Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Dezember 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 54/02
(BPatG: Beschluss v. 11.12.2002, Az.: 32 W (pat) 54/02)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 11. Dezember 2002 (Aktenzeichen 32 W (pat) 54/02) entschieden, dass der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Oktober 2001, in dem die Anmeldung zurücgewiesen wurde, aufgehoben wird. In der Anmeldung ging es um die Wortmarke "webisland" für ein umfangreiches Waren- und Dienstleistungsverzeichnis. Das Markenamt hatte die Anmeldung teilweise zurückgewiesen und den Schutz für bestimmte Waren und Dienstleistungen versagt. Zur Begründung wurde angeführt, dass "webisland" lediglich ein Hinweis auf das Internet mit einem regionalen Zusatz sei und daher keine genügende Unterscheidungskraft aufweise.
Gegen diese Entscheidung hat der Anmelder Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass "webisland" verschiedene Bedeutungen haben könne, wie zum Beispiel "Netz Island" oder "Netz Insel". Das Bundespatentgericht ist der Ansicht, dass die Marke "webisland" keine ohne weiteres erkennbaren beschreibenden Begriffsinhalte für die strittigen Waren und Dienstleistungen hat. Es wurden keine lexikalischen Einträge oder beschreibende Verwendungen für diese Waren und Dienstleistungen gefunden. Das Gericht sieht auch keine Verbindung zu der geographischen Einheit Island. Außerdem nimmt der Verbraucher ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so auf, wie es ihm entgegentritt und analysiert es nicht weiter. Das Wort "web" wird von vielen als der umfassende Begriff für das gesamte Internet angesehen und nicht mit geographischen Bereichen in Verbindung gebracht. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Marke "webisland" weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft noch das einer Angabe im Sinne des Markengesetzes darstellt.
Somit wird die Beschwerde des Anmelders vom Bundespatentgericht in der Sache erfolgreich entschieden und der Beschluss des Markenamts aufgehoben. Die Anmeldung kann somit eingetragen werden.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 11.12.2002, Az: 32 W (pat) 54/02
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Oktober 2001 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
Gründe
I.
Die Anmeldung der Wortmarkewebislandfür ein umfangreiches Waren- und Dienstleistungsverzeichnis hat die Markenstelle für Klasse 41 mit Beschluss vom 22. Oktober 2001 teilweise zurückgewiesen und der Marke den Schutz für folgende Waren und Dienstleistungen versagt:
Lehr-, Unterrichts- und Informationsmaterial in Druckform, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckerzeugnisse;
Werbung;
Telekommunikation; Anbieten von Dienstleistungen im Internet, nämlich Sammeln und Liefern von Nachrichten, Übermittlung von Nachrichten.
Zur Begründung heißt es, "webisland" sei für die versagten Waren und Dienstleistungen lediglich ein Hinweis auf das Internet (web) mit einem regionalen Zusatz. Es gäbe "WebFrance", "WEBITALIE" und viele andere so gebildete Bezeichnungen. Hierfür lagen dem Beschluss Fundstellen bei. Angesichts dieser Praxis verstehe der Verbraucher "island" nicht als "Insel". Damit fehle die erforderliche Unterscheidungskraft.
Gegen diese Entscheidung hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Er ist der Ansicht, die Übersetzung von "webisland" könne "Netz Island", oder "Netz Insel" oder "Netz ist Land" lauten.
Der Anmelder beantragt sinngemäß, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Oktober 2001 insoweit aufzuheben, als die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft der Marke noch das einer Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG die Eignung einer Marke, dem Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer zu dienen. Weist eine Wortmarke keinen für die fraglichen Waren bzw. Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt auf und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst gängigen Sprache, das die Verbraucher - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen, fehlt es nicht an der Unterscheidungseignung (vgl. BGH GRUR 2000, 722 - LOGO).
Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, dieses Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH MR 2000, 48 - Radio von hier; 2000, 50 - Partner with the Best).
