Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Januar 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 183/03

(BPatG: Beschluss v. 10.01.2007, Az.: 26 W (pat) 183/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Entscheidung des Bundespatentgerichts vom 10. Januar 2007 betrifft die Beschwerde gegen zwei Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts. Diese hatten die Anmeldung der Wort-/Bildmarke "musterhaus küchen" für verschiedene Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen. Die Markenschutzstelle hatte argumentiert, dass die Marke jeglicher Unterscheidungskraft entbehre und in die Kategorien falle, für die eine Eintragung nicht möglich sei. Die Anmelderin, die sich nun mit der Beschwerde gegen diese Entscheidung wendet, hat das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis jedoch beschränkt und beantragt nun den Schutz für bestimmte Dienstleistungen, darunter Arbeitnehmerüberlassung, Veranstaltung von Lotterien und Wohnungsvermietung. Das Bundespatentgericht beurteilt die Marke für diese Dienstleistungen jedoch nicht als beschreibend oder ohne Unterscheidungskraft und hebt damit die Entscheidung der Markenstelle auf. Es entsteht keine Notwendigkeit, zu prüfen, ob die Marke im Verkehr als Herkunftshinweis durchgesetzt hat.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 10.01.2007, Az: 26 W (pat) 183/03


Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. November 1997 und 11. März 2003 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch zwei Beschlüsse, der letzte ergangen im Erinnerungsverfahren, die Anmeldung der Wort-/Bildmarke Grafikfür die Waren und Dienstleistungen der Klasse 7: elektrische Küchenmaschinen zum Brotschneiden, Hacken, Mahlen, Pressen; Fleischwölfe, elektrische Dosenöffner;

Klasse 8: Messerschmiedewaren, Gabeln und Löffel; nichtelektrische Dosenöffner, Nussknacker;

Klasse 9: Apparate und Instrumente für die Starkstromtechnik, nämlich für die Leitung, Umwandlung, Speicherung, Regelung und Steuerung, zur Verwendung in der Küche; Apparate und Instrumente für die Schwachstromtechnik, nämlich für die Regelungstechnik, zur Verwendung in der Küche; Küchenwaagen, Messbecher; elektrische Reinigungsgeräte für den Haushalt, nämlich Staubsauger;

Klasse 11: Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte; Herde, Mikrowellenherde, Kühlschränke, Gefrierschränke, Geschirrspüler, Waschmaschinen, Dunstabzüge, Einbau-Kochfelder, elektrische Kochgeräte, Einbauspülen, Hähne und Regelarmaturen für Wasserleitungen; Küchenleuchten;

Klasse 20: Möbel, Küchenmöbel, Einbauküchenmöbel, Schränke, Hängeschränke, Tische, Stühle; Profilleisten für Küchenmöbel, Vorhangleisten, Ziergegenstände und Kunstgegenstände aus Holz, Holzersatzstoffen oder Kunststoff;

Klasse 21: Behälter und kleine handbetätigte Geräte für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Kochgeschirr, Eimer; Bürsten, Putzzeug; Waren aus Glas, Porzellan und Steingut für Haushalt und Küche; Kunst- und Ziergegenstände aus Glas, Porzellan und Steingut; Brotbrettchen;

Klasse 35: Arbeitnehmerüberlassung auf Zeit; Aufstellung von Statistiken; Buchführung; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen; Ermittlung in Geschäftsangelegenheiten; Marketing; Marktforschung und Marktanalyse, Schaufensterdekoration; Unternehmensberatung, insbesondere Organisationsberatung, betriebswirtschaftliche Beratung; Personalberatung; Vermietung von Büromaschinen und -einrichtungen; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere; Vermittlung von Verträgen über Anschaffung und Veräußerung von Waren; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Vervielfältigung von Dokumenten; Werbemittlung, Werbung insbesondere Rundfunk- und Fernsehwerbung, Kinowerbung;

Klasse 36: Absatzfinanzierung und Kreditrisikoabsicherung (Factoring); Ausgabe von Kreditkarten; Beleihen von Gebrauchsgütern, Einziehen von Außenständen (Inkasso); Finanzwesen, insbesondere Kreditberatung, Kreditvermittlung, Nachforschung in Geldangelegenheiten; Leasing; Franchising von Verkaufsstätten für Küchenausstattung, nämlich Vermittlung von Lizenzen und wirtschaftlichem und technischem Know-How; Veranstaltung von Lotterien; Vermittlung von Versicherungen; Vermögensverwaltung; Versicherungswesen; Wohnungsvermietung;

