondern nur punktuell zu den von der Beklagten in der Forderungsaufstellung aufgeführten Forderungen Stellung genommen und das Vorhandensein von Vermögenswerten behauptet. Aus seinem Klagevortrag ergibt sich, dass er die Rückstände beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B. nach dem Er- lass der Widerrufsverfügung teilweise zurückgeführt hat und auf die danach noch immer offene Restforderung in Höhe von 10.659,43 € ab Januar 2013 Ratenzahlungen leistet. Weshalb er es angesichts seines behaupteten Barvermögens zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen hat kommen lassen und eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen hat, erschließt sich nicht.

Auch die Vollziehung der Steuerbescheide für die Jahre 2003 bis 2009 ist erst durch Schreiben des Finanzamts S. vom 3. und vom 12. Juli 2013, also nach Erlass des Widerrufsbescheids, ausgesetzt worden. Die diesen Bescheiden zugrunde liegenden Steuerforderungen belaufen sich auf 4.154,78 € und 43.640,30 €. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung waren jedenfalls diese Beträge noch in der Vollstreckung. 6 2. Der Kläger hat keinen Verfahrensfehler dargelegt, auf dem die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

a) Der Anwaltsgerichtshof hat nicht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen.

aa) Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (BVerwG, NJW 1997, 3328; Schmidt-Räntsch in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 112e Rn. 82).

bb) Diesen Voraussetzungen genügt der Zulassungsantrag nicht. Der Kläger macht geltend, dass er in der mündlichen Verhandlung am 8. Mai 2013 erklärt habe, dass das Nichtbestehen der Forderungen des Finanzamtes in der geltend gemachten Höhe nachgewiesen sei und die Nachweise dem Finanzamt vorlägen. Nähere Angaben, in welcher Höhe die Steuerforderungen nicht bestünden, hat er nicht gemacht. Danach lässt sich auch die Erheblichkeit der 8 Tatsachen, welche der Anwaltsgerichtshof nach Ansicht des Klägers hätte ermitteln sollen, nicht beurteilen.

b) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nicht erkennbar. Durch das Schreiben des Anwaltsgerichtshofs vom 12. März 2013 war der Kläger darauf hingewiesen worden, dass ein Vermögensverfall zum Widerrufszeitpunkt gerade auch wegen der Vollstreckung der Forderungen des Finanzamts S. angenommen wurde.

3. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

4. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Es ist nicht erkennbar, inwieweit die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen - Übernahme von Mandaten ohne vorherige Klärung der Vergütung des bisherigen Rechtsanwalts und Instrumentalisierung der Rechtsanwaltskammer in einer Auseinandersetzung unter Rechtsanwaltskollegen - für die Entscheidung des konkreten Falls von Bedeutung sein könnten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Kayser Roggenbuck Lohmann Martini Quaas Vorinstanzen:

AGH Berlin, Entscheidung vom 08.05.2013 - II AGH 15/12 - 15






BGH:
Beschluss v. 20.12.2013
Az: AnwZ (Brfg) 40/13


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