Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 1. Dezember 2006
Aktenzeichen: 17 W 138/06
(OLG Köln: Beschluss v. 01.12.2006, Az.: 17 W 138/06)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Oberlandesgericht Köln hat in seinem Beschluss vom 1. Dezember 2006, Aktenzeichen 17 W 138/06, die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Der Beklagte muss die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 850,00 €.
In dem Verfahren ging es um eine Stufenklage, bei der der Kläger vom Beklagten Rechnungslegung forderte. Das Landgericht hatte ein Teilurteil erlassen, in dem der Beklagte teilweise verurteilt wurde, das Klagebegehren jedoch teilweise abgewiesen wurde. Das Oberlandesgericht gab den beiderseitigen Berufungen nur teilweise statt und verwies den Fall zur Verhandlung der zweiten Stufe zurück. Im weiteren Verlauf kam es zu einer vergleichsweisen Einigung.
Der Kläger beantragte eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG sowie eine Auslagenpauschale für das Verfahren in erster Instanz nach Zurückverweisung an das Ausgangsgericht, insgesamt 1.275,00 €. Der Beklagte widersprach dem und argumentierte, dass die Stufenklage ein einheitliches Verfahren darstelle und die Zurückverweisung daher kostenrechtlich nicht nach § 21 Abs. 1 RVG behandelt werden könne.
Die Rechtspflegerin hatte dem Antrag des Klägers stattgegeben, woraufhin der Beklagte eine sofortige Beschwerde einlegte. Diese Beschwerde hatte jedoch keinen Erfolg. Bei der vorliegenden Konstellation liegt eine Zurückverweisung mit der gebührenrechtlichen Folge vor, dass erneut eine Terminsgebühr nebst Auslagenpauschale anfällt. Das Berufungsgericht bestätigte hierbei das Teilurteil im Rahmen der Stufenklage.
Das Oberlandesgericht verwies auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, nach der eine differenzierte Betrachtung erforderlich ist. Gebührenrechtlich liegt keine Zurückverweisung vor, wenn das Grundurteil im Rechtsmittelverfahren bestätigt wird. Eine Zurückverweisung liegt nur vor, wenn das angefochtene Urteil nicht gebilligt und aufgehoben wird. In dem vorliegenden Fall, in dem das Berufungsgericht das Teilurteil zur ersten Stufe bestätigte, liegt keine Zurückverweisung vor.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Köln: Beschluss v. 01.12.2006, Az: 17 W 138/06
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 850,00 € (2/3 von 1.275,00 €).
Gründe
I.
Der Kläger begehrte vom Beklagten Rechnungslegung und erhob hiergegen Stufenklage. Das Landgericht erließ ein Teilurteil, mit dem es den Beklagten teilweise antragsgemäß verurteilte, teilweise das Klagebegehren aber abwies. Den beiderseits eingelegten Berufungen gab das Oberlandesgericht jeweils nur teilweise statt. Das Verfahren wurde sodann zur Verhandlung der zweiten Stufe an das Ausgangsgericht zurückgegeben. Im Verlaufe des weiteren Rechtsstreites kam es zu einer vergleichsweisen Einigung.
Zur Festsetzung angemeldet hat der Kläger u. a. eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG nebst Auslagenpauschale für das Verfahren in 1. Instanz nach Rückgabe an das Ausgangsgericht, insgesamt 1.275,00 €.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Begründung, die Stufenklage stelle gebührenrechtlich ein einheitliches Verfahren dar. Der vorliegende Rechtsstreit sei kostenrechtlich nicht als Zurückverweisung nach § 21 Abs. 1 RVG zu behandeln; § 15 RVG gehe dem vor.
Die Rechtspflegerin hat dem Begehren des Klägers entsprochen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde und verteidigt seine Rechtsansicht. Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen.
II.
Die gemäß § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortigen Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg.
