Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. August 2008
Aktenzeichen: 27 W (pat) 118/08

(BPatG: Beschluss v. 27.08.2008, Az.: 27 W (pat) 118/08)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 27. August 2008 (Aktenzeichen 27 W (pat) 118/08) die Beschwerde der Anmelderin gegen die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. November 2007 und vom 5. Juni 2008 erfolgreich gemacht.

Die Markenstelle hatte die Anmeldung einer farbigen (grau und rot) Bildmarke für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 43, 41, 25, 35, 44 als nicht unterscheidungskräftig zurückgewiesen. Die Markenstelle argumentierte, dass die angemeldete Darstellung eine rein beschreibende Sachangabe sei und der Verkehr dies ohne Weiteres erkennen würde. Zudem sei die graphische Ausgestaltung der Marke in geläufigen Schriftarten und üblichen Farben gehalten, so dass die Marke insgesamt keine betriebliche Hinweiswirkung entfalten könne.

Die Anmelderin hat dagegen Beschwerde eingelegt und verfolgt weiterhin das Begehren auf Eintragung der angemeldeten Marke. Das Bundespatentgericht gibt der Beschwerde statt, da die angemeldete Marke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft besitzt. Die Marke besteht aus den Wortelementen "Hotel" und "Berlin", die in einer konkreten graphischen Darstellung und Farbgebung dargestellt sind. Diese Darstellung verleiht der Marke eine hinreichend eigenständige und herkunftshinweisende Bedeutung. Zwar sind die Wortelemente an sich nicht schutzfähig, jedoch kann die Marke als Produktkennzeichnung verstanden werden.

Das Bundespatentgericht stellt weiterhin fest, dass das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht vorliegt, da die Marke nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Das Schutzhindernis der Allgemeinheit steht der Marke ebenfalls nicht entgegen, da der Schutz nur auf die konkrete Ausgestaltung der Marke beschränkt ist.

Insgesamt kann der verfahrensgegenständlichen Marke also ein Schutz zuerkannt werden, der jedoch möglicherweise geringer ist. Andere Kennzeichnungen mit den Wortbestandteilen "Hotel" und "Berlin", aber ohne die konkrete graphische Ausgestaltung der Marke, können weiterhin von der Allgemeinheit verwendet werden.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 27.08.2008, Az: 27 W (pat) 118/08


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patentund Markenamts vom 13. November 2007 und vom 5. Juni 2008 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patentund Markenamts hat mit den im Tenor genannten Beschlüssen die Anmeldung der für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 43, 41, 25, 35, 44 als Bildmarke beanspruchten farbigen (grau und rot) Darstellungnach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen.

Zur Begründung ist u. a. ausgeführt, dass es sich bei der angemeldeten Darstellung um eine rein beschreibende Sachangabe handele, die der Verkehr ohne Weiteres als solche erkenne. Die graphische Ausgestaltung der Marke sei in geläufigen Schriftarten und üblichen Farben gehallten, so dass die angemeldete Marke insgesamt keine betriebliche Hinweiswirkung zu entfalten vermöge.

Die Anmelderin hat hiergegen unter Bezugnahme auf ihren Vortrag im Verfahren vor der Markenstelle Beschwerde eingelegt, mit der sie das Begehren auf Eintragung der angemeldeten Marke weiter verfolgt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg, weil entgegen der Auffassung der Markenabteilung der eingetragenen zweidimensionalen graphischen Darstellung das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG letztlich nicht abgesprochen werden kann und auch ein Freihaltungsbedürfnis zugunsten der Mitbewerber i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht besteht.

1.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rdn. 41] -Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rdn. 35] -Philips/Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2000, 502, 503 St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 -Unter uns) die Eignung einer Marke, vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 -Libertel; GRUR 2004, 943, 944 -SAT.2) als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Bei dem grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstab (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409] -PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 -SWATCH) fehlt einer Kennzeichnung die Unterscheidungskraft nur, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmmten Unternehmen sehen, was etwa bei einem für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 -marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 -City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. -RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) oder bei Werbeaussagen allgemeiner Art (vgl. BGH MarkenR 2000, 262, 263 -Unter uns; WRP 2000, 298, 299 -Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 -Partner with the best; GRUR 2001, 1047, 1048 -LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 -Test it;