Klasse 37: Elektroinstallation; Fliesenlegearbeiten; Fußbodenlege arbeiten; Installation und Montage von Heizungs-, Lüftungs- und Klimageräten, Kühlgeräten und sanitären Anlagen; Klempnerarbeiten und Gas- und Wasserinstallation; Reparatur oder Instandhaltung von Erzeugnissen der Elektrotechnik, Heizungs-, Klima-, Kühl- und Lüftungsgeräten; Zimmererarbeiten und Ingenieurholzbau; sämtliche vorstehend genannten Handwerksdienstleistungen im Zusammenhang mit dem Einbau von Küchen;

Klasse 38: Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen;

Klasse 39: Beförderung von Personen und Gütern mit Kraftfahrzeugen, Schienenbahnen, Schiffen und Flugzeugen; Lagerung von Waren, Möbeln; Veranstaltung und Vermittlung von Reisen, Vermittlung von Verkehrsleistungen, Veranstaltung von Stadtbesichtigungen, Reisebegleitung; Vermietung von Garagen und Parkplätzen;

Klasse 40: Holzbearbeitung, Metallbearbeitung, -härtung und -oberflächenveredelung an Teilen von Einbauküchen;

Klasse 41: Ausbildung, Erziehung, Unterricht; Fernkurse, Unterricht durch Rundfunk und Fernsehen; Weiterbildung, Büchervermietung, Filmproduktion, Filmvermietung, Filmvorführungen, Künstlervermittlung, Musikdarbietung, Theateraufführung, Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften; Volksbelustigungen;

Klasse 42: Bau- und Konstruktionsplanung und -beratung im Zusammenhang mit Einbauküchen; Beherbergung und Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen eines Architekten und eines Ingenieurs im Zusammenhang mit Einbauküchen; Dolmetschen, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Meinungsforschung, Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Photographieren, Recherchen (technische und rechtliche) in Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes; technische Beratung und gutachterliche Tätigkeit im Zusammenhang mit Einbauküchen; Übersetzungen, Veranstaltungen von Messen und Ausstellungen auf dem Gebiet von Einbauküchen; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen; Vermietung von Verkaufsautomaten; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten; Verwertung gewerblicher Schutzrechte; Werkstoffprüfung an Teilen von Einbauküchen, Zimmerreservierung;

gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie unter Berufung auf zwei die angemeldete Marke bereits für Waren und Dienstleistungen der Klassen 11, 20 21, 35, 41 und 42 zurückweisende Beschlüsse des Bundespatentgerichts (vom 10. Dezember 1990 - 26 W (pat) 76/89 - und vom 13. Juni 1990 - 29 W (pat) 214/89 -) ausgeführt, dass die angemeldete Wortfolge für die in Anspruch genommenen Waren und Dienstleistungen jeglicher Unterscheidungskraft entbehre. Die von der Anmelderin unter Berufung auf zwei von ihr eingereichte Meinungsumfragen geltend gemachte Verkehrsdurchsetzung sei mangels Erreichen des erforderlichen Durchsetzungsgrades nicht anzuerkennen.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie hat auf Hinweis des Gerichts das Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses beschränkt und erklärt, dass sie nur noch Schutz begehre für folgende Dienstleistungen:

Klasse 35: Arbeitnehmerüberlassung auf Zeit; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen; Ermittlung in Geschäftsangelegenheiten; Vermietung von Büromaschinen und -einrichtungen; Vervielfältigung von Dokumenten;

Klasse 36: Ausgabe von Kreditkarten; Beleihen von Gebrauchsgütern, Einziehen von Außenständen (Inkasso); Veranstaltung von Lotterien; Vermittlung von Versicherungen; Vermögensverwaltung; Versicherungswesen; Wohnungsvermietung;

Klasse 38: Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen;

Klasse 39: Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, Schienenbahnen, Schiffen und Flugzeugen; Veranstaltung und Vermittlung von Reisen, Vermittlung von Verkehrsleistungen, Veranstaltung von Stadtbesichtigungen, Reisebegleitung; Vermietung von Garagen und Parkplätzen;

Klasse 41: Erziehung, Unterricht durch Rundfunk und Fernsehen; Filmproduktion, Filmvermietung, Filmvorführungen, Künstlervermittlung, Musikdarbietung, Theateraufführung, Volksbelustigungen;

Klasse 42: Beherbergung und Verpflegung von Gästen; Dolmetschen, Meinungsforschung, Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Übersetzungen, Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen; Vermietung von Verkaufsautomaten; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten; Zimmerreservierung.

