Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. August 2009
Aktenzeichen: 28 W (pat) 24/09
(BPatG: Beschluss v. 12.08.2009, Az.: 28 W (pat) 24/09)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
In der vorliegenden Gerichtsentscheidung des Bundespatentgerichts geht es um einen Widerspruch gegen die Eintragung einer Wortmarke. Die Markenstelle hatte den Widerspruch abgelehnt und die Widersprechende hat dagegen Beschwerde eingelegt. Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde nun zurückgewiesen und damit die Entscheidung der Markenstelle bestätigt.
Die Widersprechende hatte argumentiert, dass aufgrund der Ähnlichkeit der Marken und teilweise identischer Waren eine Verwechslungsgefahr bestehe. Die Markenstelle hatte jedoch darauf hingewiesen, dass die beiden Marken unterschiedliche Bedeutungen haben und dadurch die vorhandenen Ähnlichkeiten neutralisiert werden. Außerdem sei die ältere Marke "Auenwald" nicht besonders kennzeichnungskräftig, da es bereits verschiedene Bezüge zu geographischen Angaben mit ähnlichen Begriffen gibt.
Das Bundespatentgericht hat sich dieser Argumentation angeschlossen und festgestellt, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken besteht. Die Unterschiede in den Begrifflichkeiten der Marken und ihre Bedeutungen in der Wahrnehmung der Verkehrskreise sind ausreichend, um eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Auch die Behauptung der Widersprechenden, dass der Verkehr die Marken gedanklich miteinander in Verbindung bringt, wurde vom Gericht abgelehnt. Es bestehen keine wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den Markeninhabern, und der Bestandteil "Auenland" der angegriffenen Marke besitzt keine herkunftskennzeichnende Funktion.
Aufgrund dieser rechtlichen Argumentation wurde die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen und die Löschung der angegriffenen Marke nicht angeordnet. Es wurde keine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen vorgenommen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 12.08.2009, Az: 28 W (pat) 24/09
Tenor
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke Auenland Naturkostist am 16. Januar 2006 unter der Nummer 305 71 773 in das Register eingetragen worden und hat Schutz für folgende Waren:
Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten, Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette Klasse 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; Honig, Melassesirup; Salz, Senf; Essig, Soßen; Gewürze Klasse 31: Biere; Mineralwässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.
Gegen die Eintragung dieser Marke hat die Inhaberin der prioritätsälteren Marke 303 49 510 Auenwald Widerspruch erhoben, die für die nachfolgenden Waren eingetragen ist:
"Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze, Kühleis; Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)".
Die Markenstelle des Deutschen Patentund Markenamts hat den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen und hierzu ausgeführt, der Abstand der Marken reiche in jeder Hinsicht aus. Trotz teilweiser Ähnlichkeit bzw. Identität der beiderseitigen Waren und selbst wenn der Bestandteil "Auenland" der jüngeren Marke allein der Widerspruchsmarke gegenübergestellt würde, sei eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu verneinen, denn der jeweils den Marken innewohnende abweichende Sinngehalt reduziere die vorhandenen Übereinstimmungen in Wort und Klang. Es handele sich um zwei gebräuchliche und geläufige Begriffe aus der Geographie mit unterschiedlicher Bedeutung, die die genannten Ähnlichkeiten neutralisierten. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr sei ebenfalls nicht anzunehmen, denn die Vergleichsmarken bildeten jeweils eigenständige Gesamtbegriffe; "Auenland" beschreibe eine Landschaft, für die das Vorhandensein von Auen, also am Gewässer gelegene flache Gegenden charakteristisch sei, wogegen unter "Auenwald" ein Wald im Übergang vom Fluss zum Land verstanden werde.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Meinung, der Verkehr werde die geringen Unterscheide zwischen den Marken nicht bemerken. Vor dem Hintergrund teilweise identischer Waren bestehe Verwechslungsgefahr in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht. Gegenüber der entscheidend vom Bestandteil "Auenland" geprägten angegriffenen Marke sei ein unterschiedlicher Begriffsgehalt nicht vorhanden, da Wälder typische Bestandteile einer Aue darstellten. Auch wenn "Auenland" und "Auenwald" keine Synonyme darstellten, hätten sie doch markante begriffliche Überschneidungen, so dass etwa die jüngere Marke "Auenland" vom Verkehr als Dachmarke von "Auenwald" aufgefasst werden könnte mit der Folge, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten.
Die Widersprechende beantragtden angegriffenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und ist der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung ebenso ferngeblieben wie die Widersprechende, die schriftsätzlich ihr Nichterscheinen angekündigt hatte.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht hat die Markenstelle eine zwischen den Vergleichszeichen bestehende Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verneint.
Nach dieser gesetzlichen Bestimmung ist eine Marke dann zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Ob eine solche Verwechslungsgefahr vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller relevanter Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, zu denen insbesondere die Kennzeichnungskraft des Widerspruchszeichens sowie die Ähnlichkeit der Vergleichswaren und der Vergleichsmarken zu zählen sind (stRspr.).