GRUR 2002, 1070, 1071 -Bar jeder Vernunft) der Fall ist. Diese Grundsätze gelten auch für ein als Marke angemeldetes Bildzeichen, das nur dann nicht mehr unterscheidungskräftig ist, wenn es die im Warenverzeichnis genannten Waren naturgetreu bildlich wiedergibt (BGH WRP 1997, 755 -Autofelge; WRP 1999, 526 -Etiketten, mit weiteren Nachw.) oder wenn es sich bei ihm um eine einfache geometrische Form oder ein sonstiges einfaches graphisches Gestaltungselement handelt, und eine solche Gestaltung -wie dem Verkehr aus Erfahrung bekannt ist -in der Werbung, auf der Ware, ihrer Verpackungen oder auf Geschäftsbriefen üblicherweise in bloß ornamentaler, schmückender Form verwendet wird (vgl. BGH GRUR 2000, 502, 503 -St. Pauli Girl; GRUR 2001, 734, 735 -Jeanshosentasche; HABM Mitt. 2001, 273, 275 -M-förmige Steppnähte).

2.

Nach diesen Grundsätzen verfügt die angemeldete Wort-/Bildmarke über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Im Gegensatz zur Markenabteilung ist der Senat der Auffassung, dass es sich bei der Marke in der konkret beanspruchten Formund Farbgebung um mehr als nur eine vorrangig der Aufmerksamkeitssteigerung dienende Ausgestaltung von sachbeschreibenden und daher schutzunfähigen Wortbestandteilen handelt. Auch wenn die Wortelemente "Hotel" und "Berlin" als solche für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht schutzfähig sein dürften, so bedeutet dies nicht, dass der konkreten Marke ein Schutz zu versagen wäre, denn aufgrund des Gesamteindrucks, auf den allein abzustellen ist, kommt ein Markenschutz immer dann in Betracht, wenn die Kennzeichnung auch nur in einer einzigen Hinsicht -sei es optisch, akustisch oder semantisch -vom Verkehr noch als Produktkennzeichnung und nicht nur als Sachhinweis verstanden werden kann. Dass in einem solchen Fall der Schutz auf das Mindestmaß beschränkt ist, also lediglich gegenüber solchen Drittmarken besteht, welche mit ihr in genau derselben schutzbegründenden Weise übereinstimmen, ist dabei hinzunehmen. Die Darstellung eines Betriebsnahmens und dessen Standorts in farbigen Großbuchstaben mag durchaus üblich sein. Die konkrete Darstellung in den gewählten Farben, wobei der zweimalige Bestandteil BERLIN, sowohl als Hotelname als auch als Standortbezeichnung zu verstehen, im Gegensatz zum unauffällig hellgrau gehaltenen HOTEL in einem kräftigen Dunkelrot gehalten ist, zeigt individualisierende Züge, die der Gesamtdarstellung eine hinreichend eigenständige und herkunftshinweisende Bedeutung verleihen.

Diese Ausgestaltung, die allein schutzbegründend sind, reicht aus, um den Verkehr von der Vorstellung einer bloßen Sachangabe wegzuführen und ihm nahezulegen, in der Marke der Anmelderin den für eine Produktkennzeichnung unentbehrlichen Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen aus einem bzw. mehreren bestimmten Unternehmen zu sehen. Damit entspricht die Darstellung bei graphischer Wiedergabe in genau der eingetragenen Form den Anforderungen für die Hauptfunktion einer Marke, so dass ihr insoweit die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft eben noch zuzubilligen ist.

3.

Aus denselben Gründen steht der Marke auch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, weil sie aufgrund der vom Senat noch als hinreichend charakteristisch angesehenen graphischen Gestaltung nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen können, die für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände angeben (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 -FOR YOU; GRUR 2000, 211, 232 -FÜNFER) und hinreichend eng mit einer Ware oder Dienstleistung in Bezug stehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 -Berlin Card).

4.

Damit kann der verfahrensgegenständlichen Marke ein -wenngleich möglicherweise eher geringer -Schutz letztlich nicht abgesprochen werden. Dem stehen auch Belange der Allgemeinheit (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rdn. 51] -Libertel) nicht entgegen, weil der Schutz der Marke auf die ganz konkrete Ausgestaltung beschränkt ist, also insbesondere nicht gegenüber Kennzeichnungen oder sonstigen Angaben besteht, welche zwar ebenfalls die Wortbestandteile "Hotel" und "Berlin" enthalten, aber nicht die konkrete graphische Ausgestaltung der Marke der Antragsgegnerin aufweisen. Vielmehr steht eine veränderte Gestaltungsform der Markenelemente der Allgemeinheit weiterhin offen.

Dr. Albrecht Kopacek Dr. van Raden Me






BPatG:
Beschluss v. 27.08.2008
Az: 27 W (pat) 118/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/bbdfde9ceb6a/BPatG_Beschluss_vom_27-August-2008_Az_27-W-pat-118-08




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