Die Anmelderin ist der Auffassung, die angemeldete Marke verfüge jedenfalls insoweit über die erforderliche Unterscheidungskraft, auch ein Freihaltebedürfnis stehe der Anmeldung insoweit nicht entgegen.

Die Anmelderin beantragt, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und der Entscheidung das neue Dienstleistungsverzeichnis zugrunde zu legen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist im Umfang des zuletzt gestellten Antrags begründet. Für die nach der erfolgten Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses noch beanspruchten Dienstleistungen entbehrt die angemeldete Marke weder der Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch stellt sie eine unter das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG fallende beschreibende Angabe dar.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2005, 258, 259 - Roximycin). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (stdg. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rn. 74 m. w. N.). Werden zwei rein beschreibende Begriffe zu einem einzigen zusammengesetzt, so bleibt der Gesamtbegriff ungeachtet des Vorliegens einer Wortneuschöpfung von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sich durch die Wortkombination kein über den bloß beschreibenden Inhalt jedes einzelnen Wortbestandteils hinausgehender weitergehender Sinngehalt ergibt (EuGH GRUR 2004, 680, 682, EG 43 - biomild).

Nach diesen Grundsätzen kann der hier zu beurteilenden Wortmarke die Eignung zur Identifizierung des Erbringers der beanspruchten Dienstleistungen für die noch beanspruchten Dienstleistungen - anders als für die nunmehr nicht mehr beanspruchten Waren und Dienstleistungen - nicht abgesprochen werden. Der Wortbestandteil "musterhaus küchen" ist für die angesprochenen Verkehrskreise - das sind nicht nur Fachkreise, sondern ebenso breite Verbraucherkreise ohne weiteres Nachdenken verständlich und bedeutet in Bezug auf die Waren "Möbel, Küchenmöbel" und damit eng zusammenhängenden Waren und Dienstleistungen dass es sich bei diesen Möbeln um solche handelt, die für Musterhäuser, wie sie etwa von Fertighausherstellern zur Besichtigung angeboten werden, Verwendung finden können, oder dass es sich um Küchenmöbel handelt, die für ein besonders mustergültiges Haus bestimmt sind, bzw. dass die so bezeichneten Waren und Dienstleistungen für derartige Zwecke bestimmt sind.

Dies gilt aber nicht mehr für die nach der erfolgten Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses nur noch beanspruchten Dienstleistungen. Diese weisen zu Musterhäusern und für sie bestimmte Küchenmöbel keinen hinreichend engen beschreibenden Bezug mehr auf und werden auch nicht üblicherweise in Verbindung mit Küchenmöbeln angeboten. Insoweit ist die beanspruchte Wortfolge völlig nichts sagend und in diesem - engen - Rahmen geeignet, vom Verkehr als betriebskennzeichnende Angabe angesehen zu werden.

Die angemeldete Marke kann daher nicht mangels Unterscheidungskraft von der Eintragung für die noch beanspruchte Dienstleistung ausgeschlossen werden.

Ebenso wenig ist ein Freihaltebedürfnis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG feststellbar. Es sind nach dem oben Gesagten keine Umstände ersichtlich, weswegen die in der angemeldeten Marke enthaltene Wortfolge "musterhaus küchen" als konkret beschreibende Angabe für die nur noch beanspruchten Dienstleistungen zugunsten der Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden müsste.

Nach alledem kommt es auf die Frage, ob die angemeldete Marke sich im Verkehr als Herkunftshinweis durchgesetzt hat, nicht mehr an.






BPatG:
Beschluss v. 10.01.2007
Az: 26 W (pat) 183/03


Link zum Urteil:
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