Die Unterscheidungseignung fehlt der angemeldeten Marke "webisland" für die noch strittigen Waren und Dienstleistungen nicht, weil die Marke keinen ohne weiteres erkennbaren beschreibenden Begriffsinhalt hat.
Eine Verwendung von "webisland" im beschreibenden Sinn ist nur für Internetseiten (Willkommen auf meinem Webisland; Condom Island the best place to buy your condoms) oder Teilen davon nachweisbar. Die Verwendung von "webisland" darüber hinaus ist weder im Englischen noch im Deutschen feststellbar. Ohne lexikalischen Eintrag und ohne Nachweis einer beschreibenden Verwendung für die noch strittigen Waren kommt es darauf an, ob die Marke insoweit als bisher unbekannte Sachaussagen und damit nicht als betriebliche Herkunftshinweis aufgefasst wird.
Dies ist hier nicht der Fall; mit der oben gezeigten Wortbedeutung ist "webisland" nämlich keine Sachangabe für Unterrichtsmaterial, Druckerzeugnisse, Werbung, Telekommunikation und Nachrichtenmanagement bzw. -übermittlung im Internet. Auch der von der Markenstelle angenommene Bezug zu der geographischen Einheit Island ergibt keine beschreibende Angabe. Die Annahme, es handle sich um Werbung, etwa im Touristikbereich, Telekommunikation (von und nach Island) oder um Nachrichten, Unterrichtsmaterial oder Druckerzeugnisse, die sich mit dem Land Island befassen, erscheint in der Kombination mit "Web" zu weit hergeholt.
Die von der Markenstelle nachgewiesenen Internetadressen "Webitalie" u.ä. werden kennzeichnungsmäßig verwendet.
Der Verbraucher nimmt ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so auf, wie es ihm entgegentritt, und unterzieht es keiner analysierenden Betrachtungsweise. Er hat hier auch keine Veranlassung, "webisland" in dem von der Markenstelle unterstellten Sinn zu interpretieren.
"web" ist nämlich der umfassende Begriff für einen großen Internetbereich und wird von vielen sogar als das gesamte Internet gesehen, weil sich private Nutzer regelmäßig nur in diesem Bereich bewegen. Dieser mit "www" bezeichnete Bereich ist jedoch nicht weiter in geographische Bereiche untergliedert. Der Nutzer kann sich nicht - im Wege einer gewissen Vorauswahl - in ein isländisches "web" begeben.
Ohne feststellbare beschreibende Aussage fällt die angemeldete Marke auch nicht unter § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Diese Vorschrift verhindert nämlich nur die Eintragung von Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, Wert, geographischer Herkunft, Zeit der Herstellung der Waren bzw. Erbringung der Dienstleistungen oder sonstiger Merkmale dienen (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - Individuelle).
Die wörtlich aus Art. 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL übernommene Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gebietet die Versagung der Eintragung zwar auch dann, wenn eine noch nicht feststellbare Benutzung als Sachangabe jederzeit erfolgen kann (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 - Chiemsee; BGH WRP 2001, 692, 694 - Test it; BGH BlPMZ 2001, 55, 56 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Hier ist jedoch keine Tendenz, "webisland" mit beschreibender Bedeutung zu verwenden, prognostizierbar. Auch aus dem Englischen sind solche Tendenzen nicht erkennbar, zumal es dort "webiceland" heißen müsste.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich der Schutzbereich der angemeldeten Marke aus der die Eintragungsfähigkeit begründenden Eigenprägung ergibt, ohne dass ein hiervon losgelöster Schutz für die zu Grunde liegenden Angaben, "island" oder gar für alle Kombinationen mit "web" besteht (vgl. BGH GRUR 1989, 264 - REYNOLDS R 1/EREINTZ; 1991, 136 - NEW MAN; BlPMZ 1989, 192 - KSÜD).
Winkler Sekretaruk Dr. Albrecht Fa
BPatG:
Beschluss v. 11.12.2002
Az: 32 W (pat) 54/02
Link zum Urteil:
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