Bei der im vorliegenden Fall gegebenen Konstellation liegt eine Zurückverweisung mit der gebührenrechtlichen Folge vor, dass eine Terminsgebühr nebst Auslagenpauschale erneut angefallen ist. Der Beklagte übersieht hierbei vor allen Dingen, dass die prozessuale Zurückverweisung von der gebührenrechtlichen Zurückverweisung nach § 15 BRAGO bzw. 21 RVG zu unterscheiden ist (s. hierzu: Bischof/Jungbauer/Podlech-Trappmann, RVG, § 21 Rn. 11).
Nach der älteren Rechtsprechung (OLG Celle NJW 1958, 1688; OLG Düsseldorf AnwBl 1970, 289; OLG Schleswig JB 1975, 473), auf die sich die Literatur sowohl bei der Kommentierung der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung als auch des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes beruft (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Auflage, § 15 Rn. 6; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Auflage, § 21 Rn. 28 = Rn. 6 i. d. 17. Auflage; Bischof/Jungbauer/Podlech-Trappmann, a. a. O.; Hartmann, Kostengesetze, 36. Auflage, § 21 RVG Rn. 11; Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, RVG, "Stufenklage" "Zurückverweisung" 1.3) wurde eine Zurückverweisung für den Fall anerkannt, dass das Berufungsgericht im Rahmen einer Stufenklage über den ersten Anspruch im Sinne des Klägers entscheidet, sei es dass es die zur Auskunft verurteilende Entscheidung des Landgerichts bestätigte oder ein klageabweisendes Urteil in ein zur Auskunftserteilung verurteilendes abänderte.
Angesichts des Beschlusses des BGH vom 29. April 2004 - V ZB 46/03 - (NJW-RR 2004, 1294 = MDR 2004, 1024 = JB 2004, 479) ist jedoch eine differenziertere Betrachtungsweise erforderlich. Wenn auch diese Entscheidung zum Grundurteil ergangen ist, so ist die Situation mit der bei der Stufenklage vergleichbar (Schneider/Wolf, RVG, 3. Auflage, § 21 Rn. 24). Nach Ansicht des BGH liegt gebührenrechtlich keine Zurückverweisung im Sinne von § 15 Abs. 1 S. 1 BRAGO vor, dem § 21 Abs. 1 RVG wortgleich entspricht, wenn ein Grundurteil im Rechtsmittelverfahren bestätigt wird. Dies, so der BGH weiter, sei prozessrechtlich schon seit langem anerkannt (RGZ 70, 179, 182 f.; BGHZ 27, 15, 26 f.; BAG NJW 1967, 648). Eine Zurückverweisung liege nur vor, wenn das angefochtene Urteil vom Rechtsmittelgericht nicht gebilligt und daher aufgehoben werde (so schon: RGZ, a. a. O.). Hintergrund sei, dass der Rechtsanwalt seine Mehrarbeit vergütet erhalten solle, was aber gerade in dem Fall nicht erforderlich sei, wenn das Rechtsmittelgericht das Grundurteil bestätige.
Hieraus folgt, dass keine Zurückverweisung gegeben ist, wenn das Berufungsgericht das Teil-Urteil zur ersten Stufe im Rahmen einer Stufenklage bestätigt (Schneider/Wolf, a. a. O.). Gibt aber das Ausgangsgericht der Klage in der ersten Stufe nur teilweise statt und ändert das Berufungsgericht auf das Rechtsmittel einer der Parteien oder sogar auf die von beiden Seiten eingelegten Rechtsmittel das erstinstanzliche Urteil dergestalt ab, dass es teilweise beiden Rechtsmitteln folgt, dann liegt nach dem Sinn und Zweck des § 15 Abs. 1 S. 1 BRAGO = § 21 Abs. 1 RVG ein Fall der Zurückverweisung vor mit der gebührenrechtlichen Folge, dass eine Verfahrens- bzw. Terminsgebühr für die weitere Tätigkeit vor dem Ausgangsgericht nach Zurückverweisung zusätzlich entsteht.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
OLG Köln:
Beschluss v. 01.12.2006
Az: 17 W 138/06
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/b58443cca553/OLG-Koeln_Beschluss_vom_1-Dezember-2006_Az_17-W-138-06