Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Juni 2011
Aktenzeichen: 26 W (pat) 99/10
(BPatG: Beschluss v. 15.06.2011, Az.: 26 W (pat) 99/10)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 15. Juni 2011 (Aktenzeichen 26 W (pat) 99/10) eine Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Markenanmeldung zurückgewiesen. Konkret ging es um die Anmeldung der Wortmarke "Francfort Trade House" für alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) in Klasse 33. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hatte die Anmeldung abgelehnt, da es sich um eine nicht unterscheidungskräftige Sachangabe handele. Die Kombination aus einem englischen Begriff und einer französischen Ortsbezeichnung sei lediglich als sachlicher Hinweis auf ein Handelsunternehmen zu verstehen. Die Anmelderin war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und legte daher Beschwerde ein.
Das Bundespatentgericht bestätigte jedoch die Entscheidung der Markenstelle. Eine Marke muss in der Lage sein, die Herkunft der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen von einem bestimmten Unternehmen zu kennzeichnen. Die angemeldete Wortmarke erfülle diese Funktion nicht, da sie lediglich als generische Angabe für eine Verkaufsstätte verstanden werde. Die Bestandteile der Wortkombination, die zwar aus verschiedenen Sprachen stammen, konnten der Marke nicht die erforderliche Unterscheidungskraft verleihen. Im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken werde "Francfort Trade House" ausschließlich als Sachbegriff zur Bezeichnung einer Verkaufsstätte verstanden.
Die Beschwerde wurde daher zurückgewiesen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 15.06.2011, Az: 26 W (pat) 99/10
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
Gründe
I.
In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patentund Markenamtes die Anmeldung der Wortmarke Francfort Trade Housefür die Waren der Klasse 33: "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)"
unter Vorlage von Belegen mit der Begründung zurückgewiesen, dass es sich um eine für die beanspruchten Waren nicht unterscheidungskräftige Sachangabe handele, die gemäß § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen sei. Die Bezeichnung "trade house" lasse sich in ihrer Bedeutung "Handelshaus" lexikalisch nachweisen, so dass die angemeldete Wortfolge nur als Sachhinweis auf ein Handelsunternehmen verstanden werde, das seinen Sitz in Frankfurt habe oder auf andere Weise mit der Stadt in Verbindung stehe. Die Kombination aus englischsprachigem Begriff und französischsprachiger Ortsbezeichnung vermöge dem Zeichen nicht zur Schutzfähigkeit zu verhelfen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Ansicht, dass derjenige, der in der Lage sei, "trade house" mit "Handelshaus" zu übersetzen, auch erkennen könne, dass es sich bei "Francfort" um eine französischsprachige Bezeichnung handele. Umgekehrt erschließe sich demjenigen, der "Francfort" für eine englische Bezeichnung halte, die Bedeutung des Begriffs "trade house" nicht. Diesen Begriff habe die Markenstelle im Übrigen nicht zutreffend übersetzt, denn der englische Begriff für "Handelshaus" sei "trading house". Einer Eintragung des angemeldeten Zeichens, welcher ein Freihaltebedürfnis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht entgegenstehe, könne auch das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden.
Die Anmelderin beantragt, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patentund Markenamtes vom 1. Juli 2009 und 30. Juli 2010 aufzuheben.
II.