Ausgehend von der Registerlage kann zwar unstreitig gestellt werden, dass sich die einander gegenüberstehenden Marken zumindest teilweise auf identischen Waren begegnen können. Trotz der sich daraus ergebenden strengen Anforderungen an den erforderlichen Abstand der Marken scheidet eine Verwechslungsgefahr unter jedem rechtlich erheblichen Gesichtspunkt aus.
Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Widerspruchsmarke eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft nicht erreicht. Nach den Feststellungen des Senats gibt es eine Gemeinde "Auenwald" im Landkreis Rems-Murr (Baden-Württemberg) mit knapp 7000 Einwohnern. Laut Wikipedia zählt darüber hinaus der Leipziger Auenwald zu den größten erhaltenen Auwaldbeständen in Mitteleuropa. Nicht nur diese Bezüge zu geographischen Angaben sondern auch die mit dem Begriff "Auenwald" angesichts der beanspruchten Lebensmittel damit verbundenen Assoziationen der beteiligten Verkehrskreise sind grundsätzlich geeignet, die ältere Kennzeichnung zu schwächen. So verbindet sich mit "Auenwald" als Bezeichnung für eine weitgehend unberührte und noch intakte Landschaft bezüglich der aus landwirtschaftlicher Produktion stammenden Erzeugnisse der Gedanke an naturnahe, im Einklang mit einer natürlicher Landschaft hergestellte Produkte.
Was die Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Marken betrifft, sind diese grundsätzlich in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen, der vorliegend ausreichend unterschiedlich ist, um eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Dies ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Selbst wenn man zugunsten der Widersprechenden die für die beanspruchten Waren glatte Gattungsangabe "Naturkost" außer Betracht lässt und lediglich den Bestandteil "Auenland" der Widerspruchsmarke gegenüberstellt, scheidet aus Rechtsgründen eine Verwechslungsgefahr aus. Zwar bestehen durchaus Übereinstimmungen in klanglicher wie schriftbildlicher Hinsicht zwischen den Markenwörtern. Gerade ein identischer Wortanfang, Ähnlichkeiten in der Wortbildung sowie weitere formale Übereinstimmungen sind festzustellen. Diesen treten aber nicht nur die Abweichungen am jeweiligen Zeichenende entgegen, sondern in erster Linie die signifikanten Unterschiede in den Begrifflichkeiten beider Marken(teile), die in der Lage sind, die Gemeinsamkeiten zu kompensieren bzw. neutralisieren. Denn die Begriffe "Auen", "Wald" sowie "Land" haben in der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise sowohl einzeln wie in ihrer jeweiligen Zusammenstellung einen eindeutigen und ohne Weiteres erfassbaren Sinngehalt, (EuGH GRUR 2006, 237, Rz. 56 -Picasso/PICARO). Es handelt sich um einfache Wörter des täglichen Lebens, die noch dazu auf dem vorliegenden Warenbereich beim Marktauftritt einschlägiger Produkte -sei es optisch durch entsprechende Aufmachung der Verpackung sei es wie hier in der Produktkennzeichnung -als Werbeschlagwörter eine Rolle spielen. Wie bereits im Zusammenhang mit der Kennzeichnungskraft erörtert, vermitteln die vorliegenden Begrifflichkeiten Verbindungen zu gesunden naturnahen Lebensmitteln hergestellt in Einklang mit einer intakten Landschaft. Soweit Begrifflichkeiten den beschreibenden Bereich einer Kennzeichnung berühren, könnten möglicherweise bestehende Übereinstimmungen in den Vergleichsmarken aus Rechtsgründen eine Verwechslungsgefahr ohnehin nicht begründen, da der Schutzbereich der älteren Marke sich aus Rechtsgründen nicht auf eine in der jüngeren Kennzeichnung enthaltene schutzunfähige Angabe erstrecken kann. Letzteres führt im Übrigen dazu, dass auch eine unmittelbar begriffliche Verwechslungsgefahr ausscheidet, abgesehen davon, dass die Begriffe "Auenland" und "Auenwald" keine Synonyme darstellen.
Entgegen der Ansicht der Widersprechende besteht auch nicht die Gefahr, dass der Verkehr die beiden Kennzeichnungen gedanklich miteinander in Verbindung bringt. Soweit sie meint, "Auenland" könnte vom Verkehr als Dachmarke angesehen und fälschlicherweise dem Inhaber der älteren Kennzeichnung zugerechnet werden, setzt dies zunächst voraus, dass der weitere Bestandteil "Naturkost" der angegriffenen Marke weggelassen wird. Hiervon kann zum einen nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Für die Annahme wirtschaftlicher Verbindungen zwischen den Markeninhabern aufgrund der Übereinstimmung in der Zeichenbildung mit dem Element "Auen-" ist aber bereits dann kein Raum, wenn dieser Begriff eine warenbezogene Anmutung besitzt und somit von Haus aus ungeeignet ist, eine herkunftskennzeichnende Funktion auszuüben.
Nachdem unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Verwechslungsgefahr der einander gegenüberstehenden Marken angenommen werden kann, war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
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BPatG:
Beschluss v. 12.08.2009
Az: 28 W (pat) 24/09
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