Die gemäß § 66 Abs. 1, 2 MarkenG zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Markenstelle dem angemeldeten Zeichen für die beanspruchten Waren die Schutzfähigkeit wegen fehlender Unterscheidungskraft versagt, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 -Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 -Libertel). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 -Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 -FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 -EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 -SAT.2; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 - Libertel). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Rdn. 28 -FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2001, 162 -RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft kann schließlich solchen Angaben und Zeichen fehlen, die aus anderen Gründen nicht zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung geeignet sind, weil sie der Verkehr ausschließlich als Sachbegriff in seiner ursprünglichen - nicht markenmäßigen - Bedeutung und daher nicht als Unterscheidungsmittel verstehen wird (vgl. Ströbele/Hacker, 9. Aufl., Rn. 49 zu § 8 m. w. N). Eine Fallgruppe, auf die dies zutrifft, stellen Bezeichnungen für allgemeine Verkaufsstätten dar, die zwar nicht zur unmittelbaren Beschreibung der dort vertriebenen Waren dienen, gleichwohl für diese Waren jedoch keine unterscheidungskräftigen Angaben im Sinne konkreter betrieblicher Herkunftshinweise darstellen (vgl. Ströbele/Hacker, 9. Aufl., Rn. 49 zu § 8 m. w. N.; BPatG GRUR 2007, 61 -Christkindlesmarkt; GRUR 2007, 58 60 f. -BuchPartner, GRUR 2003, 1051, 1052 -rheumaworld; BPatG, PAVIS PROMA, 27 W (pat) 96/03 -TECHNOMARKT; BPatG, PAVIS PROMA, 27 W (pat) 335/03 -Gardinenland; BPatG, PAVIS PROMA, 24 W (pat) 256/03 -tabakwelt). Diese Voraussetzungen sind auch im vorliegenden Fall gegeben.
Für den Wortbestandteil "trade house" lässt sich, wie bereits die Markenstelle belegt hat, lexikalisch die Bedeutung "Handelshaus" nachweisen (vgl. Großwörterbuch Wirtschaftsenglisch, Englisch/Deutsch, Herausgeber Dieter Hamblock, 6. Auflage 2006; ergänzend http://www.wisegeek.com/whatisatradehouse.htm; http://www.investorwords.com/5021/trade_house.html). Bei Markenwörtern, die einer der ursprünglichen Welthandelssprachen Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Portugiesisch angehören, ist in ständiger Praxis von einer grundsätzlichen Eignung zur Beschreibung auszugehen (Hacker/Ströbele, 9. Aufl., Rn. 332 zu § 8 Rn. 109, 332 zu § 8, EuGH, GRUR 2006, 411, 413 (Nr. 32) -Matratzen Concord/Hukla). "Francfort" versteht selbst derjenige aufmerksame Durchschnittsverbraucher, der der französischen Sprache nicht mächtig sein sollte, als Hinweis auf die Stadt Frankfurt. Zumindest die am Handel mit alkoholischen Getränken beteiligten Fachkreise werden die Bedeutung von "Francfort Trade House" als "Handelshaus in Frankfurt" ohne Mühe erfassen.
Dass die Bestandteile der angemeldeten Wortkombination, die in ihrer Gesamtheit von angesprochenen Verkehr als Bezeichnung einer allgemeinen Verkaufstätte verstanden wird, ihre Wurzeln in anderen Sprachen haben, vermag dem Markenwort nicht zu dem erforderlichen Mindestmaß an Unterscheidungskraft zu verhelfen. Ist eine als Marke angemeldete Wortkombination neu, ungewohnt oder fremdsprachig, schließt dies ihre sachbezogene Eigenschaft nicht aus (vgl. Ströbele, Hacker/Ströbele, 9. Aufl., Rn. 117 zu § 8). An Wortkombinationen, die sich aus im Inland verständlichen Wortbestandteilen zusammensetzen, die verschiedenen Sprachen entstammen, ist der inländische Verkehr inzwischen gewöhnt. Denn Beispiele wie "Psychothriller", "Funsportart" oder "Bahncard" haben inzwischen Eingang in die deutsche Schriftund Umgangssprache gefunden, und auch die Werbung bedient sich derartiger Wortkombinationen häufig mit dem Ziel, Aufmerksamkeit zu erwecken.
Im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken wird der Verkehr daher auch "Francfort Trade House" ausschließlich als Sachbegriff in seiner Bedeutung zur Bezeichnung einer Verkaufsstätte und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dr. Fuchs-Wissemann Reker Dr. Schnurr Bb
BPatG:
Beschluss v. 15.06.2011
Az: 26 W (pat) 99/10
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/b80cf1b7d8b4/BPatG_Beschluss_vom_15-Juni-2011_Az_26-W-pat-99-10